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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 11 - No. 20 (13.Januar - 24. Januar )
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zerknitterten Frisuren und Spitzen ließen es beinahe un-
zweifelhaft erscheinen, daß die Gräfin erwacht war und
sich ihres Lebens so gut als möglich zu wehren gesucht
bade. Daraus ließ sich mit leichter Mühe kombiniren,
daß der Mörder wahrscheinlich einige Spuren der Nägel
oder Zähne der Gräfin, der einzigen Waffen, welche dem
armen Opfer im Augenblick des Neberfalls zur Bei-
fügung gestanden haben könnten, am Körper tragen
werde.
„Braunfels wandte sich an den Freund mit der raschen
Frage -
„Wenn nun der Mann, den ich vorbin als den muth-
maßlichen Tbäter bezeichnete, irgendwelche frische Ver-
letzungen an sich trüge, deren Ursprung er nicht genügend
nachzuwcisen vermag, würdest Du alsdann eine Unter
suchung gegen ihn einleiten?"
Der Staatsanwalt zuckte mit den Achseln.
„Das würde sich obnc weitereVerdachtsmomenteschwcrlich
rechtfertigen lassen. Ich vermag überhaupt nicht recht zu
begreifen, warum Du mit solcher Hartnäckigkeit auf einer
Vermuthung beharrst, die meines Erachtens auch nicht
den geringsten Grad von Wahrscheinlichkeit hat. Wenn
Dich noch andere Gründe, als die mir vvrbin mitgctbeilten,
dazu bestimmen, so bitte ich Dich, mir auch diese nicht
zu verschweigen."
„Ich habe Dir Alles gesagt, was ich weiß."
„Dann kann ich beim besten Willen nichts weiter
thun, als den Marquis um seine Papiere befragen
und mich über seine Persönlichkeit aufzuklären."
Eine kurze Pause entstand. Braunfels spähte noch
einmal aufmerksam umher und sein Blick fiel dabei zufällig

auf die lange mit Brillanten besetzte Haarnadel, welche
einer der Aerzte vorbin bei der Untersuchung der Leiche
aus den dichten Flechten gezogen und ohne weitere Be
achtung auf ein Seitentischchen gelegt hatte. Das Auge
des Assessors aber mußte an dem unscheinbaren Gegen-
stand etwas wahrgenommcn haben, das seine Aufmerk-
samkeit im höchsten Grade erregte, denn mit einem leisen
„Ah!" der lleberraschung griff er nach dem blitzenden
Schmuckgegenstand, dessen Spitze in einer Länge von un
gcfähr zwei Zoll mit einer rötblichbrauncn Schicht an-
scheinend gewöhnlichen Rostes überzogen war.
„Da wäre ja eine unfehlbare Spur gefunden", rief
Braunfels aus. „Ich will mich hängen lassen, wenn der
Verbrecher von dieser seltsamen Waffe nicht eine Ver-
wundung davon getragen hat, die das Auge des Gesetzes
sehr bald entdecken wird."
Der Staatsanwalt war näher getreten und warf einen
Blick auf die Nadel.
„Bester Freund, Du bist etwas bitzig in Deinen Fol-
gerungen. Erstens hat man dies Ding der Leiche aus
den Haaren genommen und zweitens scheint mir die ver-
dächtige Substanz an der Spitze nichts weiter als durch
irgendwelche Feuchtigkeit hcrvorgerufener Rost zu sein."
„Verzeihung lieber Hellborn, aber in diesem ^alle habe
ich entschieden recht! — Die Nadel ist von Silber, also
kann von Rost nicht die Rede sein, und der Mörder hat
den Gegenstand, dessen sich die Gräfin in dem verzweifel-
ten Kampfe zu ihrer Vertheitigung bediente, nach voll-
brachter Tbat wieder an dem Kopfe seines Opfers befestigt,
um ihn nicht zu einem Verdachtsmomente werden zu lassen.

larien.
Homer",


Arger

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Die „Bürgerzeitung"
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tr Sonntagsnummer liegt ein Unter-
Aungsblatt, „Ter Erzähler", mit dem
">nor. Repräsentanten „Der deutsche
Michel" bei.

20.
*

Expedition:
Hauptstraße 25.

Heidelberg, Dienstag, 24. Januar

Expedition:
Hauptstraße25.

1893.

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Heidelberg.

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- . - ----
Zur- Keer-esvevstäDkung.
Nach den amtlich an die Militärcommission des
ichstags .rfolgten Mittbeilungen betrug die Stärke
dritten Jah-ganges bei den Fußtruppcn am all-
leinen EntlassungStagc 1892 für das gesammte
lsche Heer 57 362 Mann. Davon entfallen auf die
fanleric 44 702, auf die fahrende Feldartillerie 8415,
die Fußartillerie 1994, auf die Pioniere 1284, die
enbahntruppe 452, die Luftschiffer 8 und den Train
i. Weiter wurde in der Commission eine llebersicht
langt von der Beanspruchung der Infanterie durch
»imandos. Eine solche Uebcrsicht ist ertheilt worden,
gibt sie nur solche Kommandos an, welche die
innschaften zu Dienstleistungen außerhalb des Truppen-
In schwerem Wevöncht.
Eriminal-Novclle
von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
Die an den Thürcn stehenden Beamten wiesen die
^gierigen jedoch sehr energisch zurück, und vollkommen
lestört betraten Hcllborn und Braunfels den Schan-
tz des verhängnißvollen Ereignisses.
Als Braunfels vor der noch immer aut dem Bette liegcn-
Leiche niit den vor wenigen Stunden so strahlend schönen
' jetzt so furchtbar entstellten, qualverzerrten Zügen stand,
lochte er sich des Schauderns nicht zu erwehren,
lußte sich für einen Augenblick abwenden, um seine
he und Selbstbeherrschung wieder zu gewinnen. Der
Arast war ein zu gewaltiger, der Eindruck ein zu tief
hüttcrnder, als daß das Gemüth des jungen und

er Erpeo. v.

HriLckbrG
anuar 1893.
per in 4 Aufzugs
Lorhing-
l Uhr.

den Anblick von Verbrechen noch wenig gewöhnten
fisten nicht beinahe hätte überwältigt werden sollen.
Die Aufwallung ging indeß bald vorüber und in
str Zeit war der Assessor wieder im Stande, der Äus-
serung seines Freundes zu folgen und in dem kleinen
'dach eingehende Umschau zu halten, um vielleicht irgend
zu entdecken, das seinem vorhin .geäußerten Verdacht
fi Schein von Bestätigung zu geben vermocht hätte.
R Bemühen aber blieb fruchtlos, denn die peinliche
klung, welche überall herrschte, bot überhaupt nicht
' geringsten Anhaltspunkt dafür, daß sich noch
s andere Person als die Gräfin in dem Gemach etwas
schaffen gemacht habe, Die Augen des Assessors kehrten
der Leiche zurück. Das geöffnete Nachthemd mit seinen

theils beanspruchen. Hicnach hat zu solchen Dienst-
leistungen außerhalb des Regiments durchschnittlich jedes
Bataillon der Infanterie 7 Unterofficiere und 17 Ge-
meine zu stellen. Der Wachtdienst beansprucht durch-
schnittlich von jedem Jnfanteriebataillon täglich 1,4 Unter-
officiere und 19,9 Mannschaften; der Arbeitsdienst außer-
halb des Regiments für jeden Wochentag durchschnittlich
0,27 Unterofficiere und 3,4 Mannschaften. An Hand-
werkern mit der Waffe sind 8 Gemeine pro Bataillon
zu stellen. Bei 55 Jnfantcriebataillonen bestehen Ba-
taillionsmusiken, zu welchen durchschnittlich 8 außeretats-
mäßige Musiker neben den 8 etatsmäßigen Hornisten
verwandt werden. Damit ist noch keine Auskunft ge-
geben über die große Zahl der Mannschaften, welche
innerhalb des Regiments zu Dienstleistungen als Bur-
schen, Ordonnanzen, Aufwärter, Schreiber, Köche u. s. w.
beansprucht werden. Das Rekrutenkontingent soll nach
der Militärvorlage um 60000 Mann jährlich verstärkt
werden. Nach einer amtlichen Mittheilung an die
Militärcommission wird beabsichtigt, diese 60 000 Mann
wie folgt aus die einzelnen Waffengattungen zu ver-
tkeilen: Kavallerie 250 Köpfe, Infanterie 40 700,
Jäger 1080, fahrende Fcldartillcric 8500, Fußarlilleric
3240, Pioniere 2400, Eisenbahntruppen und Luftschiffer
1050, Train zu dreijähriger Dienstzeit 750, zu halb-
jähriger Dienstzeit 80, Oekonomiehandwerker 1950. In
den jährlichen Rckrutirungsbestimmungen wird für die
berittenen Waffen (Truppen mit dreijähriger Dienstzeit)
eine Acnderung nicht beabsichtigt, für die Fußtruppeu
«Truppen mit zweijähriger Dienstzeit) wird eine solchc
dahin erforderlich, daß hier künftig Rekruten in Höhe
der halben Etatsstärke an Gemeinen einzustellen sind.
Wie die Militärverwaltung die beabsichtigte Heeresver-
stärkung in drei Gruppen thcilen möchte, geht aus einer
Berechnung hervor, welche der Militärcommission des
Reichstags vorgelegt worden ist. Danach soll dieHeeres-
verstärkung uck 1 in Höhe von 61155 Mann mit 44
Millionen Mark Mehrkosten zusammenhängen mit der
Einführung der zweijährigen Dienstzeit, u<I 2 in Höhe
von 16 713 Mann und 16 Millionen Mark Mehrauf-
wand mit anderen Neuformationen und ucl 3
mit „sonstigen Verstärkungen" in Höhe von 5530
Mann mit 32/z Millionen Mark Mehraufwand.
Zu den „sonstigen Verstärkungen" gerechnet werden
die Erhöhungen der Kadrestärkcu der Kavallerie,
der Lehrtruppen und die Verstärkung einer Anzahl In
fanteriebataillone vom mittleren auf den hohen Etat.

Deutsches Reich.
* Karlsruhe, 21. Jan. Die Abreise der Groß-
herzoglichen Herrschaften erfolgte heute Vormittag 11 Uhr
41 Min. Dieselben treffen Nachts halb 1 Uhr in Berlin
ein und gedenken am 28. Januar die Rückreise hierher
anzutrcten.
Berlin, 21. Jan. Die Commission des Reichstags
lehnte mit 14 gegen 6 Stimmen den Absatz der lex
Heintze, der die Kascrnirung der Prostitution ermöglichen
soll, ab.
Frankreich.
Paris, 21. Jan. Nachrichten aus Kairo zufolge
brachten Studirende dem Khedive, als er die Moschee
verließ, Ovationen dar und zerschlugen sodann in dem
Bureau des England freundlich gesinnten Journals
„Mokattan" die Fensterscheiben. Mehrere Personen wurden
verhaftet.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 21. Januar.
Vorlage betreffend die Abzahlungsgeschäfte.
Abg. Ackermann (cons.) bezeichnet das von den
Handwerkern gewünschte Verbot der Abzahlungsgeschäfte
als unerreichbar. Es gebe auch nützliche Abzahlungs-
geschäfte. Allerdings veranlaßten diese Geschäfte ein
leichtsinniges Schuldenmachen und ein Ansammeln un
nützer Gegenstände. Namentlich die Klagen über rigorose
Handhabung der Verfallklausel seien berechtigt. Redner-
verlangt das Einschreiten gegen die Abzaklungsagcnten,
welche nichts weiter als Hausirer seien. Der Gewerbe-
betrieb im Umherziehcn müsse den Abzahlungsgeschäften
verboten werden. Er beantragt die Neberweisung der
Vorlage an eine 21gliedrige Commission.
Abg. Wöl lm er (freis.) bemerkt gegenüber dem Vor-
redner, zwischen den Bedarfsartikeln und den Lurusgegen-
ständen lasse sich heutzutage nicht mehr unterscheiden.
Der Abzahlungsagent unterscheide sich vom Hausirer, in-
sofern er Waaren nicht mitführt. Redner hebt die wirth
schaftlichc Bedeutung der Abzahlungsgeschäfte für den
Ankauf von Nähmaschinen und Möbeln hervor. Der
Handel mit Lurusgegenständen bilde nur einen geringen
Theil des Abzahlungsgeschäftes. Um die Mißbräuche
der Verfallklausel zu beseitigen, brauche man nicht die
Gesetzgebung. Die Bestimmung der Vorlage, daß bei
der Auflösung des Abzahlungsvertrages der Verkäufer für
die Benutzung des Gegenstandes schadlos gehalten werde,
sei unausführbar, da der Grad der Abnutzung nicht
 
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