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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 31 - No. 40 (5. Februar - 16. Februar)
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Verkündigungsblatt und Anzeiger

SlbonncmeutspreiS
für Heidelberg: monatl- 40 Pfg. mit
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vierteljäbrl. Mk. 1.— ebne Zustellgeb.
Znsertionsprcrs: 10 Pt für die 1-spast.
Petitzeile od. deren Raum- Für locale
Geschäfts- u. Privaranrcigen k» Bk-

Arger
Die »Mürgerzritung"
scheint täglich mit Ausnahme von
- Sonn- und Feiertagen.
>>er Sonntagsnummer liegt ein Unter-
mltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
yuinor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

1893

Heidelberg, Sonntag, 12. Februar

Expedition:
Hauptstratze25.

Expedition:
Hauptstraße25.

zieht und — welch ein genußreiches Leben führen kann!
Die aber aufs Land zurückkebren, könnte man auf
Grund so mancher Wahrnehmung binzufügen, bringen
dann manches mit, das dem Lande zu nichts weniger
als zum Vortheil gereicht.
Ohne diese doch gewiß schwerwiegenden Gründe zu
berücksichtigen, hat man in einseitiger Verfolgung eines
strategischen Prinzips in neuerer Zeit das Militär mehr
und mehr in den großen Städten conzentriert, was
natürlich die Aufhebung der kleinstädtischen Garnisonen
bedingte.
Möchten doch die zuständigen Militärbehörden alles
das einmal ernstlich in Betracht ziehen und sich fragen,
ob sie dieLandgarnisonen nicht lieber vermehren
wollen, statt sie zu vermindern?!
Daß die dreijährige Dienstzeit auf dem Lande be-
sonders in der Gegenwart sehr schwer empfunden werden
muß, bedarf weiterer Begründung nicht. Wenn wir die
sonstigen üblen Folgen des dreijährigen Aufenthaltes in
der Großstadt hinzunehmen, so dürfte wohl die weitere
Bitte genügend begründet erscheinen, daß man die Frage,
ob zwei- oder dreijährige Dienstzeit, doch auch einmal von
diesen Gesichtspunkten aus angreifen möchte.
Und noch eins: „Ihr sollt mich nicht fürchten,
sondern ihr sollt mich lieben," sagte einmal der
große König Friedrich. In diesem Sinne soll auch der
Militärdienst beim „gemeinen Volk" die Vaterlandsliebe
wecken. D'er Erfolg ist hier wie dort der gleiche, wenn
der Ererciermeister nicht ein außergewöhnlicher Charakter
ist. Hier beißt es: Wer seine Heimath lieb hat und
und diese Heimathlicbe auch in der Ferne bewahrt, der
wird auch ein treuer Soldat und Sohn des Vaterlandes
sein. Die militärischen Vorgesetzten sollten cs darum
ihre heilige Sorgen sein lassen, all den Einflüssen, welche
die Entfremdung von der Heimath bedingen, ein ent-
sprechendes Gegengewicht zu geben. Der vom Lande
kommende Rekrut wird in der Regel noch die Eier-
schalen seines heimatblichcn Nestes an sich haben, die
natürlich der Militärdienst nicht dulden kann. Nun
sollte aber der Sohn des Landes davor geschützt sein,
daß er mitsammt seiner Heimath um der heimathlichen
Eigenthümlichkeiten willen sozusagen „vor allein Volke"
blutig verhöhnt und verspottet wird. Der militärische
Ererciermeister sollte in seinem an sich ja begreiflichen
Zorn nie so weit geben dürfen, die Achtung vor der
ländlichen Heimath des Soldaten zu verletzen, also daß
dieser sich „seiner Heimath schämen lernt." Hier sind geheim^
Fäden, die dem gewöhnlichen Auge nicht sichtbar sind, ebenso

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berechnet worden, daß durchschnittlich bei der rein länd-
lischen Bevölkerung 90 v. H. der vorgestellten Wehr-
pflichtigen waffenfähig sind, während bei einer überwiegend
industriellen Bevölkerung nur 25 v. H. der Vorgestellten
als waffenfähig gelten konnten. Die Manneszucht
eines Volksheeres ist nur so lange aufrecht zu erhalten
in kritischer Zeit, so lange der Geist des Heeres sie er-
trägt und verträgt. Wer das leugnet, kennt die Ge-
schichte nicht. Darum ist es aber auch eine ernste Pflicht
für alle, die es angeht, die Grundlagen zu erhalten, auf
denen sich der gute Geist und damit die Disziplin eines
Heeres aufbaut und aus denen heraus beide stets neue
Nahrung und Stärkung schöpfen können. Diese Grund-
lagen erscheinen in der Zukunfst bedroht, wenn die Ver-
schiebung der Volkskraft und damit der Wehr-
kraft sich in der Richtung und in dem Umfange weiter
bewegen sollte, wie es gegenwärtig der Fall ist. Es er-
wächst' aus der Abnahme und Schwächung
des Bauernstandes nicht nur Volkswirt h-
schaftlich und spcciell eine Gefahr für das
Staatswesen, sondern auch militärisch und
politisch. Deutschland ist in gewissem Sinne Militär-
staat und wird es wohl eine Zeit lang bleiben müssen
aus nabeliegenden Gründen. „Ein Militärstaat muß
aber mehr Bauern- wie Industriestaat sein, wenn er nicht
auf seine natürlichen Erhaltungsbedingungen verzichten
will."
Diese gewiß sehr beherzigenswertsten Darlegungen
würden uns noch verdienstvoller erschienen sein, wenn sie
auch den zwar etwas heiklen, aber unabweislichen Hinweis
enthalten hätten, daß für die unheilvolle Verschiebung der
Volks- und Wehrkraft in gewissem Maaße der Militär-
dienst selbst mitverantwortlich gemacht werden muß. Man
denke einmal darüber nach: Millionen von jungen
Burschen werden jahraus, Jahrein aus ihren stillen
ländlichen Verbältnissen hcrausgenommen, mitten lstnein-
versetzt in die großstädtische Atmosphäre mit den tausen-
derlei Gelegenheiten, die Welt und ihre „Lust" kennen zu
lernen — —. Das Weitere ist leicht auszudenken.
Die Erfahrung lehrt denn auch, daß ein großer Theil
der vom Lande eingestellten Knechte und Taglöhner, sowie
namentlich derjenigen Bauernsöhne, welche in der Heimath
keinen eigenen Hof zu erwarten haben, nach der drei-
jährigen 'Militärzeit die Lust, in die ländliche Heimath
zurückzukehren, verloren haben, und geblendet durch die
glänzende Außenseite des Stadtlebens, da zu bleiben
trachtet, wo man nicht so schwer zu arbeiten braucht als
daheim und wo man doch einen weit höheren Lohn be-

Landbevölkerung und Wehrkraft.
Die Militärvorlage in Anbetracht der
Landv crhältnisse.
Die gegenwärtigen Verhandlungen über die Militär-
d°rlage legen es nahe, vor allem die Gefahr ins Auge zu
^ssen, welche die zunehmende Entvölkerung des Landes
für unser Heerwesen mit sich bringen muß, mahnen aber
^eichzeitig aucb, darauf hinzuweisen, daß der Militärdienst
sslbst einen ganz bestimmten Antheil an dem Zuge vom
Lande hat.
Aus der letzten Volkszählung ergab sich, daß 11 783427
Üädtischen Bewohnern eine Landbevölkerung von
td 173 875 gegenübcrsteht, sodaß sich also die Stadt-
^völkerung verhält, wie 1,2: 1,9. Man hat nun auf
^rund der gegenwärtigen Vermehrungs- und Bewegunzs-
^rhältnissc ausgerechnet, daß in ca. 30 Jabren dasVer-
dältniß schon ein völlig umgekehrtes sein müßte.
Die „Hamb. Nachr." brachten im Anfang April
Origen Jabres unter dem Titel „Volkskrast und Wehr-
haft" eine Darlegung, die auf folgendem Gedankengange
Akutste: Die Volkskraft nimmt, soweit sie in der Wehr-
haft militärisch nutzbar gemacht werden soll, notorisch ab,
^cht allein quantitativ, sondern auch qualitativ und
sä>ar dadurch, daß die ländliche Bevölkerung numerisch
iNrückgeht, während die städtische namentlich in den In-
dustrie- und Handelszentren zunimmt. Aber gerade aus
ländlichen Volkskraft zieht nicht allein physisch,
Ludern auch moralisch die Wehrkraft ihre besten und zu-
lässigsten Bestandthcile, so daß mit der Abnahme der

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elberg.

Das Zimmer, in welches George die beiden Gäste
geführt hatte, war das nämliche, in welchem er Braun-
fels vor wenigen Stunden auf so unfreiwillige Weise
seinen werthoollen Fund ausgeliefert und ihm die ver-
langten Informationen über das Befinden und Aussehen
des vermeintlichen Jugendfreundes ertheilt batte. Es
gehörte mit zu den Appartements des Marquis, vertrat
aber nur die Stelle eines Vorzimmers und wurde von
seinem Bewohner, der auch direkt vom Korridor aus in
die anderen Gemächer gelangen konnte, fast gar nicht be-
nutzt. Die schwere Portiere, welche statt der Verbindungs-
thüre den kleinen, elegant, aber schablonenmäßig ausge-
statteten Raum von dem Wohnzimmer trennte, dämpfte
den Schall in so hohem Grade, daß weder der Marquis
noch sein Besucher etwas von dem Eintreten des Assessors
noch von seiner, allerdings nur halblaut geführten Unter-
haltung mit dem Kellner vernommen hatten.
Die beiden Herren schienen übrigens von der gegen-
wärtig zwischen ihnen verhandelten Angelegenheit so
vollständig und lebhaft in Anspruch genommen zu sein,

können mich in einer Viertelstunde unten an der
Treppe erwarten. Ich werde Jbnen vielleicht noch etwas
zu sagen haben."
Etwas verblüfft und cingeschüchtert machte George
seine Verbeugung und ging, sein Gehirn darüber zer-
marternd, welche Bewandtniß es wohl mit der Dame
haben könnte, die wie er wohl bemerkt hatte, allein an-
gekommen war und die ihr Gesicht so beharrlich hinter
dem dichten Schleier verbarg.

daß sie wobl auch ein noch stärkeres Geräusch im Neben-
zimmer überhört haben würden. Die Erregtheit und
Hast, mit welcher sie sprachen, ließ auf einen nicht gerade
freundlichen Meinungsaustausch schließen, und die wenigen
abgerissenen, französischen Worte,, welche hin und wieder
bis zu den Obren der im Vorzimmer Harrenden drangen,
erregten Braunfels Interesse so mächtig, daß er sich zum
Befremden und zur unangenehmen Ueberraschung Louisens
plötzlich erhob und dicht an die Portiere herantrat, um
so das erregte Gespräch der Beiden genau vernehmen
zu können.
„Also es ist Dein letztes Wort ?" hörte er den Mar-
quis mit dem Ausdruck mühsam zurückgehaltener Wutb
sagen, „Du willst trotz des mir gegebenen Versprechens
in des Hauptstadt bleiben?"
„Sd denke ich", erwiderte eine unangenehme, näselnde
Stimme, die wir bereits in der elenden Schänke kennen
zu lernen, Gelegenheit batten. „Der Aufenthalt ist ja
hier ganz amüsant, und ich meine, es müßte für ein
Paar so alte Freund recht erfreulich sein, nach langer
Trennung wieder einmal einige Wochen zusammen vcr
leben zu können."
„Laß die Possen, Ferrolt, wenn Du mich nicht zum
Wabnsinn treiben willst. Nicht 24 Stunden kann ich
Deine Nähe ertragen; der Gedanke, auch nur eine einzige
Nacht mit Dir in den Mauern derselben Stadt zu ver-
weilen, würde mich rasend machen."
„Und doch wirst Du Dich daran gewöhnen müssen,
mein Bester! — Ich hätte übrigens nicht geglaubt, daß
sich Deine Freundschaft in eine so entsetzliche Furcht ver-
kehren könnte."

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„Mama,
den Herr"
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In schwerem WeröcrchL.
Eriminal-Nvvelle
von Reinhold Ortmann.
(Fertsctzung.)
„Gleichviel! Führen Sic uns einstweilen in jenes
Nebenzimmer. Es ist nicht nothwendig, daß Sic uns
^M Marquis melden, und es wird wünschenswert!) sein,
ssß Sie sich in der nächsten Viertelstunde nichts in diesen
Gemächern zu schaffen machen."
Der Kellner lächelte verschmitzt.
„Ich verstehe, gnädiger Herr! Belieben Sie ein-
Wreten!"
Die Unverschämtheit des Burschen trieb dem Assessor
Röthe des Unwillens auf die Stirn; aber er durfte
s jetzt noch nicht mit demselben verderben und bemühte
deshalb, sein zudringlich vertrauliches Wesen ganz
ignorircn.
. , „Hat der Herr Marquis etwas von meiner Anwesen-
am heutigen Vormittag erfahren?"
„O, gnädiger Herr! Haben Sie so wenig Vertrauen
Meiner Diskretion. Ich dachte mir gleich, daß irgend
Liebesangclegenheit —"
j. „Schweigen Sie!" herrschte ihn Braunfels an. „Habe
Sie nach Ihren Gedanken gefragt?"
„Verzeihen Sie, es war nur so eine Redensart, die
herausfuhr. Nein, der Herr Marquis weiß nichts
Ihrem Besuche."
„Gut! — Sie sind nun vorläufig entlassen und
 
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