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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 41 - No. 50 (17. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0187

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IZAH,^ sM^M^I^^AIAH^LN
M-W--W

Die,^8ürgevzeitu«g"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sormtagsnummcr liegt ein Unter-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei

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VerkimdigrmgMatt und Anzeiger
r Stadt und Land

45.

Expedition:
Hauptstraße 25.

HeideLberg, Mittwoch, 22. Februar

Expedition:
Hauptstraße 25.

1893.

Der Abonnementsprers
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H« Nttlk.
Der Schleier ist also nun gefallen, der so lange sorg-
fältig über die Home Rule Bill gebreitet war. Gladstone,
der Grand Qld Man, bat ihn gehoben. Home Rule
f^er nicht Home Rule, das sind die Loosungsworte, die
R den letzten sieben Jahren allem politischen Ringen in
dieseni Lande als der alles andere in den Hintergrund
drängende Stempel aufgedrückt waren. Wie lange mag
?sr Schlachtruf immerhin noch Geltung haben? In dem
Bestreben der Irländer nach größerer Selbstständigkeit
^reinigten sich zwei mächtige Bewegungen, einmal das
^erlangen nach nationalen Zusammenschlüßen, das ja in
der Geschickte aller europäischen Staaten dieses Jahr-
hunderts zu Tage getreten ist, und auf der anderen Seite
Wieder das Streben nack Deecntralisation und localer
Selbstverwaltung, das seit einer Reibe von Jahren als
^Uc Hauptstörmung in der inneren Geschichte des ver-
einigten Königreichs sich bemerkbar gemacht und —
??Uz abgesehen von Irland — auck auf längere Zeit
^uus nock sich geltend machen wird. Diese beiden
^Urcbungei^^laufcn^nmnder^sckc^

In schwerem WerönchL.
Criminal-Novcllc

von Reirtholv Ortmann.
(Fortsetzung.)
c. „Ei, ei, mein muthiger Freund! soll denn das etwa
^wen, daß Du diesen Herrn von Braunfels auch beute
zu schonen gedenkst?— Willst Du ibn nicht lieber
vornherein um Verzeihung bitten, damit Du
ja recht sicher jeder Gefabr auö dem Wege gehen
»Gs ist nicht unwahrscheinlich, daß ick das tbun
s^jdc, wenn ich wüßte, daß damit das Duell beizulegen
hg In. E- Ferrolt! — Sich mich nicht gar so vcr
nn: ich rede völlig u" Ernste, und wenn Dir
z. Ratur eine Unze mcbr Verstand mit auf die Welt
l>E^n patte, so würdest Du auch begreifen, warum ich
kjh chun würde. — Hätte sich die gestrige Scene an
ich beliebigen anderen Qrtc der Welt ereignet, so würde
"Zi Schurken heute in aller Gcmüthsruhc über den
ii,.schießen und mich dann gemächlich aus dem Staube
Hier aber muß ich unter allen Umständen vcr-
die Aufmerksamkeit der Behörden in unliebsamer
mich zu lenken, denn wenn ich den Assessor
oder gar rödte, was man uns als Ausländer
is doch anrcchnen wird, so könnte dadurch meine
zks-,A'chst wahrscheinlick auch Deine Sicherheit ernstlich
Tdet werden!"
ll'Uolt'o Gesicht war während dieser Auseinander-

auch nur scheinbar. Denn die Irländer betrachten sich,
und gewiß nicht ebne Grund, als eine von der britischen
ganz und gar verschiedene Rasse und die beiden Nationen
trennt überdies auch noch die Verschiedenartigkeit der Re-
ligion. Ucbcrall in Wales, in Schottland, in den engl.
Grafschaften, in der „Häuserprovinz" London strebt die
Bevölkerung darnach, ihre localen Angelegenheiten immer
in ausgedehnterem Maaße unabhängig vom Reichspar-
lament zu verwalten, dem allerdings in diesem Augen-
blicke noch viel zu weit greifende Befugnisse obliegen. Und
beide Parteien sind gleich ernstlich darüber aus, diese
enger abzugrenzen.
Aber ist das Ucbel wirklich so groß, daß man nur in
einer Losreißung Irlands von Großbritannien seine
Heilung finden kann? Es handelt sich nicht nur um
eine Losreißung, versichern die Home Ruler, sondern nur
um eine größere Selbstständigkeit, um die Verwaltung
von Dingen, welche die Irländer allein angehen, um ein
Zugeständnis, das endlich Frieden stiften soll zwischen
den beiden Inseln, und obschon das äußere politische Band,
welches dieselben zusammenhält, ein wenig lockern, ein
„Band der Herzen" weben und eine „wahre Union" der
beiden Länder herbcifübren wird. Indessen die irdische
Home Rule-Partei verlangt doch völlige Unabhängigkeit
und erklärt auf das bestimmteste, sich niemals ohne die-
selben zufrieden geben zu wollen. Ist da nicht zu be-
fürchten, daß die einmal derselben gemachten Zugeständ-
nis e nur zu weiteren Forderungen und erbitterten Kämpfen
und eine „st crzcns-Nnicn" mehr als je verhindern
werden? Sind überdies die von Gladstone in Aussicht
gestellten Zugeständnisse nicht tbatsächlich schon jetzt einer
Losreißung Irlands von Großbritannien gleichzuachtcn?
Die Home Rule Bill stellt zwar die Suprematie deö
britischen Parlaments al- unerläßliche Hauptbedingung
obenan; aber angesichts der übrigen Rechte, die sie einer-
abgesonderten Verwaltung Irlands einränmt, ist das in
mancher Hinsicht nur eine leere Form. Wohl sollen auch
solche unbedingte Reicks-Angelegenheiten wie Verhand-
lungen mit auswärtigen Mächten, Entscheidungen über
Hccr und Flotte, über Zoll, Post, Münzwesen und dergl.
lediglich vor das Parlament des vereinigten Königreichs
kommen, aber Irland soll doch auch sein eigenes Parla-
ment, ein Ober- und ein Unterhaus erkalten und natürlich
auch ein eigenes Cabiuet. Die gegenwärtige Vorlage
schreibt vor, daß achtzig irische Abgeordnete mit in West-
minster sitzen, aber nur an den Berathungen und Ab-
stimmungen, die sich auf Reichs-Angelegenheiten beziehen,
Antkeil nehmen sollen. Welche verwickelten Zustände

werden dadurch herbeigefübrt werden. Wie soll es an-
gesichts des hier so streng beobachteten Systems, daß das
Eabinet stets aus derjenigen Partei gebildet wird, welche
sich in der Majorität befindet, z. B. werden, wenn eine
Partei mit den achtzig irischen Stimmen die Mehrheit,
ohne dieselben aber die Minderheit bildet, wenn ein
Cabinet also heute, wo es sich um Reichs-Angelegenheiten
im Parlament handelt, einen Sieg erringt, morgen aber
in einer rein englichen und doch scbr wichtigen Angelegen
heit unterliegt, dann also seine Entlassung einreichen
müßte? Soll dann sofort die andere Partei an die Re-
gierung kommen — — um bei der nächsten Reichs-An-
gelegenheit, wo die Irländer wieder mitstimmen, seiner-
seits wieder zum Abdanken gezwungen zu werden ? Dazu
kommt aber vielleicht noch als die allergrößte Schwierig-
keit, daß die Irländer nichts weniger als geeinigt sind
unter sich, weder in Bezug auf irgend etwas im All
gemeinen noch in Bezug auf Home Rule im Besondern.
Da gibt es zunächst zwei sich aufs Acußerste bekämpfende
Parteien von Home Rulers, die Parnelliten und die Na-
tionalisten, unter denen, sobald England seinen starken
Arm von Irland zurückzöge, gar leicht zu Mord und
Todtschlag führender Hader ausbrechen dürfte.

Deutsches Reich.
Borliu. 20. Febr. Der Kaiser besuchte beute
Miltag den Reichskanzler Grafen Eaprivi und blieb
eine Stunde bei ibm; zum nächsten Freitag hat sich der
Kaiser beim Minilt«* v. Bötticher zu Tisch angesagt.
Berlin, 20. Febr. Neber die gestrige Pa pst feier
laufen aus den katholischen Landestheilen Berichte ein,
die deren großartigen Verlauf schildern. Große Festver-
sammlungen fanden u. A. in Köln, München, Mann-
heim ec. statt.
Berlin. 20. Febr. Der D e u ts ch e Ba u ernbu n d
hielt heute seine 8. Generalversammlung im Architekten-
hause ab. Der Vorsitzende Ploetz checkte mit, der
Ausschuß habe ibn zu der Erklärung ermächtigt, der
Deutsche Bauernbund sei bereit, seine Auflösung auszu-
sprechen i nd mit seinen 40,000 Mitgliedern und seinem
Kapitalvermögen den! Bunde der Landwirts beizutreten,
wenn es auch diesem Bunde möglich sei, die wirthschaft-
lichen Vortheile den Mitgliedern zu gewähren, wie dies
im Bauernbund der Fall gewesen sei. Eine später ein-
zuberufende General-Versammlung werde darüber be-
schließen. Darauf folgte die Besprechung der politischen
Lage unv des conservativen Programms. Freiherr v o n

setzung immer fäblcr und spitzer geworden und aus dem
Ton seiner Stimme war jede cynische Zuversichtlichkeit
geschwunden, als er sagte:
„Nun, wenn Du gar so vorsichtig bist, warum hast
Du Dich denn nicht schon gestern Abend aus dem Staube
gemacht und Deinem Gegner, sowie den Behörden das
Nachsehen gelassen?"
„Auch das würde vielleicht verdächtig gewesen sein,
Ferrolt! — Ich bin wahrhaftig noch niemals in einer
unangenehmeren Situation gewesen, als gerade in diesem
Augenbicke, und ich wünsche von ganzem Herzen, daß wir
erst um eine Stunde älter wären. — Ich bin meinem
Rivalen sozusagen wehrlos in die Hände gegeben; ich
darf ihn weder verletzen, noch tödten, während er selbst,
wie ich überzeugt bin, wenig Ursache haben wird, mich
zu schonen."
Das geringe Quantum von Muth, welches der feige
Sekundant im Vertrauen auf d'Hervillyö erprobte Ge-
schicklichkeit im Schießen mit auf den Schauplatz gebracht
hatte, war durch die trübe Stimmung des Sündcn-Gc-
nossen vollständig verscheucht worden und als der Wagen
hielt und er denselben verließ, fübltc er, daß seine Kniee
merklich zitterten.
„Hier, meine Herren," sagte der Kutscher, „nimmt
der Fußweg, den Sie mir bezeichnet haben, seinen An-
fang, wünschen Sic vielleicht, daß ich Sie mit dem Wagen
hier erwarte?"
„Tbun Sie das," sagte d'Heroilly. -— „Wenn wir
indeß in einer Stunde nicht hierher zurückgekehrt sein
sollten, so können Sie ohne uns wieder nach der Stadt
fahren."

Schweigend schritten die beiden cigcnthümlichen Ge-
nossen auf dem in vielfachen Windungen langsam auf-
steigenden Fußpfade vorwärts. Der lästige Nebel drang
ihnen trotz der dichten Ueberröcke durch die Kleider und
legte sich feucht und kalt, wie die eisige Hand des Todes,
um ihre Glieder.
Je näher Ferrolt und d?Hcrvillv den, für das Duell
bestimmten Platze kamen, desto mebr vereinigten sich
Angst und Kälte zu einem Gefübl beklemmender Unbc-
baglichkeit, welches besonders bei Ferrolt so heftig auf-
trat, daß er fast nach jedem Schritte stehen bleiben und
Athen! schöpfen mußte. — Der Marquis d'Hervillv
wußte sich zwar äußerlich mcbr zu beherrschen z aber das
Keucken seiner Brust und das unstäte Umherirren seiner
Augen wurden zu Vcrrätbern seiner inneren fieberhaften
Erregti; eit.
Der in seinem der Stadt zugcwendcten Theile sorg-
fältig gepflegte Thierpark nahm hier in seinem entlegensten
und sehr wenig besuchten Viertel ein immer romantischeres
und wilderes Gepräge an, so daß es den beiden Fran-
zosen schon nach kurzer Wanderung sckwcr wurde, den
Fußweg zu verfolgen.
„Ich fürchte," sagte d'Hervillv stehen bleibend, „wir
werden die Stelle gar nicht aufsinden. Der verdammte
stiebet benimmt einem ja jede Aussicht. Wenn ich nicht
irre, hat der Sekundant des Assessors von einem Rondel
gesprochen, an welchen! wir Vorbeigehen müßten, aber ich
vermag doch beim besten Willen nickt das Geringste zu
entdecken."
„Still!" unterbrach ibn Ferrolt Plötzlich, indem er
die Hand fest auf seinen Arm legte; ich höre Stimmen
 
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