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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0476

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7. Karl Uebelhör von Frei bürg, 8. Ludwig Walther von
Schillingstadt, 9. Karl Wey mann von Hagsfeld.
— Nachdem durch die im Reichstage abgegebenen Erklärungen
bekannt geworden ist, welche Schulbildung von den Anwärtern
für die mittlere Beamte nlanfbahn der Po st Ver-
waltung künftig verlangt werden soll, suchen wieder Leiter
von sogenannten Postfachschulen durch weitgehende Ver-
sprechungen Zöglinge für ihie Anstalten zu gewinnen. Dem
gegenüber muß darauf hingewiescn werden. Laß beabsilltiat ist,
in Zukunft nur solche Bewerber als Postgehilfen anzunehmen,
welche die vorgeschriebene Schulbildung durch das Zeugniß einer
ö ffentlichen Schule Nachweisen können. Aufnahmeprüfungen,
wie sie früher von Organe» der Postverwaltung abgehalten wur-
den, um die schulwissenschaftlichen Kenntnisse der Bewerber sest-
zusiellen, würden darnach künftig nicht mehr vorgenommen wer-
den. Denjenigen jungen Leuten, die später in die mittlere Post-
laufbahn eintreten wollen, kann daher zur Vermeidung von
Enttäuschungen nur empfohlen werden, sich von vornherein die
verlangte Vorbildung auf einer öffentlichen Schule zu erwerben,
nicht aber eine der sog. Postfachschulen aufzusuchen.
A usla
Frankreich. Paris, 4. Mai. Das Echo de Paris
will wissen, daß der C a s s a t i o n s h o f ganz bestimmt
das Urtheil im Mai fällen werde. Dem Siöcle zufolge
erklärte Major Cuignet in seiner letzten Bekundung vor
dem Cassationshofe, daß man im Kriegsministerium den
schriftlichen Beweis für die strafwürdigen Machen-
schaften du Paty de Clams besitze. Auf Aufforderung
des Präsidenten Mazeau, die Beweise vorzulegen, antwortete
Cuignet, daß er von seinen Borgesetzten Befehl erhalten
habe, dem Cassationshofe die bezüglichen Schriftstücke nicht
auszuliefern, da das Kriegsministerium ihrer bedürfe, weil
sofort nach der Entscheidung des Cassationshofs über die
Revision die kriegsgerichtliche Untersuchung gegen du Paty
de Clam eingeleilet werden solle. Nach demselben Blatt
hat der Kriegsminister de Frcycinet den früheren Kriegs-
minister General Mercier ersucht, die schriftlichen Erläu-
terungen du Paty de Clams herauszugeben. Mercier habe
geantwortet, daß er diese Schriftstücke schon vor längerer
Zeit vernichtet habe.
Bürgerausschußsitzung.
* Heidelberg, 5. Mai.
Die auf gestern Nachmittag anberaumte Sitzung des Bürger-
ausschusies wurde von dem Vorsitzenden, Herrn Oberbürger-
meister Dr. Wilckens, kurz nach 4 Uhr in Anwesenheit von
90 Mitgliedern des Collegiums eröffnet. Vor Eintritt in die
Tagesordnung widmete der Vorsitzende dem seit der l> tzten Sitzung
verstorbenen Mitglieds, Stadtverordneten Jakob Spengel, einige
Worte freundlichen Gedenkens. Die Versammlung erhob sich zu
Ehren seines Gedächtnisses von den Sitzen.
Der erste Gegenstand der Tagesordnung betraf das Ortsstatut
bezüglich des Beizugs der Anstößer der Häusserstraße (Theilstrecke
zwischen Kronprinzen- und Allsestraße) zu den Straßenherstellungs-
kosten. Dasselbe wurde ohne Discussion einstimmig genehmigt.
Der zweite Berathungsgegenstand, die Erwerbung eines in die
Grenzstraße bei Handschuhsheim fallenden, der Ev. Pflege Schönau
gehörigen Geländestückes durch die Stadtgemeinde betr. (die An-
träge des Stadtraths zu sämmtlichen auf der Tagesordnung
stehenden Gegenständen wurden bereits mitgetheilt), verursachte
an sich keine Diskussion und wurde durch Annahme des stadt-
räthlichen Antrages erledigt. Herr Jörg er sprach zu diesem
Gegenstand im Namen einer Anzahl Neuenheimer Einwohner die
Bitte um endliche bessere Instandsetzung der Ladenburger Straße,
besonders um Herstellung der Gehwege und um Pflasterung der
Schulzengasse aus Herr Bürgermeister Dr. Walz erwiderte,
daß die Herstellungen in der Ladenburgerstraße wegen der daselbst
vorgenommenen Kanalisation verschoben werden mußten. Für dis
Gehwege seien die Lieferung der Steine und die Asphaltirung
schon vergeben, wegen der Kabellegung für die elektrische Lei-
- tung sei aber die Herstellung verzögert worden. Die Herstellung
der Schulzengasse sei schon im Voranschlag vorgesehen und werde
in etwa 14 Tagen ausgeführt. Herr Jörg er erwiderte, daß für
die Ladenburger Straße ein Kabel nicht vorgesehen sei. Der Vor-
sitzende wies dem gegenüber auf die kürzlich schon in den
Blättern veröffentlichte Erklärung des Stadtraths hin, wonach die
Legung des elektrischen Kabels in Straßen, wo ein solches bis
jetzt nicht vorgesehen sei, von den eingehenden Anmeldungen zum
Bezug von Elektrizität abhängen werde. Bis zum Eintritt des
Winters dürften die fraglichen Herstellungen fertig sein.
Der Antrag auf Anstellung eines städtischen Geometers wurde
von Herrn Bürgermeister Dr. Walz mit Hinweis auf die für
diese Stelle gewonnene tüchtige Kraft warm empfohlen, und der
Stadtrath ermächtigt, mit Herrn Oskar Kramer in Mannheim
einen Dienstvertrag abzuschließen.
Ebenso empfahl Herr Bürgermeister Dr. Walz die beantragte
Erwerbung der domänenärarischen Neckarwörthwiese, auf der eine
schöne Promenade, eine Art Stadtgarten auf dem Wasser, ge-
schaffen werden solle und die zur Abhaltung von Volks- und
Schützenfesten sehr geeignet sei. Der Antrag wurde einstimmig
angenommen.
Die vorgeschlagene Besetzung der Stelle des Vorstandes des
städtischen Schlacht- und Viehhofes mit Herrn Bezirksthierarzt
Zahn von Wtesloch wurde von dem Obmann des Stadtverordneteu-
Vorstands, Hrn. R.-A.Leonhar d, aufs wärmste befürwortet. Herr
Zahn habe während der Zeit, in der er provisorisch die Stelle
verwaltete, sich für dieselbe bestens geeignet erwiesen. Der Aus-
schuß gab seine Genehmigung einstimmig.
Der Antrag des Stadtraths auf Anstellung eines weiteren
Gewerbelehrers wurde ohne Discussion angenommen.
Zum folgenden Gegenstand, die Neuregelung der Gehalts-
verhältnisse der Mitglieder des städischen Orchesters betr., mit der
eine Besserstellung der Orchestermitglieder verbunden ist, ergriff
Herr Rechtsanwalt Leonhard das Wort-sDer Stadtverordneten-
Vorstand habe der Vorlage gerne zugestimmt. Der Besitz eines
guten Orchesters sei für eine Stadt wie Heidelberg von Bedeutung
Das städtische Orchester stehe auf einer hohen Stufe künstlerischer
Leistungsfähigkeit. Dies sei besonders der Leitung durch Musik-
direktor Radig zu verdanken. Es liege im Interesse der Stadt,
sich die tüchtigen Kräfte zu sichern und zu verhüten, daß sie von
hier weggeholt werden. Dies geschehe am besten durch eine gute
Bezahlung. Herr Kreisschulrath Strübe schloß sich den an-
erkennenden Worten des Vorredners an. Auch die Leistungen des
Theaters hingen zum Theil von einem guten Orchester ab. Herr
G. Wolf brachte den Mißstand zur Sprache, daß aff Sonntagen
bei starkem Besuch der Schlotzconcerte von der Musik nicht viel
zu hören sei, da stets Streichmusik stattfinde. Er frug an, ob
nicht durch Abtialtung von Blasmusik oder durch Verlegung des
Kiosk abzuhelfen sei. Herr Stadlrath Lehmann gab den
Mißstand zu. Es sei aber aus physischen Gründen nicht möglich,
die Musiker Nachmittags auf dem Schlosse und Avends im
Stadtgarten Blasmusik ausführen zu lassen; ein neuer Pavillon
mit guter Akustik stehe übrigens in Aussicht. Der Vorsitzende
bemerkte, daß das Publikum eben auch auf die Musik mehr Rück-
sicht nehmen sollte. So lange dies nicht geschehe, werde der
Genuß stets ein kümmerlicher bleiben. Der jetzige Musikpavillon
auf dem Schlosse sei in jeder Beziehung unzulänglich, eine gründ-
liche Aenderung stehe in Aussicht. Die Stadt habe sich bereit
erklärt, das Anlagekapital für einen neuen Musikpavillon zu ver-
zinsen. Eine erhebliche Besserung der Akustik sei zu erwarten.
Der Vorsitzende kam dann noch auf die in der Presse geäußerten

abfälligen Bemerkungen über den Hallenbau zu sprechen. Die
Halle sei nicht zu Musikaufführungen gebaut worden. Es sei
gedacht gewesen, daß die Musik immer im Freien spiele und daß
die Halle nur für die Zuhörer bei eintretendem Regen einen
Zufluchtsort bilde, von wo bei geöffneten Fenstern die Musik gut
gehört werden könne. Die neue Halle sei gegen früher eine be-
deutende Verbesserung- Die Vorlage des Stadtraths wurde ein-
stimmig genehmigt.
Der Ankauf von zwei Grundstücken aus dem Nachlaß der
Peter Zechner Wittwe in Schlierbach wurde ohne Discussion
genehmigt.
Den letzten und wichtigsten Gegenstand der Tagesordnung
bildete die Errichtung eines städtischen Electricitätswerkes. Der
Vorsitzende theilte zunächst mit, der Stadtverordneten-
vorstand habe den Wunsch ausgesprochen, daß heute schon Mit-
theilung über die Electricitätspreise gemacht werde. Der Stadtrath
sei der Meinung, daß für Beleuchtmigszwecke die Kilowattstunde
mit 70, für Krastzwecke mit 30 Pfg. berechnet werden solle, vor-
behaltlich von Rabatten bis zu 20 Proz. an größere Konsumenten.
Diese Preise seien billiger als in einer Reihe anderer Städte.
Sei eine Rentabilität zu niederem Preisen zu erzielen, so könne
man mit den Preisen noch herabgehen; vorerst sollten aber die
Preise nicht zu nieder angcsetzt werden, um nicht später etwa
damit in die Höhe gehen zu müssen.
Herr Rechtsanwalt Leonh ard führte aus: Der Vorstand
enthalte sich bezüglich der technischen Seite der Frage der Be-
urtheilung und beschränke sich auf einige allgemeine Punkte.
Darüber, daß die Stadt das Unternehmen selbst in die Hand
nehme und es keiner Privatgesellschaft zum Betrieb überlasse,
bestehe wohl keinerlei Meinungsverschiedenheit. Die Leitung
des Gas- und des Electricitätswerkes müsse in einer Hand
liegen. Es entstände durch die Ueber,rahme allerdings eine be-
deutende Erhöhung der städtischen Schuld, doch es sei anzunehmen,
daß das Betriebsergebniß die Zinsen decke. Die bis jetzt ange-
nommenen Preise werden wohl etwas höher sein, als man bis
jetzt für gleiche Zwecke zu zahlen hatte. Die Electricität werde
aber auch ihre Vortheile haben. Redner besprach sodann die
Platzfrage und erwähnte der Befürchtung, ob nicht bei der
großen Nghe des Gas- und des Electricitätswerkes bei einem
ausbrechenden Brande die Stadt beider Beleuchtungsguellen be-
raubt werden könne. Es seien indeß hierüber dem Vorstand die
beruhigendsten Versicherungen ertheilt worden.
Der Vorsitzende stellte hierauf den in der Versammlung
anwesenden Herrn Dr. Rasch vor. Er führte sodann aus, daß
von einer Rentabilitätsberechnung, die immer etwas problematisch
sei, abgesehen wurde. Ob das Werk rentire, hänge von der Zahl
der Anschlüsse ab. Der Stadtrath könne sich nur der Erwartung
hingeben, daß zahlreiche Geschäfislreibende durch die Verhältnisse
genöthigt seien, sich anzumelden, dann aber auch Privatleute,
öffentliche Gebäude, das akademische Krankenhaus und andere
Universitätsinstitute sich anschließen würden. Den gleich sich
Anmeldenden solle die Zuleitung zur Hausgrenze unentgeltlich
gemacht werden. In Baden-Baden, wo der Electricilätspreis
höher sei als hier, habe sich die Anlage gut bewährt und keinerlei
finanzielle Schwierigkeiten hervorgerufen. Die Verhältnisse
würden sich hier wohl nicht ungünstiger gestalten. Ausgeführt
müßte das Electricitätswerk unbedingt werden, da Heidelberg
sonst hinter anderen Städten Zurückbleiben würde. Dazu wollte
die städtische Verwaltung die Hand nicht bieten. Redner kam
sodann auf die von dem Vorredner geäußerten Bedenken bezüg-
lich der Platzfrage und glaubt, daß die Gefahr in dieser Beziehung
nur eine sehr geringe sei. Das Gas- und das Electricitätswerk
seien durch einen Raum von 14 Meter Breite von einander ge-
trennt; der Bau des Electricitätswerkes solle in durchaus feuer-
sicherer Weise ausgeführt werden. Auch seien in dem Eiectrici-
lätswerk ständig Leute beschäftigt, so daß ein hier etwa aus-
brechender Brand sogleich entdeckt und niedergeschlagen werden
könne. Auf dem jetzigen Platz sei Raum genug vorhanoen, um
erforderlichen Falls das Electricitätswerk verdoppeln, ja sogar
vervierfachen zu können, zumal auf eine erhebliche Erweiterung
des Gaswerks nach Erbauung des Electricitätswerkes sobald wohl
nicht zu rechnen sei. Daß beide Werke nahe beieinander liegen,
sei für die Beaufsichtigung durch die gleichen Personen von Vor-
theil. Redner besprach sodann noch die vom Stadtverordneten-
vorstand an die Verwendung der Wasserrohrkessel geknüpften
Bemerkungen hinsichtlich der Rauchverzehrung. Es werde darauf
gesehen werden, daß eine solche stattfinde.
Herr Dr. Rasch sprach sich hinsichtlich des gewählten Platzes
dahin aus, daß kein besserer Raum hätte gefunden werden kön-
nen, da derselbe mit der Zeit immer mehr in die Mitte des
Electricitätsnetzes rücke. Die Befürchtungen wegen Feuersgefahr
erscheinen ihm nicht stichhaltig. Der Platz erscheine für die näch-
sten 40—SO Jahre vollständig ausreichend. Redner verbreitet
sich sodann ebenfalls über das Kesselsystem; er hält das gewählte
für das hier geeignetste. Redner schloß mit einer Empfehlung
der Allgemeinen Electricitätsgesellschaft, der u. A. auch von
Straßburg das beste Zeugniß ausgestellt wurde.
Herr Geh. Rath Quincke führt aus, daß er darin von den
Ansichten seiner Fachgenosseu und der Techniker avweiche, daß er
alle electrischen Anlagen für feuergefährlich halte. Der Abstand
von 13 Metern zwischen Gas- und Electricitätswerk sei etwas
klein. Redner bespricht die Eventualitäten eines Brandes und
äußert sich dahin, daß die Gefahr des Ausbruchs eines Brandes,
wenn die beiden Werke nahe beieinander, allerdings geringer,
daß sie aber umso größer, wenn der Brand wirklich ausgebrochen
sei. Die Allgemeine Electricitätsgesellschaft kann Redner nur als
eine Firma ersten Ranges bezeichnen.
Herr Direktor Etsele wandte sich gegen die geäußerten Be-
fürchtungen einer Feuersgefahr. Bezüglich der Vergrößerung des
Werkes bemerkte er, daß schon jetzt eine Reserve für Lieferung
weiterer 100 vorgesehen sei.
Hr. Dr. Rasch gab noch einige interessante Erklärungen über
die große Erweiterungsfähigkeit des Werkes; solche würde aus
reichen, bis Heidelberg eine Einwohnerschaft von etwa 160 000
Seelen zählte; ferner legt er dar, daß eine gut ausgeführte
Electricitätsanlage feuersicherer sei als andere Anlagen und
empfiehlt gute Jnstallationsbedingungen.
Herr Fabrikant Fuchs bedauert, daß die Vorlage nicht schon
früher gekommen und daß mir der Pferdebahn noch kein Abkom-
men getroffen sei. Bei richtiger Montirung komme Kurzschluß
nur sehr selten vor. Sodann äußerte sich Redner dahin, daß,
wenn Jemand sich eine eigene Electricitätsanlage beschaffe» wolle
und dazu einen Gasmotor aufstellen müsse, der Gaspreis für den
Motor in diesem Falle nicht höher als sonst auch berechnet wer-
den solle.
Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens erwidert, daß es
auch seine Vortheile gehabt habe, wenn mit der Errichtung des
Elektrizitätswerkes bis jetzt zugewartet worden sei. da die elek
Irische Industrie gerade in den letzten Jahren große Fortschritte
gemacht habe. Die Erfindung des Gasglühlichts habe zudem
etwas verzögernd eingewirkt. Bezüglich eines Abkommens mit
der Pferdebahn müsse von dieser einiges Entgegenkommen
gezeigt werden, die Stadt sei ihrerseits zu einem solchen bereit.
Der Preis von Gas für Gasmotoren sei nach dem Vorgang
anderer Städte in dem Fall auf 13 Pfg. festgesetzt, wenn es sich
um den Betrieb einer eigenen Elektrizitätsanlage handle. Es
soll so viel als möglich vermieden werden, daß neben der städti-
schen elektrischen Centrale noch private elektrische Anstalten er-
richtet werden und mit diesen dem städtischen Werke eine Kon-
kurrenz entstehe.
Herr Altoberbürgermeister Bilabel legt eingehend die Ver-
hältnisse der Pferdebahn bei Umwandlung in eine elektrische dar.
Der Betrieb der Bahn werde in letzterem Falle bedeutend
theuerer, das Anlagekapital müsse wesentlich erhöht werden. Für
die von der Gesellschaft zu bringenden Opfer müßte ihr eine
entsprechende Entschädigung gewährt werden.
Herr Barde s befürchtet, daß bei dem Preise von 30 Pfg.
für die Kilowattstunde zu Kraftzwecken der Bezug von Electricität

für Kleingewerbetreibende zu theuer würde. Der Vorsitzende
wies auf die Preise in anderen Städten hin, wo sie fast überall
auch nicht billiger als hier seien. Der Preis von 30 Pfg-
könne nicht als ein hoher bezeichnet werden. Herr Dr. Rasch
hob die Vorzüge der Elektromotoren gegenüber anderen Motoren
hervor. Die Elektromotoren könnten bei jeder kleinen Arbeiter-
pause abgestellt werden, in welchem Falle kein KraftverbrauÄ
stattfinde. Er halte den Preis von 30 Pfg. für richtig; er-
lauben es die Verhältnisse, so könne mit dem Preise immer noch
auf 25, ja auf 20 Pfg. herabgegangen werden. Der Preis für
Beleuchtungsgas sollte jedenfalls nicht niederer als 70 Pfg. an-
gesetzt werden. Es stehe eine Erfindung von Prof. Nernst in
Götlingen in Aussicht, die wenn sie sich verwirklicht, die Ver-
wendung von Electricität noch billiger als die Anwendung von
Gas bei Auerglühlicht gestalte.
Der Vorsitzende hofft, daß nach den heutigen Verhand-
lungen das Ergebniß der demnächst anzustellenden Umfrage
wesentlich günstiger als bei der früheren Umfrage ausfallen
werde. Der Antrag des Stadtrathes auf Errichtunq des Elec-
tricitätswerkes aus Anlehensmittcln und auf Genehmigung der
Preise von 70 und 30 Pfg. mit Rabatten bis zu 20 Prozent
bei größerem Verbrauch wird einstimmig genehmigt.
Schluß der Sitzung 6°/. Uhr.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 5. Mai.
Von der Universität. Der „Fslibrige", die südfcanzös. Ge-
'ellschafl von Dichtern und Gelehrten, die sich die Pflege und
Erforschung der provenzalischen Sprache zur Aufgabe gemacht
hat und deren Haupt der bekannte Dichter Frsdsric Mistral ist,
hat den Professor der romanischen Philologie an unserer Universität,
Dr. Fritz Reumann, zu ihrem auswärtigen Ehrenmitgliede
ernannt.
X Gewerbegerichts-Sitzung vom 21. April. Gegenwärtig
Bürgermeister Dr. WaIz als Vorsitzender, Schlossermeister Anton
Scherer und Maurer Adam Schmittals Beisitzer und Sekretär
Dürr als Gerichtsschreiber. 1. I. S. des Schlossers Karl Gulland
dahier gegen Bauführer Otto Ehret in Gaiberg wegen Zahlung
von 31 Alk. 25 Pfg. Lohn einigten sich die Parteien dahin, daß
der Beklagte an den Kläger 15 Mk. bezahlt und Letzterer auf
seine Mehrforderung verzichtet. 2. I. S. der Taglöhner Philipp
Reinhard und Heinr. Beck in Waldhilsbach gegen Brunnenmeister
Rudolf Fritz dahier als Vertreter des städtischen Wasserwerkes
dahier wegen Zahlung der gesetzlichen Entschädigung in Folge
kündigungsloser Entlassung und Zahlung von 12 Mk. 32 Pfg-
bezw. 10 Mk. 87 Pfg. wurden die Kläger mit der erhobenen
Klage abgewiesen. Ohne Zuzug von Beisitzern wurden noch
folgende Streitfälle im Monat April erledig!: 3. Möbelhändler
Gustav Kander klagte gegen Tapezier Georg Arlt dahier auf
Fortsetzung der Arbeit. Im Laufe der Verhandlung erklärte sich
der Beklagte hierzu bereit. 4. I. S. des Bierbrauereigehilfen
August Boppre gegen Braumeister Joseph Geister wegen Zahlung
einer Entschädigung von 46 Mark in Folge kündigungsloser Ent-
lassung nahm der Kläger nach Schluß der Verhandlung seinen
Antrag wieder zurück. 5. I. S. des Eisendrehers Bernhard Kreß
dahier gegen die Firma C. Maquer wegen Zahlung von 10 Mk.
50 Pfg. Lohn zahlte die Beklagte an den Kläger 9 Mk. 59 Pfg-,
womit sich dieser begnügte. 6. I. S. des Kutscher Gregor Schmuck
gegen Emil Jndlekofer, Sodawasserfabrikant und Mineratwasser-
bandlung dahier, wegen Zahlung von 20 Mk. Lohn und 40 Mk.
Entschädigung wegen kündigungsloser Entlassung nahm der Kläger
seine» Antrag wieder zurück.
8t.U.O. Am Montag, den 8. ds. Mts., wird das vierte und
letzte der veranstalteten Symphonie-Concerte im Saalbau statt-
finden. Das für diesen Abend von Herrn Musidirektor Radig
entworfene Progamm ist ebenso reichhaltig als geschmackvoll und
wird gewiß den musikalischen Anforderungen jeder Richtung ge-
nügen. Es gelangen die Ouvertüre zum „Sommernachts-
traum", Weber's „Aufforderung zum Tanz", von
Berlioz instrumentirt, Symphonie Nr. 2 (I) - Lnr) von
Beethoven und Wagner's Vorspiel zu den „Meister-
singer n" zum Vortrag. De» vocalen Theil des Concerts hatte
Frau Maria Fleisch-Prell aus Frankfurt a. M. die
Güte zu übernehmen. Die Künstlerin, die ja durch ihre vor-
trefflichen Leistungen in den Concerten des Bachvereins genügend
bekannt ist, wird auch gewiß für diesen Abend wieder eine be-
sondere Anziehungskraft ausüben. Frau Fleisch steht neben
glänzenden natürlichen Mitteln eine vortreffliche künstlerische
Schulung zur Seite. Die Dame wird Lieder am Klavier und
eine Arie ans Samson und Delila von St. Sasens mit
Orchesterbegleitung singen. Möge ein recht zahlreicher Besuck
bei diesem letzten Concert beweisen, daß man die ausgezeichneten
Leistungen des Orchesters und seines trefflichen Leiters hier z»
würdigen versteht!
^ * Feuerbestattung. Die Ortspolizeiliche Vorschrift über die
Feuerbestattung hat eine Aenderung erfahren, wonach das bis-
herige unbedingte Verbot der Feuerbestattung in Fällen nicht
natürlichen Todes aufgehoben und die Feuerbestattung in solchen
,v llen von der Erlaubniß des Staatsanwalts oder des Amts-
richters abhängig gemacht wird. Die vorliegende Nummer der
Heidelb. Zeitung enthält eine hierauf bezügliche Bekanntmachung
des Großh. Bezirksamts, auf die hicmit hingewiesen sei.
lü Schöffengerichtssttzung vom 4. Mai. 1) Rosa Sueß aus
Flühli, z. Z. hier in Haft, erhielt wegen Diebstahls 2 Woche»
Gefängniß, 2) Adam Schemenauer, Eisendreher in KirchheiM,
wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 40 3) Nikolaus
spies aus Ziegelhausen, z. Zt. hier in Haft, wegen Unter-
schlagung 2 Wochen Gefängniß, 4) Anna Margaretha Kuhn,
Dienstmagd in Schönau, wegen Diebstahls 8 Tage Gefängniß-
5) Adolf Hanekamm, Schlosser dahier, wegen Körperverletzung
eine Geldstrafe von 30 6) Die Verhandlung aegen Johann
Hennrichs, Weber in Gerkerath, und Wolfgang Adam Zimwer-
mann dahier, wegen Körperverletzung wurde vertagt. 7) Anto»
Wiegand, Landwirth In Eppelheim, erhielt wegen Körperverletzung
eine Geldstrafe von 30 8) Johann Jakob Schwind, Cement-
arbeiter in Nußloch, wegen Diebstahls 3 Tage Gefängniß,
9) Johann Wolf, Briefträger, und Georg Adam Müller, Ketten-
schmied, beide in Wieblingen, sind wegen Körperverletzung ange-
klagt; Wolf wurde freigesprochen, das Verfahren gegen Müller
wurde eingestellt. 10) Georg Josef Oreans, Wirth in Nußloch,
erhielt wegen Beleidigung eine Geldstrafe von 30 11) Georg
Sewald aus Karthaus, z.Zt. hier in Haft, und Rudolf Diebach,
Taglöhner hier, erhielten wegen Körperverletzung und Beleidigung
Sewald 11 Wochen Gefängniß, Diebach 8 Tage Gefängniß,
12) Johannes Ziriax aus Würmersheim, z. Zt. hier in Haft, er-
hielt wegen Betrugs 10 Tage Gefängniß. 13) Philipp Speicher-
Maurer, Christof Erhard, Fabrikarbeiter, Karl Friedrich Wall*
mann, Ketlenschmied, und Johann Jakob Schwarz, Kettenschmied,
alle in Wieblingen, erhielten wegen Sachbeschädigung Speicher
eine Geldstrafe von 35 Ehrhardt eine solche von 40 »kL,
Wallmann 10 und Schwarz 25
— Polizeibericht. Ein Schüler aus Kenzingen, der seine"
Eltern entlaufen war und sich hier am Bahnhofe herumtried,
wurde verhaftet. Ein Student mußte wegen fortgesetzter Ruhe-
störung in den Karzer verbracht weroen, ein weiterer kam tvege"
Ausdrehens von Gaslaternen zur Anzeige; ebenso mehrere andere
Personen wegen Ruhestörung und ein Maurer aus Eppelheim,
der eine Fensterscheibe eingeworfen hatte.
Zuzenhausen, 2. Mai. Die vom hiesigen Ziegenzuck-'
verein veranstaltete Vrämiirung von hier gezüchtete»
Ziegen fand heute unter sehr zahlreicher Betheiiigung der hiesige»
Einwohnerschaft statt; auch von auswärts waren die Jntressente»
stark vertreten. Als Preisrichter fungirten Herr BezirksthierE
Römer von Sinsheim, sowie die Herren Fleck von Dühren »n»
Herdtle von Hoffenheim. Preise haben erhalten a) für
( lämmer: Friedrich Steinbrenner III. 1. Preis von 5 Mk., Hein-
^ rich Kirsch 1. Preis von 5 Mk.; einen 2. Preis von je 3
 
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