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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 131 - No. 140 (6. Juni - 16. Juni)
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Die,^8ürgerzettung"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

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Bürger-
Verkündigungsblatt und Anzeiger

Heidelberg, Samstag, Ist. Juni

Expedition:
Hauptstraße 28.

Expedition:
Hauptstraße 25.

1893.

Deutsches Reich.
Heidelberg, 9. Juni. Zu den Schlagworten, mit
welchen zur Zeit die rechtsstehenden Parteien operiren, gehört
eigenthümlicherweise auch dieses: Verschärfung der
Wuchergesetzgebung. Kaum wenige Wochen sind ins
Land gegangen, seitdem ein Gesetz votirt worden ist, so weit-
gehend und auslegungsfähig wie kaum wohl ein gleiches
in irgend einem anderen Lande, ein Gesetz, dem zu liebe
in letzter Stunde sogar die Rechtseinheit des Reiches in
Folge eines hastig eingebrachten Antrags durchlöchert
worden ist und nun soll wiederum die Stellung des
Kandidaten gerade in dieser Frage wesentlich bestimmend
für die Wähler sein. Wir, die wir den wirthschaftlichen
Standpunkt eines größeren Theiles der freisinnigen Partei
keinesfalls vollkommen theilen, wir müssen doch aner-
kennen, daß der Wille, den Schwachen gegen den Starken
zu schützen, nicht durchaus nothwendig ein Fortschreiten
geradeaus der Bahn der modernen Wuchergesetzgebung voraus-
setzt. Man braucht durchaus nicht Individualist zu sein,
um sie bedenklich zu finden. Wir, Schreiber dieser
Zeilen, sind einer socialen Ausbildung des Staatslebens
zugeneigt; wir gehören z. B. zu den unbedingten An-
hängern der Sonntagsruhe und wünschen deren weitere
Ausbildung. Wir würden aber Gegner eines Gesetzes
gewesen sein, welches ganz unbestimmt gelautet haben
würde: Wer am Sonntag „zu viel" arbeitet, wird
mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Wir sind
unbedingte Anhänger der Arbeiterschutzgesetze — wollen also
nicht deren „Vereinfachung" — wie der nationalliberale
Herr Kandidat sich dunkel aber unheimlich ausdrückte,
aber wenn man uns einen Paragraphen vorgeschlagen
haben würde, wonach der Fabrikant, der seine Arbeiter
„zu jung" beschäftigt, vor Gericht zu ziehen wäre, so
würden wir das bedenklich gefunden haben. Und warum?
Weil das wesentliche Erforderniß einer gesunden Gesetz-
gebung ist: Präzision, möglichst klare Umschreibung der
mit Strafe bedrohten Handlungen. Das Merkmal des
Rechtsstaates ist Rechtssicherheit. Man lese nur, wie sich
ein bekannter Strasrechtspractiker in einem conservativ-
gesinnten, aber selbständig gehaltenen Blatte, dem
Deutschen Wochenblatte, neuerdings über diesen
Punkt geäußert hat. Der modernen Wucheragitation ist
es zum Vorwurf zu machen, daß sie sich nicht bemüht
hat, die Uebelstände über die man klagte, ernsthaft und
unparteiisch zu studiren und soweit nöthig mit präzisen,
ähnlich wie bei der Arbeiterschutzgeschgebung ins Detail
gehenden Bestimmungen vorzugehen. Eine auf Nebenzwecke
ausgehende Agitation bemächtigte sich von vorherein der
ganzen Angelegenheit und auch die besonnenen Freunde von
wohlerwogenen Wuchermaßrcgeln geriethenin dasHintertreffen.
Die Irrfahrt des Keöens.
Roman von C. Wild.
3,15 18ci (Schluß.)
Alma von Minden verließ die Gegend und kehrte erst
Nach Jahren wieder zurück. Die Enttäuschung war doch zu
hart gewesen. Aber trotzdem ließ sich die Lebenslust der
jungen Dame nicht unterdrücken. Nur war sie jetzt etwas
dorsichtiger in der Wahl ihrer Bekanntschaften.
Als sie nach Schloß Minden zurückkehrte, geschah dies
w Begleitung ihres Gatten. Sie hatte sich diesmal einen
weniger eleganten Mann gewählt, aber er war thätig, ge-
achtet und trug einen ehrlichen Namen. Ein gewisses Phlegma,
bas ihn wohl etwas schwerfällig erscheinen ließ, paralysirte
glücklich Alma's übersprudelnde Lebhaftigkeit, und mit der
Zeit ward ans der koketten, übermüthigen Weltdame eine
ganz gute Hausfrau. Die bittere Lehre, welche Alma für
>hre Unbeständigkeit empfangen, war doch nicht ohne allen
Nutzen geblieben.
In der kleinen Villa am Rhein schlichen die Tage lang-
sam dahin; Molitor, oder vielmehr Norbert Hellmuth war
einfach und prnnklos bestattet worden, aber auf dem Grab-
hügel erhob sich ein Flor der schönsten Blumen, aus deren
Irischem Grün ein weißes Marmorkrenz hervorragte. Ver-
geben, gesühnt war seine Schuld, der Himmel mochte ihm
rin gnädiger Richter sein.
Melitta wartete; mit gläubigem Vertrauen sah sie der
Uttknnst Walter's entgegen, sic wußte nnn, daß er kommen
jNirde und wenn er sich am Ende der Welt befand. Durch
' en jetzigen Besitzer von Schloß Dahlen hatte sie erfahren,
'aß Walter ansgezogeu, sie zu suchen, und süßer Zuversicht
fE sah sie dem Tage entgegen, da er sie in seine Arme
schließen würde.
Und dieser Tag kam; in der Abenddämmerung war's,

Gerade in Baden besitzen wir einen solchen, in weitesten
Kreisen als landwirthschaftliche Autorität bekannten be-
sonnenen Beurtheiler. Es ist der gegenwärtige Finanz-
minister Herr Dr. Buchenberger. Auf dem Kongresse
des Vereins für Socialpolitik schloß sich Buchenberger
den von einem juristischen Vorredner gemachten Dar-
legungen über Abhilfemittel in der Hauptsache an. Mit
jenen fand er die bereits bestehenden strafrechtlichen Be-
stimmungen bei richtiger Handhabung als, in den meisten
Beziehungen wenigstens, ausreichend. „Ich kann an-
führen", sagte er, „daß bei uns in Baden in den zwei
Wucherprozessen, deren ich in meinem Bericht Erwähnung
that, auch in Anwendung der strafgesetzlichen Bestimmungen
über Betrug und Erpressung, also nicht blos auf Grund
des Wuchergesetzes, strafrechtliches Einschreiten möglich
war." Dr. Buchenbergers Vorredner hatte gewisse Spezial-
gesetze gegen bestimmt präzisirte Mißbräuche verlangt: im
Viehleihgeschäft, bei Versteigerung; Gesetze, die auch
Schreiber dieses, wenn sie aus Sachkenntniß, nicht aus
Leidenschaft hervorgehen, für sehr erwägenswerth bezw.
ersprießlich hält. Hierüber hinaus ging aber Dr. Buchen-
berger nicht. „Es ist mir auch zweifelhaft", sagte er,
„ob bei Ausdehnung des Wuchergesetzes auf Güter- und
Viehkaufsgeschäfte eine Fassung sich finden läßt, die zwar
den Wucher trifft, den legitimen Verkehr in Grundstücken
re. aber ungestört läßt. Nach der ganzen Art und Weise
aber wie ich gewohnt bin, die landwirthschaftlichen Ange-
legenheiten seit Jahren anzusehen und zu beurtheilen,
lege ich überhaupt größeren Werth auf die präv e nti v en
Vorkehrungen, also auf jene Maßnahmen, die darauf
abzielen, unfern Bauernstand geschickter für die Ausübung
seines Berufs und damit widerstandsfähiger zu machen
gegen Unfälle, ebendadurch aber die Quellen zu verstopfen,
aus denen der Wucher feine Nahrung zu schöpfen ge-
wohnt ist . . . Schaffung von besseren Einrichtungen
für die Befriedigung des Kredits, genossenschaftliche Ver-
einigungen zu diesem Zweck, sowie zur gemeinsamen Be-
schaffung von Bedarfsgegenständen, Pflege des Genossen-
schaftswesens überhaupt, aber auch Hinwirken auf eine
kaufmännische Führung der Geschäfte durch bessere Bildung
und Schulung und durch Gewöhnung der bäuerlichen
Bevölkerung an eine einfache Buchführung — all dies
wird jeder mit bestem Gewissen unterschreiben können."
Wichtig ist freilich, daß die Landwirthe von den ge-
gründeten Genossenschaftseinrichtungen auch Gebrauch
machen. Oft unterlassen sie dies aus ganz untrifiigen
Gründen. Dies bezeugt ein aller Wahrscheinlichkeit nach
conservativer Gewährsmann aus der nächsten Nachbarschaft
von Heidelberg, aus Mosbach. Er schreibt Herrn
Buchenberger, wie dieser an einer anderen Stelle mittheilt:

als ein jugendlicher, elastischer Schritt hereinstürmte und
Walter plötzlich vor den beiden Frauen stand, die jetzt häufiger
als sonst bei einander waren.
Mit einem Jnbelrufe sank Melitta in die Arme des ge-
liebten Mannes, der sie so fest an sein Herz preßte, als wollte
er sie nimmer von sich lassen.
Fran Georgine stand auf lind verließ geräuschlos das
Zimmer; sie fühlte, daß sie kein Recht hatte, bei diesem
Wiedersehen zugegen zu sein.
Und nun ging's an ein Erzählen! Melitta konnte nicht
müde werden, alles zu berichten, war es doch so viel und
inhaltsschwer!
Mit Staunen vernahm Walter alles, und immer wieder
preßte er auf's Neue die Geliebte in seine Arme, als könne
sie ihm noch geraubt werden.
Erst spät bemerkte Melitta, daß Frau Georgine sie ver-
lassen hatte.
„Deine Mutter," sagte sie, sich Walter's Armen ent-
windend, „ich will sie holen — sie ist jetzt gut und milde zu
mir gewesen. Ein Schatten flog über Walter's Stirn, aber
er sagte doch: „Ich will nut Dir gehen, Melitta."
Als sie in die von Georgine bewohnten Zimmer traten,
fanden sie die eleganten Räume leer. Doch lag auf dem zier-
lichen Schreibtische ein Brief ausfallend genug, uni sofort
bemerkt zu werden.
Walter erbrach hastig das Schreiben, cs lautete:
„Ich gehe, da ich Euch nun vereinigt weiß, forschet nie
nach mir, Ihr werdet nie mehr von mir höre». Ich
gönne Euch von ganzem Herzen das Glück, aber ich habe
mir das Recht verwirkt, cs mit Euch zu theilen. Lebet
wohl, seid glücklich!
Georgine."
„Sie ist heimlich fort," rief Melitta bestürzt; „vielleicht
können wir sie noch eiuholen." Und unwillkürlich machte sie
eine Bewegung nach derThüre, doch Walter hielt sie zurück.

„Auch solche Leute wenden sich gern an Handelsleute, die
zu stolz sind, sich vom Bürgermeister eine Bescheinigung
ihrer Vermögensverhältnisse geben zu lassen. Mit den
Worten: ich soll zum Bürgermeister gehen und habe
größere Ochsen als der — wies ein Bauer das betreffende
Ansinnen einer Vorschußkasse zurück."
Gewiß höchlich zu tadeln ist die kostenlose Verabreichung
von Spirituosen bei Versteigerungen. Nüchternsei der Mensch,
wenn er Vermögenstransaktionen von Belang eingeht.
Aber er sei auch nüchtern, wenn er zur Wahlurne
schreitet! Denn da disponirt er nicht nur über sein Hab
und Gut, sondern über seine Freiheit und die Ehre seines
Charakters — und darum lasse er sich nicht von Worten
berauschen. Schließlich sind es doch die linksstehenden
Parteien gewesen, die den Bauer von der Scholle befreit
haben, denen es der Bauer zu verdanken hat, daß er ein
Staatsbürger ist, denen er es zu verdanken hat, daß seine
hochmögenden Herren und Gebieter von ehemals jetzt in
seine Versammlungen kommen und den Hut vor ihm
ziehen. Und wenn — möge das Schicksal der Militär-
vorlage sein, welches es wolle -— die zweijährige Dienst-
zeit durchdringt, wenn der Sohn deS Landmannes dann
früher zu seiner Familie und zu seinem Acker zurückkehrt
— wessen anders wird er sich angesichts dieser Wohl-
that zu erinnern haben, als der entschiedenen liberalen
und radicalen Parteien, die seit Jahrzehnten — wahrlich
nicht gefördert von conservativer Seite— in diesem Sinne
unablässig gekämpft und gestritten haben!
Heidelberg, 8. Juni. Den mit der Angst-
production beschäftigten Nationalliberalen kommt die
Rede des Grafen Kalnoky äußerst ungelegen. Hat
doch der österreich-ungarische Minister des Auswärtigen
darin nicht blos die friedliche Lage in überzeu-
genden Worten dargelegt, sondern auch die dem Frieden
durch den Militarismus, insbesondere durch die fort-
gesetzten Rüstungen drohenden Gefahren nicht unerwähnt
gelassen. In dem erklärlichen Aerger über die Zer-
störung ihrer tendenziösen Graumalereien versteigen sich
die nationalliberalen Blätter sogar zu der Andeutung,
der leitende Staatsmann der habsburgischen Monarchie habe
nur so friedlich geredet, weil er eine gute Börsenstimmung
für die Durchführung der Währungsreform brauche.
Immerhin sehen sie sich, so verdrießlich es ihnen ist, ge-
nöthigt, den „Krieg mit zwei Fronten" aus der öffent-
lichen Erörterung auszuscheiden. Lassen die Bezeichnungen
zwischen Wien und Petersburg nichts zu wünschen übrig,
um so besser für Deutschland! Die schönen Flugblätter
„Die Russen kommen", sind nun allerdings umsonst.
Aber so trösten sich die nationalliberalcn Blätter, die
Heeresverstärkung bleibt nöthig gegenZüe Franzosen. Jn-
„Glaube mir," sagte er ernst, „sie hat das Beste gewählt,
sie wußte, was sie that. Wer nicht Liebe sät, kann nicht Liebe
ernten, und das, was auf ihr lastet, könnte auch Deine Liebe
nicht vergessen machen. Lassen wir sie in Frieden ziehen und
gedenken wir ihrer nur iin Guten!"
Fran Georgine mußte ihre Reisevorbereitungen so ge-
troffen haben, daß sie zu jeder Stunde, sobald Walter ankam,
das Haus verlassen konnte; denn alles, was sie mit Fug und
Reckst ihr Eigenthum nennen konnte, hatte sie mitgenommen.
Vor Noth und Sorge war sic geschützt, das wußten die beiden
Glücklichen, und mit der Zeit gewann es sogar Walter über
sich, ohne Bitterkeit an Diejenige zurückzudeuken, der er wohl
das Leben, aber wenig Liebe und Zärtlichkeit zu verdanken
gehabt.
Noch galt es, die Angelegenheit mit Ernest von Ballan
zu schlichten, doch dieser kam Walter zuvor, ehe noch die be-
stimmte Frist abgelaufen war.
Ernest von Ballan erklärte sich bereit, die von seiner
Mutter ausgesetzte Summe an Melitta zu zahlen, denn er
hatte, der erste, den Vertrag gebrochen. Schon seit länger
als zwei Jahren war er vermählt mit einem armen, aber
guten und schönen Mädchen, um dessentwillen er gerne auf
mehr noch als die bestimmte Summe Geldes verzichtet hätte.
So klärte sich alles zur Zufriedenheit auf.
Rückhaltlos gaben sich nun Walter und Melitta ihrem
Glücke bin.
Auch für sie hatte das Leben eine Irrfahrt bedeutet, aber
das Ende war ein glückliches gewesen, und fest und treu
hielten sie nun zusammen, denn was auch noch kommen mochte
— eines wußten sie, sie würden immer zu einander halten
und nie uneins werden, denn geprüft und bewährt hatte sich
ihre Liebe in der Irrfahrt des Lebens.
 
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