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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 51 - No. 60 (1. März - 11. März)
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88« 8

Heidelberg, Donnerstag, 2. März

18S3.

Expedition:
HanptstratzeSS.

Expedition:
Hauptstraße 28.

nachdem jetzt die Radikalen so arg in die Tinte gerathen
sind. Finden aber die Heißsporne und Weltenstürmer
der Radikalen ihreRechnung bei der neuen republikanischen
Vereinigung nicht, dann wird sie kaum noch etwas von
dem Ueberlaufen in das socialistische Lager abhalten
können. Man denke nur einige Monate zurück. In
der Zeit, als die Frage am Horizont herumkroch, ob
„Panama" gerichtlich zu verfolgen sei oder nicht — das
heißt etwa im Herbst —, konnte man bemerken, daß
Clemenceau und Genossen Miene machten, sich den So-
cialisten zu nähern. Heute, nachdem man hinter den
Panamavorhang hat schauen dürfen, könnte man fast
sagen, Clsmcnceau hätte sich vor dem drohenden Sturme
zu den Socialisten flüchten wollen. Jedenfalls haben die
damaligen Vorgänge gezeigt, daß ein Zerbröckeln der
etwaigen Mehrheit der republikanischen Vereinigung auf
der linken Seite denkbar und möglich ist und daß das
Ende vom Liede die Jsolirung der Opportunisten und die
Stärkung der Socialisten sein würde. Dann kommt der
Kampf zwischen rechts und links, dann geht es um den
Bestand der Republik selbst.

Deutsches Reich.
Berlin, 28. Febr. Der „Berliner Börsencourier"
erfährt von unterrichteter Seite, die deutsch-russischen
Handelsvertragsverhandlungen hätten zur
Zeit die beste Aussicht auf einen baldigen Abschluß. Der
Zar selbst wünsche den Abschluß des Handelsvertrags.
Der russische Botschafter Graf von Schuwalow habe vas
Verdienu, den Zar in diesem Wunsche bestärkt zu haben.
Der Botschafter reift ani Samstag zur Ueberbringung
der deutschen Vorschläge nach Petersburg ab.
Berlin, 28. Febr. Aus Afrika sind vom Major v.
Wißmann am 24. d. Mts. vom Nyassa Nachrichten
eingelaufen, die bis zum 28. Dezember reichen. Wiß-
mann bat zwar den See erreicht, doch befindet er sich
körperlich so schlecht, daß er sich selbst schlimmen Befürch-
tungen hingibt und man mit Sorge weiteren Nachrichten
entgegensehen kann.
Berlin, 28. Febr. Wie dem Berl. Tagebl. aus
Rom gemeldet wird, befinden sich nach den Berichten der
Bankinspektion, die Banken mit Ausnahme der
Banka-Romana in ziemlich günstigen Verhältnissen. Allein
alle haben für Zettelbanken ungeeignete Operationen
unternommen und zwar zuweilen auf Veranlassung des
früheren Cabinets.
Berlin, 28. Febr. Das Abgeordnetenhaus

bcrieth heute den Eisenbahnetat, genehmigte die Einnahmen
und nur den Titel 1 der Ausgaben und vertagte sodann
die Weiterberathung auf morgen.
Oldenburg, 28. Febr. Der Groß Herzog beging
gestern sein vierzigjähriges Regierungsjubiläum, dessen
öffentliche Feier auf seinen Wunsch unterblieb. Zahl-
reiche Glückwünsche sind eingetroffen, auch von Kaiser
Wilhelm ll
Italien.
Rom, 28. Febr. Ein Depesche aus Sa nsibar
meldet, der Sultan sei ernstlich erkrankt. Ernste Un-
ruhen werden in dem Falle seines Todes befürchtet.
England.
Loudon, 28. Febr. Das Unterhaus nahm in
erster Lesung den Gesetzentwurf, betreffend die locale Con-
trole des Detailhandels mit geistigen Getränken, an.
Serbien.
Belgrad, 28. Febr. Nach der „Presse" hat der
Metropolit Michael in Folge eines schriftlichen Ge-
suches des Exkönigs Milan dem Rechtsanwalt des
Letzteren einen Akt überreichen lassen, in welchen: die
durch den früheren Metropoliten Theodosius ausgefertigtc
Ehescheidung als ungesetzlich und die Ehe zwischen
Milan und Natalie als zu Recht bestehend erklärt
wird. Nach einer anderen Mittheilung haben Milan und
Natalie gemeinsam eine Petition an die Synode gerichtet,
in welcher sie diese um den Segen der Kirche für ihre
Wiederaufnahme der Ehegemeinschaft bitten. Die Königin
Natalie soll demnächst nach Dalta in der Krim reisen,
von wo sie später ihre Verwandten in Rumänien be-
suchen werde, während Milan so lange in Paris bleibi,
bis das Gesetz, welches seine Rücklehr nach Serbien ver-
bindert, aufgehoben ist._
Deutscher Reichstag.
Berlin, 28. Februar.
Etat des auswärtigen Amts mit den Etats
der Schutzgebiete Kamerun und Togo und des südwest-
afrikanischen Schutzgebietes.
Bei Titel „Besoldung des Staatssekretärs"
wünscht Abg. Scipio (nl.) Aufklärung über die Ver-
haftung von drei Deutschen in Dahome und spricht dem-
nächst den Wunsch aus, daß die Konsuln im Interesse
des legitimen Handels Berichte über die Kafteeernten
senden möchten.
Staatssekretär des Auswärtigen Frhr. v. Marschall
erklärt, die an sich wünschenswert^ Berichterstattung über

während der beiden letzten Tage an Herufsgeschäften ver-
säumt hatte.
* *
Der gefangene Ferrolt batte anfänglich die Verbrechen,
deren ihn Duvals letzte Worte beschuldigt hatten, abzu-
leugnen versucht, als er jedoch einsah, daß ihm dies
doch nichts mehr nützen könne, legte er ein volles Ge-
ständniß ab, welches eine ganze Reihe bisher unaufgeklärt
gebliebener Missethaten enthüllte.
Vor vielen Jahren batten die Sündengenossen Duval
und Ferrolt in einem Badeorte, die damals noch blut-
junge, aber bereits durch und durch verderbte Estella
Fiorelli kennen gelernt; zwischen ihr und dem schönen
Duval hatte sich ein Liebesverhältniß entwickelt, das auch
dadurch, daß Estella als Künstlerin nach Norddeutschland
zurüükehrte, während die beiden Franzosen in ihrer
Heimath verblieben, anfänglich keine Unterbrechung erlitt.
Durch die Briefe, welche sie von Duval erhielt, hatte
Estella Kunde bekommen von den Verbrechen ihres Ge-
liebten und seines satanischen Freundes, von der Er-
mordung des Bankdirektors Duvergne, der Beraubung
der Bank und endlich von dem Geniestreich Duvals, von
der Vergiftung einer seiner hochadeligen Freunde, des
Marquis d'Hervilly; in dessen Gesellschaft er eine Zeit
lang fast beständig lebte und den er, nachdem er ihn
durch ein von -Ferrolt bereitetes, langsam, aber unfehlbar
wirkendes Gift getödtet, einer großen Summe Geldes
und verschiedener Legitimationspapiere beraubt, auf Grund
derer er später, als er sich abwechselnd in Deutschland
und in der Schweiz anfhielt, den Namen des Ermor-

deten unentoeckt annehmen konnte. Bald nach jenem
Verbrechen, welches für den Mörder um so ungefähr-
licher schien, als die Aerzte den Tod des Marquis für
einen natürlichen angesehen hatten, war ihn: von Estella
mitgetheilt worden, daß der alte, steinreiche Graf Lauen-
feld sie zu heiratben beabsichtige, und er hatte sich beeilt,
dazu seine Einwilligung zu geben, da er hoffte, daß der
alte Herr bald sterben würde — oder besser, durch Ferrolts
vortreffliches Mittel unschädlich gemacht werden könne,
und daß Estella, die Erbin all dieser unermeßlichen
Reichthümer, dann nicht zögern würde, ibm ihre Hand
zu reichen. —
Es war indeß anders gekommen, als der schlaue Ver-
brecher ausgeklügelt hatte. Estella hatte zwar von dem
Gifte mit besten: Erfolge Gebrauch gemacht, aber sie
hatte gar nicht daran gedacht, Duval, den sie längst
nicht mehr liebte, zu heirathen.
Als er sie durch Drohungen zu zwingen versucht batte,
waren ihm seine Briefe als gleiche Waffe entgegen ge-
halten worden, und so hatte er sich denn schließlich mit
einer großen Abfindungssumme begnügt, ohne indessen
seine weiteren Erpressungsversuche ganz einzustellen, be-
vor die letztere endlich auf die bekannte, tragische Weise
geendet hatte.
Da die schwersten Verbrechen Ferrolt's in Frankreich
verübt worden waren, wurde er dorthin ausgeliefert und,
wie er selbst sehr wohl gewußt hatte, zum Tode verur-
teilt. Ein merkwürdiger Zufall war es, daß die Nach-
richt von seiner Hinrichtung gerade an demselben Tage
in der norddeutschen Residenzstadt eintraf, wo in den
glänzend erleuchteten und festlich geschmückten Sälen des

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haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
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Michel" bei.

Zur Luge in Irunkreich.
Die Unsicherheit der republikanischen Mehrheit.
Mit der Leichtigkeit, die man nur in Frankreich be-
sitzt, ist das große Ereigniß des Tages, die Rückkehr
Jules Ferrys in die vordersten Reihen der Vorkämpfer
der Republik bereits überwunden. In den Zeitungen
tobt und wettert es noch, aber die Sturmwolken sind
schon im Abziehen begriffen, die Blitze leuchten nur noch,
schlagen aber nicht mehr ein. Der Wirbelwind, der Jules
Ferry auf den Senatsthron hob, kam zu jäh; seine
Wirkung ist nachhaltig, aber ibn selbst spürt man kaum
Noch. Auch für Panama hat man jetzt nicht viel
Übrig, da der Hauptlärm am 8. März vor dem Schwur-
gericht beginnen wird. Dagegen macht sich ein Aufleben
derGeister in Sachen derWahlen zur Deputirten-
kammcr bemerkbar, noch mehr als bei Beginn der
dorigen Woche. Die Socialisten haben schon neulich den
Wahlfeldzug begonnen, die Boulangisten und Klerikalen
sind nachgefolgr. Allgemein fragt man nun: was
werden die Republikaner thun? Sollte
wirklich die von Ribot so sehnlich herbeigcwünschte „re-
publikanische Vereinigung" Gestalt bekommen? Sollte
sich Jules Ferry zu ihr bekennen? Nach der be-
rühmten Rede Cavaignacs vom 8. Februar konnte
Wan eine kurze Zeit lang an die Bildung einer großen
gemäßigten Republikanerpartei glauben; sie hätte sich zu-
ipnimengesetzt aus einer Fraction der Linken, dem linken
Sutrum und allen „Ralliirten" der Rechten. Diese
Partei hätte ein gemeinsames Programm machen können,
Waches die kommenden allgemeinen Wablen höchst wirk-
wm beherrscht haben würde. Was steht statt dessen in
Aussicht? Eine Vereinigung der Opportunisten und
/wdicalen, die für das Ministerium eine höchst zweifel-
-ufte Mehrheit abgeben. Die Entwicklungsgeschichte der
ritten Republik hat ja gezeigt, wie eine große Menge
°u Fragen die beiden Hälften dieser Mehrheit trennt
an einem endgiltigen Zusammenschmelzen hindert.
^AN denke doch an so wichtige Fragen, wie diejenige der
i'wche vom Staate! Die Weiterentwicklung würde auch
sir gar zu bald den für die Wahlen übertünchten Spalt
wder aufreißen. Die Jungen der Radicalen mögen nichts
dem bedächtigen Vorwärtsschreiten der anderen wissen;
wollen die Besserung der Menschheit und ihrer
„Aschen Zustände mit Blitzzugsgeschwindigkeit erreichen
werden deßhalb bei jedem neuen Anfahren mit dem
^Lführer in Streit gerathen. Und die Führung würde
ihren Schwerpunkt auf dem rechten Flügel haben,

In schwerem WeröcrchL.
st:
Criminal-Novclle
ron Reinftold Ortmaun.
(Schluß.)
sy »Ich verstebe, Herr van Holten", sagte Richard lang-
»Sie nehmen Jbre Bedingung zurück und schneiden
für immer jede Hoffnung ab. O, es ist grausam,
^grausam!" Und er verbarg das Gesicht in beiden
^en.
»Beruhigen Sie sich mein lieber Sohn! — Ich will
von Beiden. Meine Bedingung ist nicht zurück-
»q sondern erfüllt dadurch, daß ich Ihnen heute
^Weiner Kasse zehntausend Thaler habe anweisen lassen,
sh-, kenen sich die Firma van Holten an Jbrem Ge-
'w beteiligt. Denn ein solcher Kompagnon," fügte
hyzpüt gewinnendem Lächeln binzu, „muß niir ja
^ Bürgschaft genug dafür sein, daß Sie mein ver-
, Töchterchen vor Nahrungssorgen werden bewahren
Scene, die diesen Worten folgte, läßt sich mit
H Zweigen übergehen; der einzige Tropfen Wermuth,
^ijs^Üch hier den Glücklichen in den Becher der Freude
war der Umstand, daß derjenige in ihrer Mitte
dern sie alle das unendliche Glück allein zu danken
der Mann, der in diesem Augenblick in seiner
; n Junggesellenwohnung am Schreibtische saß,
emsiger, unermüdlicher Arbeit alles das wieder
Wien, was er durch seine aufopfernde Thätigkeit

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