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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 81 - No. 90 (7. April - 18. April)
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Verkündigungsblatt und Anzeiger

Die,^Bürgerzettung"
erscheint täglich mit Ausnahme von
- Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Untcr-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

Abonnemeutspreis
sür Heidelberg: monatl. 40 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
vierteljährl. Mk. 1.— ohne Zustellgeb.
Znsertiorisprets: 10 Pf. für die 1-spalt-
Pctitzeile od. deren Raum. Für locale
Geschäfts- u- Privatanzeigen 5 Pf.

«4. HaWLn Heidelberg, Dienstag, 11. April

Expedition:
Ha»rptstratze2S.

1893.

Der Abonnementspreis
für die
„Würger: - Zeitung"
beträgt für Heidelberg und nächste Umgebung
Monatlich nur 40 Psg.
">it Trägerlohn.
Für auswärts vom 1. April ab vierteljährlich
am Postschalter abgeholt:
Wk- 1 Mark -Wk
durch den Briefträger frei in s Haus gebracht:
1 Mk. 40 Pfg.
Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
Auswärts durch die Post, innerhalb der Stadt und nächster
Umgebung durch unsere Träger entgegengenommen.
Verlag der „Bürger-Zeitung".

Zur landmrthWtlichen Bewegung.
Das Fachblatt: „Der Landwirth", schlesische
'andwirthschaftliche Zeitung, zugleich Organ des land-
^rthschaftlichen Centcalvereins für Schlesien, enthält an
^r Spitze seiner neuesten Nummer Mahn Worte eines
^Zn Landwirths, welche der „st-ordd. Allg. Ztg." „wei-
tster Verbreitung und ernster Beachtung werth erscheinen"
die sie deßhalb an hervorragender Stelle wicdergiebt:
Selbsthilfe.
Auch eine Mahnung.
s. Die Landwirthschaft kann wahrlich nicht behaupten,
Z, habe in jüngster Zeit zu wenig Beachtung gefunden,
tne stürmische Bewegung bat sich überall geltend ze-
ucht, die landwirthschaftliche Nothlage ist in allen Fach-
stern eingehend besprochen, der „Bund der Landwirthe"
gründet und damit hoffentlich eine angemessene Ver-
i^Eung der Interessen dieses ernsten und ursprünglichen
^Werkes gesichert. Aber jetzt, wo der erste linde Früh-
.^gshauch uns umweht, möge doch auch jeder Landwirth
bewußt sein, daß weder Regierung noch Parlament,
Presse für sein nächstliegendes Wohlergehen so viel
kann, wie er selbst. Gerade bei der dringenden
/Whlage der Landwirthschaft muß sich der Unterschied
-Öfchen einer guten und schlechten Ernte auf Aeußcrste
?blbar machen. Sicherlich kann bei jetzigen Preisen eine

Schicksals wege.
Novelle von C. Fontane.
(Schluß.)
.»Was ich Ihnen jetzt zu sagen habe, Herr Hagen-
zM", führ er mit einem innigen Blick auf das erröthende
u^bchen fort, „betrifft mich selbst und mein Lebensglück.
Zisen Sie mich kurz sein, wie es dem Soldaten ge-
wst. — bitte mH die Hand Ihrer Tochter Hedwig.
Wäre der Blitz in diesem Augenblick vor mir in die
geschlagen, so pflegte Herr Hagendorff später zu er-
xx hätte nicht konsternirter sein können. Verzweifelt
R er sich an die Stirn:
"Wie — Sie, Herr von Brandau, Sie wollen meine
h.^er heirathen? Nehmen Sie mir's nicht übel, aber—
h^.in der Thal, das ist doch das Erstaunlichste, was
i». st' begegnet ist. Und Du, Mädchen, was sagst Du
Hast Du ihn lieb?"
Hedwig hing längst an seinem Halse.
ich s° lieb, Väterchen, so lieb", flüsterte sie „daß
nicht aussprechen kann."
X Der alte Herr warf einen Blick auf die weinende
-ter, einen zweiten auf den stattlichen Mann neben ihr-
»Run in Gottes Namen!" sagte er, dem Major die
reichend. „Es hat sich anders gefügt, als ich es
gedacht hattte. Aber ich weiß, daß ich die Hand
iß Kindes in diejenige eines Ehrenmannes lege, das
genug. Nehmen Sie sie hin. — Aber Du",
»e c^r fvrt, indem er seiner Tochter mit dem Finger drohte,
Ausbund aller Schelme, wie hast Du Deinen

schlechte, ja nur mäßige Ernte die Productionskosten nicht
decken, sie muß zum völligen Ruin Vieler führen, während
eine volle und gut qualificirte Ernte noch Hilfe zu schaffen
vermag. — Darum möchten wir jeden unserer Fach-
genossen mahnen, zunächst sich selbst zu helfen, indem
er sich in seiner Wirthschaft auf seinen Feldern Rechen-
schaft giebt was jedes Feld nach seiner Beschaffenheit
,am sichersten und vortheilhaftesten zu produciren vermag?
Die Beantwortung dieser Frage kann nur aus einer
genauen Kenntniß des Bodens, des Unter-
grundes, des Culturzustandes und des augenblicklichen
Aussehens jedes Feldes hervorgehen. Die Zeiten sind
vorüber, wo man gewohnt war, eine Ackerfläche wie eine
mathematische Figur zu theileu mit Winterung, st'4
mit Sommerung, V4 mit Hackfrüchten, 1/4 mit Klee zu
bebauen, nach einer Schablone zu wirthschaften, heut
müssen wir berücksichtigen, daß hier guter Roggen, dort
guter Weizen, hier eine frühe Gerstsaat, dort später Hafer
gedeiht, kurz die Eigenthümlichkeiten jedes Ackerstückes
kennen, uns zu Nutze machen und danach unsere Be-
stellung einrichten. Immer spielt das Wetter eine große
oder die größte Rolle und besonders für die ansich produc-
tivsten Böden, denn gerade diese habe ihre Eigenthüm-
lichkeiten und geben nur reiche Erträge, wenn sie richtig
behandelt werden : hier muß zur rechten Zeit geackert, oder
geeggt, dort ja nicht der Moment der Einsaat verfeblt,
hier diese, dort jene Frucht gebaut werden. Alle diese
Rücksichten erfordern eine tägliche, ja stündliche intime
Vertrautheit mit unseren Feldern, mit unserer Wirthschaft,
und diese, als die sicherste wirthschaftlicke Maßnahme jedes
Landwinds, dringend anzuratben, ist der Zweck dieser
Zeilen.
Hat unsere landwirthschaftliche Production bezüglich
Masse und Billigkeit schon ihren Höhepunkt erreicht?
-Haben wir unseren Feldern stets die angemessenste
Qualität Dünger und diese auch in der zweckmäßigsten
Mischung gegeben, um niit Sicherheit eine volle Ernte
in jeder Frucht erwarten zu dürfen? Wenden wir bei
der Bestellung wie bei der Ernte immer die geeignetsten
Mittel und Methoden an? Züchten, pflegen und halten
wir unsere Viehbestände derartig vollkommen, daß sie allen
Anforderungen, welche Boden und Lage gestatten, ent-
sprechen? Verfolgen wir den Gang unserer Märkte und
den immer wechselnden Geschmack unserer Abnehmer stets
aufmerksam, um die möglichst besten Preise für unsere
Products zu erzielen? All dies sind die Fragen, deren
Beantwortung jedem Einzelnen noch ein weites Feld des
Studiums und der Verbesserungen darbietet. Welche

Wandlungen, gute wie schlechte, auch die Landwirtbschaft
schon erfahren hat oder noch erleiden wird, immer war
und wird bleiben derjenige der erfolgreichste Landwirth,
der seine eigene Wirthschaft bis in das kleinste Detail
kennt und beherrscht, dessen ganzes Dichten und Trachten
dieser gewidmet ist. Und somit schließen wir unsere
Mabnung in dem Augenblick, wo der Pflug wieder in
Thätigkeit tritt, die Saatzeit heranrückt, mit dem alten,
sich in allen Sprachen und in den verschiedensten Formen
wiederholenden Sprüchwort: „des Herrn Fleiß düngt den
Acker wohl!" d. h. des HerrnFleiß undIntelli-
genz sichern den Erfolg.

Deutsches Reich.
Berlin, 8. April. In der Angelegenheit des unter
dem angeblichen Verdacht der Spionage in Rouen ver-
hafteten württembergischen Roßarztes Gustav Kurtz,
dessentwegen der Pariser Botschafter Graf Münster be-
auftragt worden war, bei der Regierung der Republik
vorstellig zu werden, nieldet die „Nordd. Allg. Ztg.", der
französische Minister des Auswärtigen habe nunmehr dem
deutschen Botschafter mitgetbeilt, nach der angestellten
Untersuchung hätten die betheiligten französischen Behörden
einen bedauerlichen Mißgriff begangen. Nachdem der
Verdacht der Spionage sich als unbegründet erwiesen habe,
sei die Ausweisung nicht gerechtfertigt und das Aufhalten
der Briefe des verhafteten Roßarztes durchaus ungehörig
gewesen. Der Minister habe dem Botschafter zugesagt,
der Wiederkehr solcher Vorgänge vorzubeugen, und er habe
den Botschafter ermächtigt, Herrn Kurtz wissen zu lassen,
daß ihm die Rückkehr nach Frankreich freistehe. Das
Auswärtige Amt habe Herrn Kurtz hiervon verständigt.
Schweiz.
Vern, 8. April. Hier wird geglaubt, daß das
deutsche Kaiserpaar die Rückreise von Rom durch
die Schweiz macht: und zwar nicht inkognito, sodaß eine
Begrüßung durch den Bundespräsidenten stattfände.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 8. April. Die hiesigen Zeitungen begrüßen
den Fürsten Ferdinand von Bulgarien. Sie
sehen in Stambulow's Begleitung eine willkommene
Widerlegung der russischen Auffassung von der Stimmung
in Bulgarien.
Frankreich.
Paris, 8. April- Nach Meldungen aus Valparaiso
vom 7. d. M. ist daselbst eine Ministerkrisis aus-
gebrochen.

alten Vater hinter das Licht geführt! Wie war das mit
dem Fritz, was hast Du mir bei seiner Abreise gesagt?
Nun heraus mit der Sprache!"
„Ach lieber Papa," sagte Hedwig mit schelmischem
Lächeln, „wie unrecht thust Du mir. Was ich Dir da-
mals sagte, war ja die reine Wahrheit. Ich war wirklich
einig mit Fritz, vollkommen einig darüber, daß er seine
Bewerbung bis nach Beendigung des Feldzuges verschieben
wollte. Kann ich dafür, daß Du seinen Entschluß nicht
mit Frida sondern mit mir in Verbindung brachtest?
Was hätte ich Dir noch mehr sagen können? Wohl
liebte ich schon damals einen Anderen, aber," fuhr sic
sich zärtlich an die Brust des Majors schmiegend kort,
„ich wußte ja nicht, ob er meine Liebe erwiderte."
„Also Alles hinter meinem Rücken abgekartet," murrte
der schnell versöhnte Vater, „und was fange ich jetzt
an? Am besten ist es, ich beirathe auch. Wüßte ich nur wen."
Jetzt wurde auch das junge Paar herbeigerufen und
angesichts des allgemeinen Glücks wichen auch die letzten
Spuren von Verstimmung aus dem Gesicht des wackeren
Hausherrn. ES wurde beschlossen, daß Fritz und seine
Braut am nächsten Morgen nach Waldau fahren sollte,
um die Zustimmung der Mutter einzuholen, und diese
sowie Ida zur Feier der Doppel-Verlobung mitzubringen.
Als Hedwig an diesem Abend dem Vater Gute Nacht
sagte, zog er sie liebevoll an sich:
„Ich glaube, Mädchen, Du bist wieder einmal klüger
gewesen, als Dein alter Vater," sagte er, „In die Wege,
welche das Schicksal uns vorgezeichnet hat, soll unsere
Hand nicht unwillkürlich eingreifen wollen. Ich werde
das Heirathstiften nie wieder versuchen."

IX.
Ein Jahr war vergangen.
Wir führen den geneigten Leser abermals in das in
der Behrenstraße zu Berlin belegene Haus, an dessen Thür
wir noch immer das kleine Schild niit dem Namen „Dr.
Friedrich Kranz" finden. Der junge Arzt bat jetzt die
elegante Paterre-Wobnung des Hauses inne.
Frau Doktor Kranz in einem zierlichen Morgen-Ne-
glige sitzt mit ihrem Gatten am Kasfeetisch- Es ist nicht
mehr das blasse ernste Mädchengesicht, welches den jungen
Mann damals durch seinen schwermütbigen Ausdruck an-
zog, nein, die frischen blühenden Wangen, lebenslustig
glänzenden Augen der jungen Frau, die sich so liebevoll
auf den ihr aegenübersitzenden Gatten heften, zeugen von
Glück und Zufriedenheit.
Dr. Kranz sicht nach seiner Uhr.
„Schon acht", sagt er, indem er einen bedauernden
Blick auf seine junge Gattin richtet, „meine Sprechstunde
beginnt." — „Und ich sehe Dich vor Tisch nicht wieder",
ergänzte sie halb schmollend.
„Ich will mich recht beeilen", entgegnet Friedrich, in-
dem er Jbr zärtlich die weiße Hand streichelt, die auf
dem Tische ruht. „Bedenkliche Patienten habe ich zur
Zeit nicht, und so gewinnen wir heut wohl ein Plauder
stündchen."
Während der Doktor aufsteht, um nach seinem Sprech-
zimmer hinüberzugehen, öffnet sich die Thür. Das Stuben-
mädchen bringt die Zeitung und di eingelaufenen Briefe.
Die Adressen der letzteren mit raschem Blick musternd,
reicht er den einen seiner Gattin, während er den anderen
selbst öffnet.
 
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