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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 71 - No. 80 (24. März - 6. April)
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ein Kind überfahren und ziemlich erheblich im Gesicht
verletzt. Der betreffende Radfahrer, der eiligst davonfuhr,
konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden.
5 Kirchheim, 27. März. Gestern Vormittag um
7 Uhr fand hier seitens des Gemeindcratb vor dem Rath-
haus eine Besichtigung sämmtlicher Requisiten der hies.
Freiwilligen Feuerwehr statt. Hieran schloß sich ein Aus-
marsch mit Musik, der bei dem herrlichen Wetter einen
angenehmen Verlauf nahm.
* Billigheim, 25. März. Die von der Staats-
anwaltschaft Mosbach ausgesetzte Belohnung von
300 Mk. für Ermittelung der Tbäter des an Gerson Herz
bei Billigheim am 11. Oktober v. I. verübten Raubmords
ist dem dortigen Gendarmerie-Wachtmeister Di em er zu-
erkannt worben.
* (Herlachsheim, 25. März. Der Aeeisor Michael
Helmstetter, welcher seit zwei Tagen vermißt wurde, hat
sich in seiner Scheuer erhängt, wo gestern die Leiche ge-
funden wurde. Ein trauriges Vorkommniß in der eigenen
Familie soll diesen braven und pslichtgetreuen Mann
trübsinnig gemacht haben.
* Mainz, 25. März. Die Meldung des „Schwab.
Merkur" von der Aufhebung des Tagesschnellzugs Frank-
furt-Stuttgart über Eberbach und umgekehrt ab 1. Oktober
ist vollständig unbegründet.
O Wiesbaden, 27. März. Ein schrecklicher Un-
glücksfall ereignete sich gestern früh unweit der Station
Höchst (Taunusbahn). Der Schaffner Hißmann, welcher mit
Revidieren der Fahrkarten beschäftigt war, fiel vom Tritt-
brett eines Wagens und wurden ihm beide Beine sowie
ein Arm abgefahren. Der Bedauerswerthe erlag nach
einigen Minuten seinem schweren Leiden. Hißmann
hinterläßt eine Frau und zwei kleine Kinder.
* Leipzig, 25. März. Weinhändler Mar Kretschmar,
der Urheber des Brandunglücks am Neumarkt, wobei 7
Menschen verbrannten, wurden wegen fahrlässiger Brand-
stiftung zu 2 Jahren Gefängniß verurtheilt.
* Berlin, 25. März. Die deutsche Armee hat
im Monat Januar 101 Mann durch den Tod verloren.
Davon verunglückten 4; 21 nahmen sich selbst das Leben
und 2 starben in Folge von Schädelbrüchen, die sie bei
einer Schlägerei mit Civilpersonen davongetragen hatten.
* Spandau, 25. März. Hier wurde ein Unter-
es f i c i e r wegen Soldatenmißhandlung verhaftet. Am
Samstag voriger Woche, so meldet eine Localkorrespondenz,
habe sich in einer dortigen Kaserne ein im ersten Jahre
dienender Grena dier erschossen. Der Selbstmörder sei nicht
sofort todt gewesen, sondern habe nach seiner Auffindung
noch soviel Kraft gehabt, um dem herbeigerufenen Kom-
pagniechef angeben zu können, daß er den Tod gesucht
habe, um den Mißhandlungen durch einen Unterofficier
aus dem Wege zu gehen. Die sogleich eingeleitete Unter-
suchung soll soviel Belastendes gegen den Unterofficier er-
geben haben, so daß er in Arrest genommen worden sei.
* Wallertheim, 25. März. Hier hatte ein junger
Mann ein kleines Geschwür an der Lippe, und petzte sich
dasselbe bei dem angeblichen „Reifsein" mit den Finger-
nägeln ab. Die Wunde verschlimmerte sich darauf, ein
Arzt mußte zugezogen werden und stellte hochgradige Blut-
vergiftung fest, hervorgerufen durch die schmutzigen Finger-
nägel. Der junge Mann starb unter großen Qualen.
* Agram, 25. März. Hier haben am 24. März
200 Schüler des Obergymnasiums einen Ausstand be-
gonnen. Diese Schülerdummheit hat, was das Dümmste
ist, sogar einen politischen Untergrund. Der „N. Fr.
Presse" meldet man darüber: Um 9 Uhr morgens erschien
eine Abordnung bei Director Divkovic und bat um Aus-
schließung des Sertaners Mihajlovic, mit dem die kroa-
tischen Studenten auf keinen Fall länger unter einem
einem Moment des Alleinseins, um das Vorgegangene
noch einmal ungestört zu überdenken. Ihr Vater folgte
ihr. — —
„Nun", sagte er draußen zu seiner Tochter, „wie
stehst Du mit Fritz?"
„Wir sind einig, lieber Papa, vollkommen einig.
Aber versprich mir, vorläufig zu schweigen. Wir, daß
heißt Fritz und ich, sind übereingekommen, daß er seinen
Antrag bis nach Beendigung des Feldzuges aufschiebt.
Bitte, bitte, lieber Papa, laß uns gewähren."
„Närrisches Volk!" brummte der alte Herr, der seinem
Töchterchen nicht leicht etwas abschlagen konnte. „Ihr
sollt Euren Willen haben. Aber, das säge ich Dir, nach
dem Kriege wird bald Hochzeit gemacht. Darauf bestehe
ich."
„Freilich, Papachen, freilich. Dann wollen wir auch
recht vergnügt sein, aber für jetzt darf noch Niemand
etwas wissen."
Sie küßte ihn und eilte davon. Kopfschüttelnd sah
er ihr nach.
„Das Mädel ist ja ganz verwandelt", brummte er.
„Da sieht man doch, was Liebe thut. Aber wozu die
Geheimnißkrämerei, das versteh' ich nicht! Na sie sollen
ihren Willen haben." —;
Als man später zu Tische ging, blieb zur schmerzlichen
Enttäuschung des jungen Arztes, Frida's Platz leer. Sie
batte sich mit heftigem Kopfschmerz entschuldigt.
„Laß sie ruhig gewähren", flüsterte Hedwig ihren,
Vetter zu. „Ich werde dafür sorgen, daß Du sie vor
Deiner Abreise noch siehst." Er drückte ihr dankbar die
Hand.

Dache bleiben wollen, nachdem er als Serbe erklärt hatte,
er würde lieber ein Kroate sein. Der Director ermahnte
die Schüler, ruhig in ihre Classen zurückzukehren, die
Regierung könne sich von ihnen nichts vorschreiben lassen;
er sei beauftragt, im Falle von Unruhen der Studenten
das Obergymnasium zu schließen. Trotzdem verließen die
Schüler der 6., 7. und 8. Elaste sofort das Gymnasium.
* Hsirenthals, 25. März. Eine furchtbare Dyn amit-
erplosion erfolgte in der hiesigen Dynamitfabrik. 2
Arbeiter wurden getödtet und viele verwundet.

Locale Wittheil'ungen.
Heidelberg, 27. März-
4- (Freisinnige Versammlrrng.) Troy des herrlichen
Wetters, das am gestrigen Palmsonntag alle Welt ins Freie
lockte, war die von der freisinnigen Partei auf Nachmittag
4 Uhr anberaumte Versammlung im „Zwinger" sehr gut
besucht. U. a. hatte sich auch eine größere Anzahl Theilnehmcr
vom Lande dazu Ungesunden. .Kurz nach 4 Uhr eröffnete der
Vorsitzende, Herr Professor Osthoff, die Versammlung mit
derüblichen Bewillkommnungsansprache und mit dem Ausdruck
der Ueberzeugung, daß die Partei — anders als vor 2 Jahren,
wo einer ebensolchen Palmsonntagsversammlung eine geplante
Störung bereitet worden — bald im wahren Sinn des Wortes
einen Palmsonntag feiern werde. Hierauf ertheilte er dem
Redner des Tages, Herrn Rechtsanw..lt Dr. Bruck aus
Frautfurt-Bockenhcim das Wort, welcher das Thema gewählt
hattet Die neuesten rückschrittlichen Bestrebungen auf wirth-
schaftlichem und politischem Gebiet. So angebracht und der
Mühe Werth es wäre, der Ausführlichkeit des gewandten
Redners, der kürzlich schon mit Erfolg in Spechbach gesprochen,
Rechnung zu tragen, so wenig möglich kann es freilich sein,
hier den Raum für diese fast iU/zstünfiige Rede zu erübrigen.
Dementsprechend kann hier nur fier wesentlichen Vunkte Er-
wähnung geschehen. Redner kam zunächst zu sprechen auf die
Lage des Kleingewerbes bczw. des Hausirhanfiels gegenüber
dem seßhaften Gewerbe. Unter Hinweis auf die gegenwärtige
Bestrebung von gewisser Seite, dem seßhaften Gewerbe einen
Schutz zu schaffen vor dem Hausirhandel, legte Redner klar,
daß man einen schweren Fehler darin begehe, diesem letzteren
seine Existenz zu beschränken und zu verkümmern. Abgesehen
davon, führte Redner an, daß einerseits dem seßhaften Gewerbe
damit ohnehin ein besonderer Vorschub nicht geleistet werde,
so würden andrerseits, was das Schlimmste dabei, Tausende
zu Hunger und Elend verdammt werden. In Gegenden wie
auf der Rhön, in einem Theil Sachsens u. s. w., sei ein
großer Theil der Bevölkerung, falls er sein Dasein fristen wolle,
unbedingt aus den Hausirhandel angewiesen. Allerdings strebe
man^ zunächst dem Auswuchs im Hausirhandel zu steuern,
um Schädigungen des seßhaften Gewerbes vorzubeugen, allein
an Auswüchsen, wo es gilt, um Schleuderpreise zu verkaufen,
fehle es auch innerhalb des letzteren nicht. (Überhaupt sei auch
die Grenze zwischen seßhaftem und Hausir-Gewerbe keine so
schroffe, denn auch das letztere habe am Ende seinen festen
Wohnsitz und in diesem sein Heim, seine Familie. Man begehe
einen Gewaltakt, allen diesen Leuten ohne Weiteres ihre ohne-
hin oft kärgliche Existenz zu verkümmern. Diese Verkümmerung
aber trete schon ein, sobald man den Gedanken ausführen
würde, die Hausirhandelsobjecte auf ein bestimmtes Blaß zu
beschränken oder das ganze Hausirgcwerbe unter ortspolizeiliche
Controle zu stellen. Wenn man z. B- fordere, daß nur selbst-
hergcstellte Manufacturwaaren innerhalb des Wohnorts des
betreffenden Verfertigers auf dem Hausirweg feilgeboten werden
sollen, so könne man es überhaupt einer solchen Waare nicht
ansehen, ob sie wirklich von dem betr. Händler selbst oder sonst
wem producirt sei. Der „Schluß dieser Weisheit" sei also
nur der, daß am guten Ende jedem Verfertiger irgend eines
Manufalturartikels. der per Hausiren abgesetzt werden solle,
ein Polizist zwecks Controle beizugeben sei- Auch die
Idee, Detailreisende als Haussier zu betrachten, sei ebenso ver-
kehrt, denn gerade das mittlere seßhafte Gewerbe, das man
schützen wolle, bedürfe der Dctailreisenden, weit weniger oder
gar nicht das Großgewcrbe, das seine festen, ansässigen Ver-
treter habe. Zusammengefaßt gipfelten die eingehenden und
durch Beispiele vielfach erläuterten Ausführungen über diesen
Punkt darin: das Hausirgewerbe, um nicht Tausende, deren
Existenz dadurch bedingt ist, darf nicht verkümmert und zu
einem Gegenstand lokalpolizeilicher Controle gemacht werden.
Man solle weit mehr Schädigungen des seßhaften Gewerbes
in einer Großconcurrenz, in capitalistischen Ausbeutungen rind
Schleuderpreisen innerhalb des seßhaften Gewerbes selbst suchen.
In Bezug aus die Kleinindustrie führte Redner aus, daß deren
Lage durch den Großbetrieb der Maschinenindustrie in bedrängter

Bei dem Tische herrschte eine, in dem Hagendorff'schen
Hause so ungewohnte gecrückte Stimmung, über die man
sich vergebens durch Heranziehung verschiedener Unter-
hattungsgegenstände Hinwegzubringen suchte. Der nahe
Abschied ließ ein unbefangenes Gespräch nicht aufkommen,
jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, und als Herr
Hagendorfs sein Glas erhob, um ein frohes Wiedersehen
anzustoßen, fielen Thränen in das Glas, welches Frau
Kranz in der Hand hielt.
Es war verabredet, daß Herrn Hagendorffs Wagen
den Neffen Abends sieben Uhr direkt nach der Station
Friedenthal bringen sollte, von wo aus Letzterer den Nacht-
zug zu seiner Rückreise nach Berlin zu benutzen gedachte.
Seine Mutter und Schwester wollten erst am nächsten
Morgen nach Waldau zurückkehren. Der Nachmittag
verging ziemlich rasch, und es war bereits sechs Uhr ge-
worden, als die Thür zum Familienzimmer sich öffnete,
und Frida eintrat.
Friedrich, dessen Blicke sich schon längst sehnsüchtig nach
der Thür gerichtet hatten, erhob sich rasch, um sie zu
begrüßen. Er war schmerzlich betroffen von dem tief-
traurigen Ausdruck in den blassen Zügen ihres lieblichen
Gesichts.
„Ich höre zu meinem Bedauern, daß Sie leidend sind,
gnädiges Fräulein", sagte er, sich gewaltsam zur Ruhe
zwingend, mährend seine Augen eine ganz andere Sprache
redeten, als seine konventionellen Worte. „Das beein-
trächtigt mir leider die Freude, sie vor meiner Abreise
noch zu sehen."
(Fortsetzung folgt.)

brwa ch t.

Lage sei und daß es diesbezüglich wohl kein geeigneteres Mst"
zur Aufhülfe gäbe, als wenn der Kleinbetrieb mehr und rsick
in die Lage gebracht werde, mit Maschinenbetrieb zu arbeite"'
Hier wie dort sei aber zur Erreichung wirksamer Abwehr ""
Aufbesserung nur anzuempfcblen ein engeres festes Z")
sammentreten, Bildung von Verbänden, Creditgenosft")
schäften re. In scharfer Weise beleuchtete sodann Redner d)-
anmaßende Vorgehen der Agrarier, hauptsächlich der oft
elbeschen Großgrundbesitzer, insofern diese Wünsche u-Forderung^
in Bezug auf Gctrcidezölle, Handelsverträge u. s. w. gelle"
machen, die lediglich auf ihre eigenen Verhältnisse und Tasche"'
im entferntesten aber nicht auf eine allgemeine Aufbcsser"")
der Landwirtbschaft abzielten. Diese Klasse gerade sei "
schlimme, die immer die „staatserhaltende" sei, je mehr sie „vH"
Staat erhalte". Diese Herren seien es, die sogar jetzt beantragt/
den Landarbeitern denZug in die Stadt zu erschweren durch allen
Bedingungen- So sollen solche Arbeiter zuvor Nachweis c"
bringen, ob sie in der Stadt eine „luftige, helle" Wohn"")
beziehen bezw- bezahlen können re- Alles dies aber sei ""
berechnet, die Arbeiter, die anderswo eine bessere Existenz suoft
wollen, an die Scholle und die Hungerlöhne dcr^Grotzgr""ft
besitzer zu ketten. Diese Herren seien es, die nichts Schlimrncr'J
kennten als die Socialdcmokratcn, während sie selber doch
schlimmer seien, denn Jene strebten wenigstens nach eins.,,
gleichen Recht und Gerechtigkeit, sie aber hätten nur einzig ll;
selber im Auge- Einen Beleg dazu habe auch die jüngst st".st
gehabte Berliner Versammlung geliefert, denn da sei eigenste
nur von ihnen, nicht aber von der großen Zahl der klein)
Landwirthe die Rede gewesen- Selbst Graf v. Caprivi Has
diesen Agrariern bemerkt, daß sic nur Klagen, doch kein)
annehmbaren Vorschlag zum Bcsscren hätten. Die Milita.
Vorlage, bemerkte Refiner, hätten Diese gut bewilligen, daZ,
nicht 3 Jahre dienten und die Armee eine treffliche W"
sorgungsanstalt für ihre Söhne sei. Sie wollten tcotzvc'
nichts wissen von einem deursch-russischen Handelsvertrag, .
wohl damit die beste Garantie des Friedens geschaffen mess
unfi nothwendigerweise geschaffen werden müsse- Auf dm,
Herren passe das Wort Kaiser Friedrichs „Lerne leiden ol"
zu klagen" umgekehrt „Lerne klagen ohne zu leiden". Df"
rückschrittlichen Treiben dieser Agrarier gegenüber sei dc
mittleren und kleineren Landwirthen ebenfalls nur an's
zu legen, festgeschlossen zusammenzutretcn zu Verbänden,. .
ihre Interessen sichern und verfechten, nicht jedoch im
eines „Bauernbundes", der nur aufzureizen suche und
Frieden störe, seitens seiner Partei, der freisinnigen, wer
dann, wo immer möglich, Unterstützung und Mitarbeit ben
sein, wenn sie auch nicht im Voraus goldene Berge vorzaubst j
Des Weiteren kam Redner u- a. zu sprechen auf dieFreizü/T
kcit und 'bemerkte hierzu, daß jede Beschränkung fiarin,
Rückschritt sei zu Zeiten, die glücklich überwunden. Diesig
sei so innig mit unserem heutigen Leben verwebt, daß sic.":,
eine selbstverständliche Sache erscheine und im Grund fei j
auch die Freiheit, sein Brod zu suchen, wo es am beste" ?.
finden, ein wahres Urrecht im Menschcnthum- Ein RückM,
sei es ferner, wenn man wieder von Einführung von Jnnungsi
rede, wovon man überhaupt kein Wort mehr reden sollte-
Bezug auf das Handwerk wolle der Antrag eines Abgeordnete
auch den Befähigungsnachweis wieder eingefmO
wissen. Er aber, Redner, sage, daß man auch damit/"
einen überwundenen Stanfipunkt wieder geltend machen will".
Der Befähigungsnachweis habe und müsse die Verhinder"/
jeder freien und selbststänfiigen Bewegung zur Folge H/Q
aber gerade diese Freiheit der Bewegung müsse unter ""
Umständen gewahrt bleiben. Eine üble Folge des Befähigung^
nachweises sei namentlich die, daß dec Handwerker, fier ein/
unter einer bestimmten Profession (z. B. als Schlosser) cfft
getragen, .im Fall daß er in seinem Geschäft nicht reussire
einsehe, etwas anderes ergreifen zu müfsen, nicht mehr die
heit habe, eine andere Berufswahl treffen zu können. Gerade /
aber — und das sei in unserer Zeit begreiflich und dürfe "A.
als Abnormität betrachtet werden — gäbe es in bcrustfH
Beziehung Allerweltsmenschen, die das eine und das an"O
zugleich betrieben, um sich durchs Leben zu schlagen.
Leute werden durch einen Befähigungsnachweis in ihrer Einsts,
zum mindesten hart beeinträchtigt. Warum solle einer,
fias Zeug habe, nicht eins unfi das andere, wenn cs. "
redlich nährt, zugleich betreiben? Es sei unrichtig, in dcell.
Dingen Barrieren zu schassen, unrichtig sei es, überall l"
erst ein Examen, einen Ausweis der Befähigung zu f"*?Äe
Redner führte an, daß das Genie z. B. solche Zwangs/^
so wie so nicht vertrage, daß ein Bismarck als Diplomat a
nie einen Befähigungsnachweis als solcher nöthig gehabt,
em Zedlitz als ehemaliger Cultusminister und Schöpfer
Volksschulvorlage überhaupt niemals ein Examen
habe. Ein anderes Uebel sei dabei auch, daß der Befähig""^.-
nachweis von Bemittelten, gleichviel ob diese von
treffenden Fach etwas Gründliches verstünden, dann kcu>"

Aus langem Winterschlaf erwacht!
Der Lenz steht vor fien Thüren,
Sein Weckruf mahnt, mit aller Macht
Euch kräftig nun zu rühren,
Wollt Ihr die Halme körnerschwer
Im Sommer fröhlich mähen.
Dann schreitet hinter'm Pfluge her —
Kein Ernten ohne Säen!
Und so begann's im Volke auch
Zu drängen und zu treiben,
Und dieses neuen Frühlings Hauch
Soll nicht verloren bleiben i
Ob Eigensucht und Unverstand
Das Werk der Freiheit schmähen,
Ein frischer Wind weht durch das Land
Kein Ernten ohne Säen!
Oft hat des Lenzes Hoffnung schon
Dem armen Volk gelogen,
Und oft auch ward's um seinen Lohn
Beim Garbenschnitt betrogen!
Darf herrisch vor dem feigen Knecht
Der Uebermuth sich blähen,
Wir kämpfen mannhaft für das Recht
Kein Ernten ohne Säen!
Wie schwer die Arbeit scheinen mag,
Und nimmer zu bezwingen,
Sie muß nach manchem heißen Tag,
Geduld'gem Fleiß gelingen.
Werft aus den Furchen Stein auf Stem,
Dem Pflüger gleich, dem zähen,
Und streut die gold'nen Körner ein —
Kein Ernten ebne Säen!
Albert Träg- '
 
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