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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 61 - No. 70 (12. März - 23. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0253

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Verkündigungsblatt und Anzeiger

Abrttnrementsprkis
für Heidelberg: monatl. 40 Pfg. mit
Träqerlohn, durch die Post bezogen
Vierteljahr!. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
ZnsertisnspreiS: 10 Pf. für die 1-spalt.
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Die,^ȟrgerzeituns"
chonr täglich mit Ausnahme von
> Sonn- und Feiertagen.
bnn ^onntagsnummcr liegt ein Unter-
?Mungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Minor. Repräsentanten „Ter deutsche
Michel" bei.

1893.

Heidelberg, Sonntag, 12. März

Expedition:
Hauptstraße 25.

Expedition:
Hauptstraße 25.

war: »Der Worte sind genug gewechselt,
nun laßt uns endlich That en sehen" — so ist
cs dieser Militärcommission und ihren Mitgliedern gegen-
über am Platze. Man schrecke nicht länger vor dem
entscheidenden Worte zurück, lehne kurz und bündig die
Vorlage ab — sie ist und bleibt unannehmbar für Jeden,
der für die Zukunft die Anwartschaft auf den Namen
„VertrAer des Volkes" sich wahren will. Die Regierung
mag dann zusehen, was sie thut: entweder die Vorlage
z.rückziehen oder den Reichstag auflösen. Will sie das
Volk befragen, das wird mit einer klaren, deutlichen Ant-
wort nicht zurückbleiben. Aber nur ein Ende machen
diesem Hangen und Bangen in schwebender Pein. Zum
großen Glück ist wenigstens nun ein Anlauf geschehen
und wird hoffentlich doch endlich einmal ein Resultat
sichtbar werden.

Deutsches Reich.
Berlin, 10. März. Die Militärcommission
stimmte zuerst über 8 2 ab, der die neuen Formationen,
d. h. also die neue Zabl der Bataillone, Eskadronen
und Batterien aufzählt. Die Infanterie-Bataillone wur-
den mit allen Stimmen zogen 9 konservative, freikonser-
vative und nationalliberale Stimmen abgelehnt, die
übrigen Forinationcn gegen 6 konservative und freikon-
servative Stimmen. Die Nationalliberalen erklärten da-
rauf, daß sic sich ihre endgültige Stellungnahme Vorbe-
halten. Bei der Berathung über § 1 erklärte Lieber,
das Eentrum stimme zunächst gegen die verlangte Prä-
senzstärke und gegen Bennigsens Antrag, der noch zu
hoch sei. Sei die zweijährige Dienstzeit mit der jetzigen
Präsenzstärke nicht zu erreichen, so verzichte das Eentrum
lieber auf dieselbe, denn sie sei zu theuer erkauft. Der
8 1, die Präsenzstärke enthaltend, wurde mit allen
gegen 6 konservative Stimmen, der freisinnige Antrag,
die jetzige Präsenz bis 1896 festzulegen, mit allen gegen
5 Summen abgelehnt. Diesen Antrag batte Ca-
privi für unannehmbar erklärt; andere billige Vorschläge
sei er bereit zu prüfen. Donnerstag beginnt die zweite Lesung.
Berlin, 10. März. In der gestrigen Ausschußsitzung
von Deligirten der Zweigvereine des deutschen Bauern-
vereins, welcher nach Mittheilung des Vorsitzenden,
Reichstagsabg. Wiss er, demnächst die Gegenagitation
gegen den Bund der Landwirthe aufnehmcn soll, waren
auch in größerer Zahl konservative Landwirthe erschienen.
Diese suchten die Versammlung zu stören. Auf Wisser's
Bemerkung, daß den Gästen nur auf Beschluß der
Deligirten das Wort ertheilt werden könne, verließen sie

Die Verschleppung der Militärvorlage
durch di? Regierung und die Volksvertretung ist angethan,
^rade das Gegentbeil von dem zu erreichen, was man
d'rlleicht zu erreichen hoffte. Man wird mißtrauisch
wittert, wobl nicht ganz mit Unrecht, einen unsan-
Eten Handel hinter den Coulisscn, bei dem bas Volk
gewöhnlich die Zeche zu zahlen hat. Monatelang
Men sich nun schon die Belastungen der Commission
'Ur die Militärvorlage dahin, monatelang reden Regierungs-
Ertretcr, Reichskanzler, Generäle und Abgeordnete, und
?'Eht um ein Gramm wiegen die von den ersteren wieder-
/Elt vorgebrachten Gründe schwerer als jene, mit denen
im Plenum des Reichstags die Vorlage zu motiviren
Flucht hat und doch macht man kein Ende. Ein un-
'Utchlbarereö Herüber- und Hinüberziehen hat man noch
^Eht in einer parlamentarischen Körperschaft erlebt und
Mwundert fragt man sich, warum macht man der Qual
E>N Ende, wo doch die Majorität in der Commission
Gegnern der Militärvorlage besteht?
Tsitses fortwährende Herumfragen sieht doch gerade so aus,
ob man auch dort gerne bewilligen wolle, wenn man
M bessere zwingendere Gründe aufsinden würde. Weiß
Et Himmel, wenn noch je das geflügelte Wort am Platze

den Saal, ostentativ rufend: „Wir Bauern gehen hinaus,
die Juden lassen wir drin", und Hochs auf den Bund
der Landwirthe ausbringenb. Darauf konnte die Ver-
sammlung ihren ungestörten Fortgang nehmen.
Stuttgart, 10. März. In den Kreisen der Volks-
partei geht man mit dem Gedanken um, der allgem.
Stimmung gegen die Militärvorlagc durch eine
über das ganze Land sich erstreckende energische Protest-
bewegung Ausdruck zu verschaffen.
Serbien.
Belgrad, 10. März. Nach dem Ergebnis; aus
sämmtlichen Städten sind 20 Liberale und 5 Ra-
dicale gewählt. Zwei Stichwahlen sind erforderlich.
Aus den Landgemeinden liegen nur theilweise Berichte
vor, die aber einen Erfolg der Regierung in sichere Aus-
sicht stellen. Alle Minister, die candidirten, sind ge-
wählt worden._
Deutscher Reichstag.
Berlin, 10. März.
Militäretat. Abg. Hinze (dfr.) bespricht die
Selbstmorde in der Armee. Die Selbstmorde nähmen
thatsächlich ab. Auffallend sei aber die große Zahl der
Selbstmordfälle, deren Ursache^ unermittelt bleibe. Die
Heeresverwaltung müßte hier Klarheit schaffen.
General Spitz erklärt, die Zahl der Selbstmorde in
der Armee entspreche genau dem Selbstmorde in den
Provinzen, aus den die Mannschaften stammen. Die
Selbstmorde müßten also von Ursachen abhängen, welche
nicht im militärischen System liegen. Die meisten
Selbstmorde seien auf Furcht vor Strafe zurückzusühren,
und zwar besonders bei Chargirten, sodaß also Miß-
handlungen nicht die Ursache sein könnten. Bei Ge-
meinen sei wohl die Hauptursache das Uebcrtreten in
ganz fremdartige Verhältnisse. Auf Mißhandlungen
seien nur 1,5 Procent zurückzufübren. Glücklicherweise
sei die Zahl der Selbstmorde, wenn auch langsam, doch
stetig im Abnehmen.
Das Kapitel Militärjustizverwaltung wird bewilligt.
Beini Capitel „höhere Truppenbcfehlshaber" tadelt
Abg. Richter, daß mehrere kommandircnde Generäle
am Geburtstage des Kaisers in ihren Trinksprüchen die
Militärvorlage erörtert hätten.
Das Capitel wird bewilligt.
Beim Capitel „Geldverpflegung der Truppen" kommt
Abg. Richter auf die Soldatenmißhandlungcn zurück
und erwähnt die schimpfliche Behandlung der Lehrer-
in Osterode in Ostpreußen.

Der Abonnementspreis
für die
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Swarts durch die Post, innerhalb der Stadt und nächster
^Agebung durch unsere Träger entgegengenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

(Fortsetzung folgt.)

(mit

anzuwendenden Umschläge möchte ich der Haushälterin
demnächst die erforderlichen Weisungen geben. Das wäre
Alles. — Bei meinem nächsten Besuche hoffe ich mit
aller Bestimmtheit, eine bedeutende Besserung konstatiren
zu können."

Schicksals wege.
Novelle von E. Montane.

(Fortsetzung.)
Wie man damals also alles, was mit Galgen noch so
entfernt in Berührung stehen mochte, im Bereich des An-
rüchigen sah, so hielt man es, und mehr noch, auch bezüglich
einer anderen hier näher zu erwähnenden Persönlichkeit. Diese
Persönlichkeit war der Scharfrichter- In der ältesten
germanischen Rechtsordnung bestand das Amt eines solchen
Urtheilsvollstreckcrs hauptsächlich darin, den schuldigen durch
Enthauptung mit dem Schwerte vom Leben zum^Lode zu
befördern- An einzelnen Orten bestand gar die Sitte, daß
dieses Amt dem jüngsten Schöffen oder auch dem jüngsten
Ehemann, ja sogar einem Anverwandten des Delinquenten
zufiel. Späterhin erst gab cs eigentliche Scharfrichters unter
deren Aufsicht die Henker ihre Obliegenheiten, wie Hängen,

Geschichtliche Skizze von
Kir chheim
Einschluß von Bruchhausen, dem Hcgenich- und
Pleickartsförster-Hof.)

Freundlich erwiderte sie den Gruß des eintretenden Arztes
und bat ihn, Platz zu nehmen.
„Papa besteht darauf," sagte sie, einen zärtlichen
Blick auf ihren Vater richtend, „meinen Unfall für nicht
ganz unbedenklich anzusehen. Ich hoffe, Herr Doktor,
daß Sie meinen lieben Papa vom Gegentheil überzeugen
werden."
Der junge Arzt richtete einige Fragen an sie, rückte
dann seinen Stuhl an das Sopba und untersuchte den
verletzten Fuß sorgfältig.
„Die Geschwulst bat allerdings seit gestern etwas
zugenommen," erklärte er, sich aufrichtend, „dies, sowie
die vorhandenen Schmerzen sind jedoch hauptsächlich eine
Folge des anfangs zu starken Druckes auf die verletzte
Stelle. Im übrigen kann ich mein gestriges Urtheil nur
bestätigen, es liegt lediglich eine Verstauchung vor, die
ich bald zu beseitigen hoffe.
„Das ist mir um des armen Papa willen lieb,"
antwortete das junge Mädchen. „Ich hatte mich so sehr
auf die Ueberraschung gestellt, und nun liege ich hier
so ziemlich hilflos und bereite ihm nur Sorgen. O,
bitte, machen Sie mich doch recht schnell wieder gesuud,
Herr Doktor."
„Das liegt wesentlich in Ihrer Hand, mein Fräulein,
es kommt nur darauf an, daß Sic meine Verordnungen
recht pünktlich befolgen."
„Das soll gewiß geschehen."
„Als wirksamstes Mittel muß ich zunächst absolute
Ruhe verordnen, also eine kleine Geduldsübung. Der
leidende Fuß bedarf gänzlicher Schonung, auch wenn die
Schmerzen sich bald verringern sollten. In Betreff der

Altes und Jenes
aus der Geschichte badischer Ortschaften
Auf Grund älterer Schriften von Friedr. Kley.

(Fortsetzung.)
Der junge Mann sah sich in dem Zimmer um. Es
. einfach möblirt; am Fenster stand ein großer Schreib-
?Eh, auf welchem aufgeschlagene Bücher und Zeitungen
Ehen. In der Mitte des Zimmers stand ein Tisch,
dem eine Landkarte ausgekwcitet war, in einer Ecke
Wohl ausgestattctcr Bücherschrank, dessen Inhalt von
^ufiger Benützung zeigte. Ein bequemes Lcdersopha
M einige Stühle vollendeten die Ausstattung dieses
"'Ainerö.'
s »Meine Tochter wird erfreut sein, Sie zu sehen,"
^te Herr von Brandau wieder eintretend. „Erlauben
daß ich Ihnen vorangehc."
,. Sie traten in ein benachbartes Zimmer, welches augen-
Zeinljch als Speisezimmer diente, und gelangten von
aus in ein nach dem Garten hinaus liegendes
^terzimmcr, welches einen überraschend freundlichen Ein-
eck machte. Lichtblaue Tapeten bedeckten die Wände,
?Ehha und Stühle waren mit Uebcrzügen von gleicher
^be versehen, einige Landschaftsbildcr in reichen Gold-
^Aen schmückten die Wände, an der Seitenwand stand
moderner Flügel, an dem einen Fenster ein mit
Avtzen Blattpflanzen, blühenden Hyazinthen, Tulpen und
Schneeglöckchen ausgestattetcr Blumentisch.
Frida von Brandau saß in Halbliegender Stellung
dem Sopha, auf welchem der verletzte Fuß ruhte.
 
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