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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 81 - No. 90 (7. April - 18. April)
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Mraer-MMum

Verkündigungsblatt und Anzeiger

Die,^Nürgerreitung"
scheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Unter-
Wltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
knnor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

Abomrementspreis
sür Heidelberg: monatl. 4t> Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
Vierteljahr!. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
Znsertionspreis: 10 Pf. für die 1-spalt-
Petitzeile od. deren Raum. Für locale
Geschäfts- u. Privatanzcigen 5 Pf.

1SS3

Heidelberg, Samstag, 15. April

Expedition:
Hauptstraße 2 t»

Deutsches Reich.
Aus Baden, 14. April. Die „Köln.Ztg." und
mit ihr andere nationalliberale Blätter fühlten sich durch
einen Artikel der „Demokr. Correspondenz" verletzt, der
die Compromißsucht der Nationalliberalen betreffs der
Militärvorlage geißelte und wollte nun darin finden, daß
es kein Wunder sei, wenn der Antisemitismus wachse,
weil die j ü d i s ch e P r c s s e so oft nationale und religiöse
Gefühle verletze. Ist es nun schon unbegreiflich, inwiefern
ein nationales Gefühl verletzt wird, wenn die National-
liberalen gehöhnt werden, da die Zeiten, in denen alles

So ist an der Seite Rußlands nur Frankreich ge-
blieben, welches der Welt das sonderbare Schauspiel
bietet, daß eine große Republik im Bunde mit einem
despotisch regierten Staate alle fortschrittlichen Bestrebungen
und die leisesten Regungen der Selbstständigkeit eines
kleinen, aber ohne Zweifel zu Größerem berufenen Volkes
in jeder Weise zu unterdrücken sucht.
Es mag dahingestellt bleiben, ob die Heirath des
Fürsten Ferdinand und die hiermit ermöglichte „Be-
gründung einer Dynastie" von so großer Bedeutung sein
werden, als vielfach angenommen wird.
So lange Stambulow an der Spitze der Regierung
bleibt und an seiner Ansicht festhält, daß die Anerkennung
des gegenwärtigen Regiments in Bulgarien durch die
Mächte doch nur eine Formsache wäre, durch welche Bul-
garien thatsächlich nicht viel gewinnen würde — so lange
wird auch Rußland es nicht für gerathen halten, mit ge-
waltthätiger Hand in eine Ordnung der Dinge einzu-
greifen, welche von Jahr zu Jahr mehr erstarkt. Aus der
Geschichte der Entstehung des Königsreiches Rumänien
können die Bulgaren Geduld und Hoffnung schöpfen.
Es hat Jahre gedauert, bis Rußland die Vereinigung der
Moldau und Walachei, welche es durch die Trennung
schwach erhalten wollte, unter dem gemeinsamen Fürsten
Cuza anerkannte, und welcher Geduldsproben hat es be-
durft, bis die Regierung des Fürsten Karl von den be-
nachbarten Mächten, nicht blos Rußland, sondern auch
von der Türkei und Oesterreich als zu Recht bestehend
angesehen und behandelt wurde.
Wenn der Empfang des bulgarischen Premierministers
durch den Kaiser Franz Joseph und die bevorstehende
Heirath des Fürsten weiter dazu beitragen, daß die rus-
sischen Illusionen zerstört werden, dann müßte man diese
Ereignisse, weil sie zur Erhaltung des Friedens in Bul-
garien und damit auch des Friedens im Allgemeinen
dienen, nur mit Genugthuung aufnchmen.

sie so ernst und sinnend vor sich hinstarren sah, würde
ihr Gesicht schön oder nur hübsch genannt haben; die
stark gezeichnete» dunkelen Augenbrauen, die gerade, nach
unten etwas gebogene Nase und der fest geschlossene
Mund gaben ihm etwas Finsteres und Strenges und
ließen sie alter erscheinen, als sie war.
Oeffnete sich aber der Mund zur freundlichen und
klugen Rede, belebte sich das Auge, das eigentlich grau,
je nach Stimmung und Beleuchtung bald schwarz, bald
blau erscheinen konnte, glättete sich die Stirn, welche
zwischen den Augen leicht einige Fältchen bildete, so war
Johanna von einer ganz eigenartigen Schönheit.
Eine solche Verwandlung ging plötzlich und unwill-
kürlich mit ihr vor, als der Diener die Thür öffnete und
den Herrn Assessor von Werdenfeld meldete. Wie von
einer Feder emporgeschnellt, fuhr sie aus ihrem niedrigen
Sessel auf, faßte sich aber sogleich und ging dem Ge-
meldeten langsam einige Schritte entgegen.
„Was sehe ich, Fräulein Bertelsmann, ganz allein!"
rief der Assessor, ein junger, wohlgebauter Mann mit
einem nicht schönen, aber geistvollen Gesichte, indem er
wie überrascht stehen blieb.
Johanna lächelte. „Es ist heute eine seltsame
Kaffeestunde, ohne Gäste und auch ohne Kaffee, wie ich
soeben erst bemerke, doch dem wollen wir bald abhelfen."
Sie wollte nach der Klingel greifen; er kam ibrer Be-
wegung zuvor und hielt sie leicht am Arme zurück.
„Nicht doch, gnädiges Fräulein," bat er mit tiefer
wohlklingender Stimme, „berufen Sie nicht die wohlbe-
kannte Schaar; lassen Sie mich den Platz am Kamin
Ihnen gegenüber einnehmen und uns ungestört plaudern."

Er führte Sie zu ihrem Platz zurück, rollte einen zweiten
Sessel herbei und fuhr fort: „Der Herr Baron ist be-
schäftigt, das wurde mir gesagt, aber er hieß mich zu
den Fräuleins gehen."
„Und Sie finden nur die Eine," entgegnete Jo-
hanna, „Lina ist plötzlich unsichtbar geworden, sie macht
Weihnachtsbesorgungen, wie mir Susanne bestellte."
Der Assessor machte eine Bewegung, als ob er sich
schüttelte.
»Ist Ihnen kalt?" fragte sie.
„Nein, das Wort „Weihnachtsbesorgungen" verursacht
mir nur eine Art von Frösteln; von allen Monaten des
Jahres ist mir der Dezember am unangenehmsten, wegen
der zur Schau getragenen Heimlichkeit, wegen der ge-
flissentlichen Hast und Geschäftigkeit, der man überall
begegnet."
„Ei, ei, sind Sie ein Feind der Weihnachtsfeier, des
seligen Kinderfestes?" fragte Johanna verwundert.
„Nein, wabrlich nicht," rief er lebhaft, „ich denke mit
Entzücken der Christbescheerung in meinem Elternhause
und beklage jedes Kind, dem kein lichtglänzender Weih-
nachtsbaum angezündet wird. Aber die Weihnachtsge-
schenke zwischen Erwachsenen haben zu viel Gemachtes,
es ist zu viel hohler Schein, es ist ein Tauschen, Markten
und Feilschen dabei, was mich anwidert."
„Man will sich doch gegenseitig einen Beweis der
Liebe geben," sagte Johanna gelassen vor sich hinschauend.
Werdenfeld lachte heiter auf. „Der Blick und der
Ton, womit sie das sagen, Fräulein Johonna, verräth
am besten, wie Sie über diese Beweise der Liebe denken,"
sagte er. „Sehen Sie nur zu, wie eine solche brave Haus-

was nicht zum Kartell gehörte „Reichsfeind" und ein
Hohn auf das Kartell also antinational war, so ist es
auch unbegreiflich, was der Vorwurf des Hohnes gegen
die „jüdische Presse" heißen soll. Politische jüdische
Presse gibt es nur in dem Wahn der Antisemiten, die
hinter jedem Regierungsact, hinter jedem Reichstagsbe-
schluß, wenn sie ihnen nicht passen, jüdischen Einfluß
wittern und selbst von jüdischem Geheimkabinet des Kaisers
sprechen. Unter „jüdischer Presse" könnte man nur die
wenigen Wochenblätter verstehen, die jüdischen Cultus und
jüdischem Cultusgemeinde-Jnteresse dienen und diese sind
keine politischen Blätter oder machen höchstens einmal
einen recht verkehrten politischen Seitensprung im Sinne
des ehemaligen Kartells. Eine Zeitung kann demokratisch,
fortschrittlich, freisinnig, nationalliberal oder auch social-
demokratisch sein und einem Juden gehören oder jüdische
Redakteure und Mitarbeiter haben, aber damit ist sie
doch noch keine jüdische. Wer sie trotzdem so nennt, ist,
mag er es bemänteln oder nicht, Antisemit und das
zeigte die „Köln. Ztg." und andere, daß sie das sind.
Berlin, 13. April. Unter dem Vorsitz der Kaiserin
tagte heute in Gegenwart der Prinzessinnen Albrecht und
Heinrich und der Erbgroßherzogin von Baden, sowie der
Inhaber des Ehrenkreuzes im Arbeiterministerium die
Delcgirten-Versammlung des Vaterländischen Frauenvereins.
Staatsminister a. D. v. Hoffmann eröffnete die Ver-
handlungen, welche einer Besprechung der Friedensaufgabe
des Vereins gewidmet waren.
Gotha, 13. April. Der bekannte Redacteur
Boshart, der gestern in starken Ausdrücken gearbeitet,
batte Ende Januar iu einem Leitartikel geschrieben:
„Seitdem der Kaiser am Neujahrstage den kom-
mandirenden Generalen zu Gemüthe geführt hat, daß
ihnen blinder Kadavergehorsam zukomme, ist ein merk-
würdiger Eifer für die Militärvorlagc in die Generalität
gefahren."
Aus diesen Worten wurde nicht nur eine Anklage
wegen Behauptung unwahrer Thatsachen, sondern auch eine
Majestätsbeleidigung konstruirt, nicht etwa aus eigener
Initiative des Staatsanwalts, sondern auf Anordnung des
Staatsministers Strenge. Die Gothaische Strafkammer
hat aber die Eröffnung des Hauptverfabrens ab gelehnt,
da sie den Anschauungen des Herrn Staatsministers nicht
beizupflichten vermochte. (Und das war ehrenwerth, ebenso
ehrenwerth wie kürzlich das freisprechende Urtheil des Ge-
richts in der Anklage wegen „Majestätsbeleidigung" in
einem Aufsatze „Monarchenerziehung" gegen den Schrift-
steller Maximilian Harden. Die Wahrheit ist eben da,

Expedition:
Hauptstraße 25.

An einem Knnr.
Criminalgeschichte von Jenny Hirsch.
(Fortsetzung.)
In dem Salon herrschte ein gedämpftes Licht, denn
K wurde nur durch eine einzige noch mit einem Schleier
dvn feiner Spitzenarbeit verhüllten Lampe erleuchtet, die
*>us einem kleinen Tische vcr dem Kamin stand. Johanna
hatte dem Diener, der, wie üblich, Lampen und Kerzen
^tzündcn gewollt, bedeutet, vorläufig davon noch abzu-
lohen, und sie saß, träumerisch in die verglimmenden Kohlen
pickend, auf einem niedrigen Stuhle am Kamin. Ein
^uch und eine Strickerei lagen neben ihr, sie beschäftigte
uch jedoch mit keinem von beiden, sondern schien sich
ganz dem süßen Behagen zu überlassen, im Dämmerschein
^gestört ihren Gedanken nachhängen zu dürfen. Lange
laß sie so, es war ihr, als athme sie die sie umgebende
stille, die nur durch das Ticken der auf dem Kamine
^sindlichen Uhr unterbrochen oder eigentlich noch wahr-
"chmenbarer gemacht ward.
Die mittelgroße, schlanke und biegsame Gestalt des
langen Mädchens wurde vortheilhaft hervorgehoben durch
Kleid von feinem grauen Wollenstoff, das sich eng
die zarten Formen schmiegte, in schönen Linien herab-
"°ß und durch Garnirung von weißen Spitzen am Hals
^Ud au den Handgelenken abgeschlossen ward; Ohrringe
5dd Broche von Korallen und ein rothes Sammetband
dem schwarzen Haar, das in schweren Flechten den
Apf umgab, vollendeten einen Anzug, der in seiner
Einfachheit ein passender Rahmen für die vornehme Er-
^einung des jungen Mädchens erschien. Niemand, wer

Bulgarien im Fortschritt.
Schritt für Schritt sucht Bulgarien seinen Weg zur
vollständigen Unabhängigkeit und wenn der
Neg auch noch ein so langer sein mag, so ist doch nicht
daran zu zweifeln, daß es auf demselben sein Ziel er-
reichen wird, wenn sich die Regierenden nicht wider
Erwarten zu übereilten Maßregeln verleiten lassen. Der
Empfang Stambulows durch den Kaiser Franz Joseph
und die bevorstehende Vermählung des Fürsten Ferdinand
mit der Prinzessin Louise von Parma sind als weitere
Etappen auf dem Wege zur Selbstständigkeit Bul-
gariens anzusehen, nicht sowohl weil diesen Ereignissen an
sich eine besondere politische Bedeutung beizumessen wäre,
sondern weil sie zeigen, daß der russische Widerspruch
immer schwächer wird.
Als der Prinz Ferdinand von Coburg vor sechs Jahren
»ach Bulgarien zog, hielten sich alle Vertreter der
europäischen Großmächte von ihm fern, kaum daß, wie
es in dem diplomatischen Jargon heißt, officiöse Be-
gehungen mit der neuen Regierung unterhalten wurden.
Die Bulgaren ließen sich jedoch nicht irre machen und
gingen eifrig daran, ihr Land wirthschaftlich zu entwickeln,
Und es ist das unzweifelhalfte Verdienst des Fürsten
Ferdinand und seines Premierministers Stambulow, durch
Enthaltung von allen politischen Abenteuren sich allmählig
das Vertrauen der Mächte erworben zu haben. Zunächst
*aren cs Italien und England, welche aus ihrer Zurück-
haltung heraustraten und das neue Regiment offen unter-
stützten. Dann kam Oesterreich-Ungarn, dessen stille
^athschläge wahrscheinlich von Anfang an in Sofia maß-
gebend gewesen sind, während Deutschland, dessen Ver-
treter in Bulgarien zugleich die Interessen der wenigen
dort zurückgebliebenen Russen und der russischen Regierung
?u wahren haben, bis zu diesem Augenblicke seine frühere
Reserve fast völlig bewahrt hat. Die wirksamste Hilfe
jUr Bekämpfung der russischen Wühlereien hat den Bul-
garen jedoch der Sultan gewährt, welcher schon seit Jahren
erkannt hat, daß ein zufriedenes und in seinen jetzigen
Grenzen starkes Bulgarien der beste Bundesgenosse der
Türkei gegen den Erbfeind ist. Es war nicht nur klug,
ändern gewissermaßen auch durch die staatsrechtlichen Ver-
hältnisse Bulgariens bedingt, daß die Regenten und Re-
gierungen von England und Oesterreich-Ungarn erst dann
Kein Fürsten von Bulgarien und seinen Ministern einen
halbofficiellen Empfang zu Theil werden ließen, nachdem
Ker Sultan, heute noch der nominelle Oberherr Bul-
gariens, mit gutem Beispiele vorangegangen war.

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ber-Geschäf
auptstr. 96'
straße.


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kon nebst Z'
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röbl.Zi<Z,
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2Z- nut'
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