Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0636

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Minister v. Berlepsch die Wiederaufnahme der damals abgelehn-
ten Regierungsvorlage mit den gleichen Zielen in Aussicht. Nach
den bei den Ausständen inzwischen gemachten Erfahrungen konnte
Niemand voraussehen, daß die verbündeten Regierungen die Ab-
sicht aufgeben würden, den bei Ausständen gegenüber Arbeits-
willigen ausgeubten Terrorismus energisch zu bekämpfen. Die
abfällige Kritik der Vorlage wird besonders von den Sozial-
demokraten leidenschaftlich ausgeübt, ohne Zweifel deshalb, weil
sie die Folgen des Gesetzes für ihre Interessen als nachtheilig
erachten. (Zurufe bei den Sozialdemokraten. Der Präsident
bittet, nicht zu unterbrechen.) Die Partei befürchtet, daß ihre
Macht, die sie auf die Arbeiter ausübt, dadurch beeinträchtigt
werden könnte. Man muß zugeben, daß diese Ansicht nicht un-
begründet ist. Ich begreife deshalb vollkommen, daß die sozial-
demokratische Partei den Gesetzentwurf bekämpft. Was ich aber
nicht begriffe, wäre, wenn die Parteien, deren Bestrebungen
weder auf die Republik noch den Collectivismus abzielen, sich an
einer grundsätzlichen Bekämpfung des Gesetzes betheiligen woll-
ten. (Lachen links, sehr richtig rechts.) Denn das Koalitions-
recht der Arbeiter soll nicht im Geringsten beschränkt werden.
(Heiterkeit links) Den Arbeitgebern und den Arbeitern bleibt
das Recht und die Möglichkeit, sich zur Einwirkung auf die Ge-
staltung der Arbeitsbedingungen zusammcnzuschließen. Die Aus-
stände bleiben wie bisher möglich. (Zurufe bei den Sozial-
demokraten.) Den Arbeitern soll nicht die Möglichkeit abgeschnit-
ten werden, bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Das Gesetz
soll lediglich die Beschränkung der Willensfreiheit des Einzelnen
durch den Terrorismus und insbesondere durch das Treiben ge-
werbsmäßiger Agitatoren und Hetzer verhindern. Der Grund
der Verzögerung der Vorlegung des Gesetzes lag in Hindernissen,
die die verbündeten Regierungen zu beseitigen nicht in der Lage
waren. Nach den Ankündigungen der Thronrede und bei den
tendenziös verbreiteten Gerüchten über den Inhalt des Gesetzes
durften die Regierungen nicht zögern, das Gesetz dem Reichstag
borzulegen, um die künstlich geschaffenen Besorgnisse zu zerstreuen.
Der Zweck ist, wenn ich nicht irre, erreicht. Jeder Unbefangene
wird zugeben, daß die Regierungen noch auf dem Standpunkte
von 1890 stehen. Ich hoffe, daß wenn nicht jetzt, so doch bei
der späteren Behandlung ein Gesetz zu Stande zu bringen ist,
das die Interessen der Arbeiter selbst zu schützen geeignet ist-
(Bravo rechts.)
Staatssekretär Graf Posadowsky tritt in längerer Rede
für die Vorlage ein. Die Bestimmungen der Vorlage seien nichts
anderes als ein durch die Erfahrung gebotener verstärkter Schutz
des Individuums (Lachen und Zurufe links); Freiheit sei, etwas
thun, es aber auch lassen können. Koalitionsfreiheit sei die
Freiheit zu koaliren oder die Koalition ablehnen zu können. Es
handle sich also darum, inwieweit Gewerbegenossen sich damit
befassen, durch die hier unter Strafe gestellten Mittel Arbeits-
genossen oder Arbeitgeber zu zwingen, etwas zu thun oder etwas
zu lassen. Das sei der Sinn der Vorlage.
Abg. Bebel: Die Vorlage sei ein Ausnahmegesetz und ein
Klassengesetz. Redner führt Beispiele von Bestrafungen von
Arbeitern unter den bestehenden Gesetzen an. (Pfuirufe links.)
Präsident Graf Ballestrem bezeichnet die Pfuirufe als
unparlamentarisch, wie es schon sein Vorgänger gethan habe.
Morgen Weiterberathung.
Preußen. Die Belehnung des geisteskranken Herzogs
Boson von Talleyrand mit dem Herzogthum Sä-
st an ist nunmehr erfolgt. Der Herzog wurde durch
seinen Vormund, den Grafen Kanitz, welcher den Lehens-
eid leistete, vertreten.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Mitglied des Verwaltungsgerichtshofs,. Geheimerath II. Klasse
Otto Sachs das Kommandeurkreuz zweiter Klasse des Ordens
Berthold des Ersten und den Mitgliedern des Verwaltuugs-
gerichtshofs, Geheimeräthen III. Klasse Karl Heinrich B a a d e r
und Adolf Ostner das Kommandeurkreuz zweiter Klasse des
Ordens vom Zähringer Löwen verliehen und dieselben auf
ihr Ansuchen wegen vorgerückten Alters unter Aner-
kennung ihrer langjährigen, treuen und ersprießlichen Dienste in
den Ruhestand versetzt, den Amtsvorstand Geheimen Regierungs-
rath Wilhelm Holtzmann in Pforzheim, den Amtsvorstand
Geheimen Regierungsrath Ernst Müller in Offenburg und
den Amtsvorstand Geh. Regierungsrath Richard Teubner in
Kehl zu Verwaltungsgerichtsräthen ernannt.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben mit
Wirkung vom I.Juli l.J.: das Kollegialmitglied des Verwaltungs-
hofs, Geh.Regierungsrath Otto Frey, auf sein Ansuchen wegen
vorgerückten Alters unter Anerkennung seiner langjährigen, treu
geleisteten Dienste und unter Ernennung zum Geh. Ober-
regierungsrath in den Ruhestand versetzt und den Oberamtmann
Julius Lacher in Mannheim unter Verleihung des Titels
Geh. Regierungsrath zum Kollegialmitglied des Verwaltungshofs
ernannt.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben die
nachbenannten Amtsvorstände in gleicher Eigenschaft versetzt: den
Geheimen Regierungsrath Hermann Nebe in Mosbach nach
Pforzheim, den Oberamtmann Dr. Ludwig Turban in Etten-
heim nach Durlach, den Oberamtmann Ernst Behr in Villingen
nach Offcnburg, den Oberamtmann Emil Nußbaum in Dur-
lach nach Mosbach, den Oberamtmann Emil Bitzel in Neustadt
nach Villingen, den Oberamtmann Hugo Dörle in Pfullendorf
nach Engen, den Oberamtmann Dr. Karl Asal in Adelsheim
nach Ettenheim, den Oderamtmann Dr. Heinrich Beizer in
Meßkirch nach Kehl, den Oberamtmann Eduard Sei du er in
Engen nach Donaueschingen und den Oberamtmann Dr. Albert
Mays in Schönau nach Adelsheim; ferner den Amtmann
Dr. Max Renner in Rastatt zum Oberamtmann und Amts-
vorstand in Meßkirch, die Amtmänner Dr. Karl von Grimm
in Schopfheim und Gustav Arnold in Stockach zu Ober-
amtmännern und Amtsvorständen daselbst, den Amtmann
Friedrich Jakobi in Pforzheim zum Oberamtmann und
Amtsvorstand in Pfullendorf, den Amtmann Dr. Adolf Klotz
in Heidelberg zum Oberamtmann und den Amtmann
August Hofmann in Offenburg zum Oberamtmann und
Amtsvorstand in Neustadt ernannt; den Amtmann Heinrich
Hebting in Baden nach Schönau versetzt, den Sekretär
des Ministeriums des Innern Dr. Karl Schneider
dem Bezirksamt Baden, den Sekretär des Oberschulraths Karl
Kamm dem Bezirksamt Pforzheim und den Sekretär des
Ministeriums des großh. Hauses und der auswärtigen An-
gelegenheiten Legationssekretär Dr. Karl Heintze dem Bezirks-
amt Offenburg unter Ernennung derselben zu Amtmännern
beigegeben; den Referendär Walther Schmitt von Freiburg
zum Sekretär des Ministeriums des Innern und die Referendäre
August Maier von Ettenheim und Karl v. Witzleben von
Berlin zu Amtmännern ernannt und elfteren dem Bezirksamt
Rastatt, letzteren dem Bezirksamt Mannheim beigegeben.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Betriebsdirektor Karl Seiz bei der Generaldirektion der Staats-
eisenbahnen die Eclaubniß zur Annahme und zum Tragen des
ihm verliehenen Königlich Preußischen Kronenordens zweiter Klasse
ertheilt.

Ausland.
Frankreich. Paris, 19. Juni. Der Abgeordnete
Flemy-Ravarin hatte in der vorigen Woche einen Aufsatz
über den besorgnißerregenden Zustand der Ma-
rine« ngelegenheiten veröffentlicht. Daraufhin hat
er vom Generalstabschef der Marine, Viceadmiral de
Cuverville, einen Brief erhalten, worin Cuverville die

Richtigkeit der Angaben des Abgeordneten bestätigt und
Fleury-Ravarin anheimstellt, den Brief zu veröffentlichen.
Italien. Rom, 19. Juni. Der Papst ernannte im
heutigen Konsistorium elf Kardinale und präkonisirte zahl-
reiche Bischöfe, darunter diejenigen von Culm u. Osnabrück.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 20. Zuni.
ül Liedertafel. Unter Betheiligung von mehr als 100 Mit-
gliedern folgte die hiesige Liedertafel am 18. d. Mts. einer
Einladung des Liederkranzes Michelstadt zum Fahnen-
weihfeste. Früh 6°^ Uhr wurde die Reise angctreten. In
Eberbach versäumten die Sänger die Gelegenheit nicht, die mit
einem späteren Zuge eintreffenden Sänger der Westharmonie,
welche sich auf einem Ausfluge nach Ernstthal befanden, mit einem
musikalischen „Grüß Gott" zu empfangen. Alsdann ging es
weiter bis Erbach, woselbst die Sehenswürdigkeiten des Schlosses
besichtigt wurden. Der in dem Schloßhofe gerade anwesenden
Familie Sr. Erlaucht des Grafen Arthur von Erbach brachten
die Sänger ein Ständchen, worüber die gräflichen Herrschaften
höchst erfreut dankten und sich in der anerkennendsten Weise über
die vortreffliche Schulung der Sänger aussprachen. Von Erbach
aus ging es zu Fuß nach Michelstadt, woselbst nach einem herz-
lichen Empfang das Mittagsmahl in dem Hotel zum „Fürstenauer
Hof" eingenommen wurde, von dem die Sänger höchst befriedigt
waren. Nach der Fahnenweihe war den Sängern auf dem Fest-
platze Gelegenheit geboten, ihre Weisen vor einem größeren Publi-
kum ertönen zu lassen. Es erfolgte ein so stürmischer Beifall,
daß der Verein sich zu einer Zugabe verstehen mußte. Se. Er-
laucht Graf Arthur von Erbach, welcher auf dem Podium an-
wesend war, ließ sich Herrn Dürr, den Dirigenten des Vereins,
vorstellen und sprach demselben wiederholt seine hohe Befriedigung
über die vortrefflichen Leistungen des Vereins ans. Der Vor-
stand, Herr Vogt, überreichte dem festgebenden Vereine, mit
welchem die Liedertafel schon früher Beziehungen hatte, ein passen-
des Geschenk. Von dem Festplatze aus begab man sich nach dem
Rathhausplatze, welcher rasch in eine Wirtschaft umgewandelt
wurde und wofelbst das Vereinsmitglied L. Friedberg mehrere
photographische Aufnahmen machte. Zum Schluffe versammelte
man sich nochmals im „Fürstenauer Hofe", in welchem unter Ge-
sang und Reden das Fest beendigt wurde, worauf man kurz vor
10 Uhr die Rückreise der in allen Theilen wohlgelungenen
Festfahrt, die jedem Theilnehmer unvergeßlich sein wird, antrat.
A Einsetzung eines Ortsausschusses des deutschen Flotten-
vereins in Heidelberg. In einer Versammlung, welche am Frei-
tag, den 16. Juni, Abends halb 9 Uhr hier im Gartensoale der
Harmonie zusammentrat, wurde ein Ortsausschuß des deutschen
Flottenvereins eingesetzt, nachdem schon am 2. Juni ebenda eine
Vorbesprechung stattgefunden hatte. Herr Prof. Dr. Dietrich
Schäfer, welcher die Versammlung leitete, legte in kurzen Zügen
die Beweggründe dar, welche zur Bildung eines deutschen Flotten-
vereins üherhaupt Veranlassung gegeben haben und stellte den
Entwurf eines Aufrufes zum Eintritt in diesen Verein zur Ver-
handlung. Der Entwurf wurde einstimmig angenommen und
beschlossen, ihn in allen Heidelberger Blättern zu veröffentlichen.
In den Ausschuß wurden vorläufig folgende Herren gewählt:
Prof. Dr. Dietrich Schäfer (Vorsitz), Pfarrer a. D. Ziller
(Schriftführung), Bankdtrektor Krastel (Kasse), Professor Dr.
Lossen und Fabrikant Fuchs. Denselben wurde das Recht
zugefprochen, den Ausschuß durch Zuwahl zu ergänzen. Die am
Freitag versammelten Herren werden sich in den nächsten Tagen
mit einer Aufforderung zum Beitritt an die Bürger Heidelbergs
wenden.
— Polizeibericht. Eine Frauensperson wurde wegen Umher-
ziehens verhaftet. Zwei Mannspersonen kamen wegen Ruhe-
störung zur Anzeige.
Ziegelhäuser:, 19. Juni. Die hiesige Liedertafel beging
am Samstag und am Sonntag ihr 40jähriges Stiftungs-
f e st. Samstag Abend fand in der Pfalz ein Konzert, Sonntag
Vormittag im Adler ein Wettsingen von 37 Vereinen statt.
Nachmittags zog von der Stiftsmühle aus ein Festzug durch den
Ort nach dem Festplatz, woselbst die Uebergabe der neuen Fahne
durch Frl. Hummel au den Verein stattfand. Die Preisverthet-
lung, die Abends 7'/, Uhr stattfand, ergab folgendes Resultat:
Landvereine unter 40 Sänger. 1. Eintracht Bulach
la Ehrenpreis, 2. Frohsinn Friedrichsfeld Ib Preis, 3. Männer-
gesangverein Kirchheim Ib Preis, 4. Harmonie Neckarau Ila Pr.,
5. Liederkranz Neckarau Ilb Pr., 6. Liederkranz Neckargemünd
Ilb Pr., 7. Mannergesangverein Hohensachsen Ilo Pr., 8. Ein-
tracht Handschuhsheim Ilä Pr., 9. Singverein Schönau IIs Pr.,
10. Edelweiß Teutschneureuth lila Pr., 11. Liederkranz Ziegel-
hausen Illb Pr., 12. Liederkranz Reicharishausen Illo Kr.,
13. Harmonie Waldhof Illä Pr-, 14. Sängerbund Rauenberg
Ills Pr., 15. Liedertafel Altwiesloch Ulk Pr., 16. Sängerbund
Schlierbach Illg Pr., 17. Sängerbund Sandhofen Illb Preis.
Landvereine über 40 Sänger. 1. Sängerbund Rint-
heim In Ehrenpreis, 2. Liederkranz Grötzingen Ib Pr., 3. Teu-
tonia Feudenheim Ila Pr. Sladtvereine unter 40
Sänger. 1. Edelweiß Karlsruhe, la Ehrenpreis, 2. Männer-
gesangverein Lindenhof Ib Pr., 3. Portland-Cementwerk-Arbeiter-
verein Mannheim Io Pr., 4. Sängerbuno Neuenheim lä Pr.,
5. Eintracht Heidelberg Is Pr., 6. Männergesangverein Heidel-
berg II» Pr., 7. Frohsinn Mosbach II» Pr., 8. Sängerheim
Mannheim Ilb Pr . 9. Bavaria Mannheim lila Pr., 10. Ein-
tracht Weinheim Illb Pr., 11. Erheiterung Mannheim IHo Pr.
Stadtvereine über 40 Sänger. 1. Sängerkreis Mann-
heim la Ehrenpreis, 2. Männergesangverein Durlach Ila Pr.,
3. Frohsinn Mühlburg-Karlsruhe Ilb Pr. Vereine mit ersten
Preisen erhielten goldene, mit zweiten Preisen silberne Medaillen
und Diplome, Vereine mit dritten Preisen nur Diplome verab-
folgt. Abends fand im Gasthaus zur Pfalz und im Adler Fest-
ball statt.
Sinsheim. 18. Juni. Gestern Nachmittag 6 Uhr entlud sich
über unserer Städtern schweres Gewitter mit rasch aufeinander
folgenden Blitz- und Donnerschlägen. Wie sich dem Landboten
zufolge nachher herausstellte, Hat der Blitz in das Haus des
Herrn L. Stecher am Marktplatz eingeschlagen, ohne zu
zünden, jedoch wurden der Schornsteinaufsatz und eine größere
Anzahl Dachziegel heruntergeworfen. Eine in der Leitung des
Elektrizitätswerkes eingetretene Störung war nur von kurzer
Dauer. Leider aber hat der gleichzeitig niedergegangene Schlag-
regen wieder auf vielen Aeckern das Getreide zu Boden geworfen
und dadurch erheblichen Schaden verursacht.
O Mannheim, 19. Juni. Die Ausstellung von
Frankenthaler Porzellan ist nur noch bis zum
28. Juni geöffnet. Wer diese Schätze an werthvollen Erzeug-
nissen der ehemaligen Frankenthaler Porzellan-Manufactur,
worunter sich bekanntlich die den Großherzoglichen Herrschaften
gehörenden großartigen Gruppenstguren ec. re. befinden, noch
nicht besichtigt hat, möge nicht versäumen, dies noch nachzuholen.
ff Mannheim, 19. Juni. Von zwei streikenden Arbei-
tern überfallen wurde der hiesige Zimmer me i ster Fritz,
über den seit längerer Zeit von den Sozialdemokraten die Arbeits-
sperre verhängt ist. Als Fritz in einen Neubau eintreten wollte,
traf er in demselben zwei Arbeiter, welche dort Posten standen.
Als er sie fragte, was sie hier wollten, schlugen sie statt jeder
Antwort ihm mit einer Klammer derart auf den Kopf, daß Fritz
blutüberströmt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. — Ein
furchtbares Gewitter ging heute Mittag in der Gegend
von Friedrichsfeld nieder. Der einstündige Hagelschlag richtete
große Verheerungen an. Der Schaden ist ein ganz enormer.
L.öl. Karlsruhe, 19. Juni. Gestern fand hier eine Ausschuß-
sitzung der Gewerbevereine des Mittelbadischcn Gauver-
bandes statt. Aus den Verhandlungen ging hervor, daß der
Gau in der letzten Zeit um 11 Vereine mit 688 Mitgliedern,

worunter 627 Handwerker, stärker geworden ist und jetzt 25 Ver-
eine mit 2283 Mitgliedern, davon 1943 Handwerksmeistern umfaßt.
L. ü. Baden Baden, 19. Juni Bei der heutigen Stadt-
verordnetenersatzwahl (III. Wählerklasse) stimmten von
1478 Berechtigten 933 ab. Der Vorschlag der Nationalliberalen
wurde mit 480—500 Stimmen gegen denjenigen der Opposition
(Freisinn., Centrum und Bürgerpartei) mit 418—452 Stimmen
angenommen.
L. öl. Klengen, 19. Juni. Gestern Nachmittag fand im Bei-
sein des Fürsten und der Fürstin zu Fürstenberg und verschiedener
hoher fürstlicher Beamter die Grundsteinlegung zu dem im hiesigen
Stadtwald zu erbauenden Wald Hotel statt. Inden Grundstein
wurde neben Zeitungen ec. eine Urkunde etngefügt. in welcher
der Verlauf der Gründung der Waldhotelgesellschaft geschildert
wird. Herr Kunstmühlenbesitzer Oberle hielt die Festrede, auf
welche der Fürst zu Fürstenberg antwortete und betonte, daß er
dem Unternehmen seinen Schutz und Hilfe aus idealen Gründen
angedeihen ließe.
Aus Baden. Herr Jones, seit Jahren Stenograph der
Ersten Kammer, ist nach längerer Krankheit dieser Tage in
Ladenburg, wohin er sich zurückgezogen hatte, seinem Leiden
erlegen.

Kleine Zeitung.
— Ein heiterer Zeitungskrieg ist in den letzten Tagen zwi-
schen dem Heider Anzeiger und der Büsumer Zeitung in Holstein
entbrannt. Das Schlußwort der letzteren erregt allgemeine
Heiterkeit; es heißt da nämlich wörtlich: „Dem Heider Anzeiger
zur gefälligen Kenntnißnahme, daß wir in unserem Lokalblättchen
ebenso wenig Raum haben für solche „Zeitungsduellchen" wie
Zeit sie zu schreiben: die uns noch zur Verfügung stehenden
müßigen Stunden wollen wir lieber der jungen Frau widmen."
-f- Eine „Vismarksäuls" bei Regensburg. Ein Leser unseres
Blattes theilt uns aus einem Regensburger Briefe an ihn Nach-
stehendes mit, das von der werbenden Kraft des Bismarcksäulen-
Gedankens ein rührendes Zeugniß ablegt. „Es wird Dich in-
teressiren, zu hören, daß ganz nahe von hier in herrlichem Walde
mit Aussicht auf das Regenthal am 8. d. M. eine kleine Feier
stattfand, um ein von treuen Verehrern gewidmetes Denkmal,
eigentlich nur einen Erinnerungsstein, einzuweihen. Ein dortiger
Förster hat nicht nur selbst viel hierfür gethan. sondern auch
Freunde von sich dafür gewonnen, von denen einer das Wappen
Bismarcks aus schwarzem Eisen gespendet, ein anderer die Schale
oben auf, deren Inhalt einen weithin leuchtenden Beweis der
großen Liebe, die unser großer Todter sich auch hier bei guten
schlichten Menschen errungen, gab. Ein Sängerquartett trug
herrliche Lieder vor und glühende patriotische Worte wurden ge-
sprochen." — Diese schlichte Bismarcksäule dürfte die erste, oder
doch eine der ersten in Deutschland sein. Vivant ssqnsnts8!
— Hochschulnachrichten. München, 19. Juni. Professor
Dr. von Lommel, derzeit Rector der Universität München,
ist heute gestorben. (Eugen v. Lommel war am 19. März
1837 zu Edenkoben in der Pfalz geboren, studirte 1854—53
Mathematik und Physik in München. Seit 1886 war er dort
als Professor der Experimentalphysik.)

Theater- und Kunst-Nachrichten.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Mittwoch'
21. Juni (Ab. L.): „Euryanthe."
Frankfurt. Opernhaus. Dienstag, 20. Juni: „Postillon
von Lonjumeau." Mittwoch, 21. Juni: „Fra Diavolo." Donners-
tag, 22. Juni: „Der Bärenhäuter." Samstag, 24. Juni: „Der
Cid." Sonntag, 25. Juni: „Die Fledermaus." — Schau-
spielhaus: Dienstag, 20. Juni: Gastspiel des Herrn Karl
William Büller: „Goldfische." Benzberg: Herr Büller. Mittwoch,
21. Juni: „Maria Magdalena." Donnerstag, 22. Juni: „Die
Journalisten." Freitag, 23. Juni: Gastspiel des Herrn Karl
William Büller: „Der Registrator auf Reisen. Samstag, 24. Juni:
Gastspiel des Herrn Karl William Büller: „Der Biberpelz."
Sonntag, 25. Juni: Letztes Gastspiel des Herrn Karl William
Büller: „Der Biberpelz." Montag, 26. Juni: „Im weißen
Röß'l."

Handel und Veikehr.
Mannheim, 19. Juni. (Aktien.) Oberrh. Bank 125.75 G-
Rheinische Creditbank 146.— G. Rheinische Hypothekenbank
165.— B. Heidelberger Aktienbrauerei 143.— G. Schrödl'sche
Brauerei-Aktien 146.—G. Portland - Cementwerk Heidelberg
-.- G.
Frankfurt, 19. Juni. Effektensocietät. Abends 6V« Uhr.
Oesterr. Credit 221.70 b. Diskonto-Kommandit 194.90—195.10 b.
Deutsche Bank 206.60—80 b. Dresdener Bank 161.50 b. Darm-
städter Bank 150.50 b. Berliner Handelsgesellschaft 169 b.
Berliner Bank 119 b. G. Nationalbank für Deutschland 145 b.
Banque Ottomane 113.40—30 b. Bayerische Bank 113.20 b. G.
Staatsbahn 149.70 b. Lombarden 30.30 b. Gotthard-Aktien
145.10 b. Schweizer Central 145.90 b. Schweizer Nordost 100.70
bis 101 b. G. Schweizer Union 80.80 b. Jura-simplon 87.70 b.
4pCt. Italiener 95 B. 94.90 G. 4pCt. Spanier 63-63.20 b.
5pCt. amort. Mexikaner 3. Ser. 44.50 b. G. 3pCt. Mexikaner
27.60 b- 3pCt. Portugiesen 26.70 b. Monop. Griechen 50.80 B.
70 G. Türken-Loose 128 b. Laura 259.70—260.80b. Bochumer
269.50— 270.70 b. Harpener 200.60-202-201.80 b. Hibernia
216.50- 217.50 b. Oberschles. Eisenindustrie 177.70 b. Eschweiler
Bergw.-V. 243 50 b. G. Bergw.-Ges. Courl 196 b. Gelsen-
kirchen 202.70 b. Verzinkerei Hilgers 124.40 b. G. Concordia
307.50 b. Blei- u. Silberhürte Braubach 93.50 b. G. Friedrichs-
Hütte 176 b. Elektr. Schuckert 247.50 b. G. Helios 177.50 b.
Elektr. Contin. Nürnberg 128.80 b. G.
(st/.—6V2 Uhr: Diskonto 195.40. Banque Ottomane 113.50.
Bochumer 271. Gelsenkirchen 203. Harpener 202. Hibernia 218.
In Uebereinstimmung mit den auswärtigen Börsen zeigten
die Kurse allgemein mäßige, besonders aber Montanwerthe
kräftige Erholung.
Berlin, 19. Juni. Heidelberger Straßen- und Bergbahn-
gesellschaft 155.- b.
Mannheim, 19. Juni. (Produktenbörse.) Per 100 Kilo.
Weizen Pfälzer 17.50 bis —, Norddeutscher 17.50 bis ,
Azima 18— bis 18.50, Theodosia 18.— bis 18.75, Saxonska
Pis Girka 17.75 bis 18.-, Taganrog bis
—, rumänische —.— bis —.—, amerikanische Winter 18.25
bis —.—, Amerika«. Spring 18.— bis —.—, Walla-Walla
18.— bis —, Milwaukee —bis —.—, Kalifornier —
bis —, La Plata 17.25 bis 18.25, Kannsas II 18.— bis
—, Kernen 17.25 bis 17.50, Roggen Pfälzer 16.— bis —,
Russischer 16.25 bis —Norddeutscher 16.— bis —,
Gerste hies. Gegend —bis —Pfälzer —.— bis —.
Futtergerste 12.50 bis —.—, Hafer Bad. alter 15.60 bis 15.75,
neuer —bis —, Norddeutscher 15 75 bis —.—, Russischer
15.25 bis 16.—, Württemberg. 16.50 bis —, Amerikany 15.—
bis 15.25, Mais Amerikan. mixed 10.50 bis 10.75, Mais
Donan 10.75 bis —, Kohlreps deutscher neuer 25.— bis
—.—, Wicken 15.50 bis 16.—, Roth Kleesamen —.— bis —<
Amerikaner —.— bis —, Lucerne —.— bis —.—, Provence
—.— bis —.—, Esparsette —bis —, Leinöl mit Faß
46.— bis —, Rüböl mit Faß 55.— bis —, bei Waggon
53.— bis —, Petr. Amerikany 21.50 bis —.—, bet Waggon
20.90 bis —.—, bei Bassinwag. 17.50 bis ——, Russisches
21.— bis —, bei Waggon 20.40 bis —.—, bei Bassinwag.
17.— bis —, Sprit versteuert 115.25 bis —, 90er un-
versteuert 29.75 bis —.
Weizenmehl 00 0 1 2 3 4
28.75 26.75 24.75 23.75 22.75 19.75.
Roggenmehl 0: 25.—, 1: 22.—.
Tendenz: Weizen wesentlich fester. Roggen fester. Uebriges
unverändert.
 
Annotationen