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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 31 - No. 40 (5. Februar - 16. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0163

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Verkimdigungsblatt und Anzeiger

Abonrremeutspreis,
für Heidelberg: monatl- 40 Pfg. mit
Trägerlolm, durch dir Post bezogen
vierteljähri. Mk. >. ohne Zustcllgeb.
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Die,<Würgerzeitung"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der L-onntagsnummer liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei

39. HauLsL'eW. Heidelberg, Mittwoch, 1L. Februar

Expedition:
Hauptstraße 25.

1393.

Der Abormementspreis
für die
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schehen stets unentgeltlich.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
auswärts durch die Post innerhalb der Stadt durch unsere
Träger entgegengenommcn.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

Zur Aage des HmlWttcrtchttz.
Der Deutsche Landwirlhschaftsrath wird sich in seiner
Mitte Februar stattsindendcn Plenarversammlung neuer-
dings' mit der .( einistättefrage beschäftigen. Bekanntlich
hat der Landwirtbschastsrath bereits in seiner IS Plenar-
versammlung über den beim Reichstag eingebrachten Ent-
wurf eines Heimstättegesetzes für das Deutsche Reich ein
gebende Beratbung gepflogen. Die damals gefassten Be-
schlüsse wurden zur Kenntniß der deutschen landwirtb-
schaftlichen Eentralvcreine gebracht und gleichzeitig ein
Fragebogen, der sich sowohl auf die Heimstättefrage wie
auf die Frage der Gestaltung einer deutschen .Zwangs-
vollstreckung in Liegenschaften beziehst herausgcgeben und
eine gutachtliche Aeußerung der landwirthschaftlichen Cent-
ralvereine in der Sache erbeten. Wie die „Badische
Correspondenz" Hört, haben sich nach einer Aeußerung
des Präsidenten des badischen Landwirthschaftsraths und
des landwirthschaftlichen Vereins in Baden die in der
Sacke vernommenen Landwirthschaftlichen Bezirksvereine
>ast durchweg dabin ausgesprochen, daß die Schaffung
.eines Heimstättegesetzes nach den Grundzügen des Reichs-

tagsgcsetzentwurfes sich gegenüber unseren Rechtsverhält-
nissen nicht empfehle, bezw. unannehmbar sei: dagegen
sind sie in ihrer Mehrheit dahin gegangen, daß sei dem
Erlaß eines ZwangsvollstrecktingsgesetzeS in Liegenschaften
die Aufnahme von Bestimmungen im Sinne der 1891er
Beschlüsse des Deutschen Landwirthschaftsraths angestrebt
werden solle.
Im Grundsatz zustimmend zu dein Gesetzentwurf bat
sich überhaupt nur eine landwirthschaftliche Vereinsdireetion
(Adelsheim s im Anschluß an ein ihr erstattetes Gutachten
eines Vereinsmitglicdes verhalten, doch ist in diesem Gut-
achten der Entwurf in seiner fetzigen Fasjung als „nicht
annehmbar" bezeichnet z insbesondere ist die Zwangs
Verwaltung in ihrer Anwendung auf kleinere Wirthschaftcn
für ein „Unding" erklärt worden. Dem. Schneider'schen
Entwurf wurde in diesem Separatgutachten im Allgemeinen
der Vorzug eingcräumt, namentlich wenn sich erreichen
läßt, daß die „Generalabrechnung", wie wünschenswertb,
bis zum Erlöschen des etwaigen Nießbrauchsrechts der
Ä-ittwe, bezw. bis zur Volljährigkeit des jüngsten Kindes
aufgehoben werden könnte.
Die Zwangsverwaltung als ausschließliche Form der
Zwangsvollstreckung hat auch sonst in den Gutachten
nicht blos der badischen, sondern auch der anderen
deutschen Vereine eine sehr abfällige Kritik erfahren.
„Könnte", so wird gelegentlich gefragt (landwirrbschaftlicher
Bezirksverein D rlach), die bei der Zwangsverwaltung
zu gewährende Rente nicht Veranlassung geben, über-
schuldete Besitzungen in Heimstätten nmzumandcln. um
so bei der „Zwangsverwaltung ein wenig verantwortliches
Dasein zu stiften? Das wärm dann Heimstättenbcsitzcr
im Armenhaus!"
Die Frage des Bcsitzminimums wird in den Gut-
achten der bad. landwirtbschaftlicken Bezirksvereine vielfach
grundsätzlich zustimmend behandelt, aber rum theil nur
in dem Sinne, daß dein Schuldner lediglich ein Wobnungs-
necht in seinem Zause etwa auf die Dauer eines Jahres
gesetzlich zugestanden und damit auch dem Käufer der
Liegenschaft die Verpflichtung auferlegt werde, den Schuldner
mit seiner dem Zugriff entzogenen Fabrnißkompelenz (ein-
schließlich Vieh- und Feldinventar u. s. w.) höchstens ein
Jabr lang in seinem Hause wohnen und wirtbschaften
zu lassen. (Landwirtschaftlicker Bezirksverein Säckingen.s"
— Das Referat auf der nächsten Plenarversammlung
des Deutschen Landwirthschaftsraths wird wieder Herr
Ministerrialratb Buchenberger-Karlsruhe erstatten.

Deutsches Reich.
Berlin, Ist. Febr. Die Budgetcom mi ssion des
Reichstags erledigte die einmaligen Ausgaben des außer-
ordentlichen preuß. Heeresetats. Sie bewilligte zur Be-
schaffung von Feldbabn-Material stalt der geforderten
4 WO NM Mk. nur 2 000 000 Mk. als erste Rate und
von den zur Vervollständigung wichtigerer Festungsan-
lagen geforderten 5 Millionen nur 2 50 Millionen und
schob die Zahlung weiterer 2,50 Millionen als zweite
Rate auf das sechste Jabr hinaus.
Berlin, 12. Febr. Die dänischen Abgeordneten
Lassen und Johannsen brachten im Abgeordneten-
hause einen 'Antrag ein, der verlangt, daß in den nerd-
schlcswigscher. Volksschulen, da, wo die Kirchensprache
dänisch ist, auch der Religionsunterricht ausschließlich in
dieser Sprache ertheilt werde, außerdem wenigstens zwei
Stunden wöckentlich dänischer S p r a ch unterricht
gegeben werde. Die Budgetkommission des Abgeordneten-
hauses stimmte der Vermehrung der Lottcrieloosc
und der vorgeschlagenen Abänderung des Lotterieplanes
zu und beschloß eine Resolution, welche die Fort-
setzung der von 1880 bis 1885 aufgenommenen
Statischt über P ri v a t! o tt er i e n verlangt und
Maßregeln zur Bestimmung der zur Zeit beim Vertriebe
der Privatgeldlotterieloose herrschenden Mißstände.
Koburg, 12. Febr. Der „Kob. Ztg." zufolge suchte
Prinz Ferdinand v. n B ulgarien bei dem Herzog
von Koburg als Chef des Hauses Koburg die Z fftim
mung zu seiner Verlobung mit der Prinzessin
Louise Marie von Bourbon, Tochter von Robert
Herzog von Parma, nach.
M'ankreia).
Paris, 13. Febr. Heute begann vor dem hiesigen
Schwurgericht der Pro eeß wegen der Verschleuderung
der Gelder der D vna ini tg ese l lscha fk. Angeklagt
sind der ehemalige Senator Le Guay, Vorsitzender des
Verwaltungsraths der Gesellschaft, und der Eassirer
Prevost, die sich beide gestellt batten, und der flüchtige
Aaron, genannt Arton, der Generalagent der Gesellschaft
war. Sie werden beschuldigt, zusammen drei Millionen
unterschlagen zu haben. Die beiden Angestellten
lnr Gesellschaft schieben alle Schuld auf Arton.
Paris, 13. Febr. Charles Lesseps bat dein
„Figaro" zufolge die Erlaubnis; erhalten, seinen Vater
zu besuchen. Er wird sich daher heute unter Begleitung
zweier Polizeibeamten nach Schloß Lachesnavc begeben
und morgen wieder ins Gefängnis; zurückkchren.

In schwerem Weröacht.
38 > Eriiuiual-Novcllc
von ReittUold Ortmann.
(Torrsclzung.)
Mit raschem Entschluß wendete er sich daher plötzlich
an das mit jeder Minute verlegener und ängstlicher
werdende junge Mädchen:
„Jetzt, Fräulein Weiß, ist es Zeit, daß Sie Ihre
Ausgabe erfüllen. — Sind Sic aber auch noch willens
dazu?"
„Ja, .Herr von Braunfels! Aber wenn ich nicht irre,
ist der Herr dort drinnen nicht allein."
„Das rhul nichts! — Jgnoriren Sic den Besucher
vollständig und wenden Sic sich mutbig an den Marquis
selbst. Sie werden ibn leicht erkennen. Er ist ein schlank-
gewachsener junger Mann mit schwarzem Haar und
Schnurrbart. Verrathen Sie durch kein Wort und keine
Miene, daß Sie Jemanden in diesem Zimmer wissen
Und vergessen Sie nicht, daß Sie ibm sebr liebenswürdig
entgegenkommen müssen!"
„O, mein Herr, Sie wissen nicht, wie schwer das
^pfer ist, welches Sie von mir verlangen."
„Im Gegcntbeil, mein Fräulein! -— Ich vermag die
Große Ihrer schwesterlichen Liebe vollkommen zu wür-
digen und ich würde Ihnen eine derartige Zumuthung
liewiß nicht gestellt haben, wenn ich nicht wüßte, daß
darin eine Hauptbedingung zur Rettung Ihres armen
Bruders liegt."

„Wohl! Und es ist eine Sünde von mir, daß ich
noch länger zögere. Soll ich jetzt eimreten?"
„Ohne Weiteres, mein Fräulein! Fürchten Sie.nichts,
aber denken Sie auch an meine Instruktionen!"
Sowohl der Marquis als sein Besucher blickten halb
erschreckt und halb überrascht empor, als sich im nächsten
Augenblick die Portiere öffnete und die hohe Gestalt einer
tief veischleicrten jungen Dame auf der Schwelle des
Nebenzimmers sichtbar wurde. Die Plötzlichkeit dieser
Erscheinung verwirrte beide in so hohem Grade, daß sie
es vollständig vergaßen, der Einrretenden wenigstens durch
Aufstehen von ihren Sitzen den üblichen Tribut der Höf-
lichkeit darzubringen.
Erst als hinter dem schwarzen Schleier hervor eine
wohlklingende, jugendliche Stimme in französischer Sprache
sagte:
„Verzeihung, meine Herren! — Habe ich die Ehre,
dein Herrn Marquis d'Hervillu gegenüber zu sieben?"
kehrte den Angercdeten die Erinnerung an ihre gesell-
schaftlichen Verpflichtungen zurück. — Beide sprangen
empor und der Marquis trat der Besucherin einige
Schritte entgegen!
„Mein Name ist d'Hcrvill», meine Gnädigste! Darf
ick fragen, welcher glücklichen Veranlassung ich die Ebre
Ihres Besuchs verdanke?"
Louise schlug den Schleier zurück und die beiden
Männer wechselten einen Blick des Staunens und der
Bewunderung, als sie des dahinter verborgen gewesenen
re-zendcn Antlitzes ansichtig wurden. — Nm Ferrolt's
cynische Lippen zuckle es wie ein Wetterleuchten des
Hohnes.

„Was es auch immer sein mag", fuhr d'Hcrvilly,
da Louise von plötzlicher Befangenheit ergriffen, seine
Frage nichl beantwortet harte, fort: „das Sic, mein
gnädiges Fräulein, zu mir führen konnte; ich werde
unter allen Umständen das inir dadurch zu Theil ge-
wordene Glück zu schätzen wissen, auch ohne Eie zu
kennen."
Damit hatte er einen Sessel in ihre Nabe geschoben
und sic durch eine höfliche Bewegung eingeladen, auf
demselben Platz zu nehmen.
Erst in diesem Augenblick füblte das junge Mädchen
die ganze Schwere ihrer Aufgabe und der cigcntbümlichc
Ausdruck, mit welchem die Blicke der beiden Männer auf
ihr ruhten, machte sic so beklommen, daß ihre Kuiee
zitterten und daß eine plötzliche Anwandlung von Schwäche
sie halb wider ihren Willen zwang, der Aufforderung des
Marquis Folge zu leisten und sich in dem dargebotcnen
Sessel niederzulasseu.
Eine leise, nur für sie wahrnehmbare Bewegung au
der Portiere, die ihren Beschützer verbarg, gab ihr indessen
einen Theil ihrer früheren Festigkeit wieder zurück und
mit gesenkten Wimpern und einer brennenden Rothe
auf den zarten Wangen wendete sic sich fast scküchtern
gegen den Marquis:
„Monseigneur sind allzu gütig gegen ein armes
Mädchen, das nur zu Ihnen gekommen ist, uni an
Ihre Mildthätigkeit zu appcllircn und Ihr Erbarmen
mit der Familie eines unglücklichen Landsmannes in An-
spruch zu nehmen."
d'Heroilly hörte kaum, was sie sagte. Aber seine
Sinne schienen sich in den« Gesicht zu koncentriren, und
 
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