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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 21 - No. 30 (25.Januar - 4. Februar)
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Verkündigungsblatt und Anzeiger

28

Heidelberg, Donnerftag, 2. Februar

1893

Expedition:
Hauptstrastc 25.

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Hauptstraße 25.

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Die,^8ürgerzeitung"
scheint täglich mit Ausnahme von
> Sonn- und Feiertagen.
^r Sonntagsnummer liegt ein Untcr-
!°ltungsblatt, „Ter Erzähler", mit dem
"Umor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

Natalie erkannt haben, daß sie durch ihr bisheriges Ver-
gehen arg an ihreni Kinde gesündigt haben. Was die
blinde Leidenschaft nicht erkennen ließ, hat sich wohl
beiden im Laufe der Jahre enthüllt, nachdem erst einmal
Milan sowohl als Natalie ihre politische Rolle ausgespiclt
hatten. Die Freunde der Königin behaupten zwar, daß
Milan sich mit seiner geschiedenen Frau nur deßhalb
versöhnt habe, weil ihre Rückkehr nach Serbien bevor
stehend sei, sobald erst die liberale Regierung durch einen
Skupschtina-Beschluß die Ausweisung derselben umgcstoßen
haben werde. Milan könne durch dieses Bündniß mit
der Königin also nur gewinnen. Andere aber wollen
wissen, daß der beiderseitige Haß gegen die Radikalen
die getrennten Ehegatten zusammengcführt hat, um den
gemeinsamen Feind, der Milan der Krone und Natalie
ihres Sohnes beraubt hat, gemeinsam zu bekämpfen.
Noch andere endlich wollen schon wissen, daß Königin
Natalie der — dritte Regent Serbiens sein werde!
Das alles sind mehr oder weniger lächerliche Muth-
maßungen, die sich zweifellos nicht bewahrheiten werden;
denn eine politische Bedeutung wird dieser Versöhnungs-
akt des exköniglichen Paares auf die Geschicke Serbiens
überhappt nicht haben. Aber wenn einmal der junge
König Alexander die Zügel der Regierung selbst ergriffen
haben wird, dann ist es freilich nicht ausgeschlossen, daß
Milans und' Nataliens Einfluß in Serbien wieder
mächtig wird.

habe nach seiner Krone gestrebt, als ihn bei Slivnitza
das Kriegsglück floh und die eigenen Soldaten nach
dem Leben trachteten, so daß er in Civilkleidern entfliehen
mußte. Aber nicht minder schimpflich hat die Obersten-
tochter Natalie Ketschko ihren Gemahl behandelt, der sie,
die einfache russische Soldatcntochter, auf den serbischen
Königsthron erhoben hatte. In alle Welt hinaus ver-
breitete sie Milans Sündenregister und mit wenig zarter
Hand riß sie den Schleier von den intimsten Geheim-
nissen des Belgrader Konaks, nur um Milan vor aller
Welt als den schwärzesten und ehrvergessenen Eharakter
bloszustellen. Um sich gegenseitig zu verderben, wurde
auch das gemeinste Mittel nicht gescheut. Was beide
gewollt, ist ihnen reichlich gelungen, aller Rechte beraubt,
des Vaterlandes verwiesen, mußten sie in der Fremde um-
herirrcn, indcß ihr einziges Kind der gekrönte König des
Landes, das sie nicht innerhalb seiner Grenzen dulden
will. So reichhaltig die Geschichte der vielen Völker ist,
die seit dem Bestände der Welt die Erde bewohnt haben,
neu und originell ist das letzte Capital der Geschichte
Milans und Nataliens auf alle Fälle. Es hat wohl
noch nie ein unmündiger König auf einem Thron gesessen,
dessen Vater zuvor davon entfernt und dessen Mutter
man schimpflich und mit brutaler Gewalt aus dem Lande
gejagt hat! Auf das Gemüth des jugendlichen Königs
sind all' diese schamvollen Ereignisse nicht ohne Einfluß
geblieben. Aus dem fröhlichen lustigen Knaben ist ein
ernster, verschlossener Jüngling geworden und jener
Tag, an dem ihm sein Vater aus Biarritz die Versöhnung
mit seiner Mutter angezeigt hat, ist vielleicht der einzige
wirklich glückliche für ihn, seit dem Momente, da ihn
deutsche Polizisten in Wiesbaden von der Seite seiner
Mutter gerissen haben . . .
Die Nachricht von der Aussöhnung findet auch heute
noch genug Zweifler in Serbien, aber die Freude dar-
über ist ungetheilt. Einige Häuser in Belgrad hatten
sogar aus diesem Anlasse Flaggenschmuck angelegt und
illuminirt. Die düstere Wolke, die beständig den Thron
des jungen Alexanders umschattete, ist nun verzogen und
alle Freunde Serbiens und die Dynastie Obrenovic dürfen
schon aus diesem Grunde das Versöhnungsfcst, an das
die ganze Welt wohl nicht mehr geglaubt hatte, mit
freudigem Herzen begrüßen.
Man forscht nun nach den Beweggründen, durch die
beide Theile zu ihrem Entschlüsse gebracht worden sein
mögen, und such« aus dieser Thatsache selbst politische
Schlüsse für Serbiens Zukunft zu ziehen. Die Beweg-
gründe werden wohl die sein, daß sowohl Milan wie

solcher ausweist, ist das Recht
eingeräumt, monatlich je eine die
Bedürfnisse des Haushaltes betreffende
Anzeige (Familienanzeigen, Dienstboten-
gesuche, Wohnungsanzeige u. s. w.) bei
uns aufzugeben. Diese Aufnahmen ge-
schehen stets unentgeltlich.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
«swärts durch die Post innerhalb der Stadt durch unsere
räger cntgegengenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

„Und wenn ich nach Frankreich zurückkehre?"
„Dreitausend Thaler — aber auch nicht einen Pfennig
mebr."
„Auf der Stelle zu zahlen?"
„Ja!"
Ferrolt klopfte ihm freundlich aus die Schuller.
„Das lasse ich mir gefallen, Gaston," sagte er, „und
um Dir zu beweisen, daß Du es mit einem Kavalier zu
thun hast, will ich mich mit der Kleinigkeit für zufrieden-
gestellt erklären. Machen wir den Handel auf der
Stelle ab."
d'Hervilly zog eiu Portefeuille aus der Brusttasche
und überreichte dem sauberen Freunde ein Päckchen Bank-
noten.
„Sic waren für Dich bestimmt, zähle sie selbst nach."
Ferrolt kam dieser Aufforderung in gewissenhaftester
Weise nach und ließ die Kassenscheine einzeln durch die
Finger gleiten, wobei er nicht unterließ, jedes der Papiere
mit der Miene eines Kenners auf seine Echtheit zu prüfen.
Das Resultat schien ihn in hohem Grade zufricdenzustellen,
denn mit einem vergnügten „Nsrvi!" machte er Miene,
die Banknoten in eine Brusttasche seines abgetragenen
Rockes zu praktiziren, als sich d'Hervilly's Hand plötzlich
schwer auf seinen bereits erhobenen Arm legte.
„Halt, Freundchen — noch sind wir nicht so weit.
Vorerst wirst Du die Güte haben, meine Bedingungen
zu hören und dieselben anzunehmen, ehe Du dies Geld
als Dein Eigenthum betrachten darfst."
„Deine Bedingungen?" fragte Ferrolt verwundert.
„Jawohl — die erste besteht — wie Du ja bereits
weißt, darin, daß Du Dich von hier auß direkt und ohne

Deutsches Reich.
Berlin, 31. Jan. DieKaiscrin Friedrich hat
heute 7 Uhr 40 Min. ihre eise nach London angc-
treten. Sie wurde vom Kaiser und der Kaiserin
nach dem Bahnhofe geleitet, wo auch der Erbprinz und
die Erbprinzesstn von Meiningen zur Verabschiedung
erschienen.
Berlin, 31. Jan. Die Morgenblättcr melden, Kaiser
Alexander habe persönlich seine Freude darüber aus-
gedrückt, daß Kaiser Wilhelm ihn als einen Verfechter
des monarchistischen Prinzips bezeichnete. — Die „Kreuz-
Zeitung" erfährt aus Belgrad: Die KvniginNatakie
werde wieder in der .Krim Aufenthalt nehmen. Die
Synode werde der gewünschten Annullirung der Ehe
scheidung Folge geben.
Berlin, 31. Jan. Die Mili tärcommisso n des
Reichstags beschäftigte sich beute in der Form einer
Generaldebatte mit der financi eilen Tragweite der
Militärvorlage und erörterte die Folgen, die die verlangte

Abonnementspreis
für Heidelberg: monatl. 40 Pfg. mit
Lrägerlohn, durch die Post bezogen
Vierteljahr!. Mk. 1.— ohne Zustellgeb..
Znsertionspreis: 10 Pf. für die 1-spalt.
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illen Großen,
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auptstr. 96,
straße.

che
Berliner
ck-Häringe,
Ural- und
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lag.

die Residenz zu berühren, auf den Rückweg machst, und
die zweite, auf welche ich ein ebenso großes Gewicht lege,
und die Du als mein letztes Wort betrachten darfst, ist,
daß Du nie wieder versuchst, meinen Weg zu kreuzen und
irgend welche Erpressungen gegen mich auszuübcn."
Der Andere schien einen Augenblick nachzusinnen,
dann legte er das werthvolle Päckchen ruhig auf den Tisch
zurück, nnd sah mit eigenthümlichen Lächeln zu dem
Marquis empor.
„Darüber ließe sich reden, Gaston. Aber da Du mir
soeben durch die überraschende Bereitwilligkeit, mit der
Du mir die verlangte Summo eingehändigt, bewiesen hast,
daß die alte Freundschaft in Deinem Herzen doch nicht
ganz erstorben ist, so wirst Du mir vorerst eine Frage
beantworten."
„Was soll das, Ferrolt?"
„Vertrauen gegen Vertrauen! — Wie bist Du zu
diesem Gelde gelangt?"
Der Marquis wurde um eine Schattirung bleicher.
„Was kümmert Dich das? Begnüge Dich damit, daß
ich es Dir zum Geschenk machen will!"
„Und wer steht mir dafür, daß ich bei dem Versuch,
den ersten dieser Scheine zu verausgaben, festgchalten
werde als der Urheber irgend einer nicht ganz sauberen
That, durch welche derselbe seinem rechtmäßigen Eigen-
thümer verloren gegangen ist?"
„Was willst Du damit sagen? — Glaubst Du
etwa —"
„Was ich glaube, ist ja Nebensache. Jedenfalls wäre
es das Einfachste, mir durch eine vertrauensvolle Erklärung
jede Besorgniß zu nehmen. — Bei dem freundschaftlichen

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irpcd. d. Bl.
»eim.
üt Stallung
iethen. Zu
fli- 143."

In schwerem Weröcrcht.
Criminal-Novellc
von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
Das Gelächter, welches diesmal über Ferrolt's Lippen
f, schien wirklich ein aufrichtiges zu sein, denn seine
lene war im höchsten Grade belustigt, als cr, von
lem Stuhle ausstehend, dicht an d'Hervilly herantrat
d ihm mit unterdrückter Stimme zuflüsterte:
„Wenn Du durch meine Unverschämtheit einmal das
fiück haben solltest, Dich wegen einiger kleiner Scherze,
' Giftmord, Raub und so weiter, vor irgend einem
"'wurgericht zu verantworten, so kannst Du Dich darauf
iqssen, daß ich Deine Gutmüthigkeit und Nachsicht als
Zerungsgrund geltend machen werde!"
„Schurke!" brauste der Andere auf, „Du wagst es,
' zu drohen?"
„Ruhe Freundchen! Ich hoffe, das wird zwischen uns
^en gar nicht nothwendig sein. Es kam mir nur gar
komisch vor, daß Du Dein' Schauspielertalent sogar
gegenüber verwerthen wolltest."
„Du wirst dessenungeachtet gut thun, einen derartigen
Kz nicht zum zweiten Male zu versuchen!"
.„Bah! Ich denke, es ist ganz überflüssig, wenn wir
§ schon erhitzen, ehe wir über die Vorrede hinausge-
^ten sind, dazu werden wir nachher vielleicht noch Ge-
leit genug finden. Vor allen Dingen, wie viel Geld
fit Du mir in diesem Augenblick geben?"
„Wenn Du hier in meiner Nähe bleiben willst, nicht
einzigen Tbalcr."

Milmr nrrö WcrLcrlre.
Ein Roman der Wirklichkeit.
Wer deute berufen würde, die jüngste Geschichte Ser-
us zu schreiben, der hätte nicht viel mehr nöthig,
! den Roman der Wirklichkeit von Milan und
atalie zu erzählen. Alle die schweren Kämpfe im
>Nern, die vielen mißglückten Actionen, die den Staat
he an den Bankrott gebracht hatten, die beschämenden
-rignisse der letzten Jahre — Milan und Natalie
den sie heraufbeschworcn. Aus den jungen, glücklichen
^galten, die die Liebe zusammengeführt hatte, waren
ittcrle Feinde geworden und Serbien bat diese Feind-
fit theuer genug bezahlen müssen. Das Staunen war
her nicht geringer als hier zu Lande in der ganzen
ägen Welt, als der Draht die überraschende Kunde von
plötzlichen Wicderversöhnung des königlichen Paares
^reitete. Kein ernster Mensch wollte hier zunächst daran
^bben. Man weiß, wie hart sich Milan über seine
Nu geäußert hat, wie ihm keine Handlung niedrig
Ag war, daß cr sie ihr nicht zugeschrieben hätte. Er
> sie des Hochverrates geziehen und sic beschuldigt, sic
 
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