Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI chapter:
No. 31 - No. 40 (5. Februar - 16. Februar)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0131

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

M 8 VW V WM W^ W E "OWWD^E WM WVVWWWWW
«ST M T T ^IT TAWGG.M

Verkündigungsblatt und Anzeiger

Die,^8ürgerzeitung"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Unter-
haltungsblaft, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

AbomremenLSPreiS
siir Heidelberg: monatk. 40 Pfg. mit
Tragerlohu, durch die Post bezogen
vicrteljäbr!. Mk. 1.-— ebne Zustellgeb.
ZnsertisnLpreis: lO Ps. für di? l-spalt-
PctitMe od. deren iltaunu Für locale
Geschäfts- u- Pnvalanreigeii 5 Pf.

Heidelberg, Loimtüg, 5. Februar

1«S3.

Expedition:
Hauptstraße 25.

Expedition:
Hauptstraße 25.

Der Abonnementspreis
für die
„Würger-Zeitung"
beträgt
monatlich nur 4b Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mk.
ohne Zustellungsgebühr.
ME"> Jedem Slbonnenten, der sich als
solcher ausweist, ist das Recht
eingeräumt, monatlich je eine die
Bedürfnisse des Haushaltes betreffende
Anzeige (Familienanzeigen, Dienstboten-
gesuche, Wohnungsanzeige u. s. w.) bei
uns aufzugeben. Diese Aufnahmen ge-
schehen stets unentgeltlich.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
auswärts durch die Post innerhalb der Stadt durch unsere
Träger cntgegengenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".
WeTschreöenes vorn Tcrge.
Muthmaßliche Reformen. — Möglicherweise führt
die Hccrcsreform, so wird der „Allgem. Ztg." aus
Berlin geschrieben, auch noch zu einer Finanzreform
im Reiche, und die hie und da neuerdings lautgewor-
denen Andeutungen, welche auf eine Personalunion des
Reichsschatzamts mit dem preußischen Finanzministerium
abzielen, gewinnen unter diesen Umständen an Beachtung.
Ein eigener Neichsfinanzminister, wie. Bcnigsen ihn vor
wenigen Jahren verlangte, erscheint durch die Verfassung aus-
geschlossen, die nur einen verantwortlichen Minister, den
Reichskanzler, kennt. Wokl aber würde der Reichsschatz-
secretär wesentlich an Bedeutung und Freiheit der Stel-
lung gewinnen, wenn er mit dem preußischen Finanz-
minister identisch und dieser — Miquel wäre. Letzterer
wäre in der That wohl am befähigsten, die immer drin-
gender und unabweislicher werdende Reichsfinanzreform
in die Bahn zu leiten. Allem Anschein nach
stehen wir erst am Anfang eines noch unab-
sehbaren Weges von Neugestaltungen aller
Art, von welchen die Heeresreforn nur einen

In schwerem Weröncht.
30) Criminal-Novelle
von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
„Bitte tausendmal um Verzeihung, gnädiger Herr!"
entschuldigte sich dienstfertig der ungeschickte Kellner; „kann
ich vielleicht in irgend einer Weise auswarten? — Dez-
Herr scheinen etwas zu suchen."
„Ich wünsche den Herrn Marquis d'Hervilly zu
.sprechen," erwiderte der Angeredete, der kein Anderer war,
als der Assessor von Braunfels. „Wollen Sie mir ge-
fälligst angeben, in welchem von diesen Zimmern ich ihn
finden werde?"
„Ab, bedaure unendlich, gnädiger Herr! Der Herz-
Marquis ist schon seit 8 Ukr Morgens ausgeritten. —
Wenn der gnädige Herr vielleicht seinen Nanien —"
„Das ist überflüssig! Erlauben Sie mir nur noch
eine Frage! Hat sich der Herr Marquis selbst einen
Diener mitgebrucht?"
„Nein, gnädiger Herr! Die Bedienung des Herrn
Marquis gehört zu meinen Obliegenheiten."
Zwischen den Fingerspitzen des Assessors wurde plötzlich
das verführerische Gleißen eines preußischen Thalers be-
merkbar und gleich darauf traf es sich ganz zufällig, daß
die Hand des Kellners für einen Moment ganz nahe an
diejenige Braunfels gerrieth, nach welchem Zusammen-
treffen das Geldstück zwar total verschwunden, dafür aber
ein honigsüßes, devotes Lächeln auf das glattrasirte Gesicht
des verständnißvollcn George getreten war.
„Der Herr Marquis ist einer meiner alten Freunde".

Theil und nur den Anstoß bildet. Ob etwa
die wiederholten Sitzungen des preuß. Staatsministeriums
in den letzten Tagen diesen Ausblicken gegolten haben?
Wie aus der Berathung der Budgetcommission über den
Marine-Etat ersichtlich, hat sich auch dort eine Perspective
auf große Mehrausgaben für die nächsten Jahre durch
den beantragten Ersatzbau von fünf weiteren großen
Panzerschiffen ergeben, die Finanzlage des Reiches weist
somit gebieterisch auf eine umfassende und einheitliche
Lösung."
Die italienische Vankfrage. — Die große Ent-
scheidungsschlacht um die Frage, betreffend die Zettel-
banken, speciell die Banca Ramana, deren Ausgang das
Cabinet Giolitti durchaus nicht mit fester Siegeszuversicht
entgegensehen konnte, ist nun geschlagen, und auf die
Einsetzung einer parlamentarischen Enquöte und die
Bankenfrage bezüglichen Motionen wurden, einem An-
träge des Ministerpräsidenten entsprechend, mit 274 gegen
154 Stimmen verworfen. Drei Tage lange währte die
Kammer-Debatte und fast bis zur letzten Stunde herrschte
Ungewißheit über die schließliche Wendung, obgleich die
Waagschale sich eigentlich während aller drei Tage eher
zu Gunsten der Regierung neigte. Am ersten Tage
hatten die unzweideutigen und aufrichtigen Erkärungen
des Ministerpräsidenten Giolitti über die Stellung der
Regierung zu dieser Frage einen entschieden günstigen
Eindruck hervorgerufen. Daß Fehler von allen Seiten
und auch von ihr begangen wurden, wenn auch von
ihm in geringerem Maaße als von andern, stellte
Giolitti gar nicht in Abrede, aber diese Versehen geschahen
durchaus Uonu öäo, was ihnen immerhin zur Entschul-
digung dienen kann und das unbestreitbare Verdienst des
Ministeriums Giolitti war cs, daß es, sobald es die
wahre Situation erkannt hatte, sofort rücksichtslos eingriff
und so entschieden auftrat, daß ein Zweifel an der Auf-
richtigkeit seines Willens, bis zum Aeußersten zu gehen
und sonnenhelles Licht in das trübe Gewebe zu bringen,
nicht aufkommen konnte. Die Opposition schien sich auch
viel weniger mit der Frage befassen zu wollen, auf welcher
Seite und von wem die meisten Fehler begangen wurden,
man war vielmehr durch die allarmircndcn Nachrichten
beunruhigt, welche über das Verhältnis; mehrerer Kammer-
mitglieder und gewesener Deputirter zur Römischen Bank
verbreitet wurden. Eben aus diesem Grunde wurde von
einem großen Theile der Kammer auf Einsetzung einer
parlamentarischen Enquete gedrungen und die Entschei-
dung spitzte sich dahin zu, ob die Regierung die Einsetzung
einer solchen Enquete acceptirt oder nicht. Das Cabinet
fuhr Braunfels fort; „und da ich ibn seit sehr langer
Zeit nicht gesehen habe, so würde es mich sehr interessiren
etwas von seinem jetzigen Aussehen und Befinden zu
erfahren, ehe ich ibn bei seiner Rückkehr selbst begrüße."
„Wenn der gnädige Herr die Güte haben wollen,
in jenes Zimmer zu treten und sich dort eine kurze Zeit
zu gedulden, so werde ich sofort zur Verfügung sieben
und nach Kräften jede gewünschte Auskunft ertheilen."
Braunfels machte eine zustimmende Bewegung und
trat, während George, der schon wieder eine unabsehbare
Reihe von Trinkgeldern witterte, mit Windeseile seine
letzten Dienstespflichten erfüllte, in das erste der von
d'Hervilly bewohnten Gemächer. Er hatte vor der Hand
kein anderes Mittel gesehen, auf dem schwierigen Pfade
ein Stück vorwärts zu gelangen, als den Marquis in
seiner eigenen Behausung auszusuchen und hier durch List
und Verstellung auf ein Ziel loszusteueru, das ihm auf
andere Weise kaum erreichbar schien. Wenn er auch über-
zeugt war, daß ihm die Aussagen des Kellners, den er
noch dazu nur mit großer Vorsicht aussragcn durfte,
wohl wenig oder gar nichts nützen konnten, so hielt er-
es doch für seine Pflicht, keine Gelegenheit unbenützt zu
lassen, die ihm möglicherweise hätte auf die rechte Fährte
helfen können.
Von dem Staatsanwalt, welchem er von seiner Unter-
redung mit der Schwester des muthmaßlichcn Verbrechers
natürlich nichts mitgetheilt, batte er über die Fortschritte
der Untersuchung soeben noch Einiges erfahren, das durch-
aus nicht geeignet war, seinen Verdacht gegen d'Hervilly
abzuschwächen. Der mit der Leitung der Finanzen des
gräflichen Hauses beauftragte Bankier batte nämlich aus-

haf sich diesem Ansinnen vom Anfang an mit gutem
Grund widersetzt. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel,
daß eine parlamentarische Enquote, welche der gerichtlichen
Procedur vorausgehen würde, Monate lang dauern und
die Schuldfrage daher viel später festgestellt werden könnte,
als durch das unbehinderte normale Gerichtsverfahren.
Nun aber giebt es in der römischen Bankfrage einige
Punkte, die baldigst aufgeklärt werden müssen, wenn nicht
das Pnblikum zu Schaden kommen soll. Es ist daher-
begreiflich, daß die Regierung nicht nur im eigenen, son-
dern auch im Interesse des Publikums sich der parla-
mentarischen Enquete, der Verzögerung der gerichtlichen
Entscheidung, widersetzte. Nichtsdestoweniger hatte aber
die Idee einer parlamentarischen Enquete in der Kammer
viele und darunter hervorragende Anhänger gefunden,
sodaß man um das Schicksal des Cabinets, welches
diesem Plane beharrlichen Widerstand entgegensetzte, be-
sorgt sein konnte. Giolitti zeigte aber auch in diesem
Falle große Entschlossenheit, er ließ sich auf keinerlei
Kompromiß ein und knüpfte an die Annahme seines Stand-
punktes die Vertrauensfrage. Dieses entschiedene Auftreten
wirkte mehr als noch so lange und gut begründete Reden
es gethan hätten, denn die Mehrheit der Kammer er-
kannte, daß es in diesem Augenblicke sehr bedenklich
wäre, um einer Frage willen, welche die Principien der
Regierung und die gegenwärtigen großen Aufgaben der
Kammer in ihrem Kern nicht berührt, eine neuerliche
Krise heraufzubeschwörcn.

Deutsches Reich.
Berlin, 3. Februar. Der „Kreuzzeitung" zufolge
richtete der Großfürst - Thronfo lgcr aus Peters-
burg am 31. Januar an den Commandeur des achten
westfälischen Husarenregiments ein Telegramm, worin er
für den freundlichen Willkommcngnch dankt und fortfährt:
„Nach Hause zurückgekehrt, bin ich tief durchdrungen von
dem Gefühl aufrichtiger Dankbarkeit für die mir
von Seiner Majestät erwiesene, mir so teuere wohl-
wollende Aufmerksamkeit."
Berlin, 3. Februar. Der „Reichsanzeiger" wider-
legt in einem eingehenden Artikel an der Hand sta-
tistischen Materials die mehrfach vorgebrachte Behauptung,
daß die in der Militärvorlage geforderte Mehr-
einstellung über die natürlichen Grenzen der Wehrkraft
hinausgehe. Das Blatt schließt: „Die durch die Militär
Vorlage bedingte Erhöhung der Nekrutenquotc wird eirft
Herabminderung der Ansprüche an die Tauglichkeit dee
„I, ! > _ - -MI-IMIEM-W»«»«»»»»»»—»r
gesagt, daß Gräfin Laucnfeld erst vor wenigen Tagen
eine sehr bedeutende Summe erhoben habe und daß sie
das Geld gewöhnlich in dem in ihrem Boudoir befindlichen
Schreibtisch aufzubewabren pflegte. Da sich alle Be-
mühungen, diesen Schreibtisch anders als auf gewaltsame
Weise zu öffnen, als vergeblich erwiesen, hatte man den
Verfertiger desselben in das Palais beschieden und von
diesem die bestimmte Erklärung empfangen, daß das Ge-
heimniß der Feder Niemanden weiter bekannt gewesen sei,
als dem Grafen und seiner Gemahlin, daß die Kon-
struktion des betreffenden Mechanismus seine eigene Er-
findung und Arbeit sei und daß er selbst den geschicktesten
Mechaniker nicht für fähig halte, dieselbe anders als
durch Auseinandernehmen des ganzen Tisches zu entdecken.
In Gegenwart des Untersuchungsrichters war darauf
die Eröffnung vorgenommen worden und hatte der Inhalt
des Schreibtisches nicht die geringsten Spuren davon auf-
zuwcisen, daß ihn etwa eine fremde Hand nach irgend
Kostbarkeiten durchwühlt hätte.
In einem der Fächer fand sich sogar neben einer
kostbaren, künstlerisch gearbeiteten Schatulle eine Anzahl
von Kassenscheinen, die Niemanden hätten entgehen können,
der den Inhalt des Tisches selbst der flüchtigsten Musterung
unterzogen hätte.
Allerdings bildete der gefundene Geldbetrag nur einen
verschwindend kleinen, kaum nennenswertben Bruchtheil
der vor wenigen Tagen von dem Bankier ausgelieferten
Summe; aber es war ja keineswegs unmöglich, daß die
Ermordete selbst inzwischen eine größere Anzahl gebraucht
habe. So wenigstens dachten die Kriminalbeamten.
Der Bankier selbst schüttelte wohl zweifelnd den Kopf
 
Annotationen