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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 61 - No. 70 (12. März - 23. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0273

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Verkündigungsblatt und Anzeiger

Die,^Zürgerzeit«ng"
^schein! täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummcr liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Ter Erzähler", mit dem
Humor. Rcvräscntantcn „Der deutsche
Michel" bei.

Abonnementspreis
für Heidelberg: monatl- 40 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
vierteljährl. Mk. 1.— ohne Zuftcllgeb.
Znfertionspreis: 10 Pf. für die 1-spalt-
Petitzcile od. deren Raun». Für locale
Geschäfts- u. Privatanzcigen 5 Pf.

N 6s.

Expedition:
Hauptstraße 25.

Heidelberg, Freitag, 17. Mär;

Expedition:
Hauptstraße 25.

1893.

Der Abonnementspreis
für die
„Würger - Zeitung"
beträgt für Heidelberg und nächste Umgebung
Monatlich nur 49 Pfg.
viit Trägerlohn.
Für auswärts vom 1. April ab vierteljährlich
am Postschalter abgeholt:
IE- 1 Mark "Wß
durch den Briefträger frei in s.Haus gebracht:
1 Mk. 4V Pfg.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
Auswärts durch die Post, innerhalb der Stadt und nächster
Eingebung durch unsere Träger entgegengenommcn.
Verlag der „Bürger-Zeitung".
....
Petitionen bett. der Lonntagsruhe.
Innerhalb der letzten Monate sind im Reichstag 61
Petitionen betreffs der Sonntagsruhe im Handelsgcwerbe
Zugelaufen. Der Abgeordnete Wilbrandt bat nunmehr
Samens der Petitionscommission Bericht erstattet. Hier-
nach fordern nur sieben dieser Bittschriften die Erhaltung
edcr Perschärfung der gegenwärtigen Gesetzesbestimmungen.
Die übrigen 54, größtenteils von Vereinen und Ver-
anden Geschäftstreibcnder ausgehend, verlangen im
wesentlichen Milderungen der gesetzlichen oder Vollzugs-
forschriften. Es sind darunter namentlich folgende
Kategorien bcrvorzuheben: 1) Die Cigarrenhändler,
Welche übereinstimmend sich darüber beschweren, daß ihnen
burch die Beschränkung der Sonntagsstunden ein nam-
hafter Geschäftsverlust entstanden sei, insofern ein großer
^heil des Publikums sich nicht gewöhnt habe, den
^vnntagsbedarf durch Einkäufe an Werktagen zu decken,
sondern an Sonntagen bei Gastwirthen oder in Schank-
uÄtcn kaufe. 2) Die Konditoren, deren Klage dahin
W, daß durch die Beschränkung des Verkaufs an
fienntagnachmittagcn, namentlich durch das Verbot, ihre
Waare über die Straße abzusetzcn, ihr Geschäft eine
Namhafte, die Eristcnz in Frage stellende Einbuße er-
sten habe. 3) Die Sämisch-Geberei in Görlitz mit der

Schickscrl'swege.
Novelle von C. Fontane.

(Fortsetzung.)
das interessirt mich. Ich habe den alten Herrn
Er war ein eifriger Nimrod, und ist auch bei

»Es scheinen traurige Ereignisse in der Familie
^gekommen zu sein," fuhr Friedrich fort, „die das Ge-
^üth des Mannes in dem Maße verdüstert haben, daß
fast menschenfeindlich erscheint und jeden öffentlichen
'^gang meidet."
„Das arme junge Mädchen!" .fiel Hedwig ein,
Welche freudlose und einsame Jugend ist ihr dadurch
schieden. Ganz gewiß hat die Sorge um den Vater
, bewogen, zu ikm zu "reisen und seine Einsamkeit
M theilen."

„Ah,
Mannt. _.... _, .
manchmal zur Jagd gewesen, das ist freilich schon
fbor dreißig Jahre der, aber ich erinnere mich seiner
MH noch lebhaft. Ich wundere mich übrigens, von dem
Mjcr noch nicht gekört zu haben. Ich komme doch
-Ms nach der Stadt.
. „Er lebt sehr eingezogen, lieber Onkel, und unter-
keinerlei Verkehr. Ich hoffe, daß die Anwesenheit
ZNcr Tochter in dieser Beziehung eine Aenderung her-
Mführen wird. Seine jetzige Lebensweise würde er ohne
Mfahr für seine Gesundheit wohl nicht auf die Dauer
Mffetzen können.
, „Sonderbar, höchst sonderbar," sagte der alte Herr

Klage, daß in Folge der Sonntagsruhe im Gährungs-
prozcß der zu walkenden Leder eine Pause eintretc, durch
die ihr unberechenbarer Schaden entstehe. 4) Die
Blumenhändler und Kunstgärtner, die sich über
eine wesentliche Beeinträchtigung ihres Geschäfts be-
schweren. 5) Die Bäcker und Metzger, für deren
Geschäft, ihrer Angabe nach, die für den Sonntag Nach-
mittag freigegebenen Stunden nicht ausreichen oder doch
zu ungünstig liegen. 6) Inhaber von Tri n kh a l l e n,
die sich dadurch benachtheiligt fühlen, daß ihnen während
der Stunden der Sonntagsruhe der Verkauf von Früchten,
Konditorwaaren, Fischen und Cigarren versagt bleibt.
7) Gemüse-, Milch- und Kohlenhändler, die sich über-
ungleichmäßig vertheilte Geschäftsstunden beschweren. 8)
Die Pfefferküchler mit der Beschwerde, daß ihnen
durch zu frühzeitigen Schluß der Geschäftsstunden an
Sonntagen die ländliche Kundschaft verloren gehe. 9)
Die Bahnhofsbuchhändler mit der Bitte, Alles
was mit dem Fremdenverkehr zusammenhänge, auch den
Bahnhofsbuchhandel, an Sonntagen freizugeben. 10) In-
haber von Automaten mit der Klage, daß sie anderen
Gewerbetreibenden gegenüber benachrichtigt seien, wenn auch
auf Automaten auf Bahnhöfen oder in Restaurationen
die Bestimmungen über die Sonntagsruhe erstreckt bleiben.
11) In großer Zahl Inhaber von kleinen V er-
kauf slä den, die ihr Geschäft selbst betreiben und sich
durch die Bestimmung des 8 41u des Gesetzes in be-
sonderen, Maaße in ihrem Erwerb geschädigt fühlen.
Unter den vielfachen, in den Petitionen kundgegebenen
Beschwerden nehmen einen besonderen Raum ein die Klagen
aus kleineren Landstädten mit vorzugsweise länd-
licher Kundschaft über den Rückgang der gesammten Ge-
schäftstätigkeit, insofern die Landbewohnerschaft durch das
zu frühzeitige Ende der Gcschäftsstunden fast ganz be-
hindert sei, ihren Bedarf bei städtischen Gewerbetreibenden
zu decken und darum entweder den Haustrern in die
Hände falle oder in den der Landesgrenze nahe gelegenen Ge-
genden, ihren Verkehr in das Ausland lenke. Der zur
Verhandlung in der Commission hinzugezogene Regierungs-
kommissar, Herr Regierungsrath Werner, gab über die
Ansichten der verbündeten Regierungen, hinsichtlich der
über die Sonntagsruhe laut gewordenen Beschwerden be-
fragt, die Erklärung ab:
Eine Erhöhung der in 8 105 si Absatz 2 der Ge-
werbeordnung festgesetzten Maximalzeit von fünf
Stunden für die Sonntagsarbeit im Handelsgewerbe,
wie sie von einzelnen der vorliegenden Petitionen
gewünscht werden, sei ausgeschlossen. Dazu bedürfe

„Ich verspreche mir, wie gesagt, viel von ihrer Ein-
wirkung auf den Vater," sagte Friedrich.
„Der Major hat mir den Wunsch ausgesprochen, sie
mit den Meinigen bekannt zu machen. Ida mit ihrem
lebhaften Temperament wird dem jungen Mädchen gewiß
mit voller Sympathie entgegenkommen uud auch weitere
Bekanntschaften vermitteln. Wir haben ja einige recht
liebenswürdige und gebildete Familien in Waldau. —
Der Major würde dann doch halb und halb gezwungen
sein, etwas mehr als bisher aus seiner Abgeschlossen-
heit herauszutrcten."
Die Unterhaltung wandte sich anderen Gegenständen
zu, und Herr Hagendorf erzählte von seinen vielfachen
Reisen.
Fritz beobachtete indessen mit steigendem Interesse seine
Cousine. Er fand in ihren Zügen eine gewisse Aehn-
lichkeit mit seiner Mutter. Namentlich hatte sie den-
selben mildfreundlichen Blick wie Letztere. Was sie sagte,
war kurz aber treffend. Fritz konnte dem Urtheil, welches
seine Mutter und Schwester gegen sie ausgesprochen
hatten, nur beipflichten. Man mußte sie unbedingt lieb
gewinnen.
Die Wanduhr auf dem Kaminsims schlug Zehn.
Hedwig legte die Arbeit nieder und stand auf.
„Ich habe noch einiges mit der Haushälterin zu
besprechen," sagte Hedwig auf den fragenden Blick ihres
Vaters.
„Du könntest uns wohl noch eine Flasche Wein be-
sorgen, liebes Kind," entgegnete er. „Oder bist Du
vielleicht müde, Fritz?"
„Gott bewahre, Onkel- Ich habe auf der Univcrsi-

cs einer Abänderung des Gesetzes, zu welcher eine
Veranlassung nicht anerkannt werden könne.
Demungeachtct ist man einstimmig der Ansicht, daß
eine namhafte Zahl der kundgebenden Klagen sich schon
durch eine Verlegung der für die Geschäftsthätigkeit frei
gegebenen Stunden beseitigen lasse, und wenn es auch
Sache der Einzelstaaten sei, in dieser Beziehung die
zweckmäßig erscheinenden Bestimmungen zu treffen, so
dürfte es doch rathsam sein, dem Herrn Reichskanzler die
Petitionen zur Kenntnißnahme zu überreichen, da derselbe
daraus Veranlassung nehmen möchte, die Regierungen der
Einzelstaaten auf die einzelnen Beschwerdepunkte hinzu-
weisen. Es wurde demnach schriftlicher Bericht an das
Plenum beschlossen mit dem Anträge: „Der Reichstag
wolle beschließen, die eingegangenen Petitionen, betreffend
die Sonntagsruhe in, Handelsgewerbe dem Herrn Reichs-
kanzler zur Kenntnißnahme zu überweisen."
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 15. März. Die Königin von
Sachsen traf heute Vormittag mit Schnellzug 10 Ubr
16 Minuten auf der Durchreise von Dresden hier ein.
Am Bahnhofe hatte sich der Großkerzog zu deren Be-
grüßung eingefunden; derselbe begab sich während des
kurzen Aufenthaltes in den Salonwagen der Königin und
unterhielt sich mit ihr bis zur Abfahrt des Zuges.
Berlin, 15. März. Der K a i s e r hat der „Militär-
und Polit. Corresp." zufolge eine Cabinetsordre vollzogen,
durch welche der bekannte graue Mantel, wie er in
jüngster Zeit probeweise vielfach getragen wird, «n Stelle
des bisher üblichen schwarzen Mantels für die Generäle
des preußischen Heeres als Dienstkleidungsstück eingeführt
ist. Für alle anderen Officiere und die Mannschaften
bleibt zunächst der schwarze Mantel Dienstkleidungsstück.
Berlin, 15. März. Die„Nordd.Allg.Ztg." schreibt:
An der heutigen B ö rs e hat das Gerücht, der Kaiser habe
die Zürückziehung der Militärvorlage unge-
ordnet, die Speculationspapiere um zwei Prozent steigen
gemacht. Hoffentlich gelingt es, den Biedermann festzu-
stellen, der die Börse zu dieser eigenartigen Bekundung
ihrer spezifischen Logik veranlaßt hat.
Berlin, 15. März. Das „Bert. Tagebl." hört, zu
der am Donnerstag stattfindenden zweiten Lesung der
Militärvorlage in der Commission würden formulirte
Anträge seitens der Nationalliberalen und
des Centrums eingebracht werden.
Berlin, 15. März. Von allen Seiten wird bestätigt,
daß die Rcichsregierung, die auf den ablehnenden Aus-

tät die leidige Gewohnheit angenommrn, spät zu arbeiten,
eine Gewohnheit, die ich vom ärztlichen Standpunkt aus
tadeln muß, aber der Mensch ist nun einmal Sklave
seiner Gewohnheiten, und so komme ich nie vor elf Uhr
zur Ruhe."
„Das mußt Du Dir wieder abgewöhnen. Ich halte
es als Landmann mit der Regel: Früh ins Bett und
früh wieder heraus. Aber heut plaudern wir doch noch
ein Stündchen. Diesen alten Rüdesheimer habe ich schon
für Deinen Besuch aufgehoben, setzte er auf die Flasche
deutend hinzu, welche Hedwig nebst zwei Gläsern eben
auf den Tisch stellte.
„Nun gute Nacht, Vetter," sagte Hedwig, dem jungen
Manne die Hand reichend. „Träume etwas Gutes,
denn der erste Traum in einem fremden Hause geht in
Erfüllung."
„Ich will es mir merken, Coustnchen," entgegnete er
lachend, „und Dir morgen getreulich berichten, was ich
geträumt habe."
Sie küßte den Vater und ging.
„Siehst Du, lieber Junge," sagte der Onkel, indem
er die Gläser füllte, „Ihr Beide seid jetzt seit einer Reibe
von Jahren diejenigen, deren Wohl und Wehe mir am
meisten am Herzen liegt. Hedwig war noch jung, als
meine gute Frau starb. Ich danke es meiner Schwägerin,
daß sie mir damals die Sorge abnahm und für Hedwigs
Erziehung und Ausbildung sorgte, wie es die leibliche
Mutter nicht besser besorgt hätte. Ohne Ueberhebung,
aber mit vollem Rechte kann ick es sagen: Sie hat eine
tüchtige, vielseitige Bildung erlangt, Kat jenen feinen
weiblichen Takt, den ich besonders schätze, aber sie hat
 
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