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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 71 - No. 80 (24. März - 6. April)
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Verkündigungsblatt und Anzeiger

Mk. 2.

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ivr Hok.

Die,^8ürgerzeitn«g"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummcr liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Ter Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

Abornrenrentsprcis
sür Heidelberg: monatl- 48 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
vicrteljährl. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
Zuscrtionspreis: 10 Pf. sür die 1-spalt-
Petitzeile od. deren Raum. Für locale
Geschäfts- u- Privatanzeigcn 5 Pf.

1893.

Heidelberg, Donnerstag, 6. April

Expedition:
Hauptstraße 25.

Expedition:
Hauptstraße 25.

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ekler.

Bald aber wendete sich das Blatt, und die Folge jener
Preßerörterungen war, daß besondere Kredite in Höhe von
32 Millionen Pfund Sterling für die englische Flotte be-
willigt und derselben hundert neue Schiffe hinzugefügt
wurden. Eine ernsthaft geleitete Presse wird selten in
die Lage kommen, aus Unachtsamkeit, noch seltener aus
böser Absicht Mittheilungen zu verbreiten, von denen sie,
da sie doch ein denkender Organismus ist, annehmen muß,
daß ihre Bekanntgabe den Landesinteressen schädlich sein
könnte, dagegen hat ebendieselbe, in Deutschland wie
anderswo, es stets als ihren schönsten Beruf erkannt, sich
mit Bewußtsein und Bedacht in den wohlverstandenen
Dienst der Allgemeinheit zu stellen und nach Maßgabe
der vorhandenen Kräfte für dieselbe zu wirken.

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6.

Das also war des Räthsels Lösung.
Jugendliche Uebereilung hatte Herrn von Brandau
und seine verstorbene Gattin zur Schließung einer Ehe
geführt, der das Beste fehlte: Die geduldige ausgleichende
Macht der Liebe. Verschiedene Erziehung, verschiedene
Neigungen hatten bald zu Gegensätzen geführt, die unter
der Fessel der Konvenienz niedergehalten, schließlich um
so heftiger zuni Ausbruch kamen. Diesen Ausbruch hatte
der unvorsichtige Brief Rosetti's herbeigeführt. Frau von
Brandau hatte diesen Mann geliebt, das war unzweifel-
haft, sicher aber hatte sie ihm keinerlei Zugeständnisse
gemacht, aus welchen er die Berechtigung zu einer solchen
Sprache herleiten konnte. Der Auftritt, welchen sein
Brief zwischen beiden Ehegatten herbeigeführt, mußte bei
der Leidenschaft beider Charaktere ein außerordentlich heftiger,
alle bisher beachteten Schranken durchbrechender gewesen
sein. In ihrer maßlosen Erregung, in dem festen Ent-
schluß, sich von ihrem Gatten zu trennen, hatte die stolze
Frau sich zu dem Geständniß hinreißen lassen, daß sie
den Baron liebe, und dadurch jede Brücke zur Verständig-
ung abgebrochen. —
Rosetti hatte wohl durch das Stubenmädchen einen
Wink erhalten und sich der Rache des beleidigten Gatten
durch die Flucht entzogen. Einer jener unglücklichen Zu-
fälle, die so oft in das menschliche Schicksal entscheidend
eingreifen, wollte es, daß Frau von Brandau an demselben
Abend das Haus ihres Gatten verließ. Alle Welt mußte
glauben, daß sie mit dem Baron gemeinschaftlich entflohen
sei, während sie sich, ohne Ahnung von Rosetti's Abreise
zu haben, direkt zu ihrer Mutter begeben hatte.

Schickscrl'swege.
Novelle von C. Fontane.

Acrs Spionengeseh.
Mit sonst selten zu findender Uebereinstimmung hat
ber größte Tbeil der Presse in demjenigen Theile des
Noch der verfassungsmäßigen Erledigung karrenden Ge-
setzentwurfes betreffend den Verrath militärischer Ge-
heimnisse — des sogenannten Spionengesetzes —, welcher
jede rechtswidrige Mittheilung militärischer Dinge an
einen Anderen als Vcrratk auffaßt und, auch beim
Mangel eines Dolus, die Verbreitung von bloßen Nach-
richten, deren Geheimhaltung im Interesse der Landes-
vertbeidigung erforderlich ist, mit Gefängniß bis zu drei
Jahren bestraft, einen Eingriff in die verfassungsgemäß
gewährleistete Preßfreiheit gesehen. Ein Aufsatz der „All-
gemeinen Ztg.", welcher neuerdings diese Frage behandelt,
kommt ebenfalls zu dem Schluffe, daß die Bedrohung
jener Handlungen mit Gefängnißstrafe nicht im richtigen
Verhältniß zur Größe des Vergehens und des durch das-
selbe bewirkten Schadens steht, und knüpft daran weitere
Bemerkungen, die uns sehr beachtenswert!) scheinen.
Selbstverständlich ist, daß militärisch wirklich wichtige
Dinge, wie Operations-, Mobilmachungs- und Festungs-
bläne, der strategische Aufmarsch, Eisenbahnfahrtbestimm-
ungen, Zusammensetzung der Sprengladung der Brisanz-
Und Schießwollgranaten u. s. w. einer strengen Geheim-
haltung unterliegen müssen. Bei anderen militärischen

Als er dann ihren Aufenthalt entdeckte, als er sie mit
Briefen bestürmte, da wies sie ihn entschlossen ab. Ihr
Stolz empörte sich bei dem Gedanken, daß ihr Gatte, daß
die Welt sür erwiesen ansehen würde, was jetzt ein un-
gerechter Verdacht war, sofern sie Rosetti's Bitten nachgab.
Vielleicht war sie auch bei ruhiger Ueberlegung zu der
Ueberzeugung gelangt, daß der Mann, den sie liebte, sich
der Rechenschaft, welche Herr von Brandau sicher von
ihm fordern mußte, durch feige Flucht entzogen habe,
daß er ihrer Liebe nicht würdig sei. Die bitterste Ent-
täuschung aber, diejenige, daß dieser Mann sich unter
falschem Namen in ihre Nähe gedrängt, daß er andere
dunkle Zwecke verfolgt habe, war ihr wobl erspart geblieben,
das bewies die Adresse auf ihren Briefen-
Ein rascher Tod hatte das Band zerrissen, welches
beiden Ehegatten zu drückenden Fessel geworden, hatte
gesühnt, was von beiden Seiten gefehlt worden war. Rein
und vorwurfsfrei stand jetzt das Bild der Geschiedenen
in der Erinnerung des Gatten, von dem sie sich freiwillig
getrennt, in der Erinnerung ihres einzigen Kindes-
Der Gedanke an Frida erinnerte den jungen Mann
an jene Notiz in dem Taschenbuch, auf welche ihn der
Major verwiesen hatte. Er schlug die letzte Seite auf
und las dort folgende, mühsam mit Bleistift niederge-
schriebene Worte.
„Für den Fall meines Ablebens bitte ich Herrn Dr.
Kranz, dieses Taschenbuch nebst Inhalt seiner Kousine,
Fräulein Hedwig Hagendorff, zu übergeben und ihr die-
jenigen Miitbeilungen aus meiner Vergangenheit zu machen
welche zum Verständnisse der inliegenden Briefe nöthig
sind. Ihr, der treuen, liebevollen Freundin meiner Tochter

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brik

Nachrichten aber, wie etwa über die Einführung neuer
Tornister, Brodbeutel, Zelte, Feldflaschen u. s. w., ja
selbst eines neuen Lafetten- und Geschützrobr- oder Ge-
wehrmodells wird die Bedeutung der Tragweite der Ge-
beimhaltung überschätzt. Der Standpunct der militärischen
Technik ist heutzutage in den meisten Staaten nahezu
der gleiche und manche Gebiete der Armee können in
dieser Beziehung völlig als abgeschlossen gelten. Ferner
darf man nicht übersehen, daß z. B- Bewaffnung und
Ausrüstung des Heeres Fragen sind, welche derart tief in
die Lebensverhältniffe von Hunderttausenden eingreifen,
daß inmitten einer Bevölkerung von 50 Millionen
Menschen, welche gerade in Deutschland militärischen Ein-
richtungen ein besonderes Interesse entgegenträgt, der-
artige Dinge schlechterdings nicht verborgen gehalten
werden können. Die deutsche Privatindustrie, welche sich
in ausgedehntem Maße mit der Herstellung von Waffen,
Pulver, Militärtuch, Drillich, Zeltstoff, Woylach, Koch-
geschirren, Lederzeug u. a. beschäftigt, hat aber auch einen
berechtigten Anspruch darauf, über die Beschaffung von
Ausrüstungs- und Bekleidungsstücken für das Heer, von
neuem Heergeräth, Waffen u. s. w. rechtzeitig unterrichtet
zu werden. Die ängstliche Geheimhaltung militärischer
Dinge, welche nach Wunsche „erclusiver Militärfanatikcr"
die Presse beobachten soll, wird häufig am wenigsten für
nothwendig gehalten von den Militärzeitungen und dem
officiösen „Militärwochenblatt", welches fast ohne Aus-
nahme die Neuerungen im Heere, nicht selten von ihrer
amtlichen Durchführung, erörtert. War es nicht der ver-
ewigte Generalfeldmarschall Graf v. Moltke, der selber für
Zettungen geschrieben hat und dafür bezablt werden ist?
Und bat nicht sogar der nachmalige Kaiser Wilhelm I.
zur Feder gegriffen, um in der Presse Fragen der Armee-
organisation öffentlich zu besprechen? Die Militärver-
waltung hat vielfach in Verkennung der Richtigkeit des
friedericianischen Ausspruches „Gazetten sollen nicht ge-
niret werden" eine Abneigung dagegen, daß Angelegen-
heiten ihres Bereiches überhaupt von den Tagesblättern
zum Gegenstand von Besprechungen gemacht werden. Ein
Beispiel aus der jüngsten Geschichte Englands, das der
Verfasser des Aufsatzes der „Allgemeinen Zeitung" an-
führt, sollte sie darüber belehren, daß die sogenannte
„Militärjournalistik" manchmal den Interessen der Landes-
vertheidigung im höchsten Grade nützlich sein kann. Vor
etwa sieben Jahren besprachen die englischen Zeitungen
in schärfster Weise den mangelhaften Zustand der eng-
lischen Flotte. Zuerst wurde von officiöser Seite die
Richtigkeit dieser Mittheilungen belächelt und bestritten.

35 Pfg'
Wach,

(Fortsetzung.)
Der zweite Brief, welchen Friedrich jetzt entfaltete
^ax einige Wochen später geschrieben.
„Sie wollen nicht an die Nnwiederruflichkeit meines
Entschlusses glauben", schrieb Frau von Brandau in dem-
selben. „Sie hoffen, daß eine Trennung meiner Ehe ein-
beten, saß ich dann Ihren Bitten Gehör schenken werde.
^Üie klein denken Sie von mir! Ich will es nicht leugnen,
K«ß meine Mutter gegen meinen Willen den Versuch ge-
macht hat, eine Lösung meiner Ehe herbeizuführen. Herr
h°n Brandau hat es abgelehnt. Sie sehen nun wohl,
^ß Jbre Hoffnung unerfüllbar ist. Und selbst wenn
anders wäre, würde ich Ihnen doch nie meine Hand
wichen können. Meine Ehre verbietet es mir.
Das ist mein letztes Wort. Gott sei mit Ihnen und
^sse Sie bald das Glück finden, welches ich Ihnen nie
^üls geben kann. E. v. B."
Der dritte Brief, welchen Friedrich in dem Tagebuche
^gefunden hatte, erwies sich bei näherer Besichtigung als
leeres Couvert. Die Adresse, von männlicher Hand
^schrieben, lautete: „An Frau Elise von Brandau in
Homburg. Hotel B. Eigenhändig.
Aut der Rückseite stand, offenbar von der Hand eines
Postbeamten geschrieben: „Unbestellbar. Adressatin ist vor
^igen Tagen gestorben."
Während der junge Arzt rie Briefe langsam wieder in
Taschenbuch legte, bestürmte ihn eine Fluth vvnGedanken.

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durch den Briefträger frei in s Saus gebracht:
1 Mk. 40 Pfg.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
auswärts durch die Post, innerhalb der Stadt und nächster
Umgebung durch unsere Träger entgegengenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

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Deutsches Reich.
Berlin, 4. April. Dem Abgeordnetenhause
ging die sogenannte Sekundärbahnvorlage zu.
Sie verlangt 48165 000 Mk., davon 26 485 000 Mk.
zum Bau von Eisenbahnen: 1) von Rothfließ nach
Rudzany; 2) von Buetow nach Berent; 3) Jauer-Rohnstock;
4) von Rippach-Poferna nach Plagwitz-Lindenau und
Markranstädt; 5) von Naumburg nach Deuben; 6) von
Bünde nach Sulingen ; 7) von Derschlag nach Berg-
neustadt; 8) von Osberghausen nach Wiehl. Verlangt
werden ferner zur Beschaffung von Betriebsmitteln
4 992 000 Mark, zu verschiedenen Bauausführungen
1 678 000 Mk.; darunter zur Erweiterung des Rangir-
bahnhofs in Hamm; schließlich zur Beschaffung von Be-
triebsmitteln für die bereits bestehenden Bahnen 15 000 000
Mark. Die Gesammtkosten werden durch eine Anleihe
aufgebracht.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 4. April. Kriegsminister Bauer ist bei
einem Spazierritt vom Pferd gestürzt und hat sich
am Arm verletzt.
Arankreicy.
Paris, 3. April. Der Präsident Carnot hat nach
den letzten Nachrichten dem Unterrichtsminister des früheren
Kabinets, Dupuy, die Bildung eines neuen Mini-
steriums angeboten. Dupuy hat den Auftrag an-
genommen.
London, 4. April. Nach einem Telegramm des
„Standard" aus Sh an Hai hat der chinesische Ge-
sandte in Petersburg der chinesischen Regierung mitgetheilt,
er hoffe in kurzem mit Rußland einen Vertrag ab-
zuschließen, wonach China seine alten vertragsmäßigen

Der Abonnementspreis
für die
„Würger - Zeitung"
beträgt für Heidelberg und nächste Umgebung
monatlich nur 40 Pfg.
mit Trägerlohn.
Für auswärts vom 1. April ab vierteljährlich
am Postschalter abgeholt:
 
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