Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 141 - No. 150 (17. Juni - 28. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0595

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

straße.
robe
18.

ke
arg".


^ervor-
iLriken.
en
Rappcs-
INk
.st-
177.

lnnen
25.


he und
wfragen-
2 St.
ümi ein
rmer an
ttr- 5.

en
nstraße::
lebst Zu--
r sofort
d. BI.
en:
at lang
>rik nur
lrb. sog l-
fl.Juli-
c, 2. St-
urmer.
subeb-
er u. K-
-r u- K-
u- Zub-
. Zubeh-
h., 2 St-
Zubch-
Gartcn
2 Tr-
b-, 3Tr-
Lage-

bst Zub-



Arger- G Zeitung

Verkündignngdblatt nnd Anzeiger

?kbotti,emcutsprcis
für Heidelberg: monatl. 40 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
Vierteljahrs Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
Znsertionspreis: 10 Pf. für die 1-spalt-
Petitzeile od. deren Raum. Für locale
Geschäfts- u. Privatanzeigen 5 Pf.

Die.^ürgerzeitung"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnumnrer liegt ein Unter-
-altungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei

Heidelberg, Sonntag, 18. Juni

18S3.

Expedition:
Hauptstraße 28.

Expedition:
Hauptstraße LS.

Die BeslmuiuMn über die Stichwahlen
lauten wie folgt:
§ 12 des Reichswahlgesetzes: Stellt bei einer
Wahl eine absolute Stimmenmehrheit sich nicht heraus,
so ist nur unter den beiden Kandidaten zu wählen, welche
die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmen-
gleichheit entscheidet das Loos.
§ 28 des Reglements: Hat sich auf einen Kan-
didaten die absolute Mehrheit der in dem Wahlkreise ab-
gegebenen giltigen Stimmen vereinigt, so wird derselbe
als gewählt proklamirt.
Hat sich eine absolute Stimmenmehrheit nicht heraus-
gestellt, so hat der Wahlkommissar die Vornahme einer
engeren Wahl zu veranlassen. (8 12 des Gesetzes.)
8 29. Der Termin für die engere Wahl ist von
dem Wahlkommissar festzusetzen und darf nicht länger
hinausgeschoben werden, als höchstens 14 Tage nach der
Ermittelung des Ergebnisses der ersten Wahl (88 26
Und 27 des Reglements).
8 30. Auf die engere Wahl kommen nur diejenigen
beiden Kandidaten, welche die meisten Stimmen erhalten
haben (8 12 des Gesetzes.) Sind auf mehrere Kandidaten
gleich viele Stimmen gefallen, so entscheidet das Loos,
Kelches durch die Hand des Wahlkommissars gezogen wird,
darüber, welche beide Kandidaten auf die engere Wahl
iu bringen sind.
In der wegen Vornahme der engeren Wahl nach
Forschrift des 8 8 des Reglements zu erlassenden Be-
kanntmachung sind die beiden Kandidaten, unter denen
iu wählen ist, zu benennen, und es ist ausdrücklich darauf
hinzuweisen, daß alle auf andere Kandidaten fallenden
stimmen ungiltig seien.
8 31. Die engere Wahl findet auf denselben Grund-
'»gen und nach denselben Vorschriften statt, wie die erste.
Insbesondere bleiben die Wahlbezirke, Wahllocale u.
^ie Wahlvorsteher unverändert, soweit nicht eine Ersetzung
ber letzteren oder eine Verlegung der Wahllocale nach
Ermessen der zur Bestimmung hierüber nach den
»8 6 und 8 des Reglements berufenen Behörden ge-
lten erscheint.
Dergleichen Abänderungen find nach Vorschrift des 8
des Reglements bekannt zu machen, ohne daß jedoch
-ierfür oder für die rücksichtlich der engeren Wahl sonst
'forderlichen Bekanntmachungen (88 8 und 30 des Reg-
iments) die dort festgesetzte Frist eingehalten zu werden
taucht.
» Auch ist die Bescheinigung darüber, daß die erwähnten
Bekanntmachungen in ortsüblicher Weise erfolgt sind,
^icht auf der Wählerliste zu ertheilen, sondern von den

Am Mnrgverließ.
Erzählung von Wilhelm Appelt.
Es war im Jahre 1848. 2,0 18ci
In einer dunklen, engen Kerkerzelle des Spielbergcs lag,
fastet mit schweren Ketten, auf morschem Stroh ein junger
,Mnn, dessen edles blasses Gesicht ein dunkler Vollbart um-
Amte. Sinnend blickte er empor zu dem vergitterten Luft-
Ae, durch welches kaum ein matter Schimmer des Tages-
4tes zu dringen vermochte.
.. Während er so dalag, zogen seine Gedanken zurück in
w vergangene Zeit, ihm alle sonnigen Bilder heraufzau-
,fnd, an denen sein Leben einst so reich gewesen. Und als
c geschah, ha war es ihm inmitten der trostlosen Einsamkeit
Kerkers, als höre er abermals das leise Plätschern der
Allen des Sees, welche sich am Fuße des marmorschimmern-
Palastes brachen, in dem einst seine Wiege stand, an der
^zärtlichste Mutterliebe sorgsame Wacht hielt. Und was
eine selige, ungebundene Knabenzeit gab es dann für ihn,
r welche sich das sturmumbrauste Studentenleben reihte,
l? er auf der.Hochschule genossen. Daselbst hatte er als
wiener zum ersten Male den Traum von einem einigen
Uien zu träumen begonnen und in fcuerglnhender Be-
! Mrung gelobt, der Verwirklichung desselben Freiheit nnd
zu opfern. Rasch war er in den Geheimbuud gleich-
Mnter Genossen hineingezvgcn worden, denen der junge
!^f Tarloni hochwillkommen war. Doch nicht mehr um
Hoffnungen und Träume handelte cs sich, denn schon
^ 'tte man insgeheim in ganz Italien zum großen Freiheits-
"Hse, dessen Führung Sardinien übernehmen sollte.
Aber auch die Zauber einer ersten Liebe begannen sein
zu umziehe», als er zum letzten Male auf Ferien in
Heimath weilte. Allabendlich stand er mit der Mandoline
i^r dem Balkon« einer Villa, in welcher die Wittwe eines
Mrischeu Edelmanncs mit ihrer reizenden, kaum sechzehn

Gemeindevorständen den Wahlvorstehern noch vor dem
Wahltermine besonders einzureichen.
Bei der engeren Wahl sind dieselben Wählerlisten
anzuwenden, wie bei der ersten Wahlhandlung. Sie sind
zu diesem Zwecke von den Wahlactcn zu trennen und den
Wahlvorstehern zuzustellen. Eine wiederholte Auslegung
und Berichtigung derselben findet nicht statt.
8 32. Tritt bei der engeren Wahl Stimmengleich-
heit ein, so entscheidet das Loos, welches durch die Hand
des Wahlcommissars gezogen wird.

Deutsches Reich.
X Berlin, 16. Juni. Für die diesmalige Reichs-
tagswahl sind nicht weniger als 1401 Kandidaten in den
397 Wahlkreisen vorhanden! Es haben Kandidaten
aufgestellt: Die Socialdemokraten 359, Freisinnigen 255,
Centrum 225, Nationalliberalen 153, Deutschconservativen
135, Antisemiten 89, Süddeutsche Volkspartei 39, Frei-
conservativen 36, Polen 29, Bayerische Bauernpartei 22,
Welfen 19, Elsässer 14, Mecklenb. Rechtspartei 7, Bund
der Landwirthe 5, Littauer 4, Dänen 5, Hessische Rechts-
partei 2, Wilde 2, Ncußischen Partikularisten 1, Mittel-
standspartei 1, Handwerkerpartei 1, zusammen 1401
Kandidaten. Von den Freisinnigen gehören 185 zur
freis. Volkspartei, 70 zur freien Vereinigung. Von den
Centrumscandidaten sind angeblich 59 für, 166 gegen
die Militärvorlage. Von Ersteren sind 18 im Rheinland,
11 in Schlesien, 10 im Elsaß und 7 in Westfalen auf-
gestellt. Don den nationalliberalen Kandidaten kommen
20 auf Bayern, 15 auf Hannover, je 13 auf Rheinland
nnd Württemberg, je 10 auf Brandenburg und Baden rc.
Die Antisemiten sind hauptsächlich im Königreich Sachsen
(12), Brandenburg (10), Hessen-Nassau (10), Hessen (8),
Schlesien und Schleswig (je 7) aufgestellt. Von den
Elsässern sind nur 2 als „Protestler" bezeichnet.
Berlin, 15. Juni. Anläßlich des heutigen Sterbe-
tages des Kaisers Friedrich begaben sich Kaiser und
Kaiserin heute Mittag in das Mausoleum der
Friedcnskirchc, legten am Sarkophage einen pracht-
vollen Kranz nieder und verweilten dort einige Zeit
in stiller Andacht. Auch die übrigen in Potsdam an-
wesenden fürstlichen Personen legten prachtvolle Lorbeer-
kränze nieder.
Oesterreich-Ungarn.
Wie«, 16. Juni. Aus Stockholm wird der „Pol.
Kvrr." geschrieben, daß Kaiser Wilhelm dem Könige
Oscar geschrieben habe, er nehme dessen Einladung zur
Elchthierjagd auf Hunneberg dankend an und falls keine
unvorhergesehenen Umstände dazwischen treten, werde er
am 28. Juni in Gottenberg eintreffen.

Jahre zählenden Tochter Ilka in tiefster Abgeschiedenheit
lebte, wie es hieß, unter fremdem Namen. Und einesAbends,
als der Mond mit seinem bleichen Lichte Berg nnd Thal
umhüllte, ruhte die schöne Ilka zum ersten Male an der
Brust des jungen Grafen Tarloni. Von dieser Stunde an
gab es ein reiches Liebesleben voll unnennbarer Wonne, auf
welches jedoch bald ein Tag des Jammers und des Schreckens
folgte. In den stolzen, in der herrlichsten Gegend der Lom-
bardei gelegenen Palast waren österreichische Soldaten ein-
gedrungen, welche den Grafen Tarloni aus den Armen seiner
verzweifelnden Mutter rissen und ihn gefesselt mit sich führ-
ten. Durch Verrath war seine hervorragende Betheiligung
an den revolutionären Umtrieben bekannt geworden.
Und nun lag er, zu lebenslänglichem Kerker vernrtheilt,
bereits seit einem Jahre auf dem bei Brünn befindlichen
Spielberge in der dunklen Kerkerzelle. Der Gedanke an die
Mutter und die Geliebte erfüllte ihn nut solch' unsagbarem
Jammer, daß seine Thränen nicht enden wollten. Und draußen
blühte und duftete es ringsumher in neuerwachter Frühlings-
pracht nnd Lerchen schmetterten hoch in blauer Luft ihre
Jubellieder.
Endlich ließ der wilde Schmerz des Grafen Tarloni
etwas nach, und in dumpfes Hinbrnten versunken, blickte er
empor zum engen Luftloche. Plötzlich begann sein Gesicht
sich zu beleben und feine Züge nahmen einen lauschenden
Ausdruck an, während seine Äugen, welche bereits die Gabe
besaßen, in der tiefen Dunkelheit scharf zu sehen, gespannt
in den einen Winkel der Zelle blickten, ohne jedoch etwas zu
bemerken. Dafür hatte ihn sein Gehör nicht getäuscht, denn
das knirschende Geräusch unter dem mit Steinplatten be-
legten Fußboden, das er die letzten Tage über schon ver-
nommen, nahm abermals seinen Fortgaicg.
Sein Blut erstarrte fast zu Eis bei dem Gedanken, daß
das leise Scharren von einem Schicksalsgenossen herrül>ren
könne, der maulwurfsartig sich den Weg zur Flucht z«

Wien, 16. Juni. Rector und akademischer Senat
der Wiener Universität leiteten eine Disciplinarunter-
suchung eine gegen jene ruthenischen und südslavischen
Studenten, die an den Demonstrationen gegen den Metro-
politen Sembratowicz und den kroatischen Delegirten
Ernkovic theilgenommen haben. Bei einigen russophilen
Studenten wurden polizeiliche Hausdurchsuchungen vorge-
nommen und zahlreiche Papiere beschlagnahmt.
Frankreich.
Paris, 16. Juni. Die „Liberte" sieht in den
deutschen Wahlen den Beweis dafür, daß das Ge-
fühl in Deutschland immer mehr dem bewaffneten Frieden
entgegen sei, der die modernen Völker ruinire. Eine be-
sondere Kraft aber habe der Widerstand der deutschen
Völker gezogen aus den Drohungen, die man gegen die
parlamentarischen Freiheiten verlautbart habe. Der „TempS"
sagt, die historische Bedeutung der gestrigen Wahl gehe
über die Grenzen Deutschlands hinaus. Das Resultat
sei noch undeutlich, doch sei es möglich, daß ein eklatanter
Sieg der Socialisten das Centrum und die Fortschrittler
einem Vergleiche zu Gunsten des Militärgesetzes zutreibc.
Paris, 16. Juni. Die Cassation des Urtheils im
Panama-Prozeß wird mit ziemlicher Indifferenz
ausgenommen. Einzelne Oppositionsblätter verhöhnen die
Justizkomödie, die mit der Cassation ihr Ende erreicht
hat. — Wie der „Gaulois" wissen will, ist Carnot an
einer Darmentzündung nicht unbedenklich erkrankt.
Serbien.
Belgrad, 16. Juni. Das Ministerium Dokic hat
soeben seine Demission dem Könige überreicht. Das
neue Kabine t, welches Dr. Dokic noch heute Nach-
mittag bildet, wird folgendermaßen zusammengesetzt sein:
Dokic Präsidium ohne Portefeuille, General Gruic Krieg,
Dr. Vuic Aeusteres, Dr. Passic Finanzen, Andra Nikolic
Inneres, Svetosar Milosavljevic Unterricht, Oberst Stan-
kovic Bauten, Marimovic Justiz und Miloschevic Handel.
An Stelle von Patschu wird Tauschanovic zum General-
director der Monopole ernannt._
Wahlresnltate aus dem deutschen Reich.
Wiesloch, 16. Juni. (13. Wahlkreis Sinsheim-
Eppingen-Brctten.) Douglas (Kartell) 7321, Menzingcr
(C.) 5874, Köhler (fr.) 742, Kalnbach (Soz.) 968,
Schmidt (Antis.) 3566.
Eppingen, 16. Juni. Douglas (kons.) 1405,
Schmidt (Antis.) 602, Menzinger (ul.) 619, Kalnbach
(Soz.) 45, Köhler (fr.) 11.
Durlach, 16. Juni. Amtsbezirk Durlach Frank
(Nl.) 3240, Heimburger (Fr.) 601, Rüdt (Soz.) 1338.
Baden-Baden. Lender (C.) 9685, Gerber (C.)

bahnen suche. Zur Flucht! Schon der Gedanke daran erfüllte
ihn wie ein wilder Rausch d»r FreihcA!
Vor Erregung leuchteten seine Äugen in grünlichem Lichte
gleich denen eines Raubthieres, so daß es war, als müßten
sie die finstere Kerkerzelle erleuchten. Seine Pulse begannen
zu stocken und sein Herz schien stillzustehen, denn das Scharren
erklang bereits dicht unter der Oberfläche des Fußbodens,
welcher sich plötzlich an einer Stelle im Winkel leis zu heben
begann, wo sich eine recht schadhafte Steinplatte befand.
Nun mußte sogleich eine arbeitende Hand zum Vorschein
kommen, wie er meinte, doch anstatt einer solchen erschien
vorsichtig der Kopf eines Thieres an der soeben entstandenen
Oeffnung und gleich darauf saß vor derselben — eine Ratte.
Da war es auf einmal vorüber mit dem kurzen Frei-
heitstraume des Gefangenen und derselbe meinte, das Thier
vor Ingrimm erwürgen zu müssen. Doch rasch kämpfte er
diese Regung nieder und lautlos starrte er nach demselben
hin. Vorsichtig begann die Ratte sich auf den Hinterbeinen
aufzurichten. Kaum war es geschehen, so nahm sie ihre neue
Umgebung in näheren Augenschein, welche ihr jedoch wenig
Ueberraschung zu bereiten schien.
Während es geschah, mußte Graf Tarloni daran denken,
wie er als Knabe so oft gelesen, daß Ratten und Mäuse,
ja selbst Spinnen traute Genossen Gefangener gewesen, denen
sie durch liebevolle Zuthulichkeit das traurige Loos gemildert.
Auf einmal beschlich auch ihn die Sehnsucht, solch' einen
Zellengenossen zu besitzen und er meinte nnn, selbst mit einer
Ratte treue Freundschaft schließen zu können. Mit einer
Ratte! Welches Grauen hatte er früher stets vor solch einem
verachteten Thiere empfunden!
Nach einer Weile fetzte sie sich, nur wenig Scheu vor
Menschen verrathcnd, nahe zu seinen, Gesicht, ihn mit blitzen-
den Augen anschauend. Plötzlich streckte sie lauschend den
Kopf in die Höh — auch der Gefangene that das Gleiche—
dann verschwand sie rasch in dem Loche. Dem Grafen aber
 
Annotationen