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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 91 - No. 100 (19. April - 29. April)
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Nr. 2«.

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An einem Kam'.
Criminalgeschichte von Ienily Hirsch,
(Forsetzung.)
Lina sagte aber halblaut und mit niedergeschlagenen
Mgen: „Dienen lerne das Weib! Nicht nach unseren
Achten, sondern nach unseren Pflichten sollen wir fragen."
„Beide sind unzertrennlich von einander," versetzte
ifr Assessor ernst, „sonst gelangt man nach der einen
^este zur Tyrannei, auf der Andern zur Sklaverei."
„Wahr, sehr wahr!" rief Johanna mit einem Seufzer.
Lina machte ihr verstohlen Zeichen, das Gespräch
h'cht weiter zu führen, der Baron aber hatte sie doch be-
ghsikt und sagte scharf: „Gib Dir keine Mühe, Lina,
M Deine Cousine es nur aussprechen, daß sie mich
"t einen Tyrannen, sich für eine Sklavin hält."
- „Onkel!" rief Johanna tief verletzt, „wie kannst Du
T« mir solche Gedanken unterlegen."
„Wer könnte Dich, den besten, edelsten, mildesten der
Menschen für einen Tyrannen halten?" fiel Lina schmelzend
^h, „in Deinem Hause ist der geringste Diener glücklich
Deine Nichten —"
„Führen ein Leben wie im Paradiese, das denkst Du,
Kin gutes, dankbares Kind, das scheint, glaube ich, der
iPelt so, und ich bildete es mir ebenfalls ein," unterbrach
'w der Baron; „Deine Cousine ist anderer Meinung."
, „Onkel," bat Johanna mit einen, Blick auf Werden-
„sprechen wir jetzt nicht davon."
- „Warum nicht?" fragte der Baron. „Schämst Du
^>ch, in Gegenwart des Assessors zu wiederholen, was

Zimmer
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,. Zubeb.
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Zub-
lub.
Zimmer-

Du mir heute Mittag zu sagen die Stirn hattest? Es
sollte mir lieb sein."
Johanna ward dunkelrotb. „Ich stehe jederzeit für
meine Worte ein," sagte sie mit bebender Stimme, „und
nehme keinen Anstand, Dich nochmals zu bitten: erlaube,
daß ich mich um eine Stellung als Erzieherin bemühe
und mir selbst meinen Unterhalt erwerbe."
„Johanna, bist Du wahnsinnig!" rief Lina die
Hände vor das Gesicht schlagend. „Wie kannst Du dem
Onkel in Gegenwart eines Freundes unseres Hauses eine
solche Beleidigung zufügen?"
Die dem Anscheine nach unbedacht, im Schrecken
hervorgestoßene Aeußerung war für den Baron, was der
Funke für ein Pulverfaß. Er sprang auf, hob drohend
die Hand und schrie: „Undankbare, unverschämte Dirne,
mir, Deinem Onkel, Deinem Wohlthäter, magst Du so
begegnen."
„Nicht ich bin es, die sich vergißt," entgegnete Jo-
hanna mit blitzenden Augen, und der Ausdruck ihres
Gesichtes wurde finster, drohend, „wie kann es Dich be-
leidigen, wenn ich meine Freiheit begehre?"
„Du willst mich zum Gespött der Menschen machen.
Man soll sagen, die Nichte des Barons von Böhlendorf
müsse ein elendes Schulmeisterleben führen. Ich leide
es nicht, cs ist genug, daß Deine Mutter sich wegwarf."
Damit hatte er Johanna an ihrer empfindlichsten
Stelle getroffen. Wie vom Biß einer Schlange verwundet
führ sie auf: „Du wirst mich nicht zwingen, in einem
Hause zu bleiben, wo man das Andenken meiner Eltern
beschimpft!" rief sie außer sich. Entlässest Du mich
nicht gutwillig —"

„So gehst Du durch!" unterbrach sie der Baron
mit Hohnlachen, „dagegen haben wir noch Mittel. Ich,
Dein Onkel und Vormund, sage Dir, so lang ich lebe
und Gewalt über Dich habe, kommst Du nicht aus
diesem Hause; meine Nichte wird keine vagabondirende
Gouvernante.
„Tyrannei und Sklaverei," keuchte Johanna, „o, es
ist nur zu wahr. Aber ich breche meine Ketten, es wird
es muß ein Mittel geben, nicht bis zum Neujahr sollt
ihr mich festhaltcn.
„Da müßte ich bald sterben," höhnte der Baron,
„ich habe aber noch keine Lust dazu, auf alle Fälle will
ich aber Morgen mein Testament beim Gericht hinterlegen,
wenn es eröffnet wird, so denke an diese Stunde."
„Ich werde ihrer nicht vergessen; sie soll mir ein
Sporn sein, mich frei zu machen um jeden Preis!"
Der Eintritt des Dieners, der meldete, daß im
Speisezimmer das Abendessen angerichtet sei, machte dem
Auftritt ein Ende. Mehrmals hatte der Assessor versucht,
zwischen den Streitenden zu vermitteln, sein Bemühen
war unbeachtet geblieben, zuletzt hatte Lina seinen Arni
ergriffen und ihn einige Schritte abseits geführt.
In unbehaglichster Stimmung ging das Mahl vor-
über, cs ward wenig gegessen und noch weniger gesprochen.
Sobald man vom Tische aufgestanden war, entfernte sich
der Assessor unter einem schicklichen Vorwande, der Baron
blieb noch kurze Zeit mit seinen Nichten zusammen und
ging dann nach seinen Zimmern.
Hier setzte er sich an seinen Schreibtisch und las das
Testament nochmals durch. „Es bleibt bei dem Entwurf,"
murmelte er, „eigentlich sollte ich sie ganz enterben, wie


worden zu sein; besser stobt es um die Zollermäßigungen
für deutsche Eisen- und Lederwaaren.
Im Reichstage sind lebhafte Debatten über den Vor-
trag zu erwarten, da die Agrarier der weiteren Ein-
räumung ermäßigter landwirthschaftlicher Zölle entschieden
zu widersprechen beabsichtigen. Der Protest wird zu dem
Zwecke besonders nachdrücklich gehalten sein, um noch in
letzter Stunde den Versuch zu machen, die Regierung
von dem Abschlüsse eines Vertrages auf gleicher Grund-
lage mit Rußland zurückhalten.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 19. April. An Stelle des zum badischen
Gesandten in Berlin ernannten von Jagemann wurde
Staatsanwalt Hübsch zum Ministerialrath im
Justizministerium ernannt.
Freiburg, 19. April. Der Erb großh erz o g wird
sich nur wenige Tage hier aufhalten, um die Dienst-
gpschäftc des Divisionscommando's zu übernehmen. Wie
die „Brsg. Ztg." hört, wird die endgiltige Uebersiedelung
des Ergroßherzogs und der Erbgroßherzogin mit ihrem
Hofhalte Ende d. Mts. erfolgen.
Berlin, 19. April. Der „Reichsanzeiger" hört, es
bestätige sich, daß das kaiserliche Paar dem Papste
am 23. April einen Besuch abstatten werde. Der Besuch
werde sich in denselben Formen bewegen, die beim ersten
Besuch 1888 beobachtet worden seien.
Berlin, 19. April. Die Petitionskommission des
Reichstages bericth die Petitionen für und gegen den Ab-
schluß eines Handelsvertrags mit Rußland.
Den konservativen Antrag, die Petition gegen den
Handelsvertrag dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu
überweisen, wurde abgelehnt, und beide Arten Petitionen
dem Reichskanzler nur zur Kenntnißnahme überwiesen.
Berlin, 19. April. Ahlwardt lehnte es ab, einen
zweiten, von den Sozialdemokraten unterstützten und vom
Präsidenten bewilligten Antrag dem Reichstage
vorzulegen.
München, 19.April. Der Extra zug des Ka iser-
paares ist 11 Uhr 40 Min. hier eingetroffcn. Das
Kaiserpaar wurde vom Prinz-Regenten, welcher preußische
Artillerie-Uniform trug, von der Tochter des Regenten,
welche ein prachtvolles Bouquet überreichte' und von der
gejammten Familie des Gesandten Eulenburg begrüßt.
Letzterer fährt mit bis Kufstein. Nach herzlicher und
lebhafter Unterhaltung der Herrschaften und Abschiedsküssen
fuhr das Kaiserpaar um 11 Uhr 58 Min. bei pracht-
vollem Wetter weiter.

Schweiz.
Vern, 19. April. Bundespräsident Schenk, Vice
Präsident Frey (Chef des Militärdepartements) und Lundes-
ratb Lachernal (Chef des Auswärtigen), werden das
deutsche Kaiserpaar am 2. Mai in Luzern em-
pfangen. Das Kaiserpaar wird bei gutem Wetter den
Vierwaldstättersee von Fluelen bis Luzern befahren, um
Vormittag 10 Uhr in Luzern eintreffcn.
Oesterreich-Ungarn.
Innsbruck, 19. April. Der Sonderzug mit dem
deutschen Kaiserpaar ist um 4^ Uhr Nachm.
hier eingetroffcn. Von hier über den Brenner wird der
Zug getheilt fahren. Der Kaiser verließ den Wagen
und erging sich etwa 10 Minuten auf dem Bahnsteig.
Bozen, 19. April. Das deutsche Kaiserpaar
ist gegen 8 i/z Uhr hier eingetroffen. Die kaiserlichen
Sonderzüge wurden wieder vereinigt. Während des halb-
stündigen Aufenthaltes wurde das Kaiserpaar vom Erzherzog
Albrecht und derKronprinzessin-WittweStefanie begrüßt.
England.
London, 19. April. Gladstone empfing heute
Nachmittag eine Deputation der Bergleute von
Durham und Northumberland, welche gegen die
Einführung des gesetzlichen Achtstundentages sind.
Gladstone sprach sich bei dieser Gelegenheit wieder gegen
eine derartige Beschränkung der persönlichen Freiheit aus,
wenn schon 8 Stunden Arbeit für Bergleute gewiß reich-
lich seien, doch blickt er mit günstigen Augen auf die
Einführung des Princips der Local-Option d. h- der Ent
scheidung durch Mehrheiten innerhalb bestimmter Grenzen,
zur Erledigung dieser Frage.
Loudon, 19. April. Der „Standard" meldet, die
Discussion der Homerule sei fürFreitag beschlossen.
Serbien.
Belgrad, 19. April. Der ehemalige Bürgermeister
Mariniovic und der frühere Gemeinderath nahmen Besitz
von dem Gemeindehaus, der Casse und den Acten. Der
liberale Gemeinderath verließ auf Aufforderung der Gen-
darmerie das Amtslocal. Dem „Sipska Zastava" zu-
folge wurde Garaschainin abermals ausgezeichneter Weise
vom König empfangen. Der König richtete an alle
europäischen Herrscher ein H an dschrei b en, in
welchem er feine Thronbesteigung anzeigt.
Spanien.
Eadix, 19. April. Das Kriegsgericht verurtheilte
10 Anarchisten zu Gefängnißstrafen von 6 Monaten
bis 8 Jahren.


Verkündigungsblatt und Anzeiger

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vicrteljährl. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
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Die,^8ürgerzeit«ng"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
«nnor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

1«S3.

Heidelberg, Freitag, 21. April

Expedition:
Hauptstrasse 25.

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ung.
;utheilen,
10
ravier-

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entgegengenommen.
Neu hinzutretendc Abonnenten erhalten die „Bürger-
Jeitung" bis Ende des Monats unentgeltlich.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

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Hofe ein
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>er Bad.

Der Handelsvertrag mit Rumänien.
Man schreibt aus Berlin: Die deutsche Ausfuhr
h«ch Rumänien dürfte im vergangenen Jahre etwa 60
Millionen Mark Werth erreicht haben. Eisen-, Leder-
nd Textilwaaren bilden die Hauptausfuhrartikel. Es
spricht für die Gediegenheit unserer Erzeugnisse, daß sic
wotz des scharfen Wettbewerbs Oesterreich-Ungarns, Eng-
lands und Frankreichs ein immer größer werdendes Ab-
satzfeld in Rumänien finden. Vor 10 Jahren betrug der
Msfuhrwerth kaum ein Drittel des heutigen.
Der deutsch-rumänische Handelsvertrag ist fast mehr
^och wie die bisher seitens Deutschlands abgeschlossenen
Vorverträge unter dem Gesichtspunct zu beurtheilen, daß
hach Lage der Dinge Zweck der Abmachung nicht das Er-
gangen neuer Vortheile für unfern Export sein konnte,
sondern die Verhütung handelspolitischer Differenzen. Ein
Zollkrieg mit Rumänien hätte uns empfindlichere Nach-
teile zugefügt, als dem Donaukönigreich. Für Rumäniens
^ndwirthschaftliche Producte, besonders seinen auSge-
Wichneten Weizen, stehen immer zahlreiche Absatzgebiete
Ken; das ist mit unfern Jndustriefabrikaten nicht in dem
^aße der Fall. Die Concurrenz des Auslandes drängt
h°n allen Seiten, sie kann wohlfeilere Preise stellen, weil
sw nicht wie unsere Production erhebliche Kosten für Ar-
ssiterverstcherungen u. s. w. zu tragen hat. Leider scheint
Ar di? eben wieder im Aufschwünge begriffene deutsche
Textilindustrie nicht die gewünschte wirksame Herab-
setzung der überaus hohen Zollsätze Rumäniens erzielt
 
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