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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 61 - No. 70 (12. März - 23. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0259

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V.N VerkÄn-igungsblatt UN- Anzeiger
sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummcr liegt ein Unter- F' L F" L. t?
haltungsblatr, „Ter Erzähler", mit dem l H 44 1" 1-4-
Humor. Repräsentanten „Ter deutsche L H- ,
Michel" bei. l

AbonnemeutSpreiS
für Heidelberg: monatl- 40 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
vierteljährl. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
Znsertionspreis: 10 Pf. für die 1-spalt.
Petitzcile od. dercir Raum. Für locale
Geschäfts- u. Privatanzeigcn 5 Pf.

62.

Expedition:
Hauptstratze25.

Heidelberg, Dienstag, 14. Mürz

Expedition:
HauptstratzeLS.

1893.

Der Abonnementspreis
für die
„Würger - Zeitung"
beträgt für Heidelberg und nächste Umgebung
monatlich nur 40 Pfg.
mit Trägerlohn.
Für auswärts vom 1. April ab vierteljährlich
am Postschalter abgeholt:
Wk" 1 Mark -W«
durch den Briefträger frei in's Aaus gebracht:
I Mk. 4V Pfg.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
auswärts durch die Post, innerhalb der Stadt und nächster
Umgebung durch unsere Träger cntgegcngenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".
Die Einfuhr von Brotkorn in Deutschland
'st im Monat Januar ds. Js. erheblich hinter der Ein-
suhr desselben Monats im Vorjahre zurückgeblieben. Die
Ueuesten Handclsausweise geben darüber folgende Zahlen:

im Monat
Einfuhr
in Doppelctr.
Januar
Weizen
Roggen
1893
567 499
117406
1892
1 582 259
287 679

Zusammen
3 910 080
10679 161
6 817 932
8151j376

Roggen
719 993
4 052 057
3 527 946
5 143 295

Während demnach im vorigen Jahre an Weizen und
loggen zusammen 1 869 938 Doppelcentner cingeführt
wurden, betrug die Einfuhr im laufenden Jahre nur
"84 905 Doppelctr. oder wenig mehr als ein Drittel der
vorjährigen Einfuhr. Die starke Abnahme der Einfuhr
v°n Brotkorn bält aber bereits seit Beginn des laufenden
Erntejahres 1892/93 an. Rechnet man mit der amtlichen
Statistik das Erntejahr von Anfang August bis Ende
^uli, so liegen jetzt die Handelsausweise für die erste
Hälfte deS Erntcjabrcs 1892/93 bereits vor. Ein Ver-
Awichung dieser Zahlen mit den entsprechenden der drei
Vorjahre ergiebt folgende Zusammenstellung:
. Einfuhr in Doppelcentneru
^Ugust—Januar Weizen
1892/93 3 190177
1891/92 6 627 104
1890/91 3 289 986
1889/90 3 008 981

Die Einfuhr an Brotkorn hat danach in der ersten
Hälfte der früheren Erntejahre durchweg das Doppelte bis
nahezu das Dreifache der Einfuhr in der ersten Hälfte
des laufenden Jahres betragen. Bemerkens«erth ist dabei,
daß die Einfuhr von Weizen sich, abgesehen von dem Aus-
nahmejahr 1791/92, ungefähr auf gleicher Höhe erhalten
hat, während der Rückgang vornehmlich auf Roggen ent-
fällt. Die in den letzten Jahren eingctretenc Steigerung
des Waizenconsums hat mithin, unterstützt von dem auch
in diesem Jahre billigen Preisstande des Weizens,
im laufenden Erntejabre fortgedauert. Im Ganzen
lassen alle diese Zahlen erkennen, wie der Getreidehandcl
sich in seinen Bezügen von ausländischem Getreide dem
Bedarf anpaßt. Die einheimische Getreidcproduction be-
herrscht in diesem Jahre den inländischen Markt in
einem Umfange wie seit Jahren nicht. Speciell in Roggen
ist die Einfuhr ausländischer Waare geradezu geringfügig
geworden, denn der Einfuhr von 700000 Doppetcentnern
steht eine überaus günstige inländische Ernte gegenüber,
deren Ertrag auf etwa 60 Millionen Doppelcentner zu
schätzen ist.

Deutsches Reich.
Berlin, 12. März. Der „Reichsanzeiger" macht da-
rauf aufmerksam, daß mit dem 1. April in allen Bun-
desstaaten die gleichzeitige und gleichmäßige Annahme
der neuen Zeitbestimmung erfolgen wird. Der
Reichskanzler habe die Bundesregierungen angewiesen,
dahin zu wirken, daß alle öffentlichen Uhren am 1. April
morgens die neue Zeit zeigen.
Berlin, 11. Marz. Der „Rcichsanz." -heilt mit,
das für die Grenze mit Rußland erlassene Verbot der
Einfuhr und Durchfuhr von Hadern, Lumpen, Obst u.
s. w. sei aufgehoben. Die Einfuhr und Durchfuhr
gebrauchter Kleider, von Leibwäsche und Bettwäsche bleibe
verboten, sei jedoch nicht mehr der Desinfection
unterworfen.
Berlin, 11. März. Die Blätter melden, die Oster-
ferien des Reichstags würden am 23. d. Ms. beginnen.
Berlin, 11. März. Das Gesetz gegen den Verrath
militärischer Geheimnisse wurde von d/r Commission
in zweiter Lesung gegen die Stimmen der Freisinnigen
und Sozialdemokraten mit erheblichen Aendcrungen an-
genommen.
Berlin, 11. März. Zu der am Montag im Abge-
ordnetenhause beginnenden zweiten Lesung des Gesetz-
entwurfs zur Aenderung des Wahlverfahrens
liegen bereits eine Anzabl von Abänderungsan-

Sch i ck LS w e g e.
Novelle von C. Fontane.
(Fortsetzung.)
„Rechnen Sie aber nicht mit allzu großer Sicherheit
die strenge Befolgung Ihrer ersten Vorschrift, lieber
Doktor," bemerkte der Major scherzend, indem er seiner
Achter sanft das Haar streichelte. „Denn Geduld ge-
^vt eben nicht gerade zu den Haupt-Eigenschaften Ihrer
Klientin."
k. „Aber, Papa," sagte sie schmollend, „bedenke doch,
ich älter geworden bin."
... „Freilich, freilich Kind. Siebzehn Jahre ist ein
ZVeklables Alter."
Sie drohte ihm mit dem Finger:
h, „Gib nur Acht, Du sollst mir Deinen Argwohn noch
Bitten."
„Aber nun, Herr Doktor, genug von mir, nun be-
,Hten Sie auch, ob Ihnen die Ueberraschung besser gc-
^vAen ist, ob Sie Ihre Frau Mama und die Schwester,
ich natürlich bald kennen zu lernen hoffe, in cr-
.vnschkm Woblsein getroffen haben. Ich höre, daß Sje
" in unserer Nähe wobncn."
Er erzäblte, wiederholt von teilnehmenden Fragen
Beiden unterbrochen, von seiner Ankunft, wie er
suJ Mutter nach jahrelanger Trennung noch in alter
und Rüstigkeit, seine Schwester dagegen, die er
d,.. halberwachsenes Mädchen zuletzt gesehen, bedeutend
Ändert gefunden habe, und wie wohl er sich im Kreise
Reinigen fühle.

Frida war bei seiner einfachen Erzählung, namentlich
aber, als er mit kindlicher Liebe von seiner Mutter
sprach, merklich ernster geworden, und ein trüber Schatten
lag auf ihrem eben noch so heitern Gesicht.
Herr von Brandau lenkte die Unterhaltung auf einen
anderen Gegenstand, fragte nach der Studienzeit des
jungen Arztes, nach dem Reginient, in welchem er seiner
Militär-Dienstpflicht genügt habe, und nach verschiedenen
Offizieren dieses Regiments, vermied jedoch sorgsam jede
Anspielung auf seine frühere Stellung.
Der junge Mann bemerkte, daß wiederholt ein schmerz-
liches Zucken durch seine Züge ging, und ein Zug von
Bitterkeit sich um seinen Mund legte. Der Gegenstand
der Unterhaltung weckte in dem Major offenbar peinliche
Rückerinnerungen, trotzdem er ihn selbst angeregt hatte.
Die Zeit war dem jungen Arzte übrigens so rasch ver-
gangen, ehe er eigentlich fand, daß es hohe Zeit sei, sich
zu verabschieden.
Der Major begleitete ihn hinaus und rief nach der
Haushälterin, welcher der Arzt die nöthigen Unter-
weisungen in Betreff seiner Patientin gab. Hierauf em-
pfahl er sich.
„Wie lange Du ausbleibst, Fritz!" rief ihm Ida
entgegen. „Eben war Herr Peters hier, Onkel Pöters,
wie wir ihn sonst immer nennen, denn er spricht das c
wie ö aus."
„So," entgegnete ihr Bruder, „und wer ist denn
Herr Peters oder Pöters?"
„Ach, das hast Du nun auch wieder vergessen. Ich
schrieb Dir doch im vorigen Jahre, daß wir der Kasino-
Gesellschaft beigetreten seien, und daß Herr Peters, das

trägen vor. Die freisinnige Partei hat einen formu-
lirten Gegenentwurf eingebracht behufs Einführung der
allgemeinen direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung,
ferner eine Resolution, welche eine Statistik über die
Wahlen seit 1867 und über die künftigen Wahlen ver-
langt.
MMnkreiH.
Paris, 11. März. Justizminister Bourgeois
reicht Ribot ein Entlassungsgesuch ein.
Paris, 11. März. (Panamaproceß.) Senator R an cer-
zählt über seinen Besuch mitClemenceau bei Freycinet
und motivirt diesen gleichfalls durch das Bestreben, den Zu-
sammenbruch des Panama-Unternehmens zu verhindern und
die Obligatäre der Republik nicht feindlich zu machen.
Vertheidigcr Lag ässe: War der Besuch nicht vielmehr
durch die Sorge veranlaßt, Reinach könnte die Republik
gefährdendurch dieEnthüllung der Deputirten-Bestechungen?
Rane verneint die Frage. Lagasse: Ich glaube,
Ranc ist hier der Einzige, der darüber verneinend denkt.
Lagasse befragt ihn eingehender über diesen Punkt; Ranc
bleibt bei seitien ablehnenden Antworten. Ein Geschworener
fragt, in welcher Weise die Checks ausgezahlt wurden,
die Lesseps auf Anweisung Floquets an die Journale
ausgczahlt haben will. Lesseps erzählt: alle diese Checks
begannen auf den Talons mit einem großen IV Ge-
schworener: Sind die Checks unter den Papieren
der Gesellschaft? Lesseps: Ich weiß nicht, ob man
sie gefunden hat, da die auszahlenden Angestellten die
Talons für ihre persönliche Entlastung behalren haben.
Italien.
Rom, 11. März. Finali wird binnen Kurzem das
bisher von Grimaldi interimistisch verwaltete Finanz-
ministerium übernehmen.
Rom, 11. März. Der Munizipalrath hat dem
Programm, welches der Bürgermeister für die Festlich-
keiten anläßlich des Besuches des Deutschen Kaiser-
paares aufgestellt bat, zugestimmt und dem Bürger-
meister aus diesem Anlaß ein besonderes Vertrauens-
votum crtheilt.
Serbien.
Belgrad, 11. März. Das bisher bekannt ge-
wordene Wahlergebniß ist: 65 Liberale, 64 Radi-
cale und 4 Progressisten. Erhebliche Ruhestörungen sind
nicht vorgekcmmen.
England.
London, 11. März. Lord Rand. Curchill fordert
in einem Manifest zur energischen Bekämpfung der

ist nämlich der Arrangeur aller Liebhaber-Theater-Vor-
stellungen, mich dazu beredet habe, bei einer Vorstellung
mitzuwirken. — Wir haben damals „Schwarzer Peter"
gegeben. Ich war die Försterstochter, meine Freundin
Lina — ja so, die kennst Du nun auch wieder nicht —
also meine Freundin Lina gab den Jägerburschen und
Onkel Peters den Förster. Ich sage Dir, wir haben
Furore gemacht. Jedes Mal, wenn Onkel Peters sagte:
„Ich will keine Waldschnöpfe möhr schießen," brach das
Publikum in eine schallende Heiterkeit aus, und wir
lachten mit."
„Ich bedaure in der That, von dem in Dir schlum-
mernden mimischen Talent bis jetzt keine Ahnung ge-
habt zu haben."
„Sei nicht malitiös, Fritz! Ich dachte, Du hättest
diesen bösen Fehler inzwischen abgelegt. -— Also, nun
höre! Onkel Peters will nächstens wieder eine Vor-
stellung nebst Kränzchen arrangiren, und ich will mein
von Dir verspottetes, mimisches Talent in Anspruch
nehmen. Er sagt, ohne mich ginge es nicht. Ich habe
mir aber Bedenkzeit ausgebetcn, um erst Deine Meinung
zu hören."
„Sehr schmeichelhaft! — Welche Rolle ist Dir denn
zugedacht?"
„Die Pikarde in Schneiders „Kurmärker und Pi-
karde." Herr Peters sagt, ich sei wie geschaffen für diese
Rolle, auch wisse er sonst keine dazu geeignete junge
Dame, welche ein leidliches Französisch spreche. Du mußt
nämlich wissen, daß Herr Peters in letzter Beziehung
wohl ein richtiges Urtheil haben kann, denn er ist längere
Zeit in Paris gewesen."
 
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