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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0568

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Strafgerichtsverfahren vorging. Daraufhin verklagte das
hessische Justizministerium die Franks. Ztg. wegen Belei-
digung der hessischen Justizbehörden. Zur Vorvernehmung
in dieser Sache war der Redakteur der Franks. Ztg.,
Giesen, nach Darmstadt geladen und nun dort gleich
wegen sogen. Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft ge-
nommen worden. Zugleich wurde bei einem Rechtsanwalt
in Darmstadt, in dem man den Verfasser des betr. aus
Darmstadt datirten Artikels in der Franks. Ztg. vermuthet,
eine Haussuchung abgehalten, die indes ein positives Re-
sultat nicht gehabt hat. Die Haft des Redakteurs der
Franks. Ztg. wurde indessen nickt lange aufrechterhalten.
Zwei Mainzer Blätter hatten den Artikel der Franks. Ztg.
abgedruckt. Auch gegen sie wurde vorgegangen. Inzwischen
hat sich aber das Blättchen gewendet. Der Oberstaats-
anwalt Dr. Schmidt hat der Redaktion des Mainzer
Journals die Mittheilung zugehen lassen, daß das Dis-
ziplinarverfahren gegen den Landgerichtsdirektor
Küchler wieder ausgenommen worden sei.
Preußen. Kiel, 31. Mai. Bei der Einweihungs-
feier des neuen Bahnhofes, der Thielen und Podbielski
beiwohnten, erklärte Oberpräsident v. Koller in einem
Toaste auf die Stadt Kiel, er werde mit aller Energie und
allen angewandten Maßnahmen in seiner Ausweisungs-
politik fortfahren.
Sachsen. D r esd en, 31. Mai. Etwa 2500 Maurer
sind heute hier in Ausstand getreten. Nur auf wenigen
Bauten, auf denen die Forderungen bewilligt wurden, wird
noch gearbeitet.
Koburg-Gotha. Gotha, 31. Mai. In der Sitzung
des gemeinsamen Koburg-Gothaischen Landtages führte
Lei der Etatsberathung der Abg. Liebetrau, Oberbürger-
meister von Gotha, aus, daß die Frage der Thronfolge
des Herzogthums Sachsen-Koburg-Gotha über die Grenzen
desselben hinaus in weiten Kreisen eifrig und ernst be-
sprochen werde, wozu nicht zum geringsten Theil manche
befremdliche Aeußerung der englischen Presse Anlaß ge-
geben habe. Der Landtag weise das vorgeschlagene Ein-
greifen der Reichsinstanz zurück, lege aber dagegen Ver-
wahrung ein, als könne Land und Volk von Koburg und
Gotha als todtes Familienerbstück betrachtet werden. Nach
8 4 der Verfassung habe der Herzog im Wesentlichen seinen
Aufenthalt im Staatsgebiete zu nehmen, um mit den Zu-
ständen des Landes und den Bedürfnissen des Volkes ver-
traut zu sein. Dieser Gesichtspunkt sei auch für den
Thronfolger geltend, der im Wesentlichen seinen Aufenthalt
im Lande nehmen müsse. Nach dieser Richtung hin hätte
die Staatsregierung längst beruhigende Erklärungen erlassen
sollen. Redner glaubt im allgemeinen Einverständniß zu
handeln, wenn er die hochbedeutsame Frage hier anrege
und der Staatsregierung Gelegenheit gebe zur Aeußerung.
Hierauf bringt der Abg. Arnold folgenden Antrag ein:
Der gemeinsame Landtag wolle die Herzogliche Staats-
regierung ersuchen, an höchster Stelle darauf hinzuwirken,
daß der nach menschlichem Ermessen dereinst zur Thron-
folge berufene Prinz Arthur von Lonnaught bald-
möglichst seinen wesentlichen Aufenthalt in den Herzog-
thümern Koburg und Gotha nehme, Hierselbst eine deutsche
Erziehung erhalte und stch mit den Verhältnissen seiner
neuen Heimath aus eigener Anschauung vertraut mache.
Diesen Antrag will Staatsminster v. Strenge an
eine Kommission verwiesen wissen, um dort Erklärungen
abzugeben, die sich der Oeffemlichkeit entziehen sollen. Der
Landtag beschließt jedoch die sofortige Abstimmung und
nimmt den Antrag gegen die Stimmen der Sozial-
demokraten an. — (Der Morning Post wird aus Berlin ge-
meldet, der Herzog von Connaught werde trotz seiner am
6. April in Rom abgegebenen Erklärung bezüglich der
Nachfolge in Sachsen-Koburg-Gotha in England bleiben.
Es würde ein Abkommen getroffen, wonach die Succession
vom Herzog von Connaught und dessen Sohne, dem Prinz
Arthur, auf den Herzog von Albany übergehe. Be-
stätigung dieser Meldung bleibt abzuwarten. Red.)

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 31. Mai. Der Kaiser
empfing heute Thun und Szell. Die Entscheidung in
der Ausgleichskrise ist noch nicht gefallen und soll auch
nicht unmittelbar bevorstehen. Die ungarischen Minister
reisen heute nach Budapest ab.
Frankreich. In dem Dreyfusprozeß neigt sich nun die
Verhandlung vor dem Kassationshofe ihrem Ende zu. Die
Pariser Blätter bringen Spalten und Spalten über die
Reden des Berichterstatters des Kassationshofes und des
Generalstaatsanwalts. Die ganze Affaire wird dadurch
noch einmal in ihren Hauptphasen und in der Beleuch-
tung, die sie durch die Untersuchung des Kassationshofes
erhalten hat, vorgeführt. Die Sache hat sich für Drey-
fus — daran ist kein Zweifel — sehr günstig gestaltet.
Der Generalstaatsanwalt schloß seinen Vortrag mit den
Worten: „Zu dem Prozeß sind mehrere neue Thatsachen
aufgedeckt worden, die geeignet sind, die Unschuld des
Dreyfus darzuthun. Wir beschwören Sie, Gerechtigkeit
zu üben und die Revision anzuordnen. Der Kassations-
hof möge das Urtheil vom 22. Dezember 1894 kassiren
und die Verweisung Dreyfus' vor ein neues Kriegsgericht
aussprechen!" — Man glaubt, daß das Urtheil am Sams-
tag erfolgen werde. Die Regierung trifft schon Vor-
bereitungen zur Rückführung des Dreyfus nach Frankreich.
Auch beschäftigt sie sich mit der Frage, ob und wie gegen
diejenigen vorzugehen ist, die im Prozeß Dreyfus eine
Schuld aus sich geladen haben. In der Kammer wird sie
gewiß dieserhalb interpellirt werden.
Paris, 31. Mai. Dcronlede und Habert, die
s. Z. den General Roget veranlassen wollten, gegen das
Elysee zu marschiren und der heutigen Republik angeblich
zu Gunsten einer besser«; den Hals umzudrehen, sind heute
vom Schwurgericht frei ge sprachen worden. Das war
vorauszusehen, denn der Putschversuch war mehr kindisch

und albern als gefährlich. Bemerkenswerth ist aus dem
Prozeß, daß einer der Bertheidiger Gelegenheit nahm,
den Präsidenten Loubet als den Vertuscher des Panama-
skandals aufs gröblichste herunterzumachen und daß der
als Zeuge vernommene General Hervä bei Abgabe seiner
Aussage zu Gunsten Derouledes äußerte: Deroulede habe
das Vertrauen zur Armee, welches durch die gegen dieselbe
gerichtete Campagne erschüttert wurde, wiederherstellen
wollen. Das Ministerium beabsichtigt wegen dieser
Aeußerung eine Untersuchung gegen General Heros ein-
leiten zu lassen.
Paris, 1. Juni. Major March and ist heute Vor-
mittag hier eingetroffen. Eine ungeheuere Menschenmenge
nahm auf dem Lyoner Bahnhof und dessen Umgebung
Aufstellung. Als Marchand erschien, um seinen Wagen
zu besteigen, ertönten brausende Hochrufe. Eine Gruppe
von Abgeordneten bereitete Marchand eine Huldigung.
Mehrfach durchbrach die Menge die aufgestellten Truppen,
so daß der Wagen nur langsam vorwärts kam. Der
Major fuhr erst ins Kriegsministerium zu einem Festmahl,
dann zum Präsidenten der Republik, auf dem Wege überall
enthusiastisch begrüßt. Ein Theil der Franzosen hätte nicht
übel Lust, Herrn Marchand als Nationalhelden st ln Bon-
langer auf den Schild zu erheben. Die Regierung hat
deshalb veranlaßt, daß Marchand direkt und ungesäumt
von Toulon nach Paris kam, wo sie ihn besser unter
Augen hat. Das ist sehr charakteristisch für die Zustände
in Frankreich. Marchand war der Führer einer Expedition,
die Afrika durchquerte und bis Faschoda kam, das sie
auf den Einspruch Englands hin aber wieder verlassen
mußte.
England. Allen Dementis zum Trotz hält die Truth,
das Wochenblatt des radikalen Abgeordneten Henry La-
bouchsre, ihre Meldung aufrecht, wonach die Königin
demnächst wegen eines Augenleidens operict werden müsse.
Das gleiche Blatt bringt bei dieser Gelegenheit beunruhi-
gende Nachrichten über das Befinden der Monarchin.
„Möchten die Blätter" — so ruft Labouchsre ärgerlich —
„doch mit dem lügenhaften Tratsch aufhören von dem gu-
ten Aussehen der Königin, ihrer guten Laune, ihrer aus-
gezeichneten Gesundheit u. s. w. Ihre Majestät hat in den
letzten paar Wochen mehr gealtert, als in den letzten zehn
Jahren."
Afrika. Bloem fontein, 31. Mai. Präsident
Krüger und der Gouverneur Sir Alfred Milner sind
hier eingctroffen.
Bloem fontein, 31. Mai. Als Präsident Krüge:
um 10 Uhr Vormittags hier eintraf, wurde er ans dem
festlich geschmückten Bahnhof von einer Ehrenwache empfangen;
eine große Menschenmenge drängte durch die Straßen.
Präsident Stejn und die Mitglieder der Regierung begrüßten
ihn. Krüger erwiderte in Beantwortung einer Adresse des
Stadtrathes, er und seine Berather seien nach Bloemfontein
gekommen, um für die Wohlfahrt von ganz Südafrika zu
wirken und würde alle Fragen, die die Unabhängigkeit
Transvaals berührten, erörtern.
Asien. Aus Peking wird der Times berichtet: Das
Tsungliyamen hat beschlossen, daß eine russischeSchule
in Peking gegründet wird, wo nur die russische Sprache,
mit Ausschluß aller anderen, gelehrt werden soll, und
zwar zum Gebrauche der Dolmetscher und Eisenbahnbeamten.
Das Lehrpersonal wird aus Petersburg kommen, die Schule
wird auf Kosten de: chinesischen Regierung geleitet werden.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 2. Zuni.
Hl Die Kaffee- und Erfrischungshalle, welche von der
Generaldirektion der Staatsbahnen zum Besten von Eisenbahn-
bediensteten und Arbeitern, aber auch zugänglich für Andere, in
der Nähe des Bahnhofes erstellt wird, geht ihrer Vollendung ent-
gegen und wird wohl bis zum 1. Juli in Betrieb gesetzt werden
können. Die Betriebsaufsicht oder Betriebsleitung soll, wie wir
vernehmen, dem hiesigen Verein gegen Mißbrauch geistiger Ge-
tränke überlassen sein und es hat dieser Verein ja bereits mannig-
fache Erfahrung gesammelt. Der Mäßigkeitsverein plant aber
noch mehr und Größeres. Er möchte allen Arbeitern etwas
darbieten, wie es sein Volksheim in der Bienenstraße zur Zeit
Studenten, jungen Kaufleuten u. s. w. darbietet, d. h. eine gemüth-
liche Wirtschaft ohne Trinkzwang und ohne alkoholische Getränke,
wo man billig essen kann und wo Zeitungen und Bücher zur
Unterhaltung und Belehrung anfliegen. Bekanntlich ist Belgien
bezüglich des Trunkes und namentlich des Branntweinverbrauches
uns weit über; dort haben kürzlich die Arbeitervereine in Brüssel
ein Volkshaus eröffnet, das den Gewerkschaften, den Genossen-
schaften den sonstigen Vereinen ein angenehmes Heim bietet und
in welchem der Alkohol vollständig ausgeschlossen ist. Möge also
auch hier etwas Derartiges im Kleinen gelingen!
O Gartenbau-Verein. Den Bericht über di« Sitzung vom
31. Mai veröffentlichen wir morgen in den Familienblättern.
A Liederhalle. Sämmtliche Preise und Ehrenpreise, die beim
Jubiläum der Liedcrhalle zur Vertheilung kommen, sind bei
Frau Kesselbach, Juweliergeschäft, Hauptstraße Nr. 108, von
Samstag Morgen bis Sonntag Mittag ausgestellt.
* Ueber die Banda umnicipale di Solmona, die morgen
Abend auf dem Schlosse konzertirt, schreibt das Kreisblatt in
Wetßenfels gelegentjich eines dort von ihr veranstalteten
Konzerts: Was wir von der Kapelle hörten, war äußerst
rühmenswerth. Mit richtigem Verständniß waren spezifisch
italienische Tonstücke auf das Programm gesetzt. Die Musiker
darf man ohne Uebertreibung allesammt als Künstler bezeichnen;
ganz hervorragend aber waren Piston und Klarinette besetzt.
Der Dirigent. Maöstro Federico Barcone, zeigte ein ausgezeich-
netes Verständniß. Jeder Pisce wußte er einen eigenartigen
durchaus originellen Charakter zu geben.
** Vesitzwechsel. Das Frau General v. Fischer Wittwe ge-
hörige Haus Märzgasse 20 ging um den Preis von 91000
in den Besitz des Herrn Kaufmann Anton Hofmann (bisher
Hauptstraße 126) über.
— Unfälle. Gestern Abend stieß ein Bierbrauergehilfe, der
der Pferdebahn nachsprang, gegen ein aus der Kettengasse
kommendes Fuhrwerk; er erlitt dabei einen Rippenbruch und
eine Quetschung des Nasenbeins. Durch die Explosion einer
Sodawasserslasche wurde gestern ein Kellner am Arme verletzt.
Heute früh halb 8 Uhr fiel der Maurer Georg. Wagenblast am
Männerarmeuhause beim Alstaden von Steinen von einem Wagen
herab unv erlitt dabei einen Beinbruch.
— Polizeibericht. Am Mittwoch wurden zwei Frauens-
personen wegen Umherziehens, vier Personen wegen Haus-
friedensbruchs und ein Gipser wegen Sitllichkeitsvergehens
verhaftet; elf Studenten kamen wegen Unfugs und Ruhestörung

und in vergangener Nacht sieben Personen wegen Ruhestörung
zur Anzeige.
-j- Aus dem Amtsbezirk Heidelberg, 2. Juni. Am Mittwoch
mhr ein Knecht vom Lingenthalerhof nach der Bahnstation, um
einen Koffer zu holen, ist aber nicht mehr zurückgekehrt. Ueber
den Verbleib des Mannes ist bis jetzt noch nichts ermittelt.
Karlsruhe, 28. Mai. Am 21. September findet eine all-
gemeine Waldenserfeier in Schönenberg bei Mühl-
acker statt an der Grabstätte des berühmten Waldenserführers
Henri Arnaud. Hierzu sind von Württemberg aus, wo die
Hauptniederlassungen der Waldenser seiner Zeit begründet wur-
den, auch Einladungen ergangen an Vertreter der badischen
Waldenserorte Welschneureith, unweit Karlsruhe, und Palmbach
im Bezirk Durlach; diese beiden Orte wurden durch die
Waldenser, wie die Bad Landpost hervorhebt, neu besiedelt,
während der Ort Obermutschelbach, der durch die Kriege viel ge-
litten hatte, in seiner Bevölkerung wieder verstärkt wurde.
Karlsruhe, 31. Mai. In der gestrigen Bürgerausschußsitzung
wurde der neue Dienstvertrag mit Oberbürgermeister
Schnetzler genehmigt, in welchem die Bezüge des Oberbürger-
meisters von 12- auf 14000 Mark erhöht sind. Die Annahme
geschah mit allen gegen die 14 Stimmen der Sozialdemokraten.
Ettlingen, 31. Mai. Der Seminarist Arthur Manuwald,
Sohn des Hauptlehrers Manuwald in Jmpsingen bei Tauber-
dischofsheim, wollte gestern Nachmittag auf ein eben geliehenes
Fahrrad aufsteigeu, konnte aber keinen festen Sitz finden, so
daß er hin- und herschwankte. In diesem Moment stieß er auf
einen entgegenkommenden schwer beladenen Steinwagen, kam
zwischen Vorder- und Hinterrad so unglücklich zu Fall, daß ihm
letzteres über die Brust ging und so schwere Verletzungen bei-
brachte, daß der unglückliche junge Mann heute früh im Spital
gestorben ist.
Wolfach, 31. Mai. Der Brudermord in Gutach vom
25. März d. I., mit dem sich das letzte Schwurgericht zu Offen-
burg befaßte (Johannes Blum erhielt damals wegen Tödtung
seines Bruders Konrad 10 Monate Gefängniß) hatte dieser Tage
ein Nachspiel vor dem hiesigen Schöffengerichte. Wegen Körper-
verletzung waren die Landwirthe Jakob Blum und Christian
Blum von Gutach, Vater und Bruder des Erschossenen bezw.
vom Schwurgericht Verurtheilten, angeklagt. Sie hatten am ver-
hängniß . ollen Abend den Johannes Blum jr. durch Mißhandlungen
arg zugerichtet und ihn so gereizt, daß er zum Gewehr griff.
Der Vater wurde freigesprochen, der Sohn zu 5 Wochen Ge-
sängniß verurtheilt.
— Dienstnachrichten. Aus dem Bereiche des
Groß h. Ministeriums des Innern. Jakob Stein-
metz, Schutzmann beim Amt Freiburg, wurde zum Amt Heidel-
berg versetzt.

Kleine Zeitung.
0 Auerbach, im Mai. Ende Juni d. I. wird im Garten
des Gasthauses „Zur Krone" in Auerbach, wo Scheffel von An-
fang Mai bis 20. Juni 1849 logirte und dort auch einige Lieder
dichtete, zur Erinnerung an diese Tage eine aus Marmor ge-
fertigte Tafel, mit der nöthigen Inschrift versehen, eingeweiht,
wozu auch der Schreiber dieses, als -persönlicher.Freund des
Verstorbenen, Einladung erhalten hat. Die Festrede hält der
Militärschrifisteller Herr Hauptmann s 1s snits Zorn, der eben-
falls mit Scheffel befreundet war. Der Sohn Scheffels, Viktor,
welcher gegenwärtig in Wiesbaden weilt, wurde zur Beiwohnung
des Festes eingeladen und wird erscheinen. Dann kehrt derselbe
wieder zur „Wetterau" bei Radolfzell zurück und wird die Sommer-
monate dort verbringen.
— Frankfurt a. M, 30. Mai. Gestern Abend drangen angeb-
lich zwei Individuen in das Parterre eines Hauses Himer der Juden-
mauer ein, als gerade der Verlobte eines Mädchens Namens
Brandenstein deren Wohnung verlassen hatte, knebelten das
Mädchen, nag elten eine ihrer Hände an und raubten
ihr Uhr und Geld. Bald stellte sich indessen heraus, daß die
ganze Schauergeschichte von der pp. Brandenstein erfunden wor-
den war. um den Abgang eines Lpark-sstnduchs zu verdecken.
— Kiel, 31. Mai. Auf der Germaniawerft ist gestern Abend
Schiffsbaudirektor Hagen von einer Leiter, als er die für den
Stapellauf des Kriegsschiffes „Ersatz König Wilhelm" erbaute
10 Meter hohe Taufkanzel besichtigen wollte, ab gestürzt und
seinen Verletzungen alsbald erlegen.
— Neustrelitz, 31. Mai. Die älteste Tochter des Erbgroß-
herzogs von Mecklenburg-Strelitz, Prinzessin Marie, hat
sich in London mit dem Grafen Karl Francy os Jameter
verlobt. Die Vermählung findet voraussichtlich in vier Wochen
statt.
— Ein Verfahren zur Umwandlung von Erde in Brenn-
material ist, wie die Firma Jos. Gehrig in Mannheim mit-
theilt, in Deutschland und in 17 Kulturstaaten theils schon paten-
tirt, theils zum Patent angemeldet. Das Fabrikat bestehe
je nach Schwere der Erde aus 92—94 Erde und 6—8°/„igeM
Präparat. Wenn sich die an diese Erfindung geknüpften Erwar-
tungen erfüllen sollten, dann gäbe es eine große UmwälzuNg-
Zunächst ist wohl ein gesunder Zweifel am Platze.
— Flüssige Luft. Nach Ldsmbsr's stournsl hat es 600 Guinee»
gekostet, bis Professor Dewar eine einzige Unze flüssige Luft Her-
stellen konnte. Ein gewisser C. F. Tripler in New Aork soll nU»
eine Maschine erfunden haben, die flüssige Luft zu 10 Pence per
Gallone erzeugt. Er hegt die sanguinische Hoffnung, daß flüssig
Luft bald allgemein für den Betrieb von Maschinen angewandt
werden wird. Die Einrichtung zur Erzeugung von flüssiger Lust
sei äußerst wohlfeil und für Kessel, Maschinen und Kohlen, HE
und Wasser fielen die Ausgaben weg. Die atlantischen Dampfs
würden alsbald eines Riesengewichts entledigt und ihre KohleN-
räume könnten hinfort besser verwandt werden.
— Ein preußischer Zapfenstreich in Kanada. Aus Montreal,
Kanada, wird unterm 19. Mat geschrieben: Wir Deutsche in Mon-
treal sollen das große Vergnügen haben, in wenigen Tagen eM
merkwürdiges „Lsäs in gorwan^" hier zum ersten Male begrüßen
zu können. Gelegentlich des bevorstehenden achtzigsten Geburts-
tages unserer großbritannischen Landesmama sollen nämlich tM
besonders große Festlichkeiten, darunter militärische, stattfindeN-
Ein solch hoher Tag verlangt aber Extraleistungen, mit dem bische»
Parade unserer herrlichen Bürgerwehr ist es da nicht gemaast-
und nach langem Kopfzerbrechen hat es der kanadische Oberbefehls-
haber der Miliz für das Beste befunden, uns „Kanadiern" eine»
wirklichen Genuß zu bieten, und der besteht darin, daß in dew
Massenkonzert aller unserer Musikkorps der — preußische Zapfen
streich unter obligater Begleitung sämmtlicher Trommler- »n
Pfeiferkorps als „pioos äs rssistsoos" vorgetragen wird. — De
Geburtstag der Königin Viktoria ist inzwischen gefeiert worden'
und wir wollen hoffen, daß die Bewohner von Montreal Gefaue>
an unserem Zapfenstreich gefunden haben._ _-
Theater- und Kunstnachrichten.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Sonntag'
4. Juni (Ab. 8): „Götterdämmerung."

Handel und Berkehr.
Frankfurt, 1. Juni. Effektensocietät. Abends 6 llbsi
Oesterr. Credit 223.40 b. Nationalbank für Deutschland 146"
b. G. Darmstädter Bank 153.80 b. Berliner Bank 119.8" ^
Lombarden 28.80-70 b. Northern 76.20 b. G. Gotthard-Akste»
147 b. Schweizer Central 147.20 b. Schweizer Nordost 102.60 '
Schweizer Union 82.60-80-60 b. G. Jura-Simplon 88.90 '
Spanier 64.60 b. SpCl. Mexikaner 99.60 B. 50 G. 3pCt. ME
kaner 28.10 B. 28 G. 5pCt. amortis. Mexikaner 3. S. 45.4" L
30 G. 5pCt. Italiener 95.40 B. 30 G. ult. Brauerei HennE
146.50 b. G. Laura 274.50 b. G. Eschweiler Bergwerks-Gftz

256.80 b. Bochumer 286.30 b. Oberschles. Eisen 178.20 b. Albest
165.70 d. G. Buderus Eisenw. 134.60 b. G. Hibernia 223.80 '
70 G. Bleisttftfabrik Faber 245.50 b. G.z Courl 195.1" ^
 
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