Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 71 - No. 80 (24. März - 6. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0303

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

n
rrath für


77.
nni^
sabri
stöler

et.

ißeNr. 77,


aße-
icliiile
ch geschützt,
ls Filigran-
in Gespinl
achsblmncn,
cschnittcn-
de Neubett,
sten Walzen
ßc 122, bar
inszustellcn-
sämmtlE
'tonat »der
its- ab, E
- 9-12 unv
»atuntcrrlch^
an können

ugenonnncn
VVitv^

»ttfen
(Harte»»

csser,

c,
ledig zn ve
N Müllen
und
vicMädch^

ate
-EÄ-
lonral-
lung
61', ^stk-
Haup^ci
erden^^

Maditie '
chen kaM,
»S
strafe -
)M recht^-^
simwK
^d7rS^'
M-K
-'N
, und s

Z

Die,^8ürgerzeiturrg"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der «sonntagsnummer liegt ein Untcr-
baltungsblatt, „Ter Erzähler", mit dem
Mmvr. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

Berkündigungsblatt «nd Anzeiger
für Stadt und Land.

Abonnementspreis
für Heidelberg: monatl- 40 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
Vierteljahr!. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
Znsertionspreis: 10 Pf. für die 1-spalt-
Petitzeilc od. deren Raum. Für locale
Geschäfts- u. Privatanzcigen 5 Pf.


Expedition:
Hauptstraße 25.

Heidelberg, Samstag, 25. März

Expedition:
Hauptstraße 25.

i«sz.

Ur Fortbildungsschule — kein Geld!
Ein Charakterzug unserer Gegenwart.
Wenn man unserer heutigen Regierung nach-
M, daß sie kaum ein Ideal habe als Drill und
^äbel, wenn man ihr das Lob angedeihen lassen muß,
°as ihr dringendste Culturaufgaben nichts sind vor dem
Wichten Götzen des Militarismus, so ist das bedauer-
üchster Meise die Helle Wahrheit. Aus Schritt und Tritt
segnet man dieser Thatsache. 64 Millionen Militär-
Men zu fordern — pah, ein Kinderspiel! Aber wer
Mte glauben, daß die Regierung noch nicht einmal dem-
gegenüber die verschwindende Summe von 44 000 Mk.
S die Fort bild n ngsschule habe? Erst in den
Sten Tagen ist ein Erlaß des Handelsministers an den
Regierungspräsidenten vom 16. Januar dss. bekannt ge-
Srden, der sich mit der Herabsetzung der Be-
willigungen für Fortbildungsschulen be-
lästigt. Der Minister geht davon aus, daß der neue
Sat eine Erhöhung des betr. Fonds nicht enthalte, daß
S Ersparnisse, welche in früheren Jahren bei den über-
Sbaren Fonds gemacht worden sind, aufgebraucht seien
ld daß demnach nichts übrig bleibt, als die Zuschüsse
Sgemein um zehn Prozent herabzusetzen (!) Es ist sehr
säuerlich, daß der Erlaß erst nach Beendigung der Etats-
Sathung im Abg.-Hause bekannt geworden ist. Der
^ndelsminister bat zwar in der zweiten Berathung er-
ln, die Handels- und Gewerbcverwaltung befinde sich
Berathung ihres Etats, soweit das Fach- und Fort-
^birngsschulwesen in Frage komme, in einer verzweifelten
verzweifelt, weil wir Aufgaben nicht erfüllen können,
Sen Erfüllung wir für dringend nothwendig halten.
Sir v. Berlepsch hat das im Einzelnen sehr überzeugend
"Wnandergesetzt; aber er hat mit keiner Silbe vcrrathen
und der Budgetcommifsion scheint das auch verborgen
Üblichen zu sein, — daß der neue Etat nicht nur keine
^Höhung der Zuschüsse ermögliche, sondern daß er eine
.^Minderung derselben voraussetze und daß diese Ver-
änderung sich auf ca. 44 000 Mk. belaufe! Daß sich
einigem guten Willen in einem Milliardenetat, wie
der preußische ist, eine so minimale Summe nicht
Stc aufbringen lassen, um eine Schädigung des Fort-
^'-Ungsschulwesens zu Verbindern, ist einfach unglaublich.
S-Fortbildungsschulen haben ohnehin mit großen Hinder-
ten zu kämpfen und noch neuerdings haben die gesetz-
ten Bestimmungen über die Sonntagsruhe die Schwierig-
en vermehrt, indem die Arbeitgeber nunmehr ge-
nügen sind, den Lehrlingen u. s. w. freie Zeit in der

Woche zum Besuche der Schule zu gewähren. Kaum ist
dieses Hinderniß wenigstens in einem großen Theile der
Gemeinden beseitigt, so droht die Herabsetzung der Staats-
zuschüsse die schwachen Anfänge dieses Schulwesens in der
Entwicklung zu stören. Der Arbeitgeber, dem die Sache ohne-
hin schon unbequem ist und der Gemeinde, die jetzt auch noch
höhere finanzielle Beiträge zahlen soll, wird aus der Ver-
minderung des Staatszuschusses den Schluß ziehen, daß
die Staatsrcgierung in ihrem Urtheil über die Bedeutung
des Fortbildungsschulwesens irre geworden sei. Wie die
Abzüge vertheilt werden sollen, ob vorwiegend auf wenige
große Anstalten oder auf alle gleichmäßig oder ob die
Zuschüsse ausschließlich den Fortbildungsschulen kleinerer
Orte, wenn die Zahl der Unterrichtsstunden weniger als 6
wöchentlich beträgt, ganz gesperrt und damit diese Schulen
einfach aufgehoben werden sollen, darüber hat Herr
v. Berlepsch Vorschläge der Oberpräsidenten erbeten. Aber
welchen Weg man auch einschlagen wird, geschädigt
wird dasFortbildungsschulwesen unterallen
Nmständen und für die 44 000 Mk., die in dem nächsten
Etatsjahr erspart werden, wird in Zukunft das Vielfache
erforderlich sein, um diese Schulen wieder in Gang zu
bringen. Wie gesagt, wenn es sich im Reiche um
militärische Ausgaben handelt, ist nach
der Ansicht der Regierung 64 Millionen
zu beschaffen ein Kinderspiel; ja, HerrCaprivi
hat neulich vor der Commission sogar gesagt, nur der Umstand,
daß das Schicksal der Militärvorlage noch unsicher sei,
verhindere den Aufschwung von Handel und Wandel (!?)
Wie soll man das nennen? Wo soll das hinaus und
soll das wirklich so weiter geben? Es ist wahr : Wir, die
wir das beneidcnswerthe Glück haben, die Menschheit der
Gegenwart zu sein, wir lernen unser Vaterland immer
inniger lieben und bewundern nur, daß die bereits gewaltig
fluchende Opposition nicht noch gewaltiger ist.
Die strategischen Bahnen.
Im Reichstage ist bekanntlich ein Antrag, nach
welchem das Reich bei strategischen Bahnen außer zum
Bau auch zur Unterhaltung und zum Betriebe Beiträge
gewähren soll, sofern die dazu erforderlichen Kosten die
Betriebseinnahmen übersteigen, abgelehnt worden. Da
nun vielfach Unklarheiten über die finanziellen Ergebnisse
der in Baden gelegenen uno in Baden betriebenen strate-
gischen Bahnen herrschen, sieht sich die „Bad. Korr." ver-
anlaßt, die nachstehenden statistischen Angaben nach dem
Jahresbericht über die badischen Eisenbahnen für 1891
(Tabelle 24) mitzutheilen. Es ergibt:

Leopoldshöhe-Lörrach.in Einnabmc 77 018 Mk.
in Ausgabe 68 601 „
Ueberschuß 8 417 „
Rente 1 79 o/o
Schopfheim-Säckingen ... in Einnahme 89092 Mk.
in Ausgabe 111806 „
Deficit 22 714 „
Oberlauchringen-Jmmendingen in Einahmc 169 822 „
in Ausgabe 295 316 „
Deficit 125 504 „
Die Ergebnisse für 1892 liegen noch nicht vor.
Die Einnahmeverluste aus dem Betrieb der Eisen-
bahn Karlsruhe-Röschwoog sind nach den Berechnungen
in dem Commissionsbericht der II. Kammer,M. Beilage-
heft Seite 705, zusammengcstellt und betragen 600 000
Mark und einschließlich der Verzinsung des Anlageka-
pitals für den badischen Antheil an der Bahn (ohne die
Anlagekosten für den Umbau des Karlsruher Bahnhofs)
700 000 Mark.
Das Defizit der oberbadischen Militärbahnen ist
thatsächlich größer, als oben angegeben, da der Verkehr
von Osten nach Westen sich der kürzeren Route bedient
und von Württemberg die Güter statt wie früher in
Mengen jetzt in Immendingen der Badischen Babn zu-
geführt werden.
Die Einnahmcausfälle durch die Karlsruhe - Rösch-
wooger Bahn ergeben sich namentlich dadurch, daß diese
Linie gegenüber Karlsruhe—Kehl—Straßburg um 271cm
kürzer ist.
Anläßlich der Berathung des oben bezeichneten An-
trags im Reichstage hat der Großh. Badische Vertreter
im Bundesrath Hm Geheimrath v. Brauer, u. a. be-
tont, daß die Reichsrcgierung bei den Verhandlungen
bezüglich der Erbauung der im badischen Gebiete gelegenen
strategischen Bahnen stets in zuvorkommendster Form die
von badischer Seite geäußersten Wünsche berücksichtigt hat.
Es ist selbstverständlich, daß die Großh. Regierung dabei
immer bemüht war, die badischen Interessen noch allen
Richtungen und in zweckentsprechender Weise zu vertreten.

Deutsches Reich.
Berlin, 23. März. Im Seniorenconvent
versuchte gestern Ahlwardt folgenden Schachzug: Er
erklärte, daß er bitte, dasjenige, was er mitgetheilt, als
vertraulich zu behandeln. Hiergegen protestirte Ab g.
Richter mit dem Bemerken, daß in diesem Falle Ahl-
wardt in der Oeffentlichkeit prahlen würde, ganz außer-
ordentlich wichtige Enthüllungen vertraulich mitgetheilt zu

Schi ckscrl'sw ege.
Novelle von C. Fontane.

(Fortsetzung.)
j, »Fräulein Ida," fuhr der Major in seiner Erzählung
die mit meiner Tochter in lebhaftem Verkehr steht,
hSt wie eine Rose und ist immer ein wahrer Schatz
M Frohsinn und guter Laune. — Auch von Rerin
S" ich berichten. Herr Hagendorfs und ich sehen uns oft,
er sowohl wie Fräulein Hedwig geben sich alle Mühe,
S mürrischen Misanthropen auf andere Gedanken zu
Ihre Cousine ist übrigens ein seltenes Mädchen,
kS Tochter, auf die ein Vater mit vollem Rechte stolz sein
fjS Doch" — setzte er, den jungen Mann anblickend,
»wozu sage ich Ihnen das? Sie wissen es ja
"r als ich."
''Ich schätze meine Cousine sehr," sagte Friedrich
dz.Sscht von der Lebhaftigkeit des Majors bei der Er-
seiner Cousine. „Der Onkel ist gewiß sehr
M^en, daß sie jetzt, nachdem ihre Tante so plötzlich
°^en ist, im väterlichen Hause bleibt."
."Ich hörte von dem Todesfall," entgegnete Herr von
sjSbau. „Doch nun sollen Sie auch hören, was mich
führt. Sie wissen, daß der Ausbruch eines
sehr nahe ist, die Mobilmachungsordre kann
erwartet werden. Mein Rücktritt aus dem Mili-
irsSnst jft lediglich durch persönliche Verhältnisse herbei-
ktz -it, jedenfalls aber ein durchaus freiwilliger gewesen,
nicht an Freunden gefehlt, die meinen damaligen

Entschluß lebhaft bekämpften. Was mich in Friedens-
zeiten bewogen hat, in voller Frische und Manneskraft
freiwillig dem gewählten Berufe zu entsagen, kann nicht
mehr bestimmend für mich sein, wenn das Vaterland
seine Söhne ruft, wenn es gilt, unsere Grenzen zu
schützen. Ich war heute persönlich im Kriegsministerium,
um meine Dienste anzubieten und — Gott sei Dank —
sie sind angenommen worden. Möchte ein gütiges Ge-
schick es fügen, daß ich einem der gegen Oesterreich auf-
zustellenden Armeekorps zugewiesen werde. -— Ich habe
dort eine Rechnung auszugleichen."
Sein Blick war finster geworden. Er brach Plötzlich
ab. Die Lippen fest aufeinander gepreßt, starrte er
düster vor sich hin, während feine Faust sich unwill-
kürlich ballte.
Einen Moment herrschte Schweigen, dann strich Herr
von Brandau, wie uni die bösen Gedanken zu verscheuchen,
mit der Hand über die Stirne und wandte sich zu dem
jungen Arzte:
„Sie erwarten jedenfalls auch Ihre baldige Einbe-
rufung, nicht wahr? Vielleicht führt uns das Schicksal
zusammen. Ich würde mich freuen. — Doch nun er-
zählen Sie vor allen Dingen, wie es Ihnen seither er-
gangen ist."
„Das ist in Kurzem erzählt," entgegnete der junge
Mann.
„Bald nach meiner Niederlassung als praktischer Arzt
führte mich ein Empfehlungsbrief meines Onkels zu
seinem Jugendfreunde, dem Professor S. Ich fand das
freundlichste Entgegenkommen, wurde in verschiedene Kreise
eingeführt, und nach Verlauf von einigen Wochen wurde

mir plötzlich eine Stelle als Assistenzarzt an der bekannten
Heilanstalt des Geheimraths W. übertragen; dann habe
ich auch noch einige Familien, in denen ich als Hausarzt
engagirt bin. Ich will noch hinzufügen, daß mir im Fall
meiner Einziehung zum Militärdienst meine Stellung ge-
sichert bleibt."
„Das freut mich, stellt mich von ganzem Herzen,"
erwiderte Herr von Brandau. „Amt und Brot ist also
vorhanden, nun fehlt nach altem Herkommen nur noch
— eine Frau."
Er sagte es halb scherzend, aber doch mit einer ge-
wissen Spannung, die dem jungen Manne unbedingt
auffallen mußte.
Sollte Herr von Brandau etwas von seiner Neigung
für Frida bemerkt haben? — Doch nein, das war nicht
möglich.
„Angesichts des bevorstehenden Krieges ist an das
Letztere zunächst wohl nicht zu denken," antwortete er
ausweichend.
„Freilich, freilich," rief Herr von Brandau, dem die
Verlegenheit des jungen Mannes nicht entging. „Nur
wenn in dieser Beziehung bereits ernste Entschlüsse vor-
liegen, pflegen die Betheiligten nicht selten von dem
natürlichen Wunsche geleitet zu sein, sich vor einer so
ernsten Trennung noch definitiv mit einander zu ver-
binden. Ich mache mich doch wohl keiner Indiskretion
schuldig, wenn ich die Voraussetzung ausspreche, daß Sie
ohne solche Sorgen in den Kampf gehen.
Friedrich nickte zustimmend- Er wußte eigentlich
nicht recht, was er Herrn von Brandau auf diese Frage
antworten sollte.
 
Annotationen