Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 121 - No. 130 (24. Mai - 4. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0514

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4.

liberalen gesprochen, dann abersein antisemitisches Programm
zu behandeln begann, entstand ein arger Lärm, der fast
in Thätlichkciten gegen den Sprecher überging. Reuther
trat sodann entgegen der Redacteur des „Heidelberger
Tageblatt" Herr Prof. Koch, bekannte sich als Jude und
verurtheilte das antisemitische Treiben. Herr Cigarren-
fabrikant Marr-Heidelberg suchte sodann zum Frieden
zu reden und mahnte, man möge durch solcherlei nicht
ernstere Dinge außer Acht lassen. Auch tadelte er, daß
man bei Verwirklichung der Militärvorlage den Tabak
bluten lassen wolle. Darauf entgegnete Herr Consul
Weber, daß bezüglich des Tabaks zwar bis jetzt noch nicht
das letzte Wort gesprochen sei, daß er aber, wenn nöthig,
doch herhalten müsse. Nachdem des Weiteren noch einige
Herren gesprochen hatten, darunter Herr Landwirth Hauser
von hier, der in schlichten Worten im nationallibcralen
Sinne sprach, brachte Letzterer ein Hoch aus Kaiser und
Großherzog aus. Mit einem Dankwort des Herrn Consul
Weber für die freundliche Aufnahme schloß die bewegte
Versammlung.
X Eberbach. 25. Mai. Gestern Abens fand hier
eine Versammlung der Vertrauensmänner der freisinnigen
Volkspartei des Wahlkreises Heidelberg-Eberbach-Mosbach
statt und wurde hierbei die Candidatur des Herrn Dr.
Mar Gehrke gutgeheißen.
Freiburg, 24. Mai. Rechtsanwalt Ludw. Marbe
hat die Centrumskandidatur im 5. Wahlkreise nunmehr
definitiv wieder angenommen.
Stuttgart, 24. Mai. Der bisherige Abg. Pflüger-
Gerabronn hat nun doch die volksparteiliche Candidatur
angenommen.
Stuttgart, 24.^Mai. Die Deutsche Parteides
4. Wahlkreises beabsichtigt, den Redacteur Schrempf
von der conservativen „Reichspost" aufzustellen.
Aus Hesse«, 24. Mai. Die Nationallibe-
ralen haben im Großherzogthum Hessen folgende Kan-
didaten aufgestellt: Für Darmstadt-Groß-Gerau: Rechts-
anwalt Dr. Osann I. in Darmstadt; für Offenbach-
Dieburg: Kreisrath Haas in Offenbach; für Bensheim-
Erbach: Gutsbesitzer Scipion in Mannheim; für
Worms-Heppenheim-Wimpfen: Frhr. v. H eyl zu Herrns-
heim in Worms; für Bingen-Alzei: Major v. Heyl
in Darmstadt; für Alsfeld-Lauterbach-Schotten: Prof.
Backhaus in Göttingen; für Gießen-Nidda: Guts-
besitzer Meinert von Conradsdorf; für Friedberg-
Büdingen: Graf Ori ol a in Büdesheim. Für Mainz
Oppenheim: Amtmann Braun.
München, 23. Mai. Der deutsch-freisinnige Verein
hat mit allen gegen sechs Stimmen der von den
vereinigten Liberalen beschlossenen Candidatur des Re-
gierungsrath Burkhard zugestimmt.
Pirna, 24. Mai. Der Abg. Eugen Richter
hielt hier am Pfingstmontag Nachmittag einen Vortrag
in einer von 1200 Personen besuchten Wählerversamm-
lung zu Gunsten der Candidatur des früheren Reichs-
tagsabgeordneten Rechtsanwalt Eysoldt unter dem Vor-
sitz des Herrn Dr. Müller in Pirna. Der Vortrag
wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Herr Richter
kehrte am Abend wieder nach Berlin zurück.
Aus Thürmgeu, 24. Mai. Im 1. meiningischen
Wahlkreis ist als freisinniger Kandidat Schriftsteller
Carl Weigt in Berlin ausgestellt worden.
Köln, 24. Mai. Der bisherige socialdemokratische
Reichstagsabgeordnete Singer wird in den nächsten
Tagen eine Agitationsreise durch das Rheinland und
Westfalen beginnen.
Berlin, 24. Mai. Nach Abschluß aller Kandidatur-
verhandlungen wird sich unter Einschätzung des Wahl-
ergebnisses in den drei streitigen Wahlkreisen und der
künftigen Anschlüsse bei den Candidaturen mit Vorbehalt
das Gesammtergebniß voraussichtlich dahin stellen, daß

sinnigen Candidaten in 49 Kreisen zur freisinnigen Volks-
partei und in 17 Kreisen zur freisinnigen Ver-
einigung sich wenden.
Hamburg, 24. Mai. Die Freisinnigen stellen
gemeinschaftlich mit den N a ti o na l l i b e ra l e n im
ersten Wahlkreis der Rheder Ferd. La iß, im dritten den
Braudirector F. Strauß auf.
Aus Schlesien, 24. Mai. Im Wahlkreis Schweid-
nitz-Striegau ist als freisinniger Kandidat Emil
Göllner, Bauerngutsbesitzer in Pölzen, aufgestellt
worden. — Im Wahlkreise Löwenberg ist am Pfingst-
sonntag in einer Vertrauensmännerversammlung der
freisinnigen Volkspartei Rektor Julius Kopsch als
Kandidat aufgestellt worden.

Die Neichstags-Wahlbewegrrng.
Z Sandhaufen, 25. Mai. Gestern Abend fand
hier in der „Rose" eine sehr zahlreich besuchte national-
liberale Versammlung statt, zu welcher sich außer Partei-
freunden, unter ihnen die Heidelberger Herren Bürger-
meister Dr. Walz, Hofrath Meyer, Amtsrichter
Rstichert, Herr Premierlieutenant Hofpau er, sowie
eine Anzahl Bürgermeister, Rathschreiber, Lehrer rc. aus der
Umgegend, auch eine beträchtliche Zahl Anhänger anderer Par-
teien eingefunden hatten. Die Versammlung eröffnete Herr
Bürgermeister Hombrecht, sodann ergriff Herr Consul
Weber das Wort, um sein Programm darzulegen. Zu-
nächst gab er aus seinem Lebenslauf an, daß er als Kind
und als Student oft in Sandhaufen gewesen sei, später
in London und 17 Jahre in Petersburg gelebt habe. Er
kenne die Verhältnisse hier auf dem Lande ganz genau.
Nicht ll^uhmes halber, sondern nur Heidelberg zu Liebe
nehme er die Candidatur an. Für die Militärvorlage
trete er voll und ganz ein. Er bedauerte, daß Bismarck,
der sonst immer für Militärvorlagen eingetreten sei, jetzt
nicht mehr an der Spitze stehe und daß der Zeitpunkt
jetzt nicht gekommen sei, seinen Nachfolger Caprivi zu
stürzen. Die freisinnige Partei acceptire zwar die
2-jährige Dienstzeit, doch wolle sie kein Opfer
bringen. Nachdem Redner aus die Franzosen hin-
gewiesen, bemerkte er bezüglich verschiedener Steuern wie
ein Börsen-, Bier-, Branntwein-, Klavier-, Inseraten-,
Luxussteuer u. s. w., daß ihm zwar manche nicht svm-
patisch seien, aber doch werde er „in Gottesnamen"
für Alles stimmen, wenn es nicht anders möglich. Diese
„lumpigen" 40 Millionen könnten leicht aufgebracht
werden. Der Herr Consul bekannte sich dann noch als
Mitglied des südd. Bundes der Landwirthe und gab einige
Erörterungen über die einzelnen Programmpunkte des-
selben. Herr Hofrath Meyer-Heidelberg dankte hierauf
dm Anwesenden für ihr zahlreiches Erscheinen und stellte
die Anfrage bezüglich Discussion. Herr Jakob-Heidel-
berg meldete sich dann zum Wort und suchte über den
freisinnigen Standpunkt zu sprechen, wurde jedoch be-
ständig unterbrochen. Als hierauf Herr Reuther-

Aus WcrH unö Jern.
* Karlsruhe, 24. Mai. Dem Badischen Land-
wirtbschaftsrath wird ein weiterer Antrag des Vertreters
des 6. Gauverbandes, Herrn Oekonom Max Wechsler-
Müllheim, auf Abänderung des § 11 des Wein-
st euergesetzes vorliegen. Der Antrag Wechsler will
die Großh. Regierung ersuchen, eine Abänderung des
Artikel 11 des Gesetzes über Besteuerung der Kunstwein-
fabrikation hervorzurufen, dahin gehend, daß den RebSe-
sitzern und Landwirthen, welche zugleich Inhaber eines
Weinpatents sind, gestattet werden möge, wie früher,
Tresterwein für ihren Hausbedarf steuerfrei und ohne
Kontrole herzustellen und daß dieser Beschluß durch Ver-
ordnung schon für das Jahr 1893 in Kraft trete. Der
Antragsteller begründet seinen Antrag u. A. damit, daß
wenn den Patentinhabern die Herstellung von Tresterwein
auch ferner entzogen bleiben würde, dieselben genöthigt
wären, Kunstwein zu kaufen, da die Herstellung von
Obstwein nicht jedes Jahr möglich ist. Ferner würde,
nach Ansicht des Antragstellers, bei Beibehaltung des Ar-
tikel 11 der Patentinhaber mit Rebbesitz genöthigt sein,
das Weinpatent aufgegeben, wodurch wiederum eine große
Anzahl kleiner Rebleute geschädigt würden. Der Verbrauch
von Tresterwein sei je nach Größe des Betriebs, nament-
lich da wo Rebbesitz und Ackerbau vereinigt sind und
man genöthigt ist, eine große Anzahl von Dienstboten
das ganze Jahr über zu halten, ein sehr großer. Ma«
dürfe auf den Kopf per Jahr 6 tri rechnen.
* Karlsruhe, 24. Mai. Die Großh. Obstbauschule
giebt bekannt:
Von Großh. Ministerium des Innern sind wir er-
mächtigt, Unterrichtscurse in Obst- und Gemüsebau und
der Verwerthung des Obstes für weibliche Angehörige der
bäuerlichen Bevölkerung abzuhalten.
Hinsichtlich dieser Curse gelten folgende Bestimmungen:
1. Der Unterricht wird vorzugsweise practisch und theo-
retisch nur insoweit ertheilt, als dies zum besseren
Verständniß unbedingt erforderlich ist.
2. Die Zahl der an einem Curs Theilnehmenden ist
auf 20 festgesetzt.
3. Der Unterricht wird unentgeltlich ertheilt. Soweit
es die verfügbaren Räume der Anstalt gestatten,
werden die Theilnehmerinnen in der Obstbauschule
unentgeltlich untergebracht und verpflegt. Entfernter
Wohnenden können die Reisekosten 3. Classe ganz
oder theilweise ersetzt werden.
Zur Theilnahme an diesen Cursen sind Frauen und
Mädchen vom 18. Jahre an berechtigt.
Diese» Jahr werden zwei solcher Curse abgehalten und
zwar der erste in der Zeit vom 3.—12. und der zweit:
in der Zeit vom 13.—22. Juli. Der erste Curs ist
nur für solche bestimmt, welche künftighin selbst ähnliche
Curse leiten sollen, insbesondere für Arbeitslehrerinnen,
von denen vermöge ihrer persönlichen Befähigung und
nach dem ihnen z. Zt. zugewiesenen Wirkungskreis sich
erwarten läßt, daß sie nach erlangter Unterweisung eine

«saguaros yanen vereus oie Porieseuiues oer Huprz uns Heiserverg, eine Heu lang im ANscycug an oiernimonan-
Finanzen angenommen. ' ... .- -
Serbien.
Belgrad, 24. Mai. König Alexander ist heute
41/2 Uhr mit dem Sonderdampfer „Drenkowa" nach Bel-
grad zurückgekehrt. Am Landungsplätze wurde der junge
König von einer großen Menschenmenge erwartet und herz-
lichst begrüßt. Die Stadt und die Festung sind beflaggt.
Schweden-Norwegen.
Stockholm. 24. Mai. König Oskar stiftete für
die Nothleidenden in Vaertan 5000 Kronen.
England.
8o«ds«, 24. Mai. Der „Truth" zufolge sollen
der König und die Königin von Württemberg zur
Hochzeit des Herzogs von Jork als Gäste auf dem
Schloß für Mitte Juli eingeladen sein.
Rußland.
Petersburg, 24. Mai. Die kaiserliche Fa-
milie passirte gestern Abend Charkow und trifft heute
Nachmittag in Moskau ein. Der Großfürst Georg
Al erandro witsch kehrte aus der Krim nach dem
Kaukasus zurück.
Amerika.
Newyork, 24. Mai. Wie der „New-Jork Herald"
aus Panama meldet, fand am Samstag in Nicara-
gua zwischen den Truppen der Regierung und den Auf-
ständigen eine Schlacht statt, die 12 Stunden dauerte.
DieRegierungstruppen wurden geschlagenund
verloren fast die Hälfte der Mannschaft an Todten, Ver-
wundeten und Deserteuren; der Rest ist zerrüttet.

Frau Georgine traf unterdessen rasch ihre Reisevorhe-
reitungen ; in weniger als einer Stunde war sie fertig und
mit der ihr eigenen stolzen Anmuth stieg sie in den Wagen,
der sie nach der nächsten Bahnstation bringen sollte.
Kein Mensch ahnte wohl, welche Gedanken sich hinter
dieser weißen, noch immer schönen Stirn bargen, Georgine
von Dahlen wäre lieber gestorben, ehe sie jemand hätte in
ihr Inneres einen Einblick gestattet.
In einem Hotelzimmer ersten Ranges der Stadt B. . .
saßen Walter von Dahlen und seine junge Frau.
Melitta besaß eine zarte, schmächtige Figur und ein echtes
Kindergesicht. t5ian konnte sie nicht eigentlich eine Schön-
heit nennen, aber sie war mehr als das, sie war reizend, und
man konnte nur zu gut begreifen, daß ihr ganzes Wesen
einen jungen, unerfahrmen Mann wie Walter entzücken, be-
zaubern, zu dem gewagtesten Schritte verleiten konnte. Und
ein gewagter Schritt war es immerhin gewesen, den Walter
qethan hatte. Wenn er darüber nachdachte, wußte er selbst
kaum, woher er den Muth genommen, den Befehlen seiner
Mutter so zuwider zu handeln Nur die Gewißheit, daß es
keinen andern Ausweg gab, hatte ihn dazu getrieben, mit
Melitta eine heimliche Ehe zu schließen. Jetzt, dachte er,
konnte sie wenigstens kein Machtspruch trennen, und da sein
Vater ihn mit genügenden Geldmitteln versehen hatte, durfte
er der Zukunft der nächsten Jahre getrost entgegenblicken.
Melitta zur Flucht vom Vaterhause zu bewegen, gelang
ihm leicht, denn das junge Mädchen fürchtete seinen Vater
mehr als es ihn liebte.
Herr von Molitor war kein zärtlicher Vater, er verlangte
nur unbedingten Gehorsam und diesen in einer Weise, welche
ihm Melitta's Zuneigung durchaus nicht gewinnen konnte.
Melitta von Molitor floh nur zu gern mit Walter, ohne
di- weiteren Folgen eines solchen Schrittes zu bedenken; in
einer kleinen Dorfkirche wurden sie getraut. Ein alter Prie-
ster, der Walter von Kindheit auf kannte, segnete den Bund.

welchen die jungen Herzen so voreilig schlossen. Walter'-
Bercdtsamkeit war es gelungen, die Bedenken des alten
Mannes zu besiegen — er dachte damit weiterem Unheil vor»
zubeugen und so wurden sie Manu und Frau.
Das junge Ehepaar reiste sogleich nach B. Von dort aus
schrieb Walter an seine Mutter; nur Melitta wagte es nicht,
sich direkt an ihren Vater zu wenden. Sie wollte erst ab-
warten, was Frau von Dahlen zu dieser Verbindung ihres
Sohnes sagte; vielleicht hoffte sie auch, die Verzeihung ihres
Vaters eher zu erlangen, wenn Frau von Dahlen sie einmal
als die Gattin ihres Sohnes anerkannt.
Jetzt saßen die beiden jungen Leute eng aneinander ge-
schmiegt und machten Pläne für die Zukunft; es bangte ihnen
beiden ein wenig vor derselben. Erst jetzt ward ihnen nach
und nach die Kühnheit des unternommenen Schrittes klar.
Walter war im Ganzen eine unselbstständige Natur;
nur die höchste Gefahr hatte ihn zu so energischem Handeln
gezwungen — nun aber begann sein Muth zu erlahmen.
Zagend frug er sich, wenn seine Mutter ihre Vergebung ver-
weigerte, was dann? Dann mußte er daran denken, mit
Melitta sich ein eigenes Heim zu gründen, er mußte mit ihr
in die weit- Welt, und sie beide waren doch so unerfahren
— er konnte es sich gar nicht denken, daher nun selbstständig,
auf sich selbst angewiesen im Leben dastehen solle.
Die jungen Gatten hatten eine lange Pause in ihrem
Gespräche eintreten lassen; jetzt hob Melitta den blonden
Kopf, der an Waltens Schulter geruht. „Ich höre Schritte,"
sprach sie mit leiser, zagender Stimme, „sollte die Antwort
Deiner Mutter —" sie kam nicht weiter, wie von einem
Blitzschläge getroffen, sank sie sprachlos auf ihren Sitz zurück.
In der geräuschlos geöffneten Thüre waren zwei Per-
sonen erschienen; die Gestalt einer Frau und diejenige eines
Mannes — Frau von Dahlen und Herr von Molitor.
Bleich, bebend, ebenfalls keines Wortes fähig, hatte sich
Walter von seinem Sitze erhoben.

Er hatte das dunkle Bewußtsein,daß er Melitta schützen,
sie Vertheidigen müsse, und er besaß auch den ehrlichen Willen
dazu, aber gegenüber den drohend auf ihn gerichteten Blicken
seiner strengen Mutter, schwand ihm aller Muth dazu.
Schweigend starrte er die Eintretenden an, er wußte,
daß nun ein furchtbares Ungewitter sich über seinem Haupte
entladen würde. Er wollte ja alles tragen, aber Melitta,
seine arme süße Melitta — was alles würde sie von seiner
Mutter anhören muffen!"
Frau von Dahlen und Herr von Molitor hatte der Zufall
knapp vor dem Hotel zusammengeführt. So betroffen G^
orgine über dieses Zusammentreffen war, so hatte sie sich
doch bald mit Molitor verständigt. Eine Absicht führte ja
Beide hierher; sie wollten die jungen Leute trennen, aus-
einander reißen, in diesem Punkte stimmten sie vollkommen
überein. Georgine hatte einen Vortheil vor Molitor vor-
aus ; sie war gewiß, hier ihren Sohn zu treffen, währen»
es Molitor erst nach langen Nachforschungen gelungen wyr,
in B. die Spur des jungen Paares aufzufinoen. Zwei strafen-
den Richtern gleich traten sie vor die beiden Schuldigen;
Frau von Dahlen begann zuerst zu sprechen.
„Walter," sagte sie mit ihrem strengen, kalten Ton,
welchen der Sohn nur zu gut kannte, „Du hast Dich schwer
gegen mich vergangen. Thörichter Knabe, glaubst Du aus
diese Weise meinen Willen beugen zu können?"
„Mutter, Melitta ist mein mir rechtmäßig angetrantes
Weib." ,
Ein kaltes, höhnisches Lachen war die Entgegnung «ns
diese, so fest als nur möglich vorgebrachten Worte Walter s-
„Rechtmäßig, wer spricht hier von rechtmäßig," sag^
Frau Georgine herrisch, „habe ich meine Einwilligung ö"
dieser Verbindung gegeben ? Hat Melitta's Vater seine Zn-
stimmung ertheilt? Ihr seid beide zu jung, um selbstständig
handeln zu können — Eure Ehe ist sonach nicht giltig " .
(Fortsetzung folgt.) 3,3 iS"
 
Annotationen