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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 131 - No. 140 (6. Juni - 16. Juni)
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Sonn- und Feiertagen.
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Haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem 4 4- F- -ß- H 4 Ml
Humor. Repräsentanten „Der deutsche L -L-- L» ' L -G- L- MH- -H- L «
Michel" bei !

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Geschäfts- u. Privatauu'igen 5 Pf.

Heidelberg, Freitag, 16. Juni

1«S3.

Expedition:
Hauptstraße 28.

Expedition:
Haupistraße25.

Etwas vom Antisemitismus.
Culturdefizit amEndc des 19. Jahrhunderts.
Unter diesem Titel ist soeben eine Schrift von Dr.
mcd. M. Hirsch erschienen, welcher sich gegen den ver-
steckten Antisemitismus wendet, der bis in die Reihen des
Liberalismus sich erstreckt. Es gibt Viele, die es als Be-
schimpfung zurückweisen würden, wollte man sie zu den
Antisemiten zählen, aber dennoch nicht umhin können,
diesen gehässigen Bestrebungen eine gewisse Berechtigung
zuzugestehen. Daß dieses Vorurtheil weitere Schichten er-
faßt hat, als man glaubt, geht aus der Aeußerung eines
höchst ehrenwerthen Geistlichen hervor, der gegen den
landläufigen Antisemitismus Front macht fund seinen
Glaubensgenossen die Vorzüge der Juden entgegenhält,
aber dennoch bei einer Besprechung des berüchtigten Ti-
volitages den „antisemitischen Instinkten" manche Be-
rechtigung zubilligte.
Eine Berechtigung für den Antisemitismus gäbe es,
wenn sich nachweisen ließe, daß besondere semitische Laster
und Mängel, von denen sich bei Ariern keine Spur
fände, eristirten. Daß dies nicht der Fall sei, das wird
Schritt für Schritt durch statistische Beweise und greif-
bare Vorfälle nachgewiesen. Was man den Juden vor-
wirft, sind menschliche Schwächen, die sie mit den übrigen
Menschen theilen. Einen Punkt aus der Broschüre wollen
wir besonders hervorheben, welcher die allgemeine Gefahr
für unsere Verfassung, welche der Antisemitismus hervor-
bringen kann, bespricht.
„Setzen wir einmal den Fall, es gelänge den mit
den Antisemiten vereinigten Conservativen, eine Majorität
für die Aushebung des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1869
zu finden, so wären dadurch die ernstesten Gefahren für
alle Minoritäten, und das ist ja jede einzelne Partei
für sich genommen, heraufbeschworcn.
Die in der Minorität befindlichen Katholiken kämen
in Gefahr, daß auch auf sie die Ausschließung von den
bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechten Anwendung
finde, falls es z. B. den Protestanten gelänge, ein Ge-
setz durchzubringen, daß nur Protestanten zu den obersten
Staatsämtern w. zugelassen werden dürfen. Beliebt es
den orthodoxen Protestanten, ihre reformirten Brüder aus
vem höheren Unterrichtswesen auszumerzen, so würde ein
Majoritätsbeschluß in dieser Richtung auch vielleicht zu
erzielen sein und dergl. mehr.
Aber auch für die politischen Minoritäten wäre da-
durch ein verhängnißvvlles Präjudiz geschaffen. Hat eine
conservativ-antisemitische Coalition die Emanzipation der
Juden auf legalem Wege erst beseitigt, was hindert sie
dann auch, den Ausschluß der Freisinnigen, Demokraten

oder gar der bösen Socialdemokraten von der Ausübung
des aktiven und passiven Wahlrechts, von Bekleidung von
Staatsämtern und dergl. kraft Majoritäsbeschlusses durch-
zusetzen ?
Daß aber der Antisemitismus auch in seinem kleinsten
Bruchtheil kein Recht hat, wird dann nachgewiesen, wobei
der Verfasser auch auf die Vorwürfe der Vaterlands-
losigkeit, und der Absonderung der Juden von den Christen
kommt, Vorwürfe, welche das Recht, den Juden die
Gleichstellung zu nehmen, besonders erweisen sollen.
„Erinnert euch dann auch," ruft der Verfasser aus,
„mit welcher Begeisterung die semitischen Jünglinge in
den Kampf gegen die Franzosen zogen, trotzdem gerade
von diesen aus zuerst ein Freiheitsschimmer in die Nacht
der Knechtschaft gedrungen war, in welche ihr Vaterland
sie Jahrhunderte hindurch gefesselt. Am Anfang des
Jahrhunderts noch nicht würdig befunden, des Königs
Rock zu tragen, zum Militärdienste erst seit 1812 zu-
gelassen, meldeten sich von 1813—1815 schon 500
jüdische Freiwillige — etwa 51/2 pCt. der im waffen-
fähigen Alter stehenden Juden — zum Eintritt in die
Armee. Von ihnen und den übrigen unter die Fahnen
gerufenen jüdischen Soldaten schreibt der Minister Harden-
berg, sic hätten sich durch treue Anhänglichkeit an den
Staat während des Krieges ausgezeichnet. „Wir haben
unter ihnen Beispiele des wahren Heldenmuthcs und der
rühmlichsten Verachtung der Kriegsgefahren aufzuweisen,
sowie die übrigen jüdischen Einwohner, namentlich auch
die Frauen, in Aufopferung jeder Art den Christen sich
anschlossen." Einer der ersten Soldaten, die das eiserne
Kreuz erhielten, war ein Jude! Und „was war der Dank
für alle bewiesene Tapferkeit? Alle Juden, die man während
des Krieges aufrücken lassen mußte, wurden nach und
nach gezwungen, den Dienst zu quittiren. Nur ein
jüdischer Major war und blieb der weiße Rabe im
preußischen Officiercorps."
Und 1870? Gewiß fochten die Juden so tapfer wie
ihre christlichen Genossen. Nur Bosheit kann dem Juden
die Vaterlandsliebe absprechen, er ist trotz aller Zurück-
setzung stolz darauf, ein Deutscher zu sein. Wo es gilt,
für das Vaterland einzutreten, bei gemeinnützigen Unter-
nehmungen für Staat oder Kommune opferwillig einzu-
treten, da sieht man den Juden mitwirken. Obwohl Juden
länger als 1500 Jahre auf deutschem Boden seßhaft sind,
werden sie noch immer als Fremde angesehen, darin liegt
das Hauptübel. Vieles könnte man in dieser Beziehung
lernen, wenn man sähe, wie man in anderen civilistrten
Ländern in Anerkennung der Rechtsgleichheit gegenüber
dem Juden Deutschland voraus ist.
Der Verfasser führt eine scharfe und offene Sprache,

aber Thatsachen sprechen. Gewiß gibt es Viele, die über-
zeugtsein wollen, und sic werden, wenn sie die vorliegende
Broschüre lesen, überzeugt werden, daß der Antisemitismus
eine schwere Gefahr für Kultur und Vaterland bedeutet,
und daß die geringste Unterstützung desselben, indem man
ihm eine gewisse Berechtigung zuerkennt, seine extremsten
Ziele fördern heißt.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 14. Juni. Die Kronprinzessin
von Schweden wird mit ihren beiden ältesten Söhnen
am nächsten Freitag Baden-Baden verlassen und die
Rückreise nach Schweden antreten. — Der Großherzog
und dieGroßh erzog in beabsichtigen Anfangs nächster
Woche von Baden-Baden abzureisen und einen 3 bis 4-
wöchentlichen Aufenthalt in St. Blasien zu nehmen.
Herrenalb, 14. Juni. Die Groß Herzogin von
Baden ist in Begleitung der Kronprinzessin von
Schweden in Herrenalb in der Villa „Falkenstein" ein-
getroffen.
Berlin, 14. Juni. Der „Reichsanzeiger" meldet:
Der König verlieh dem Generaladjutanten General der
Kavallerie Albedyll die Brillanten zum Schwarzen
Adlerorden.
Berlin, 14. Juni. Es wird bestätigt, daß über den
Termin für die Einberufung des Reichstags, über
die einzubringenden Vorlagen — natürlich mit Ausnahme
der Militärvorlage —, über die Gestaltung und die
Dauer der Session noch nichts beschlossen ist. Die Re-
gierung wartet erst das Wahlresultat ab, von dessen Aus-
fall Alles abhängt. Die Berathung der Steuergesetze in
der nächsten Session gilt aber für ausgeschlossen.
Schweiz.
Bern, 14. Juni. Der Nationalrath genehmigte
mit 80 gegen 10 Stimmen die seit März getroffenen
außerordentlichen Maßnahmen oes Bundesrathes im
Handelsverkehr mit Frankreich (Zonen, Ur-
sprungszeugnisse re.)
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 14. Juni. Nach Schluß der Generaldebatte
in der Delegation ergriff Minister Kalnoky das Wort
und bemerkte u. A.: Nach Ansicht Herolds würde der
Dreibund gerade die Ursache sein, daß nicht ein idealer
Friede herrscht. Das Bündniß mit Deutschland bestehe
seit 15 Jahren und man könne sagen, daß der Friede
durch die Tendenz des Dreibundes erhalten
worden sei, welche Tendenz eine friedliche wäre und zur
Erhaltung des Friedens sehr viel beigetragen habe. (Zu-
stimmung.) Kalnoky wendet sich dann dagegen, daß die

Kieöeszauöer.
Erzählung von Wilhelm Appelt.
4,4 18 (Fortsetzung.)
Bevor Ilka jedoch noch antworten konnte, führ der Frei-
herr fort, war es ihm doch, als erschließe sich auf einmal das
Paradies vor ihm: „Wenn Du mich befreist, so will ich meine
Güter mit Dir theilen und alle Kostbarkeiten, die mein Schloß
birgt, sie sollen die Deinen sein!"
Indem sie abwehrend mit dem Kopfe schüttelte, umschlang
sie ihn fester, während sie zärtlich flüsterte:
„Nicht nach Geld und Gut verlangt mein Herz: wenn
Du mir etwas schenken willst, so schenke dem armen Mädchen,
das Du verzaubert hast, Deine Liebe! Lasse mich statt eines
treuen Hundes Dich begleiten!"
Schmelzend blickte sie ihn, mit ihren großen Augen voll
tiefster Liebe in die feinen. Als sie so weich an seiner Brust
ruhte, da zog ihm ein eigenes Gefühl, das ihn jedcSmal bei
ihrem Anblicke erfüllte, durch das Herz und mit heißer Glnth
schlug es ihr in inniger Liebe entgegen. Und die Liebe und
die winkende Freiheit, wie hätten sie ihn nicht gleich einem
Rausche erfassen sollen! Ach, die hcißersehntc Freiheit! Sei-
ner nicht nichtig, preßte er sie stürmisch an sich und bedeckte
ihren blühenden Mund mit heißen Küssen, während er leiden-
schaftlich begann:
„Ilka, wenn Du mich aus der Sclavcrei rettest, will ich
Dich als mein Weib cinführen ans das Schloß meiner Väter
und Dich achten und schätzen, wie es einer Edelfrau gebührt,
«nd nie vergessen, daß ich Dir mehr als mein Leben danke
und geduldig will ich tragen, was Zigeunerhaftes an Dir
verbleibt!"
Da stieß Ilka einen kurzen Jubclruf aus; aber gleich
daraus begann sie bang und verzagt:
„Wirst Du aber auch nie bereuen, was Du jetzt "gelobt

und wirst Du Dich nie der armen Zigeunerin schämen und
sie verachten?"
„Was ich gelobt, das will ich halten, das schwöre ich Dir
als deutscher Edelmann! Doch ehe Du das Waguiß unter-
nimmst, bedenke wohl, daß es Dein Leben kostet, wenn es
mißlingt!"
„Mit Dir will ich leben, mit Dir sterben! Gelingt aber
unsere Flucht, zu welcher ich Alles sorgsam vorbereitet, so
habe kein Bangen vor der Zigeunerin in mir. Denn ich werde
als Dein Weib sanft wie Eure bleichen Frauen werden. Ich
kenne eine unseres Stammes, die früher wild wie ein Teufel
war und die doch eine milde, fromme Klosterschwester ge-
worden!
Bleicher Mondschein umhüllte bereits die Landschaft, über
Melcher tiefes Schweigen ruhte. Den armen Sklaven, der mit
Ketten belastet ganz allein in einem festen gewölbten Raume
weilte, während seine Schicksalsgcnoffen in leichterer Haft ge-
halten wurden, erfüllte bange Ungeduld. Plötzlich vernahm
er an dem mächtigen Thürschlosse ein Feilen; nach einer lan-
gen Weile gab es ein leises Krachen, unhörbar öffnete sich die
Thür und gleich darauf fühlte der Freiherr sich von Ilkas
weichen Armen umschlungen. Doch nicht mit Küssen und Ko-
sen verbrachte sic die kostbare Zeit, sondern sie war eifrig be-
müht, ihn, behülflich zu fein, sich der Fesseln zu entledigen,
was denn auch bald gelang.
Als es geschehen, reichte sie ihm ein großes blinkendes
Messer, wie sie selbst eins im Gürtel stecken hatte, um gegen
jede Gefahr gerüstet zu sein. Hierauf verließen sie vorsichtig
das Gemach und gleich darauf waren sie im Freien. Das
Schwerste war vollbracht, aber noch gab es viel zu überwin-
den. Mächtig hob und senkte sich des Freiherrn Brust, als er
in gierigen Zügen die kühle, erquickende Nachtluft cinsog. Es
dauerte eine tauge Weile, ehe er ruhiger wurde, galt es doch
die heißerselmie Freiheit zu erringen!

Dann begann eine gefährliche Wanderung über den vom
Mondlichte taghell erleuchteten Wiesenplan, den sie über-
schreiten mußten, bevor die Gebüsche des Gartens sie in ihren
tiefen Schatten aufnahmen. Als sie endlich an den linken Flü-
gel des Palastes gelangten, hielt der Freiherr plötzlich seine
Schritte an. Aus dem Fenster eines kleinen, ebenerdigen Ge-
maches schimmerte ihm Lampenlicht entgegen. Unweit des
Fensters schlummerte in kostbarem Bette ein kleines, reizen-
des Mädchen; sonst befand sich Niemand im Zimmer. Mit
dem Schein der Lampe mischte sich das bleiche Licht des Mon-
des, das die Züge der Schläferin voll umfluthete. Es war das
Lieblingskind des Paschas, die kleine Ajeschah. Nun hätte er
die tödtlichste Rache an seinen, Feinde üben können, der ihm
so unsägliches Leid bereitet. Er brauchte nur den Arm aus-
zustrecken, um das blitzende Messer in die zarte Brust des
Mädchens zu versenken. Doch nicht heiße Rache, sondern tiefe
Innigkeit erfüllte ihn beim Anblicke des Kindes, das unge-
fähr fünf Jahre zählen mochte; war es doch das einzige Ge-
schöpf gewesen, von dem ihm während seiner Sclaverei ein
Liebeswort geworden. Bor kurzem hatte ihn die kleine Aje-
schah im Parke angetroffen und ihm eine duftige Rose und
eine Orange gereicht, indem sie zärtlich sprach:
„Da nimm, Du armer Mann, ich gebe es Dir sehr gern!"
Es war das erste gute Wort nach so langer Zeit gewesen,
und es hatte ihn, obwohl cs nur von einem Kinde kam, doch
so übermächtig ergriffen, daß ihm die Thränen aus den Augen
stürzten. Das Liebeswort des schönen Mädchens hatte eine
so tiefe Neigung für dasselbe entflammt, daß er glücklich war,
wenn er es zuweilen flüchtig sehen konnte, lächelte es ihm
doch stets so freundlich zu; und auch jetzt lag es süß lächelnd
im sanften Schlummer. In namenloser Zärtlichkeit hingen
feine Blicke auf dem Kinde; dann brach er eine duftig-Rose
vom nahen Strauche und warf sie sacht auf's Bett, indem er
voll tiefster Rührung innig sprach:
„Möge Dich, Du liebes, holdes Kind des Türken, der
 
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