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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 131 - No. 140 (6. Juni - 16. Juni)
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Verkürrdignngsblatt und Anzeiger

Heidelberg, Mittwoch, 14. Juni

1893



Expedition:
Hauptstraße 25.

der Zwei-
auch nur
Lücken in
Bis 1880
für diesen

Noch willkürlicher ist die Außerbetrachtlassung der Er-
satzreserve bei der Berechnung der Verjüngung der Feld-
armee im Zusammenhang mit der Militärvorlage. Unter
den 53 500 Rekruten, welche nach dem Antrag Huene
eingestellt werden, sollen 17 500 nur an Stelle treten der
bisher im Frieden mit einer kurzen Ausbildungsperiode
Geübten. Diese Mannschaften kommen also für die
Verjüngungsfrage gar nicht in Betracht. Für die Frage
der Heeresverjüngung stehen also einem Angebot der freis.
Partei von 25 000 Rekruten mehr nur 36 000 Rekruten
mehr nach dem Antrag Huene gegenüber. Der Unter-
schied von 11000 Rekruten ist bei einem Ausbildungs-
contingent von 200 000 Ma^rn nur geeignet, das Kriegs-
heer um ein Achtzehntel zu verjüngen. In Bezug auf
die Verjüngung also macht der Unterschied zwischen dem
Antrag Huene und dem freisinnigen Antrag erst bei dem
18. Kriegsdienstjahr, also erst bei dem ältesten Jahrgang
der Landwehr zweiten Aufgebots, ein einziges Jahr aus.

Die,^Vürgerzeitu»g"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

der Regierung 36 000 Rekruten neu zu zweijähriger Dienst-
zeit eingestellt werden.
Im „Reichsanzeiger" wird nun auszuführcn versucht,
daß die Beibehaltung einer fünfmonatlichen Dienstzeit für
diese 17 500 Ersatzreservisten unmöglich sei nach Ein-
führung der zweijährigen Dienstzeit im Allgemeinen. Die
Beibehaltung der kürzeren Dienstzeit für die Ersatzrescr-
visten ist aber ebenso gut möglich nach Einführung der
zweijährigen Dienstzeit für alle Fußtruppen, wie sie bis-
her möglich war bei der zweijährigen Dienstzeit für zwei
Drittel der Fußtruppen. Die Ersatzrefervisten werden je
in besonderen Compagnien außerhalb der übrigen Trup-
pentheile ausgebildet. Aber, so sagt man, dazu ist nach
Einführung der zweijährigen Dienstzeit kein Ausbildungs-
personal mehr verfügbar. Die Verfügbarkeit von Aus-
bildungspersonal hängt doch einzig und allein von der
Größe dieses Personals ab. Wenn nach der Regierungs-
vorlage 12 000 Unterofficiere ausreichen sollen zur Aus-
bildung von 60 000 neuen Rekruten in zweijähriger
Dienstzeit, so müssen 8 000 Unterofficiere auch ausreichen
für die Ausbildung von 25 000 Rekruten in zweijähriger
Dienstzeit und 17 500 Ersatzreservisten in fünfmonatlicher
Dienstzeit.
In den Kreisen des Ausbildungspersonals ist nian
allerdings der Ersatzreserve gram, weil die Ausbildungs-
zeit der Ersatzreservisten im Herbst in die gewöhnliche
Urlaubszeit der Officiere und Unterofficiere fällt. Aber
die Ausbildung der Ersatzreservisten könnte ebensogut auf
verschiedene Perioden des ganzen JahreS vertheilt und
durch ein besonderes Ausbildungspersonal bewerkstelligt
werden. Alles dies sind nur Geldfragen. Wo ein Wille
ist, ist auch ein Weg.
Alles, was man bisher gehört hat über die Ergeb-
nisse der fünfmonatlichen Ausbildung der Ersatzreserve,
hat den darein gesetzten Erwartungen vollkommen ent-
sprochen, andernfalls würde man auch nicht im Wehrgesetz
von 1888 ausdrücklich noch diese Einrichtung der Aus-
bildung der Ersatzreserve im Frieden nochmals gesetzgeberisch
sanktionirt und vervollkommnet haben. Allerdings haben
solche Ersatzreservisten nicht die Ausbildung
jährigen. Aber diese Ersatzreservisten sind ja
bestimmt dazu, im Laufe eines Krieges die
den Reihen der mobilen Truppen auszufüllen,
hielt man es nicht einmal für erforderlich,
Zweck überhaupt schon Soldaten im Frieden auszubilden.
Man begann mit der Ausbildung erst mit der Mobil-
machung und 1870/71 erst einige Monate nach derselben.
Auch jetzt haben die im Frieden ausgebildeten Ersatzceser-
visten im Mobilmachungsfall in den Friedensgarnisonen
noch eine weitere Ausbildung zu gewärtigen, bevor sie
als Ersatz den mobilen Truppen nachgeschickt werden.

liegen sah, das Tags vorher in seinem phantastischen Lieb-
reize einen so tiefen Eindruck auf ihn gemacht, da schwand
sein Zorn dahin, der ihn soeben noch heiß und wild durchtobt.
Ilka, die in seinem Gesicht zu lesen verstand, fuhr, Hoffnung
schöpfend, fort zu flehen:
„Nur Deinetwillen wollte ich mir ein Pferd stehlen, um
mir durch den Verkauf desselben Schmuck und schöne Kleider
anschaffen zu können, damit ich Dir darin gefalle; hast Da
doch das Herz der armen Ilka in den Zauberbann geschlagen!"
Das Gestaudniß ihrer Neigung hatte ihn nicht gleichgiltig
gelassen und er hätte ihr gern die Freiheit geschenkt; ohne
Aufopferung seines besten Pferdes konnte sie jedoch ihren
Verfolgern nicht entgehen. Als er ihr mit bedauerndem
Achselzucken mittheilte, daß cs keine Rettung für sie gebe, riß
sie rasch das Hemd von ihrer Brust, indem sie verzweifelnd
bat:
„Gnädiger Herr, Werin Du mich nicht retten kannst, so
ziehe Dein Schwert und stoße mir es rasch ins Herz hinein,
damit ich vor dem Hängen nicht die grause Todesangst erleiden
muß. Wenn Du mir den kalten Stahl in die Brust bohrst,
will ich Dir dankbar zu lächeln; denn von Deiner Hand
wird mir selbst der Tod mild entgegentreten, deshalb sei
gnädig und tödte mich, bevor die Henker mich erfassen! Denke
an Deine Mutter und vergiß nicht, daß ja auch ich gleich ihr
ein Weib!"
Als der Freiherr so auf das schöne Mädchen niederblickie,
umfluthete es heiß sein Herz. Nach den Kameraden ausspä-
bcnd, die allmählig immer näher kamen, sprach er rasch za
Ilka:
„So fliehe denn und nimm, damit es Dir gelingt, das
Pferd, das Du mir rauben wolltest, als ein Geschenk von mir!"
Da stieß sie einen Freudenruf aus und bevor der Freiherr
eS hindern könnte, hing sie bereits an seinem Halse, ihn
sirenenhaft umschlingend und seinen Mund mit zärtlichen
Küsten bedeckend. Fast hörbar fühlte er ihr erregtes Herz

Die Krscrtzreseroe.
In einem Artikel des „Reichsanzeigers", welcher sich
gegen freisinnige Flugblätter richtet, wird wiederum der
Versuch gemacht, die bisherige Ausbildung der Ersatzreser-
visten im Frieden als gänzlich wertblos außer Rechnung
zu stellen. Und doch ist die Ausbildung von 17 500
Ersatzreservisten jährlich im Frieden, welche seit 1880 in
Deutschland cingeführt ist, eine intensivere noch als die
gejammte Ausbildung der schweizerischen Soldaten.
Die Ausbildung der deutschen Ersatzreservisten be-
steht in einer zehnwöchentlichen Ausbildungsperiodc,
welcher später noch ein sechswöchentlicher und ein vier-
vierwöchentlicher Kursus folgen. Im ganzen also dienen
die Ersatzreservisten 20 Wochen oder nahezu 5 Monate.
Gleichwohl will der „Reichsanz." diese Ersatzreservisten
den im Frieden ausgebildeten Mannschaften nicht zurcchnen.
Auf der anderen Seite aber werden im „Reichsanz."
den in Frankreich ausgebildeten Mannschaften alle die-
jenigen zugerechnet, deren Dienstzeit nur IlU/z Monate
beträgt. Mehr als ein Viertel des französischen Rekruten-
contingents wird nur zu einjähriger Dienstzeit ausgehoben.
Thatsächlich dienen diese Mannschaften nur KU/z Mo-
nate in Folge einer längeren Rekrutenvakanz. Der
„Reichsanz." widerspricht sich auch selbst, indem er nach-
her die deutschen ausgebildeten Ersatzreservisten der Kriegs-
stärke des deutschen Heers zurechnet. Wenn aber solches
richtig ist, so muß man auch die Ersatzreservisten dem
jährlichen Rekrutencontingent zuzählen.
Ebenso ist die zur Ausbildung gelangende Ersatzre-
serve der Friedenspräsenzstärke zuzurechnen. Natürlich muß
dabei die Präsenzzeit von 10 refp. 6 und 4 Wochen auf
Jahre reduzirt werden. Allerdings sind die Ersatzreser-
vistcn nicht der Friedenspräsenzstärke im Septenatsgesetz
zugerechnet; dies ist aber einfach aus dem Grunde nicht
geschehen, weil die Zahl der Auszubildenden Ersatzreser-
visten nicht im- Voraus für 7 Jahre, sondern für jedes
Jahr besonders, und zwar durch den Etat, festgesetzt
wird. Eine solche Festsetzung in den Positionen des
Etats findet nicht statt für die Hebungen der einberufenen
Reservisten und Landwehrmänner. Schon daraus geht
hervor, daß man die Ersatzreservisten nicht solchen
Uebungsmannschaften in der Berechnung zuzählen kann.
Bekanntlich unterscheidet sich das Angebot der frei-
sinnigen Partei von dem Antrag Huene dadurch, daß
nach dem Angebot der freisinnigen Partei 17 500 Ersatz-
reservisten wie bisher nur im Ganzen 5 Monate aus-
gebildet werden sollen, während die Regierung diese Er-
satzreservisten in Mannschaften mit zweijähriger Dienst-
zeit umwandeln will. Außerdem sollen nach dem An-
gebot der freisinnigen Partei 25 000, nach den Forderungen

an seiner Brust schlagen. In ihren stürmischen Liebkosungen
schien sie Tod und Galgen zu vergessen; aber auch ihm war
es, als halte er ein seliges Glück umfangen, fühlte er doch zum
ersten Male die ganze Zaubermacht des Weibes.
Endlich riß sie sich los, schwang sich auf das Pferd und
in tvllcm Jagen ging's dem nahen Walde zu, der mm frei
und offen vor ihr lag.
WenigeWüchcu nachher erklangensiegverküudenddonner»
gleich die Heerpauken der Kaiserlichen, hatten dieselben doch
unter ihren, ruhmreichen Feldherrn, dem Prinzen Eugen von
Savoyen, die Türken bei Peterwardein glänzend geschlagen.
Als sich bereits der Abend mit seinem blitzenden Sternen-
himmel über das Schlachtfeld breitete, irrte suchend eine junge
Zigeunerin umher; aber unter all den unzähligen Leichen
vermochte sie nicht die des theuren Mannes zu finden, nach
welchem auch seine Reiter bereits vergeblich geforscht.
Nachdem sie abermals den ganzen weiten Plan durch-
wandert hatte, setzte sie sich ans einen Hügel und vergrub
schluchzend das Gesicht in ihren Händen, durch welche unaus-
gehalten die Thränen bitteren Schmerzes rannen.
3.
Seit der Schlacht bei Peterwardein tvaren bereits zwei
Jahre dahiugeflossen nnd es gab wieder Frieden mit den
Türken, den sie diesmal theuer erkaufen mußten.
Am grünen Rheine stand das Schloß des Freiherrn von
Harteueg, sich in den Wellen des stolzen Stromes spiegelnd.
In den weiten, öden Prunkgemächern weilte einsam und ver-
lassen die längst vcrwittwcte Freiherrin, unaufhörlich ihres
geliebten Sohnes, ihres einzigen Kindes, gedenkend, der vor
zwei Jahren ansgezogcn war, «mim fernen Ungarlande gegen
die Türken za streiten: Richt einmal dir Gewißheit seines
Todes war ihr geworden, damanseine Leiche nicht gefunden.
Trotz aller Bemühungen des Prüfen Eugen, welcher dem
unglücklichen Geschicke des tapferen jungen Mannes die leb»

KieLeszmBer.
Erzählung von Wilhelm Appelt.
4,3 18 (Fortsetzung.)
Matt «nd am ganzen Körper leise zitternd, hing Ilka fast
leblos auf dem Pferde, sollte es doch, während die Sonne in
leuchtender Pracht am tiefblauen Himmel emporstieg, bei ihr
zu Ende gehen mit frischer Jngendlust und dem ganzen schönen
Leben!
„Barmherzigkeit!" gellte es plötzlich wie ein Todesschrei
aus ihrem Munde, als sie mit Riesenkraft vom Pferde ge-
rissen und zu Boden geschleudert wurde. Als sie dann auf
den Knieen lag, die Hände krampfhaft in den Schoß gefaltet
und den Kops tief auf die Brust gesenkt, meinte sie, bereits
den Strick um den Hals zu fühlen, der ihr die Kehle zusam-
menschnüren sollte; statt dessen wurden ihr in heißem Zorne
wilde Drohungen zugerufen, welche darin ausklangen, daß
sie in wenigen Stunden inmitten des kaiserlichen Lagers an
der größten Eiche hängen solle. Beim Klange dieser Stimme
wandte Ilka das Gesicht empor und als es geschah, sah sie
den schönen Reiteroffizier, den Freiherrn von Harteueg, niit
geschwungener Reitgerte, die eben aus sie nicdersauscn sollte,
vor sich stehen.
„Ilka, Du bist die Diebin, die mir mein bestes Pferd zu
stehlen versuchte?!" klang cs ihr überrascht entgegen. Sie
schien für einen Augenblick ganz vergessen zu haben, um was
es sich handle, denn wie geistesabwesend starrte sie auf ihren
Richter. Doch gleich darauf verdrängte die Todesangst alle
andern Gefühle aus ihrer Brust und kläglich begann sie um
ihr Leben zu flehen, während sie ihm die Hände entgegen-
rang.
„Gnädiger Herr, lasse die arme Ilka frei und schenke ihr
das junge Leben! Lasse sie nicht am Galgen sterben, gewiß
wird es Dir Glück und Segen bringen!"
Als der Freiherr das schöne Geschöpf jammernd vor sich

Deutsches Reich.
Berlin, 12. Juni. Generallieutcnant von der Armee
v. Holleben ist als Nachfolger des Generallieutenants
Edlen v. d. Planitz zum Gouverneur von Mainz er-
nannt worden.
München, 12. Juni. Der Herzog in Bayern, Mar-
Emanuel, ist heute morgen 7 Uhr in Schloß Feldafing
am Starnberger See infolge der Sprengung eines Herz-
gefäßes, die er sich bei einein Ritt zugezogen hatte, ge-
storben. lHerzog Mar Emanuel, der jüngste Sohn des
Herzogs Ludwig, ein Bruder der Kaiserin von Oesterreich,
wurde am 7.December 1849 in München geboren. Ver-
mählt war er seit 1875 mit Prinzessin Amalie von
Koburg-Gotha. Er hinterläßt drei Söhne, Siegfried,
Christoph und Luitpold.)
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 12. Juni. Der Kaiser reift zur Leichen-
feier des Herzogs Mar Emanuel nach München.
Frankreich.
Paris, 12. Juni. Präsident Carnot hat heute
Morgen keinen Empfang gehalten, da er durch den Besuch
des Rennens erniüdet war. — Nach einem Erlaß des
Kriegsministers wird die Parade am 14. Juli wegen
der Hitze morgens und nicht am Nachmittag stattfinden,
und zwar in zwei Theilen. Die Truppen aus Vincennes
und dem Osten von Paris werden bei Vincennes auf-
gestellt, die des Westen von Paris im Bois de Boulogne.
Durch den Erlaß werden auch frühere Rundschreiben des
Ministers über die Betheiligung von Officieren an Fest-
mahlen und anderen officiellen Festlichkeiten in Erinnerung

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» Petitzcile od. deren Raum. Für locale
_Geschäfts- u. Privatameigen 3 Pf.
Expedition:
Hauptstraße 25
 
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