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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 81 - No. 90 (7. April - 18. April)
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Heidelberg, Freitag, 7. April

1893.

Expedition:
Hauptstratze25.

Expedition:
Hauptstraße 25.

L8.

mmtlager

> und
2.

einzubringen. In Preußen war es der Fall Lucius,
der die Frage veranlaßte, ob die Oberrechnungskammer
den konstitutionellen Anforderungen entsprochen habe; im
Reich die lange unerledigt gebliebene Rechnung vom Etats-
jahr 1884/85.
Ursprünglich hatte der Rechnungshof diese Rechnung
beanstandet, weil darin einige sogenannte „Justifications-
ordres", d. h. kaiserliche Gebührenerlässe, Niederschlagungen
von Forderungen zu Gunsten einzelner Beamten u. s. w.,
ohne die Gegenzeichnung des Reichskanzlers aufgeführt
waren. Statt des Reichskanzlers hatte der preußische
Kriegsminister die Ordres gegengezeichnet. Nach der
Reichsverfassung ist indeß der einzige dem Reich verant-
wortliche Beamte lediglich der Reichskanzler. Mit Recht
also erachtet der Rechnungshof die Gegenzeichnung des
Kriegsministers für nicht hinreichend. Alle Parteien, mit
Ausnahme der Deutschkonservativen, schlossen sich diesem
Einspruch an und beantragten die nachträgliche Gegen-
zeichnung des Kanzlers. Die Angelegenheit zog sich bis
zum Jahre 1889 hin, wo der Rechnungshof insofern eine
Aenderung seines früheren Beschlusses kundgab, als der
Rechnung ohne Vorbehalt Decharge crtheilt werden
sollte. Im Jahre 1881 kam die Angelegenheit zur erneuten
Verhandlung; es stellte sich bei dieser Gelegenheit heraus,
daß mit Ausnahme der Deutschfrcisinnigen und der So-
cialdemokraten alle Parteien ihre Auffassung ebenfalls ge-
wechselt hatten und dem Rechnungshof beipsiichteten.
Der schon ost von Herrn v. Bennigsen, zuletzt in
der Militärcommission geäußerte Wunsch nach einem ver-
antwortlichm Reichsfinanzminister hat die Erörterung
der berührten Frage auf's Neue in Fluß gebracht. Da
die Bildung eines Reichsfinanzministeriums noch Wider-
stand in der Regierung findet, ist die Stellung eines
nationalliberal-freisinnigen Antrages auf Erlaß eines
Reichskomptabilitätsgesetzeö bei Gelegenheit zu erwarten.

MtlichcN
chied des
verlangt-

riscrstraßs
unterste
verkaufest'
aße 29-

j raumes praktisch völlig durchführbaren Vorlage in wesent-
lichen Bestandtheilen nicht nur abgeschwächt, sondern auf-
gehoben haben.
Berlin, 5. April. Der „Reichsanzciger" veröffent-
licht einen Erlaß an den Reichskanzler betreffend die
Aufnahme von 152 228147 Mk. Reichsanleihe, wovon
52 000 000 dreiprocentig, der Rest dreiprocentig oder
dreieinhalbprocentig zu verzinsen sind.
Berlin, 5. April. Unterstaatssecretär Generalpost-
meister von Stephan theilte dem Vorsitzenden des
Verbandes der Post- und Telegraphenbeamten mit, der
Verband werde amtlich anerkannt, sobald er sich von dem
Gründer, dem früheren Postassistenten Funk, lossage.
Berlin, 5. April. Das „Berliner Tageblatt" bringt
Mittheilnngen, nach welchen die früheren Meldungen
über den Tod Emin Pascha's angeblich bestätigt
werden. Emin wäre darnach am Jturi-Flusse von den
Manyema's angegriffen und ermordet worden.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 5. April. Der „Pol. Corr." wird aus Sofia
gemeldet: Der Vermählung des Fürsten Ferdinand
werden auch der Ministerpräsident Stambulow und der
Kriegsminister Sawow beiwohnen.
Krankreiai.
Paris, 5. April. Die Blätter betrachten mehrfach
das Kabinet Dupu y als ein Uebergangs-Ministerium.
Sie bezweifeln, daß cs die Wahlen machen werde. Einzelne
Vorwürfe werden gegen CarNot laut, weil er nicht Konstanz
gewählt habe. Die Aufnahme des neuen Kabinets ist
kühl, aber nicht ausgesprochen feindlich.
Paris, 5. April. Im MinisterratH theilte
Develle mit, die Regierung von Columbia habe die Con-
ceffion für den Panamakanal um 20 Monate verlängert.
Italien.
Rom, 5. April. Die „Riforma" erklärt die Meldung
eines Blattes in Palermo über Beziehungen Crispi's
zu der Sizilianischen Bank für eine lächerliche Erfindung.
Rußland.
Petersburg, 5. April. Die russische Antwort auf
die deutschen, vom Grafen Schuwalow hierher gebrachten
Handelsvertragsvorschläge erfolgt nächste Woche.
Die in deutschen Blättern verbreitete Nachricht, Gras
Schuwalow habe hier an den Handelsvertragsverhandlungen
theilgenommen, ist falsch.
Petersburg, 5. April. Die serbische Königin-Mutter,
Natalie, wird nach den griechischen Ostern dem Kaiser-
paare in Livadia einen zweitägigen Besuch abstatten.

An Reilhsgtsetz über die Verwaltung
der Einnahmen und Ausgaben.
Ein „Komptabilitäsgesetz," ein Gesetz über die Ver-
altung der Einnahmen und Ausgaben, ist für Preußen
Vorbereitung. In diesem Gesetze sind namentlich die
fivrmen für die Rechnungsablegung im einzelnen zu be-
^ttnmen. Der „Fall Lucius", die weiter bekannt ge-
^rdenen Stempelsteuerbefreiungen haben den Entwurf
°^cs derartigen Gesetzes angeregt. Zwei Staatsrechts-
'hrer von Ruf, Jcel und Arndt, sind zu einer ganz
^tgegengesetzten Beantwortung der Frage gekommen, ob
st Krone die Befugniß zustehe, Steuern zu erlassen.
M verneint, Arndt bejaht die Frage. Aus dieser Ver-
Aiedenbeit der Anschauungen selbst in sachverständigen
Weisen geht hervor, wie nothwendig eine genaue Fest-
Mung aller Kompetenzen ist.
Zur Prüfung der Rechnungen der höheren Stellen
jstd zur Leitung des gesammten Rechnungswesens besteht
Z Preußen die Oberrechnungskammcr, für das Reich
Rechnungshof. Beide sollen verfassungsgemäß
dem Finanzministerium und dem Reichsschatzamt
st"z unabhängige Instanzen sein. Da beide Institute
^Zusammenhänge stehen, läge cs nahe, ein Komp-
^ilitätsgesetz für Preußen und das Reich gleichzeitig

Deutsches Reich.
Berlin, 5. April. Die „Norddeutsche Allgemeine
Zeitung" bemerkt gegenüber den gegentheiligen Aus-
führungen eines Artikels der „Nationalzeitung" betitelt
„Die Militärvorlage und der Antrag v.
Bennigsen", weder Bennigsens Angebot noch seine
Kritik der Regierungsvorlage ermöglichten der Militär-
verwaltung, sich ein Bild von den organisatorischen Ideen
Bennigsens zu machen. Auf eine jährliche Recrutenquote
könne der Vermittlungsantrag überhaupt nicht aufgebaut
werden. Die Annahme des Antrags Bennigsen würde
die geplante Wirkung der innerhalb des beantragten Zeit-

Der Abonnementspreis
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Für auswärts vom 1. April ab vierteljährlich
am Postschalter abgeholt:

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Umgebung durch unsere Träger entgegengenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

iglisches

Novelle von C. Fontane.

)- ds- ist

für den lieben Gast in Bereitschaft gesetzt habe, daß
seine Ankunft aber doch wohl noch nicht so bald zu er-
warten sei.
Sie war so in ihre Träume versunken, daß sie das
Rollen eines Wagens überhört hatte, welcher an der vor-
deren Freitreppe des Hauses vorgefahren war. Jetzt aber
hörte sie plötzlich den weichen Kies des Gartenweges unter
den Tritten eines Näherkommenden knistern. Sie blickte
auf. — Alles Blut strömte plötzlich zu ihrem Herzen zu-
rück. Dort stand er, an den sie soeben noch gedacht,
dessen Ankunft sie so heiß ersehnt hatte. Zwar noch
bleich von den überstandenen Leiden, aber doch noch so
ganz wie sein Bild unauslöschlich in ihrem Herzen ruhte.
Einen Moment nur batte er innegehalten, als er Hedwig
so plötzlich vor sich sah, dann eilte er mit raschen
Schritten die wenigen Stufen der Veranda hinan, und
noch ehe sie sich recht besinnen konnte, fühlte sie sich von
seinen Armen umschlossen, an sein Her; gezogen, als ob
er sie nimmer lassen wollte.
Da loste sich auch ihre Erstarrung, sie schlang den
Arm um den geliebten Mann und lehnte schweigend in
unaussprechlicher Seligkeit den Kopf an seine Brust, wäh-
rend Freubenthränen über ihre Wangen rollten.
„So ist es denn wahr, mein geliebtes Mädchen,"
sagte der Major, indem er ihren schönen Kopf leicht in
die Höhe hob und ihr tief in die thränenschwimmenden
Augen blickte, „wahr, daß Du mich liebst? Ja, ich lese
es in Deinem Blick, und doch vermag ich die Fülle des
Glückes kaum zu fassen. O, sprich ein Wort, sage mir,
daß es Wirklichkeit ist, daß mir noch ein Glück erblühen
soll, wie ich es nicht mehr zu erhoffen wagte."

„Kannst Du noch zweifeln?" flüsterte sie, indem sie
sich sanft aus seinen Armen löste. „Weißt Du es nicht,
hast Du es nicht gefühlt, wie ich um Dich gebangt, wie
heiß ich Deine Rückkunft ersehnt habe? Ja, ich liebe
Dich, mit freudigem Stolze spreche ich aus, was ich wohl
wohl verborgen im Herzen trug, ich liebe Dich unaus-
sprechlich. Wenn Dir meine Liebe, die innige, hingebende
Liebe eines bescheidenen Mädchens genügen kann, so
nimm mich hin, ich bin Dein."
Von neuem schloß er sie in seine Arme, dann riß sie
sich rasch los und eilte in den Garten-Salon, um einen
Stuhl für ihn herbeizuholen. Ein schelmisches Lächeln auf
dem erröthenden Gesicht neigte sie sich anmuthig.
„Sie werden ermüdet sein, Herr Major. Ruhen Sie
einige Augenblicke, während ich für eine Erfrischung sorge.
Frida ist mit meinem Vater ausgefahren. Sie müssen
bald zurückkommen."
Rasch ergriff er ihre Hand und hielt sie fest:
„Wie, höre ich recht? —-Sie —und Herr Major?
Ist das recht, meine Hedwig?"
„Es muß so sein, lieber Otto", entgegnete sie tief
erröthend, „nur so lange, bis Fritz aus dem Felde zurück-
kommt, laß uns unser Geheimniß wahren. Ich werde Dir
meine Gründe sagen und bin überzeugt, daß Du mir
beistimmen wirst."
„So bleibe wenigstens jetzt bei mir, mein geliebtes
Mädchen, und laß mir das Glück dieses kurzen Alleinseins
mit Dir. Wohl bin ich noch schwach und angegriffen,
habe ich doch die weite Reise, unbezwingliche Sehnsucht
im Herzen, wie im Fluge zurückgelegt. Aber wie schnell
wird die sorgliche Pflege dieser geliebten Hand, die ich

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(Fortsetzung.)
. Sie nahm die Arbeit heraus, legte sie aber bei Seite
Zb zog aus dem Körbchen einen Brief hervor, um ihn
/'stwals durchzulesen. Er war an ihren Vater adressirt
erst vor einigen Tagen angekommen.
> „Was ich in meinem letzten Schreiben an meine
^Hter als Hoffnung aussprach", so lautete der Inhalt
Briefes, „ist der Erfüllung nahe. Es wird mir
seicht schon in den nächsten Tagen seitens meiner
Okzte gestattet werden, die Heimreise anzutreten. Mit
^"stichem Danke nehme ich Ihr gütiges Anerbieten an,
isiu lieber verehrter Freund, und werde zunächst nach
komnen, um dort einige Wochen die Landluft zu
Hetzen, auf die Gefahr hin, das Maaß meiner Ber-
atungen gegen Sie noch mehr zu häufen. —
h Den Tag meiner Ankunft möchte ich nicht gern
um meine Frida zu überraschen und bitte Sie
jhr auch von diesem Briefe keine Mittheilung zu
^en.
Also auf baldiges und frohes Wiedersehen!
Der Ihrige
von Brandau."
Hn Sinnen verloren blickte Hedwig auf das Blatt
I» '^er Hand. Wie oft hatte sie die wenigen Zeilen
gelesen und las sie doch immer wieder mit neuer
f.si'de. Erst heute hatte ihr der Vater auseinandergesetzt,
° cs zwar nicht schaden könne, wenn sie schon alles

1

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