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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 11 - No. 20 (13.Januar - 24. Januar )
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0075

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Mrger-SZeUung

Verkündigmrgs-latt imd Anzeiger

Die „Bürgerzeitung"
erscheint täglich mit Ausnahme von
Sonn- und Feiertagen.
Der Sonntagsnummer liegt ein Uuter-
haltungsblatt, „Der Erzähler", mit dem
Humor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei

Adonnementspreis
für Heidelberg: monatl. 40 Pfg. mit
Trägerlohn, durch die Post bezogen
vierteljährl. Mk. 1.— ohne Zustcllgeb
Znsertionspreis: 10 Pf. für die l spall.
Petitzeile od. deren Raum- Für locale
Geschäfts- u. Privatanzeigen 8 Pf.

17.

Heidelberg, Freitag, 2V. Januar

1893.

Zum Abonnement
auf die „Bürger-Zeitung" laden wir ergebenst
ein. Bei
Reichhaltigkeit und Billigkeit
ist dieselbe auch kein Parteiorgan.
Der Preis ist der niedrigste aller Blatter
in Baden, er beträgt
monatlich nur 49 Psg.
mit Trägerlohn, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mk.
ohne Zustcllungsgebühr-
Bestellungen werden für auswärts durch die Post,
innerhalb der Stadt durch unsere Träger- cntgegenge-
nommen-
Verlag der „Bürger-Zeitung".
Werschieöenes vorn Hoge.
Zu Militärvorlage und Steuerprojecten. —Von
Berlin schreibt man: Deni Widerstand dem dieMilitärvorlage
im Volke und dementsprechend auch in der Volks-
vertretung begegnet, beruht nicht so sehr auf dem Inhalt
der Vorlage, die in der Herabsetzung der Dienstzeit und
in der Verjüngung der Armee ja an sich manches Nütz-
liche bietet, sondern weit mehr darin, daß in wirth-
schaftlich bedrängter Zeit die großen Kosten der Vorlage
durch neue Steuer!! aufgebracht werden sollen, die einen
schweren Eingriff in verschiedene Gebiete des Wirthschafts-
leben darstellen. Das hat sich bei der Berathung der
Militärvorlage im Plenum und in der Commission
wiederholt gezeigt, und es lritt auch bei der Berathung
der Steuergesetze ganz besonders zu Tage. Die Steuer-
politik, die in Verbindung mit der Militärvorlage ge-
trieben wird, gefällt thatsächlich keiner einzigen Partei.
Von der Erhöhung der Brausteuen will, mit Ausnabme
einiger Conservativer, kein Mensch etwas wissen, und fast
noch mebr als bei dieser tritt die Unfähigkeit unserer
jetzigen Steuerpolitik, aus an sich steuerkräftigen Objecten
ohne Schädigung cer Volkswirthschaft die nöthigen Be-
träge zu erzielen, bei dem neuen Branntweinsteuergesetz
zu Tage. Der ursprüngliche Vorschlag, die Steuerdif-
ferenz von 20 Mk. um 5 Mk. zu vermindern, hatte
wenigstens noch einen gerechten Grundgedanken. In der

Gestalt aber, die aus Drängen der süddeutschen Regier-
ungen das Gesetz im Bundesrath angenommen hat, ist
es so ziemlich der plumpeste Vorschlag, der überhaupt
gemacht werden konnte. Eine künstliche Steuerabstufung,
mit der eigentlich niemand zufrieden ist, einfach gleich-
mäßig um ein Viertel zu erhöhen, ist nicht der Vorschlag
eines Finanzpolitikers, sondern eines naiven Kalkulators.
Sollte schon einmal aus dem Spiritus mehr herausge-
schlagen werden, so lag doch nichts näher, als die grund-
sätzliche Aenderung eines künstlichen Steuersystems, welches,
wie nun der Erfolg von fünf Zähren beweist, nicht ein-
mal diejenigen befriedigt, denen es init einer bis dahin
unerhörten Offenheit 20 Mk. für den Hektoliter Spiritus
schenken wollte. Das Branntweinsteuergesetz von 1887
ist die schlimmste arg^arische Begünstigung, die je in ge-
setzliche Form gebracht worden ist, und es hat doch der
Spiritusindustrie nicht viel genützt. Es entgehen der
Neichskasse jährlich 40 Millionen, aber denjenigen, die
sie nach der Absicht des Gesetzes ganz erhalten sollen,
und die sie in Wirklichkeit zum'Theil erhalten, gereicht
das Gesetz nicht zum Segen. Die Brennereiindustrie ist
durch dieses 20 Mark-Geschenk heruntergekommen, da
trotzdem die Neberproduction und das Fallen der Preise
blieb. Die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Gesetze
kam bei der neulich Berathung im Reichstage direkt
und indirekt zum Ausdruck, und wenn der Reichskanzler
überhaupt daran denkt, eine Militärvorlage orer einen
wesentlichen Theil von ihr durchzusetzen, so muß er den
Steuerpolitiker finden, der ein ne es Branntweinsteuer-
gesetz entwirft, das die erforderlichen Erträge liefert, ohne
die Brennereiindustrie zu ruiniren
Zahlreiche Eingaben gegen den die Abzablungs-
geschäfte betreffenden Gesetzentwurf gehen beim Bureau
des Reichstages fortgesetzt ein. Die meisten stammen aus
den Kreisen der betheiligten Geschäfte selbst, aber es fehlt
auch nicht an abfälligen Kundgaben von solchen Seiten,
die zumeist Maaren aus Abzahlungsgeschäften zu ent-
nehmen pflegen. Diese Vorlage wird voraussichtlich zu
sehr umfangreichen Erörterungen führen und eine ein-
gehende Kommissionsberathung erforderlich machen. Ham-
burger Inhaber von großen Abzahlungsgeschäften sind in
einein gemeinsamen Bittgesuch so weit gegangen, die
Hinzuziehung von Fachleuten zu den Verhandlungen der
betreffenden Reichstags-Kommission zu verlangen. Eine
derartige Forderung, die von völliger Unkenntniß der
parlamentarischen Gepflogenheiten zeigt, ist natürlich aus-
sichtslos. Haben die betheiligten Fachleute das Bedürf-
niß, die Mitglieder des Reichstags über die einschlägigen

Verhältnisse aufzuklcsten, so bleibt ihnen nur der Weg
umfassender, womöglich ziffernmäßig begründeter Eingaben
übrig. Ausdrücklich ist seitens der Regierung betont
worden, daß nur die Auswüchse und Mißbräuche inner-
halb der Abzahlungsgeschäfte beseitigt werden sollten, ohne
daß der wirthschaftlich berechtigte und vielfach nützliche
Kern dieser Geschäftsform angetastet werden solle. Des-
halb wird auch in der Vorlage wohlweislich der Eigen-
thumsvorbekalt nicht beseitigt, da mit ibm erst der Real-
kredit im Abzahlungsgeschäft ermöglicht und damit für
solide Abzahlungsgeschäfte die Grundlage geschaffen
wird. Desto nachdrücklicher soll dafür den zahlreichen
unsoliden und schwindelhaften Geschäften dieser Art auf
den Leib gerückt werden. Darin herrscht zwischen der
Negierung und der Mehrheit des Reichstages die vollste
Uebereinstimmung. Wenn man etwa hoffen sollte, in
dieser Beziehung eine Abschwächung der Vorlage herbei-
führen zu können, dürfte man sich bald überzeugen, daß
der Liebe Müh umsonst ist!
Auch der Ausschuß der deutschen Turnerschaft hat
an den Reichstag zur Militärvorlage eine Petition ein-
gereichst welche eine erhöhte Pflege des Turnens befür-
wortet, sodann 1- Einführung von Vergünstigungen in
der Länge der Dienstzeit und in der Beförderung zu Ge-
freiten und Unterofficieren für solche Ausgehobene, die,
gute Führung und tüchtige militärische Ausbildung vor-
ausgesetzt, eine ordentliche turnerische Ausbildung nach-
weisen können, beziehentlich durch ein behördliches Zeug-
niß über eine bestandene Prüfung solche Nachweisen;
2. Verlangen eines gewissen Maßes turnerischer Leistungs-
fähigkeit bei der Erlangung der Berechtigung zum ein-
jährig-freiwilligen Dienen.

Deutsches Reich.
Berlin, 18. Jan. Beim Kaiserpaar findet am
20. Januar im Weißen Waale eine größere Ball-
festlichkeit statt, zu der die Einladungen bereits er
gangen sind-
,'srnnkrem).
Paris, 18. Jan. Wie der „Figaro" meldet, ver-
sichere die Umgebung des Präsidenten Carnot, daß der
Präsident ungeachtet seiner in der Panama-Angele-
genbeit bisher beobachteten Zurückhaltung einen sehr
genauen Plan dahin gefaßt habe, dem Cabinet, welches
dem jetzigen ziemlich bald, spätestens nach Beendigung
des Panamaprocesses, folgen werde, den Auftrag zur
Kammerauflösung zu geben.

In schwerem Weröncht.
15) < Criminal-Nvvcllc
von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
„Oho!" rief Richard mit lauter Stimme, „Ihr wollt
mich binden wie einen tollen Hund! — Wohlan denn,
so will ich Euch die Zähne zeigen. Kommt heran, wenn
Ihr den Muth habt, einen unschuldigen Menschen wie
einen Banditen und Mörder zu behandeln!"
Der Kommissär griff in die Seitentasche seines Rockes
und zog die Hand, mit einem schweren Todtschläger be-
wehrst wieder heraus; einer seiner Begleiter folgte diesem
Beispiel, während in den Fingern des anderen Plötzlich
der todtbringende Lauf eines Revolvers blinkte. — Die alte
Frau sah von alledem nichts mehr, eine wohlthätigc Ohn-
macht hatte ihre Augen geschossen, Louise aber verfolgte
jede Bewegung der Beamten mit brennenden Augen. Als
sic sah, welche furchtbare Gefahr dem Leben ihres Bruders
drohte, warf sie sich mit flehend erhobenen Händen vor
den, Kommissär in die Knie, ihm den Zugang zu dem
Nebenzimmer verwehrend.
„Bei Allem, was Ihnen heilig ist, bcsckwöre ich Sie,
gebrauchen Sie keine Gewalt! — Es muß ein Jrrthum
obwalten, ein schrecklicher Jrrthum. Aber mein Bruder
wird Ihnen folgen, nur tödten Sie ihn nicht!"
Der Beanite ließ die erhobene Rechte sinken und schaute
dem jungen Mädchen mitleidig in das schmerzerfüllte,
schöne Antlitz.
„Machen Sie Platz, mein Kind — Sie sehen ja

selbst, daß wir ihren Bitten nicht Folge leisten können.
Ihr Bruder hat unseren gütlichen Aufforderungen thätlichen
Widerstand entgegengesetzt."
„O, mein Herr, lassen Sie mich mit ihm reden —
nur einen Augenblick! — Ich verspreche Ihnen, daß er
Alles thun wird, was Sie verlangen."
Damit war sie aufgestanden und an den unglücklichen
in seiner wilden Verzweiflung zum Aeußersten entschlossenen
jungen Manne kerangctreten.
„Richard!" bat sie mit der ganzen innigen Zärtlich-
keit, die sie ihrer weichen Stimme zu geben vermochte,
„folge ihnen! Es kann ja doch nur ein Mißverständniß
sein, das sich in wenigen Stunden ausklären muß. Willst
Du darum das Leben der armen Mutter auf's Spiel setzen."
Der junge Mann zuckte zusammen.
„Meine Mutter!" murmelte Richard und die Eisen-
stange, die er ergriffen, fiel klirrend zu Boden. Mit
düsterer Entschlossenheit streckte er den Beamten beide
Hände entgegen.
„Da bindet mich, wenn's sein muß; aber Gott mag
denen verzeihen, die mir das angethan!"
Seine Hände wurden gefesselt und zum letzten Mal
schlang die treue Schwester, die jetzt ihre strömenden Thränen
nicht länger zurückzuhalten vermochte, ihre Arme um
seinen Hals.
„Louise, tröste die Mutter und schütze sie vor Ver-
zweiflung und sage ihr, daß ich, was auch über mich er-
gehen möge, ein reines unbeflecktes Gew ssen habe."
Damit hatte er in Begleitung der Beamten das Zim-
mer verlassen und eine Viertelstunde später fiel mit dumpfem
Klirren die schwere eiserne Thür hinter ibm in's Schloß,

welche ihn trennte von seinen Lieben, welche ihn abschloß
von der ganzen sonnigen, lachenden Welt.
Bei der Haussuchung, die man gleich darauf in seiner
Wohnung vorgcnommen, wurde als einziges auffindbares
oorxus ckstiati ein blutbeflecktes Taschentuch mit Beschlag
belegt und dem Untersuchungsrichter eingelicfert.
> V-
Es war 1l Uhr Morgens. Immer kecker und übcr-
müthiger drängten sich die ungezogenen Sonnenstrahlen
an den noch vollständig berabgclassenen Fenstervorhängen
vorbei in das Schlafzimmer des Assessors von Braunfels,
welche den ungestümen Weckern denn auch unmöglich
hätte länger widerstehen können und eben gähnend und
sich dehnend die ersten schüchternen Versuche machte, die
süßen Fesseln des Schlummers vollends von seinen Augen-
lidern zu streifen. Es gehörte ;u den angenehmen Ge-
wohnheiten seines Junggesellenlebens, sich von jeder nächt-
lichen Strapaze, die ihm durch seine gesellschaftlichen
Pflichten häufig genug auferlegt wurden, durch einen ent-
sprechend langen Schlummer zu erbolen, und es gehörte
da keineswegs zu den Seltenheiten, daß sich derselbe bis
über dieselbe Mittagsstunde binausdebnte. Heute gab es
indessen eine rühmliche Ausnahme, denn der Gegenstand,
welcher schon in den nächtlichen Träumen des Juristen
eine nicht wesentliche Rolle gespielt, nahm seine Gedanken
auch gleich beim Erwachen so lebhaft in Anspruch, daß
von dem üblichen „Nachschlummcr" auf der „andern Seite"
heute gar nicht die Rede war und daß Kurt von Braun-
fels seine Morgentoilette sogar ohne Hinzuziehung des
sonst beinahe unentbehrlichen Bedienten in Augriff nahm.
 
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