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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 111 - No. 120 (13. Mai - 21. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0464

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oatz oie A usslanns cyen vaselvsl flegreicy gewesen und
die Regierung Sacazas gestürzt sei. Letztere Nachricht
ist mit Vorsicht aufzunehmen. Sacaza hat eine Zwangs-
Anleihe gemacht, um den Kampf gegen die Aufständischen
fortsetzen zu können. Der hiesige Gesandte von Nica-
ragua erklärt, daß die Revolution von Newyorker Kapi-
talisten angezcttelt worden sei, da sie den mit der Re-
gierung von Nicaragua abgeschlossenen Verträgen nicht
nachkommen könnten. Er meint damit die Nicaragua-
Kanalgesellschaft. Man hält es für zweifellos, daß
hiesige Kapitalisten die Hand im Spiele haben.

Aus Wcry unö Ievn.
* Mannheim,12. Mai. Der Wechselfälscher,
der sich nach seiner Festnahme auf der Staatsanwaltschaft
vergiftete, heißt Frey aus Mutterstadt in der Pfalz.
fffi Handschuhsheim, 13. Mai. Wenn man jetzt
einen Blick auf unsere Felder und Wiesen wirft, muß
man leider die Wahrnehmung machen, daß es in mancher
Beziehung wenig erfreulich aussteht. Der warme April,

Natur war und nur einen Meinungsaustausch über die
Durchführung einiger betriebstechnischer Anordnungen be^
aber nicht in den Kreis ihrer Erörterungen zu ziehen hatte-
Diese wird demnächst in einer commissarischen Verhandlung
von Vertretern der drei betheiligten Regierungen zur Berathun-
kommen- Dabei wird von unserer Seite nicht außer AM
gelassen werden, daß eine tbunlichst baldige Ordnung der gegen-
wärtigen ungeregelten Verhältnisse dringend geboten erscheint-
x (Unter dem Zeichen der „MilitLrvorlage"»)
Dic Franzosen, die Russen, kurzum sämmtlichc europäischen
„Feinde" sind bereits seit einigen Tagen im Anmarsch gegen
das arme wehrlose Deutschland, dessen Armee bekanntlich unter
dem Zeichen der Militärvorlage plötzlich unzulänglich geworden
ist- Selbstverständlich, denn „wann's" — bairisch gesagt
„druff und drum ankimmt" — zählt sie ja nur 4 Millionen
Gedrillte. Und wo marschiren diese Feinde jetzt? Nun, sie
stehen in langen Linien, angethan mit den farbigen Garnb
turenvon 1887, u - a- in Heidelberg und zwarim Schaufenster ve»
hiesigen Winter'schen Buchgcschäfts. Ob die Buchhandlung ist"
diesem ausgehängten „Dislocationsplan" ä la 1887 unvergeß-
lichen Angedenkens ihrem Schauladen einen Stich in"
Humoristische verschaffen will, weiß man nicht, jedenfalls können
wir in unseren Tagen Humor brauchen- Das Publikum, da»
von^ußen diese Soldatenliniamente lächelnd betrachtet, faßt
die Sache auch richtig von der witzigen Seite auf und denkt -
Sograd' war's 1887, aber heut? Na, heut zieht dieser Schwindet
nicht mehr!

12-
15.25
15-90
14.9»
11-7S
11.45
12.-

Saaten leiden außerordentlich unter dieser Trockenheit, überall
stockt das Wachsthum und namentlich die Dürftigkeit
der Futtergewächse erfüllt den Landmann mit Sorgen.
Wahrlich, es wäre hohe Zeit, daß der Himmel einen er-
frischenden und für das Wachsthumso allgemeinnothwcndigen
Regen senden möchte. Mit der Kirschenernte steht cs sonst recht
gut. Bereits seit einigen Tagen hat die Pflücke begonnen und
sind auch schon zahlreiche Händler, besonders aus Ham-
burg und Berlin cingetroffen. Trotzdem der Ertrag ein
reichlicher ist, wäre doch immerhin auch in dieser Beziehung
einiger Regen von Vortheil.
* Baden, 12. Mai. Zu Ehren des hier weilenden
Afrikaforschers, Reichskommissar Dr. Peters veranstaltete
die hiesige Abtheilung des deutschen Kolonialvcreins eine
Feier, die glänzend verlies.
* Offenburg, 12. Mai. Die Untersuchung gegen
den Oberingenieur und Vorstand der Bahnbauinspektion
Scholl hier scheint eine größere Ausdehnung anzunebmen.
Nachdem der Bauunternehmer Azonc von Kehl dahier
eingeliefert worden, wurde auch ein Akkordant Namens
Katz enb erg er von Eisenthal durch die Gendarmerie
hieher verbracht. Beide sollen, lt. „Ort. M.", dem Ober-
ingenieur Scholl zu der Unterschlagung Beihilfe geleistet
haben. Die Gendarmerie nahm in der Wohnung Scholls
eine mehrstündige Haussuchung vor.
* Leipzig, 12. Mai. In der Pfingstwoche wird
hier der deutsche Lehrertag abgehalten und kurz
hieran schließt sich das Schützenjubelfest, welches
8 Tage dauern und als echtes "deutsches Volksfest gefeiert
werden wird. Bei dieser Gelegenheit wird auch Seitens
der Leitung der dauernden Gewerbeausstellung dahier
Sorge getragen, daß während der Festzeit verschiedene
interessante Vorführungen in der an sich schon lobens-
werthen und reichhaltigen Ausstellung veranstaltet werden.
Triest, 12. Mai. Hier starb der Großhändler Jakob
Brunner, 82 Jahre alt, bekannt als der reichste Mann
Triests; er hinterläßt 22 Millionen.
* Palermo, 12. Mai. Gestern Nachmittag 3 Uhr
10 Minuten fand hier ein starkes zwölf Sekunden an-
dauerndes Erdbeben statt, welchem um 3 Uhr 20 Min.
ein 22 Sekunden langer schwächerer Erdstoß folgte. Es
wurde kein Schaden angerichtet. Die Insel Utica wurde
um 3 Uhr von einem starken Erdstoß heimgesucht. Ebenso
wurde ein 7 Sekunden langes wellenförmiges Erdbeben
in südöstlicher Richtung auf Trapani verspürt.
* Bukarest, 12. Mai. Der Regen, der gestern Nacht
eintrat, hat die U eb er sch w em mu nge n vergrößert.
Dörfer wurden zerstört. Viele Personen sind ertrunken.
Der Schaden ist sehr beträchtlich. Viele Brücken und
Straßen sind zerstört; zwei Stadttheile von Bukarest übcr-
fluthet. Es sind alle Rettungsmaßnahmen getroffen. Der
Verkehr auf den Eisenbahnstrecken Bukarest-Jassy und
Bukarest-Serverin wird seit heute früh durch Umsteigen
ermöglicht.
* Chicago, 12. Mai. Ein hungriger Bär ent-
wischte nachts aus dem Lincolnpark und drang in eine
Privatwohnung ein. Nach zweistündiger Jagd wurde
das Thier erlegt; Menschen wurden nur leicht verwundet.

Loccll'e MiLLHerMngen.
Heidelberg, 13. Mai-
O (Zuschrift an den Stadtrath.) Dem hiesigen
Stadtrath ist gestern Seitens des Gr- Finanzministeriums in
der Bahnhosfrage nachstehende Zuschrift d. d- Karlsruhe, den
10. Mai zugegangen:
Dem Siadtrath erwiedern wir auf den Bericht vom 7.
v- Mts. Nr- 2947, daß die am 5- April d- I- zu Heidelberg

Die Reichstags Wahlbewegung.
O Heidelberg, 12. Mai. Die Nationalliberalen
proclamiren die Kandidatur des Konsuls Weber, Mit-
glied des preußischen Abgeordnetenhauses, nachdem zwei
in Aussicht genommene Kandidaten mehr bäuerlichen
Charakters abgelehnt hatten und der Führer Prof. Meyer
ebenso wie Oberbürgermeister Wilckc ns unter keinen Um-
ständen eine Kandidatur annchmen wollten.
Karlsruhe, 12. Mai. Von der nationalliberalcn
Partei ist Oberstlieutenant a. D. Rheinau als Kan-
didat für Karlsruhe aufgestellt worden und hat die Kan-
didatur bereits angenommen.
Eppingeu, 12. Mai. Im 13. bad. Wahlkreis
(Eppingcn - Bretten) soll Graf Douglas aufgestellt
werden.
Speyer a. Rh., 12. Mai. DrClemm in Ludwigs-
hafen hat sich zur Wiederannahme des Reichstagsmandats
bereit erklärt.
Lahr, 12. Mai. Hier wird seitens der National-
liberalen Commerzienrath Sander aufgestellt.
Stuttgart, 12. Mai. Graf Adelmann (Centr.)
veröffentlicht eine Erklärung, daß er eine Kandidatur
nicht wieder annehme, weil er ein ersprießliches Zusammen-
wirken im Centrum für aussichtslos hält. Er habe im
Bewußtsein seiner vollen Verantwortung für den Antrag
Huene gestimmt.
Tübingen, 12. Mai. Als Kandidat der deutschen
Partei wird Landtagsabgeordneter Wendler genannt. —
Bebel spricht hier am 22. Mai in einer Volksversammlung.
München, 12. Mai. Als Vertrauensmann der kleinen
Geschäftsleute und Meister candidirt im ersten und zweiten
Wahlbezirk der Redacteur und Verleger des „Bayerischen
Vaterland", Dr. Sigl.
Fürth, 12. Mai. Gestern fand dahier eine gut be-
suchte Versammlung von Vertrauensmännern der Deutschen
Volkspartci in Bayern statt. Die Situation ist
für die Volkspartei eine äußerst günstige.
Cassel, 12. Mai. Zu Pfingsten ist nach hier ein
D el eg i rte n ta g der Konservativen aus Hessen
und Waldeck zur Regelung der Eandidatenfrage fürsämmt-
lichc hessische Wahlkreise einberufen worden.
Halle a. S., 12. Mai. Im Wahlkreise Halle ist
ein Zusammengehen dec Nationalliberalen
und der Freisinnigen angebahnt.
Berlin, 12. Mai. Im ersten Berliner Reichstags-
wahlkreise, den bisher Alexander Meyer vertrat, hat der
Wahlverein beschlossen, Langerhans aufzustcllen unter
der Voraussetzung, daß Herr Meyer verzichtet.

Tendenz: Weizen ruhiger- Roggen fester.
Wiesloch, 12. Mai. Der gestrige Schweinemarkt
war mit 15 Paar beschickt, Preis 18—30 Mark, — Butter
Mk. 1.10—0.00. - Eier 2 Drück 11 Pfg. - Käse per
Stück 6 Pfg.

der alles mit Macht aus der Erde gelockt, veranlaßte stattgehabte Besprechung zwischen Beamten der Main-Neckar-
schon das Bedürfniß nach Regen. Aber auch die Hälfte bahn und der badischen Staatsbahn lediglich vorbereitender
des Mai ist bereits fast verstricken abne dak die trackene Natur war und nur einen Meinungsaustausch Uber dl-
. '« td «ast veistrichcn, oynedatz d-trockene Durchführung einiger betriebstechnischer Anordnungen be-
Erde die nothwcndlge Durchfeuchtung erhalten hat. Die . zweckte, die Hauptstage der Vereinigung beider Dienste selbst

Geschäftliches.
Es ist schon lange ein tiefempfundenes Bedürfniß, da§
Lehrmaterial in unseren schulen, hier speciell das vielseitige
System in den Schreibheften zu regeln eventl. zu ver-
einfachen- Nehmen wir in Heidelberg die 5 dominirende"
Schulen: Gr- Gymnasium, Realschule, Höh. Mädchenschule,
Inst- Erhardt und Volksschulen, so benöthigen wir für diese
nicht weniger als ca- 96 verschiedene Hefte, sage sechsundneunsiS
Hefte! Die Zahl vergrößert sich noch, wenn man die ver-
schiedenen bunten Umschläge in der Realschule berücksichtig'-
Der Laie wird staunen über diese Zahl und Mancher dieselbe
auch bezweifeln; doch wer sich dafür intcressirt, für den liegt
das Verzeichniß der Hefte bei der Redaction d- Bl- auf- Welche"
Platz muß nun ein Papierhändler für diese Hefte rescrvirew
wenn er allen Wünschen gerecht werden will? Deshalb wäre
es sehr zu wünschen, wenn durch Gr. Oberschulratb hier eist/
durchgängige Vereinfachung eingeführt würde, nicht aber w"
cs erst neulich in der Volksschule vorkam, diese Zahl ver-
mehrt wurde durch Einführung von neuen Heften für da/
zweite Schuljahr und zwar in so rigoroser Weise, daß v"
Kleinen weinend die Hefte den verschiedenen Händlern Heists

Handelsnachrichten.
Frankfurt, 12. Mai. (Effecten-Societät.) Umsätze bis
6-/« Uhr Abends. Oesterr. Credit 276'/.,-V^/8 bez. Diseont--
Commandit 182-70-183-2.90 bez. G- Berliner Handelsgesellschaft
139-80-50 bez. Darmstädter Bank 134.90-70 bez. Dresdener
Bank 142-40-60-50 bez. Ungar. Kroncnrente 91-90 bez- ult-,
Ung- Goldrcnte 91-95-95.15 bez- ult-, 94-95-95.20 bez- cpt
Nordd- Lloyd 122-20 bez. La Veloce 83.30 bez. Bochum 119-80
bez. Gelsenkirchen 136 bez- Laura 102 bez- Gotthard-Actiest
160.40-50 bez. Schweizer Central 116-90-7.20 bez. Schweizer
Nordost 110-40-30-80 bez. G- Union 75-75.10 bez- Jura-
Simplon St.-Act. 54-50 bez. S- 5°/» Italiener 9170 bez. ult-,
6'/, Uhr: Disconto 183. Lombarden 86>/< P. >/, G-
Alpine 43. Portugiesen 21.20. Harpener 125. Marienburger
63.30 bez.
Mannheimer Börse, Effekte«. An der heutigen Börse
war nur wenig Geschäft- Hofmann und Schoetensack-Actiest
wurden » 70>/2 umgesetzt und blieben hierzu noch gesucht-
Sonst notiren: Pfälzische Maxbahn-Actien 142 Bf- Oggers-
heim er Spinnerei-Actien 36 Bf-
Mannheim, 12.. Mai. (Productenbörse.)

10.
12.
10.
Weizen Mai
17.10
17.—
Hafer Mai
15.25
„ Juli
17.30
17.20
„ Juli
15.85
„ Nov-
17.75
17.50
„ Nov.
14.75
Roggen Mai
15.50
15.50
Mais Mai
11.75
„ Juli
15.65
15.75
.. Juli
11.40
,. Nov-
15.90
15.10
„ Nov-
11.90

wenig sagen, sondern betonte nur immer die Worte: Ge-
duld, Gründlichkeit und Fleiß, worin das Geheimniß
meiner Erfolge läge.
Der Herr Director des Lyceums wurde über diese
Mittheilung nachdenklich und sagte dann, daß er das
Wort „Gründlichkeit" in seiner wahren Bedeutung für
die Wissenschaft nicht vollkommen verstehe, an dieses Wort
müsse man in Deutschland einen ganz spezifischen Begriff
knüpfen, den man in Rußland nicht recht kenne.
Ich belehrte darauf den Director an einem Beispiele
eingehend über diesen Begriff in der deutschen Wissenschaft,
es wurde ihm dadurch das Geheimniß aller wahren wissen-
schaftlichen Erfolge klar und er beschwor mich, eine Do-
zentenstelle an dem von ihm geleiteten Lyceum anzunehmen.
Ich erwiederte darauf, daß ich auf eine solche Stellung
wvhl keinen rechten Anspruch hätte, denn meine Universitäts-
studien wären eigentlich noch nicht beendigt, wenigstens
hätte ich noch an keiner deutschen Universität das Examen
gemacht. Doch er lächelte dazu halb boshaft und sagte:
„Sie können ja mehr wie die meisten Professoren in
Rußland, ich sehe es ja alle Tage an Ihren ehemaligen
Schülern, den jungen Grafen Eripoff, denen Sie ein so
ausgezeichnetes Wissen und Streben beigebracht haben
und wenn Sie wünschen, können Sie ja in Rußland
erst Ihre Examina machen, die Sie gewiß bestehen werden.
Etwas wie eine ehrgeizige Ahnung zog bei diesen
Worten des russischen Lyceumsdirectors durch meine Brust
und ich nahm den Vorschlag an. Vorsorglich erklärte ich
jedoch, daß ich mich auf das Examen mehrere Monate
vorbereiten müsse, denn ich wußte ja thatsächlich nicht ge-
nau, welche Ansprüche die Herren Examinatoren an mich

stellen würden. Der Lyceumsdirector war natürlich mit
diesem Wunsche einverstanden und machte mir auch bc-
zugleich des Gehaltes, das ich als Dozent an dem Lyceum
erhalten würde, befriedigende Zusicherungen.
In dem nächsten Vierteljahre vervollkommnete ich nun
noch meine Kenntnisse in der russischen Sprache, da ich
das Examen in derselben ablegen mußte, repetirte auch
alle Wissenschaften, die ich in den früheren Jahren ge-
trieben hatte, und meldete mich dann unter der besonderen
Protektion des Lyceumsdirectors zum Eramen. Man fragte
mich, in welchen Fächern ich denn eigentlich geprüft werden
wollte, und ich gab nun an fünf Sprachen: lateinisch,
griechisch, deutsch, französisch und russisch, ferner Geschichte,
Geographie und die elementaren Kenntnisse in der Mathe-
matik und den Naturwissenschaften.
(Fortsetzung folgt.)
Ein treues Lieh.
Skizze von Ernst Valdis 0 l.
(Fortsetzung.)
„Alle Wetter, waren das glühende Küsse!" prahlte mein
Kamerad, mit dem Aermel den Mund sich wischend- „Ich
glaubte, sie küßte mir frischweg den Kopf vom Halse!"
„Nicht umsonst ist hier die Sonne so glühend heiß und
stürmisch das Meer," bemerkte ich schlechthin und sann nach,
auf welche Weise ich näheres über das Schicksal deS sonder-
baren armen Fischermädchens erfragen könnte-
Unser Marketender, ein schlachtenmüder Invalide, schien
mir in solcher Angelegenheit das verläßlichste Auskunftsbureau
zu sein- Bald saßen wir im hintersten Winkel der Kantine
im vertraulichen Gespräche mit Vater Checco, auf dem Tische
einen Liter von seinem besten- Nachdem er das Glas mehr-
mals geleert hatte, hob er an:

„Vor zwei Jahren diente hier in der ersten Compagß"
des Lten Infanterie-Regiments der Infanterist Lenz, ei"
schmächtiges Bürschlein mit schwarzen Augen und blasser"
Gesicht. Zu schwach, um alle Anstrengungen und Entbehrung"
des Dienstes mitzumachen, wurde er zum Compagnie-Ko«
ernannt- Mehrere Monate hatte er das Küchenregiment zrsi
vollsten Zufriedenheit geführt- Dann wiederholten sich die
Beschwerden, zuerst in Kameradenkreisen und später weiter
hinauf bis zum Hauptmann, Koch Lenz theile oft übriggebliebeste
Fleischsuppe ohne Erlaubniß an arme Leute aus-

Zum Rapport bestimmt, gestand Lenz, einem arnre"
Fischermädchen einigemal eine Schale Fleischsuppe für ihre
schwerkranke Mutter gegeben zu haben- Er wurde zwar M«'
bestraft, aber die stelle eines Kochs mußte er aufgeben,
dem Hauptmann zu Ohren kam, das arme Fischermädche"'
die „schwarze Thekla genannt, sei Lenz" Geliebte.
Es war bald nach Weihnachten, als Lenz zum ersten Mai
seit seiner Enthebung vom Koch Nachtdienst drunten bei de"
Magazinen hatte. Die Bora blies eisig vom Karst nieder
jagte Schneeflocken weit hinaus in das Meer, das in seine"-
Zorn wild aufschäumtc- Die „schwarze Thekla", besorgt "N
ihren Geliebten, der von Hause keinen Heller empfing, schy«
sich, mit Speise und Trank versehen, bis zu den Wällen HM
daß sie die Wuth der Bora hätte inS Meer schleudern kost"''"'
wäre sie nicht am Boden hingckrochen-
Hinter Buschwerk versteckt, ganz nahe dem Posten, E
Thekla leise: „Lenz! Lenz!" Keine Antwort, keine Tritte- M
faßte sich ein Herz und kroch auf den Wall- Da lag er"
Gestalt leblos auf den Boden hingestreckt, das Gewehr 1":
der Rechten umklammcri- Es Ivar Lenz. Das erschreck'
Mädchen schrie laut um Hilfe, aber der Sturm trug ihrs,
Ruf ungehört übers Meer- Dann goß sie Wein auf
starren Lippen des Geliebten- Das erquickende Getränk braw
ihn bald zur Besinnung, daß er die Kräfte wiedererlangte ""
sich aufrichten konnte- Da wurden die beiden von der Ra""
überrascht, die Lenz wegen Verletzung des Nachtdienstes
den Arrest abführte.
(Schluß folgt-)
 
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