Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
No. 121 - No. 130 (24. Mai - 4. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43990#0538

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
einem beliebigen exotischen Soldatenhaufen gehören. Es
ist geradezu peinlich, die Leute mit den hohen, den Hals
umschnürenden farbigen Tuchflächen, den charakterlosen
Beinkleidern, den Seiltänzermützen und den absatzlosen
Clownschuhen dahergehen zu sehen, mit einem Stück Eisen
an der Seite, das allem anderen eher ähnlich ist, als
dem von dem König angecrdneten Säbel. Man sollte
oft meinen, die Vorschriften über die Beinkleidung seien
aufgehoben und es könne sich Jeder nach Belieben n la
Landsknecht maskiren. Soweit das Münchener Blatt über
die Tracht einzelner bayerischen Officiere. Ueber dieses
Urtheil kann man nur sagen: Hart, aber gerecht!
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 31. Mai. Die Tbronrede des Kaisers
von Oesterreich an die Delegationen hat in Petersburg
einen guten Eindruck gemacht. Es wird versichert, die
Beziehungen zwischen dein Wiener und dem Petersburger
Hofe hätten sich seit dem Besuche des Kaisers bei Giers
bedeutend gebessert. Giers habe sich persönlich überzeugt,
daß der Kaiser nicht gesonnen sei, über die bisher dem
Prinzen Ferdinand von Bulgarien gewährte Unterstützung
binauszugehen
Pest, 31. Mai. Bei einer Haussuchung in Her-
mannstadt sind bei rumänischen Parteiführern cvmpro-
mittirende Schriftstücke gefunden worden, doch wurden
letztere gestern Nacht aus der Amtsstube des Untersuchungs-
richters wieder gestohlen. Es wurde in die Amtsstube
eingebrochen. Der Gerichtsdiener Szikora ist als der
That verdächtig verhaftet worden. Der „Pesti Naplo"
meldet, Racziu, der Hauptfährer der Nationalrumänen,
sei mit den Schriftstücken nach Bukarest entflohen.
Frankreich.
Paris, 31. Mai. Wegen der Wahl des Budget-
Ausschusses bielt die Kammer keine Sitzung ab.
Von 33 Mitgliedern wurden 32 Republikaner und ein
Revolutionärer gewählt; es kamen 18 neue Mitglieder in
den Ausschuß.
Paris, 1. Juni. Leon Sav hob in einer Rede,
die er auf einem von dem „Journal des Debats" ver-
anstalteten Banket hielt, hervor, daß die Republik die ihr
nahestehenden Elemente in sich aufnehmen müsse; er
billigte das Militärschulgesetz, allein dasselbe dürfe nicht
tyrannisch durchgeführtwerden; Say tadelte den Sozialismus,
verlangte eine Einschränkung in den Ausgaben und schloß
mit den Worten: „Das Programm der Liberalen wird
immer sein, die Freiheit der Bürger zu vertheidigen."
Paris, 31. Mai. In Armentieres, wo die Arbeiter
der Weberei Villard seit dem 24. April ausständisch
sind, kam es gestern zu Ruhestörungen. 2000
Personen sammelten sich vor der Fabrik und warfen die
Fenster ein. Die Polizei und die Gendarmen, von denen
zwei verletzt wurden, zerstreuten die Massen und verhafteten
fünf Personen. Der Präfect von Lille sandte Verstär-
kungen. Heute herrscht Ruhe.
Belgien.
Brüssel, 31. Mai. Es lausen wiederum Gerüchte
über eine bevorstebende Ministerkrise um. Der Ge-
gensatz zwischen Woeste, dem Führer der äußersten Rechten,
und dem Ministerpräsidenten Beernaert tritt immer schärfer
hervor.
Dänemark.
Kopenhagen, 31. Mai. König Christian wird
auf der Rückreise von Wiesbaden den Kaiser Wilhelm
besuchen und ihn einladen, nach FredenSborg während des
Aufentbalts des Zaren zu kommen.
Serbien.
Belgrad, 31. Mai. Das Ergebniß der Skupt-
schina-Wahlen ist folgendes: 122 Radicale, 9Fort-
schrittler, 1 außerhalb der Parteien stehender und 2
Stichwahlen. Die Fortschrittler haben in den Städten
Belgrad, Nisch, Kragujewaz, Prokuplie je 1 und in den

flüchtige Aehnlichkeit; Bart und Haar hatten die gleiche Farbe,
unsere Statur war von derselben Höhe, ich konnte den Ver-
such wagen, als Gerhard von Molitor aufzutreten. Und ich
wagte es! Schon regte sich wieder nach einigen Jahren der
Ruhe der kühne Drang des Abenteurers in iuir. Ich sehnte
mich nach Abwechselung, Zerstreuung, ich wollte weite Reisen
unternehmen, fremde Länder kennen lernen, eine Rolle in
der besseren Gesellschaft spielen, das alles konnte ich nur,
wenn ich unter Molitor's Namen auftrat. Die Sache war
so leicht für mich! Ich hatte nur nöthig, dem Bankier, bei
dem Molitor sein Vermögen angelegt, zu schreiben, er niöge
die jedes Vierteljahr fälligen Renten dorthin senden, wo ich
mich gerade aufhielt. Seit Jahren war der Verkehr mit dem
Bankhause nicht anders gepflogen worden; ich verstand es
vortrefflich, Molitor's Handschrift nachzuahmen, und mehr
als seine Unterschrift war ja zur Einpfangsbestätigung nicht
nöthig.
Molitor hatte in seiner Einsamkeit unter einem fremden
Namen gelebt; unter diefem wurde er auch zur Ruhe bestattet,
seine Papiere, alle Dokumente befanden sich in meinen Händen.
Ich verließ niit der kleinen Melitta die Gegend und begab
mich in eine größere Stadt. Dort trat ich sofort als Herr
von Molitor auf und nahm eine Wärterin für das Kind,
denn noch wußte ich nicht, ob ich dasselbe zu der alten Dame
bringen sollte, wie der Tobte cs gewünscht hatte. Nach reif-
licher Ueberlegung kam ich zu dem Resultate, daß es besser
sei, diesem für mich gänzlich ungefährlichen Wunsche nach-
zukommen, denn die Dame hatte Molitor nur als kleinen
Knaben «gekannt und war sonst nicht mit ihm in Berührung
gekommen. Da ich weite Reisen unternehmen wollte, war
mir die Sorge für das Kind lästig, und doch wollte ich es
in sicherem Schutze wissen.
Ich suchte also Frau von Balkan auf, um mich mit ihr
in's Einvernehmen zu setzen. Sie nahm mich als ihren
Neffen Gerhard von Molitor auf und zeigte sich nicht abge-

in der d

sein Pro,


Chemisst

Pri
Par

Per
des
unü
den
Gest
stan!
gege-
wechj
dar,
der l
nur

Ha
Rei
gest

Di<
Sonnt«,

Lenz, ,
Ad. H<

Produc
für de
Anilin-
öS
deutsche
bis 17.
« 2
der Stc
Geschäft
einen R

hat ii
von 1
gunge
Versic
reine
954 '
Erhöh
Beanr
122,4
verurtl
Urku
Monat
wegen
Gefänc

Landbezirken 5 Mandate bekommen. SämmrM^MWW
Notabeln wurden gewählt, von den Fortschrittlern die
früheren Minister Garaschanin, Nowakowitsch und Mukasin.
England.
London, 1. Juni. Townscnd, welcher Glad-
stone Drohbriefe geschrieben und in der Nähe der Woh-
nung desselben einen Revolver abgefeuert hatte, wurde
heute von den Geschworenen schuldig befunden, aber für
unzurechnungsfähig erklärt und der Richter ordnete die
Ueberweisung desselben in eine Irrenanstalt an.
London, 31. Mai. Dem „Daily Chronicle" zufolge
soll der Papst demnächst einen Erlaß über die Schul-
frage in den Vereinigten Staaten veröffenlichcn.
Spanien.
Madrid, 31. Mai. Der Minister des Innern er-
klärte, es seien Maßregeln gegen die Einschleppung der
Cholera getroffen. Sämmtliche Provenienzen Ham-
burgs wurden für verdächtig erklärt.
Rußland.
Petersburg, 1. Juni. Der ehemalige Finanzminister
Herr v. Wyschnegradky begibt sich zur Cur nach
Ragaz.

Türkei.
Konstantinopel, 1. Juni. Ein kaiserliches Jrade
gestattet dem seit einem Jahre zum armenischen Katholikos
gewählten Erzbischof von Jerusalem, Kbrimian, die türkische
Unterthanschaft abzulegen. Khrimian reist demnächst nach
dem Kloster Etschmiadsin ab.
Amerika.
Washington, 31. Mai. Das Staatsdepartement
hat nun auch die officielle Mittheilung erhalten, daß
Sacaza, der Präsident von Nicaragua, gestern Abend
nach der Unterzeichnung der Friedensbedingungen sein
Amt niedergelegt hat.
Chicago, 31. Mai. Der Präsident des amerikanischen
Preiscomites, Thatcher, schrieb den ausländischen
Commissaren, daß ihrem Ansuchen gemäß zwei oder
mehr Preisrichter zur Prüfung der einzelnen Ausstellungs-
gegenstände ernannt werden könnten.

in Schön»
Attet um

Hc
Möbel;
fälltigsh
Vettde,
Für r
?!

Die Reichstags Wahlbewegung.
s^j Heidelberg, 2. Juni. Im Gartensaal der „Krone"
in Neuenheim fand gestern Nachmittag 4 Uhr eine con-
servative Versammeung statt, die ziemlich gut besucht war.
Der Candidat der Partei Prinz zu Löwenstein auf Langen-
zell entwickelte hier bei sein Programm, indem er u. a. für
die Militärvorlage eintrat und versprach, die Interessen
des Bauern- und Handwerkerstandes zu vertreten. Außer-
dem sprachen noch die Herren Consul Menzer und der
Redakteur der Bad. „Landpost" in Karlsruhe.
)-( Kirchheim, 2. Juni. In der gestern Abend von
8 Uhr im „Hirsch" hier stattgebabte Versammlung der
conservativen Partei sprach der Partei - Candidat Prinz
zu Löwenstein auf Langenzell über sein Programm,
ferner die Herren Consul Menzer aus Neckargemünd und
der Redakteur der Bad. „Landpost" aus Karlsruhe.
/X Wieblingen, 2. Juni. Gestern Abend hielten
im Gasthaus zum „Adler" hier die Sozialdemokraten
eine Wählerversammlung ab, die gut besucht war. Der
Kandidat Herr Dr. Rü dt-Heidelberg sprach hierbei über
das Thema: Die bevorstehende Reichstagswahl und die
Svcialdemokratie.
P Sandhaufen, 31. Mai. Im „Lamm" hielt heute
Abend die „freisinnige Volkspattei" eine Wähler-Ver-
sammlung, in welcher Herr Dr. G eh r k e in Inständiger
Rede seine Haltung gegen die Militärvorlage und die
von der Regierung zu deren Deckung vorgeschlagenen
Steuern begründete; er warnte insbesondere davor, den
Tabak zur Deckung der Militärkosten heranzuziehen; denn
die daraus nothwendig entstehende Mehrbelastung wird
die Tabaksprodukte erheblich oertheuern, dadurch den Ver-

Hanl
beiße
h ""in und
/^Minder I

empfindlich schädigen. Redner führte sodann aus, daß
sein politisches Grundprinzip sei: Gleiches Recht für Alle,
weshalb er sich gegen jede Bevorzugung einzelner Klassen
und Berufe auf Kosten anderer, und gegen jedes Aus-
nahmegesetz erklärte. Die Versammlung war von mehr
als 200 Personen besucht und spendete lebhaften Beifall.
Herr Prof. Osthoff aus Heidelberg, welcher den Vorsitz
führte, schloß die Versammlung mit einem Hoch auf da«
in Freiheit geeinte Vaterland, welches jubelnde Zu
stimmung fand.
Würzburg, 31. Mai. Aus der Brückenauer Gegend
schreibt man dem „Würzburger Journal": Hier, wie in
allen Orten, von Thal zu Berg, von Stadt zu Dorf ist
Manneswort und Gruß „Hoch Volkspartei!" Und
fragt man die Leute, weßbalb sie sich der Opposition an-
schlossen? „Unser Herrgott selbst sagt's uns" ist die
Antwort. „Von den ausgedörrten Aeckern und Wiesen,
von der Noth im eigenen Hause sagt er uns die Ant-
wort, die wir weiter geben sollen: 's wiro nießme gr-
gabe! (Es wiro nichts mehr bewilligt!)
Stuttgart, 31. Mai. Der Volks verein in
Stuttgart beschloß einstimmig, Friedrich Haußmann
die Reichstagskandidatur anzutragen.
Stuttgart, 31. Mai. In einer sehr zahlreich be-
suchten Versammlung des Centrums erklärte G r ö b e r,
kein auf das Programm des Centrums Gewählter werde
für den Vorschlag Frhrn. v. Huenes stimmen. Redner
verlas zwei RedenSchorlemers von dem Jabre 1875
und 1880, worin dieser schon damals weitere Militär-
lasten für unerschwinglich erklärte.
Straßburg, 31. Mai. Der entschieden freisin-
nige Rechtsanwalt Oskar Jerschke nahm die Kandi-
datur für Straßburg-Land an. In Saargemünd- Forbach
wurden Pfarrer Colbus-Nsunkirchen und Weinhändler
Bolinger in Ingweiler als Kandidaten aufgestellt. Letzterer
ist Anhänger der Militärvorlage.
Aus Elsaß-Lothringen, 31. Mai. In Zabern
kandidirt der altdeutsche Privatlehrer Cost gegen den seit-
herigen Vertreter Dr. Hössel. Cost steht auf dem Stand-
punkte der freisinnigen Völks pari ei. Neber
seine Aussichten verlautet nichts. Als klerikaler Kandidat
für den Wahlkreis Schlettstadt wird neuerdings Pfarrer
Glöckler aus Stotzheim, für den Wahlkreis Weißenburg
Beigeordneter Reinhold-Hagenau genannt. Bebel wird
nächsten Freitag nach Straßburg kommen, um seine
dortige Kandidatur persönlich zu betreiben.
Fürth, 1. Juni. Die Fr eisi nnigen stellen unserm
bewährten Wilhelin Evora den Lehrer Weiß entgegen,
ein noch junges, aber eifriges Mitglied des Nürnberger
Vereins „Freisinn." Es hat den Freisinnigen offenbar
große Mühe gekostet, einen Kandidaten für Fürth-Er-
langen-Hersbruck zu finden.
Aschaffenburg, 1. Juni. Als Kandidat der ver-
einigten Liberalen für den Wahlkreis Aschaffenburg-
Miltenberg wurde in der gestrigen Versammlung Bau-
meister Schmelzer- Aschaffenburg aufgestellt.
Hohenwart, Wahlkreis Aichach (Bayern), 1. Juni.
Eine volksparteiliche Versammlung, die von 600
Personen besucht war, proklamirte nahezu einstimmig
Dornbusch-Nürnberg (Volkspartei) als Kandidaten.
Aus Bayern, 1. Juni. Nach dem „Straub. Tgbl."
hat sich Graf Konrad v. Preysing endlich doch zur
Wiederannahme der Reichstagskandidatur bewegen lassen.
Der liberale Verein in Regensburg stellt den Ober-
ingenieur Wilhelm Hoffmann zu Niederwinzer als Kan-
didaten auf.
St. Johann a. b. S>, 1. Juni. Im Saalbau
zu Bildstock sprach heute Nachmittag in einer von der
socialdemokratischen Partei einberufenen Versammlung
Liebknecht in fast 2 stündiger -Rede gegen dir
Militärvorlage, den Militarismus und Klassenstaat.

neigt das Kind in ihre Obhut zu nehmen. Melitta gefiel ihr
und da sie selbst einen um einige Jahre älteren Enkel besaß,
so paßte es ihr, für ihren Enkel Ernest eine Spielgefährtin
zu bekommen. Frau von Ballan war Wittwe und sehr reich;
ich verstand es, mich bei ihr beliebt zu machen und längere
Ze-t hindurch war ich ihr Gast, ehe ich die große Reise an-
trat, die mich für einige Jahre fern hielt. Doch blieb ich
mit Frau von Ballan stets in schriftlichem Verkehr. Sie
theilte mir in regelmäßigen Zwischenräumen mit, daß Me-
litta sich zu einem hübschen, gelehrigen Kinde entwickelt und
sprach mehr als einmal den Gedanken aus, aus Melitta und
Ernest mit der Zeit ein Paar zu machen. Ich beeilte mich
natürlich auf ihren Wunsch einzugehen und als ich endlich
zurückkehrte, gab ich ihr das feste Versprechen, Melitta keinem
Andern als ihren« Enkel zur Frau zu geben. Ernest befand
sich in einer Erziehungsanstalt und auch für Melitta fand
Frau von Ballan es an der Zeit, daß sie in ein Pensionat
gekrackt werde. Ich gab zu allem meine Zustimmung."
„Melitta kam in ein renommirtes Institut und ich ging
für eine Zeit nach Paris," fuhr Herr von Molitor fort;
„doch hatte ich dort kaum einige Wochen verweilt, als mich
die Nachricht von Frau von Ballan's schwerer Erkrankung
zurück berief. Ich reiste sofort ab, kam jedoch zu spät, die alte
Dame war schon gestorben. Sie hatte ein Testament hinter-
lassen, das mehrere für mich wichtige Bestimmungen enthielt.
Die Vereinigung ihres Enkels mit Melitta sollte erst statt-
finden, wenn Ernest sein vierundzwanzigstes Jahr zurückgelegt.
Für Melitta hatte sie ein größeres Kapital testirt, dessen
Zinsen und Nutznießung ich bis zu dem Zeitpunkte der Ver-
mählung zur Verfügung hatte. Wurden die beiden Mann
und Fran, so blieben mir die Zinsen des Kapitales in be-
ständigem Genüsse, doch durfte ich das Kapital, welches Me-
litta gehörte, nie antasten; erst — nach meinem Tode hatte
Melitta freie Verfügung über dasselbe. Sollte Melitta sich
weigern Ernest's Frau zu werden, so ging sie des Kapitales

und ich der Zinsen verlustig. War die Weigerung auf Ernest's
Seite, so mußte das Kapital mir und Melitta zu gleiche»
Theilen ausbezahlt werden. Doch galten diese Bestimmungen
erst von dem Zeitpunkte an, daß Ernest sein vierundzwanzigstes
Jahr erreicht hatte. Bis dahin war mir also immer eins
ansehnliche Rente gesichert, und ich konnte sorgenlos in an-
genehmer Weise leben. Ich ließ Melitta in dem Pensionat
und richtete mir mein Leben so bequem als möglich ein.
Kaum ein Gedanke kam mir mehr, daß ich den Namen eine»
Tobten trng, die langen Jahre hatten mich sicher gemack^
Endlich kam die Zeit, da ich Melitta aus dem Pension^
nehmen mußte; ich hielt es für das Beste, das junge Mädche»
in der Einsamkeit leben zu lassen, bis der Zeitpunkt herA
gekommen, da sie niit Ernest Zusammentreffen sollte. I?
selbst hatte alle Freuden der Welt zur Genüge gekostet;
fand es gar nicht so übel, für eine Zeit den Sonderling K
spielen und mich mit Melitta von der Außenwelt abzuschlreßc»
Ich hielt dies für das beste Mittel, sie von jeder gefährlich^
Bekanntschaft abznhalten. Wie glaubte ich klug und v^
sichtig gehandelt zu haben, und doch hatte ich mich gar
verrechnet. Gerade in dieser Einsamkeit mußte Melitta R
Mann kennen lernen, der eine so große Macht über sie
wann, daß er sie zur Flucht bewegen konnte, sie, das schall
furchtsame Mädchen, das sonst nie gewagt hätte, mei»H
leisesten Wünschen entgegen zu handeln. Und daß es
gerade mein Sohn sein mußte, der mir diesen Strich
die Rechnung machte! Dafür haben sich in anderer -vt
die Verhältnisse für mich günstig gestaltet. Es ist mir
lungen, die Neigung des Fräuleins von Minden zu erwer^
Alma von Minden ist eine brillante Partie für mick, "x,
ehe ich an eine Heirath denke, müssen wir geschieden sei»
Du weißt nun, weshalb ich an Dahlen geschrieben." i
Herr von Molitor hielt in seiner Erzählung inne » .
sah sie forschend an.
(Fortsetzung folgt.) 3,S
 
Annotationen