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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 131 - No. 140 (6. Juni - 16. Juni)
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gebracht. Die Generäle sollen keine Erlaubniß dazu er-
thei len, obne sich zu versichern, daß die Erörterung
politischer Fragen streng ausgeschlossen bleibt. Sie sollen
sich möglichst von Reden und Trinksprüchen fernhalten
und im voraus versichern, daß die in ihrer Gegenwart
gehaltenen Reden die Empfindungen der Achtung und
der Hingabe nicht verletzen, welche das Heer für die
Republik habe.
England.
London, 12. Juni. In Regierungskreisen - gibt sich
immer mehr der Wille kund, die Debatte über dieHome-
Rule zu beenden. Gladstone glaubt, die Diskussion in
der ersten Hälfte des Monats Juli zu erledigen.
Rußland.
Petersburg, 12. Juni. v. Giers wurde heute
vom Kaiser empfangen und übernimmt wiederum die
Leitung des Ministeriums des Auswärtigen. Minister
v. Giers war lange Zeit so leidend, daß er sich von
den Geschäften hatte zurückziehen müssen. In unter-
richteten Kreisen wurden die ab und zu auftauchenden
Gerüchte des verdienstvollen Mannes für unbegründet
erklärt._
Die Reichstags Wahlbewegung.
Heidelberg, 12. Juni. (Freisinnige Ver-
sammlung im„ Z w inger" Schluß.) Nach der Rede
des Hrn.Dr. Gehrke ergriff Herr JustizrathDr. Geiger
das Wort, um in bald launischer, bald feurigerRede einige
Punkte zur Sprache zu bringen. Hinsichtlich der Steuer-
frage befinde er sich ineinem gewissen Gegensatz zu dem
Candidaten, da er für Ablehnung der Militärvorlage der
Regierung eintrete und die Mittel für die Mehrkosten der zwei-
jährigen Dienstzeit schon aus der sog. Branntweinliebesgabe zu
schöpfen seien. Weßhalb solle man sich denn da den Kopf
für die Regierung wegen Forderung neuer Steuerprojecte
zerbrechen? Wisse man doch, daß an der Spitze des preuß.
Finanzministeriums ein so gewiegter Finanzmann stehe,
wie Dr. Miquel, dessen Talent zur Entdeckung neuer
Steuerquellen unbestritten sei. Pflicht der Regierung sei
eS, in dieser Richtung das Nöthige zu thun. Das Pro-
jekt einer Reichseinkommensteuer hält er zwar
für ausführbar, gibt jedoch zu bedenken, daß in preuß.
Städten z. B. die directen Staats- und Gemeindesteuern
schon nahe 100/g des Einkommens erreichten. Nur
dringendste Nothwcndigkeit könne daher zu einer weiteren
Vermehrung veranlassen; die Hauptsache sei aber, nicht
nöthige neue Belastungen zu vermeiden. Gegnerisch sei
aber, Ausgaben zu bewilligen, bevor die Deckungsfrage
festgestellt sei und zwar, wie dies jetzt geschehe, einfach
auf die Matrikulurbeiträge hinzuweisen. Das Verhalten
gleiche durchaus dem eines unsoliden Geschäftsmannes.
Nochmals gebe er zu bedenken, wie wichtig die Erhaltung
unseres Reichstagswahlrechts sei, namentlich auch im
Hinblick auf die Lasten, welche durch die vielen und
hohen indirecten Steuern auf die Schultern der ganzen
Bevölkerung und namentlich in unverhältnißmäßigem
Grad der weniger Bemittelten gelegt seien und die daher
gebieterisch forderten, daß diesen auch ihr Recht unver-
kümmert bleibe. Man drohe jetzt mit fortgesetzter Auf-
lösung des Reichstags, wenn die Militärvorlage abgelehnt
werde; sogar Nationalliberale suchten, uneingedenk des
liberal in ihrer Parteibezeichnung, mit der Möglichkeit
eines Verfassungsbruchs zu schrecken. Nachdem aber im
Deutschen Reich der Parlamentarismus, wenn auch in
bescheidener Form, sein 25 jähriges Jubiläum gefeiert
habe, halte er derartige Dinge für unmöglich. Unbedingt
nöthig sei aber dazu, ein einmüthiges kräftiges Zusammen^
stehen der freiheitlich gesinnten Elemente. Möge daher
jeder freigestnnte Mann am 15. Juni seine Pflicht thun,
damit Heidelberg durch einen freisinnigen ReichstagSab-
geordnetcn in Berlin bei Herrn Miquel, der hier 1884
die Reform des Nationallibcralismus schuf, seine Visitcn-

hafteste Theilnahme entgegenbrachte, konnte man nicht er-
fahren, ob er wirklich todt sei, oder sich irgendwo versteckt im
weiten türkischen Reiche in Sklaverei befinde. Viele hatte
man gegen Gefangene oder gegen Geld ausgelöst, aber von
dem Freiherrn von Harteneg war keine Spur zu erlangen.
Seine Mutter hätte freudig all ihr Hab und Gut dahingege-
ben, dem geliebten Sohne die Freiheit zu erkaufen. Die Un-
gewißheit, die sie schon so lange quälte, war ihr entsetzlicher
als die traurigste Gewißheit, und der Gedanke, ihn todt zu
wissen, wäre tröstlicher für sie gewesen als der, daß er in
qualvoller Sklaverei schmachten könne.
Stundenlang stand sie an dem Erkerfenster und schaute
hinüber zu den hohcnBergen, dem fernen Osten zu, und wenn
die eilenden Wolken nach dieser Richtung zogen, so war es
ihr, als könne sie ihrem Sohne mit denselben treue Grüße
senden. Wenn vom Thale herauf melodisch das Abendläuten
erklang, sank sie auf die Knie, in heißem Gebete Gott um
Rettung des Verschollenen anstehend, wenn er noch am Leben.
Welchen Mutterstolz hatte sie stets gefühlt, und nun lagen
alle die reichen Hoffnungen vernichtet da! Und doch wollte
sich eine innere Stimme nicht aus ihrem Herzen bannen lassen,
welche ihr Tag und Nacht zuflüsterte: „Du wirst ihn einstens
Wiedersehen!"

Inmitten eines unabsehbaren NosenhaineS lag der Palast
des mächtigen Paschas Ibrahim, in seiner maurischen Schön-
heit einem süßen Märchentraume gleichend.
Die Sonne brannte glühend heiß herab und alles Leben
schien ringsumher erstorben zu sein, denn Mensch und Thier
hatte sich in den kühlen Schatten geflüchtet, um der Ruhe zu
genießen. Am äußersten Ende des Parkes aber, der von einer
hohen Mauer umgeben war, befand sich in der Nähe eines
dichten Gebüsches ein junger Sklave, welcher trotz der sen-
kenden Hitz« die schwere Arbeit des Sandgrabens verrichten
vmßte. Bevor er autruheud mve hielt, blickte er in scheuer

karte abgebe. ES ergriffen hierauf noch Herr Dilgcr
und Herr Koch das Wort zur Empfehlung des frei-
sinnigen Candidaten. In ein von dem ersteren auf den
Candidaten aukgebrachtes Hoch stimmte die Versammlung
begeistert ein. Prof. Osthoff schloß die Versammlung
nach 6 Uhr mit einem Hoch auf da» in Freiheit geeinte
deutsche Vaterland.
Berlin, 12. Juni. Für Preußen sollen alle Stich-
wahlen am 24. Juni stattfinden, und die Feststellung der
Ergebnisse am 28. Juni erfolgen.
Berlin, 12. Juni. In einer großen Versammlung
des 1. Wahlkreises im Wintergarten des Central-Hotels
sprach unter großem Beifall der freisinnige Kandidat
Langerhans. Als dann der Rechtsanwalt Krebs den
Gegenkandidaten Egidy mehr persönlich als sachlich an-
griff, protestirten dessen Anhänger. Man wollte sie ent-
fernen; einer von ihnen wurde geprügelt, und cs ent-
stand ein großer Tumult. Der überwachende Polizei-
Offizier ließ die Schläger zur Wache bringen, worauf
die Versammlung weiter gehen konnte.
Elbing, 12. Juni. In einer Wahlversammlung
in der Kolonie Pangritz bei Elbing, in welcher der kon-
servative Kandidat von Puttkamer-Plauth eine
Wahlrede hielt, verursachten etwar 200 Sozialdemokraten
einen heftigen Erzeß, so daß die Versammlung aufgelöst
wurde. Der Saal wurde von der Gendarmerie geräumt.
Beich Verlassen des Saales wurden, wie die „Elbinger
Zeitung" meldet, von Puttkammer und seine Begleitung
thätlich angegriffen, von Puttkammer erhielt einen Faustschlag
ins Gesicht und wurde von einem Stein in den Rücken
getroffen. Die Gendarmerie machte mit blanker Waffe
dem Handgemenge ein Ende, wobei mehrere Personen
verwundet wurden._
** Heidelberg, 13. Juni. Folgender Zuschrift,
unzweifelhaft von einer Seite, wo am wenigsten eine
nationalliberalc Volkserleuchtung an der Tagesordnung,
geben wir hier Platz und wünschen, daß diesem Lichtwort
aus dem „Elysium" ein wenig Nachdenken gewidmet
werden möchte.
Geehrte Redaktion der „Bürger-Zeitung!"
Nein, wer mir das vor hundert Jahren gesagt hätte,
als ich noch unter den Lebenden weilte, daß die arme
Menschheit so langsam voranschreitct, daß sic so barbarisch
bleibt, und, nehmen Sie mir's nicht übel, so dumm!
Denn dumm muß sie wohl geblieben sein, wenn man
ihr mit solchen Flugblättern gruselig machen kann, wie
sie solche von Berlin aus in Wagenladungen verbreiten.
Kurze und lange Striche haben sie darauf gemalt, um den
Leuten einzureden, daß unser Vaterland, wenn die Mili-
tärvorlage nicht angenommen wird, unter allen Umständen
den Kürzeren ziehen muß.
Bin ich denn ganz vergessen bei Euch ? Ich höre ja
immer, daß ihr mich als den größten Philosophen, den
ihr hattet, anpreist und dick mit mir thut und mir Denk-
mäler setzt, ich will aber keinen Weihrauch, sondern ich
will gelesen sein! Ich bin nicht eitel, aber eine Zeile von
mir ist doch mebr werth als tausend solche Deklamationen
und Bilderchen. Ich wäre gern hinabgekommen zu Euch,
aber es ist nun einmal Grundsatz bei uns Himmlischen,
uns nicht persönlich in Wahlhändel einzumischen; wie
kann man mir auch in meinen alten Tagen zumuthen, in
Kirchheim und Spechbach und Eberbach herumzukatschiren?
Oder gar in Neckargemünd, wo der Menzer meine Ver-
sammlung gleich verlassen würde, weil er in griechischen
Weinen bedeutend, aber gar nicht in griechischer Weisheit
handelt! Etwas aber thun Sie für mich und für Sich:
Drucken Sie aus meinem Büchlein „Zum ewigen
Frieden", in dem auch sonst noch beherzigenswerthe
Dinge stehen (die man den heutigen zurückgebliebenen
Menschen gar nicht einmal bieten kann) die folgende
Stelle mit fetten Lettern ab:

„Stehende Heere (mi1«8 psrpstauu) solle«
mit der Zeit ganz aufhören. Denn ste be-
drohen andere Staaten unaufhörlich mit
Krieg durch die Bereitschaft, immer dazu
gerüstet zu erscheinen; reizen diese an, sich
einander in Menge der gerüsteten, die
keine Grenzen kennt, zu übertreffen, und,
indem durch die darauf verwandten Koste»
der Friede endlich noch drückender wird
als ein kurzer Krieg, so find sie selbst Ur-
sache von Angriffskriegen, um diese Last los-
zuwerden."
Elysium, im Juni 18S3. Immanuel Kant.
Berühmtester deutscher Pbilosoph.
Aus Wcch und Jern.
G Haudschnhsheim, 13. Juni. In der ver-
gangenen Sonntagsnacht kam es zwischen mehreren aus
einer Wirthschaft heimkehrenden Burschen zum Streit.
Hierbei bediente sich einer des Messers und verletzte vier
durch Stiche in Arm, Brust u. s. w. Einer derselben,
ein fleißiger und noch nie bestrafter junger Mann, der
seine Militärzeit abgedient, wurde von dem Messerhelden
so schwer verletzt, daß er hoffnungslos darniederliegt. In
der Nacht noch wurde der Attentäter in den Gewahrsam
abgefübrt und dürfte er eine wohlverdiente Strafe zu
gewärtigen haben.
Eppelheim, 13. Juni. Ein hiesiger junger
Mann entwendete seinem Vater den Baarbetrag von 60
Mark, ferner eine Uhr und einen Rock und suchte da-
mit das Weite, jedenfalls um die letzteren Gegenstände
zu „versilbern". Dem bestohlenen Vater ist nichts
anderes übrig geblieben, als sich auf die Strümpfe zu
machen und zwar zunächst nach Heidelberg, um seinen
würdigen Sohn bezw. die gestohlenen Gegenstände zu
suchen. — Ein übles Nachspiel hatte die am Sonntag
hier begangene Turnfeier. Ein Theil der Tribüne,
wo gestern zur Nachfeier getanzt wurde, stürzte plötzlich
theilweise ein und wurde hierbei einer der Betheiligten
von einem herabfallenden Balken derart getroffen, daß
ihm das eine Bein gebrochen wurde. Der Schwerver-
letzte wurde nach Heidelberg in das akademische Kranken-
haus gebracht.
Ö St. Ilgen, 13. Juni. Ein tief bedauerlicher
Unglücksfall ist gestern Abend hier vorgekommen. Der
13-jährige Sohn des BahnerpeditorS Ludwig war damit
beschäftigt, ein Jagdgewehr zu putzen und zwar im Bei-
sein des 5-jährigen Töchterchens des Fabrikanten Reichart
hier. Plötzlich entlud sich das Gewehr, die Kugel traf
das dabeistehende Kind in den Mund und durch den
Kopf, so daß das arme Mädchen auf der Stelle zu-
sammenbrach und todt war. Den Schrecken der Eltern
beiderseits kann man sich denken. Andererseits liegt in
diesem wiederum durch unvorsichtigen Umgang mit Schuß-
waffen herbeigeführten Unzlücksfall die neue Mahnung,
mit solcherlei Gegenständen weniger sorglos umzugehen.
Wie ist es möglich, ein Gewehr, in dem sich noch ein
Geschoß befindet, in einem Zimmer sorglos stehen zu
lassen, was hat ein Schulknabc damit zu schaffen?
Z Plankstadt, 13. Juni. Die in hiesigem Orte
bereits zahlreichen Vereine und Gesellschaften, haben sich
dieser Tage noch um einen weiteren Verein vermehrert.
Derselbe besteht aus jungen Leuten, legte sich den Namen
„Frohsinn" bei und wählte als Vereinslocal das Gasthaus
zum „goldenen Adler." Der neue Verein zählt bereits
20 Mitglieder.
* Pforzheim, 12. Juni. Blutvergiftung zog sich eine
Frau von hier durch Ritzenmit einem weißen Faden zu. Ob
das die alleinige Ursache war, oder ob auch das baldige
Waschen noch dazu beitrug, kann nicht sicher bestimmt
werden. Immerhin aber mögen es Alle beherzigen und
sich zur Zertheilung eines Fadens eines Messers oder

Angst umher, fürchtete er doch, daß sofort die Peitsche des
Sclavenaufsehers auf ihn niedersausen werde, breite, blutige
Striemen ziehend. Da derAufseher nirgends zu sehen war,
so gönnte er sich einen Augenblick der erquickenden Ruhe, meinte
er doch in der Sonnengluth verschmachten zu müssen.
Nachdem er sich den Schweiß von der Stirn gewischt, stand
er eine Weile regungslos. Ms es geschah, verlor sich sein
Geist sofort wieder in alte, vergangene Zeiten und da war
cs ihm auf einmal, als hörte er die Fluthen des grünen
Rheines rauschen und als umziehe ihn der würzige Harzduft
des deutschen Tannenwaldes. Und da stieg auch das Bild
einer milden Frau vor ihm empor.
Ach, welche heiße Sehnsucht empfand sein Herz nach der
guten Mutter, die ihr einziges Kind gewiß als todt beweinte!
Nur noch ein einzigesMal wollte er sie Wiedersehen, nur noch
ein einziges Mal den deutschen Wald und den heimischen
Strom des Rheines rauschen hören!
Welch' gräßlichen Jammer hatte er die zwei Jahre hin-
durch in elender Sklaverei erdulden müssen! Und kein Strahl
der Hoffnung schien ihm zu leuchten, denn sein grausamer
Herr, der Pascha Ibrahim, hatte ihm fürchterliche Rache da-
für geschworen, daß er dessen Sohn in ehrlichem Kampfe ge-
tödtet, und gelobt, ihn um alle Schätze der Erde nicht frei-
zugeben. Die wildesten Qualen, die er nur ersinnen konnte,
ließ er ihn erdulden.
Was war aus dem schönen heldenkühnen Freiherrn von
Harteneg durch fortwährende Martern für ein demüthiger,
gebrochener Sklave geworden, der sich wie ein Hund unter
der Peitsche seiner umbarmherzigen Quäler krümmte.
Als er noch so dastand, vernahm er Plötzlich ein auffallen-
des Pfeifen aus dem dichten Gebüsche in seiner Nähe, das von
keinem Vogel herzurühren schien. Sich rasch erhebend und
die Thränen trocknend, lauschte er gespannt; es war jedoch
nichts mehr zu vernehmen.

Während der Freiherr Wetter arbeitete, erklang abermals
das geheimnißvolle Pfiffen. Da ließ er rasch die Schaufel
fallen und drang durch das Gebüsch bis zu einem von dem-
selben umschlossenen freien Grasplatze, in dessen Mitte er
einen Zigeunerknaben stehen sah, dem das lange, schwarze
Haar wirr ins Gesicht fiel, dasselbe zum Theil verdeckens.
Da hielt der Freiherr seine Schritte an und wußte nicht,
ob er stehen bleiben oder weiter gehen solle, fürchtete er doch
eine ihm gestellte Falle. Ehe er jedoch noch einen Entschluß
fassen konnte, rief bereits der Knabe:
„Mein geliebter, gnädiger Herr, nach so langem Suchen
habe ich endlich Dich gefunden!"
Bevor der Freiherr antworten konnte, lag der Zigeuner-
knabe zu seinen Füßen, seine Hände mit heißen Küssen be-
deckend; verwundert fragte er:
„Wer bist Du, Knabe, und rvaS bewegt Dich so?"
„Kein Knabe, sondern Deine Ilka bin ich ja!" klang eS
zärtlich ihm entgegen. „Seit zwei Jahren suchte ich Dich
vergeblich im weiten Tnrkenreiche. Aber nur als Knabe ver-
kleidet durfte ich es wagen, da man mich sonst in einen Harem
gesperrt haben würde. Rur für Dich allein will ich als Mäd-
chen leben, der Du mir mit Deinen blauen Augen den Lie-
beshimmel in das Herz gezaubert! Vor drei Tagen erst ge-
lang eS mir, Dich aufzufinden und seit dieser Zeit warte ich
hier im Gebüsch auf den ersten unbelauschten Augenblick, um
mit Dir zu sprechen. Bittere Thränen hat Deine Ilka ge-
weint, als sie Dich so leidenvoll als niederen Sclaven sah,
und als gestern die Peitsche des Aufsehers auf Dich nieder-
fiel, da zerriß ein jeder Schlag blutend mein armes Herz!"
Als sie erklärt, daß sie gekommen, um iHv Rettung zu
bringen, fragte er erregt:
„Und was forderst Du als Preis dafür, Du gutes, liebe»
Kiud?"
(Fortsetzung folgt.) 4,S 1«
 
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