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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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Lsits 9

Kultur Keden

„Volksgemelnschaff^

Die«stag. L8. J«lt

Petep ko^egger, cler ^lirenclolctoi' cler ^uperto Oarola

2um yz. Oesrurt^tag cle^ ö^terreictli^ctleu Oicliter^

Peter Rosegger ist nun achtzehn Jahre tot; er
wäre am 31. Juli 1936 dreiundneunzig Jahre alt
geworden. Die Wiederkehr des Eeburts-
tages mag nun ein äußerer Anlatz zur Wür-
digung dieses kerndeutschen Mannes sein.

Die Selbstbesinnung des deutschen Volkes, das
Streben nach alter, guter Sitte, die Pflege deat-
schen Volkstums, die Erstarkung des Heimatsinns,
das alles hat der steiermärkische Dichter sehnlichst
erwünjcht. Seine Werke ofsenbaren, wie er an der
Erneuerung des deutschen Volkes mitarbeitete, als
Vorkämpfer deutschen Wesens.

Roseggers Name ist unsterblich geworden durch
„Die Schriften des Waldschulmei-
st e r s", die 1875 erschienen waren; sie zeigen den
Weg des G e m e i n s ch a f t s g e i st e s. Manches
Wort gilt dem Schutz von Natur und Heimat. Dis
sittliche Kraft seiner Romane und Erzählun-
gen, das Erzieherische der berühmten, herz-
wärmenden Geschichten aus Roseggers Ju-
gendzeit wollen wir nicht unterschätzen. Die
Liebe zur Heimat klingt überall durch. Die
so arg verlästerten „Gefühlswert e", hier sind
sie versteckt. Solch eine kleine Eeschichte von
Rosegger ist mehr als die Schilderung seines Er-
lebnisses; es wird unser Erleben, Heimat-
liebe, Gottesglaube, Arbeitswille
und Gemeinschafsgeist leuchten uns.

Es war ein beschwerlicher Weg vom Hirten-
buben und Bauernjungen zum Schnei-
der, Volksdichter und Volkserzieher.
Der steirische Poet Ottokar Kernstock widmete
Roseggers Elternhaus diese Zeilen:

„Hier ist Rosegger zur Welt gekommen,

Alle, die wahrhaft der Menschheit frommen,

Jhre Edelsten, Erößten und Besten,

Kommen aus HLtten, nicht aus Palästen."

Die vier Wanderjahre als Schneidergeselle wa-
ren die beste Hochschule für steirische Volkskunde.
Jn den Jahren 1860 bis 1865 teilte er die Freu-
den, Nöte und Beschwernisse der Waldbauern.
Der „Almpeterl" drang unbewußt ins bäuec-
liche Leben ein.

Seine ersten Eedichte und Erzählungen in stei-
rischer Mundart hatten einen sehr große Erfolg.
Die Mundartdichtung wirkt durch die Volkssprache,
durch Natürlrchkeit und unmittelbaren Gedanken-
ausdruck. Die Monatsschrift „Der Heimgar-
-e n" gründete er 1867. Hier war sein Kampf-
platz für Naturverbundenheit fiir deut-
scheEigenart und Kultur. Wir wollen
ihm auch für eine seiner wertvollsten „Bergpre-
digten" danken, für den berühmten Aufruf zur
Pflege des alten deutschen Volks-
liedes, von dem man weder Dichter noch Kom-
ponisten kennt. Einst forderte der Deutsche
Schulverein in Wien zur Eründung
deutscher Schulen an den bedrängten
Sprachgrenzen auf. Fast drei Millio-
nen Kronen wurden gezeichnet. Rosegger, einer
der eifrigsten Werber, verkündete: „Die Deut-
schen haben das Spiel gewonnen!"

Jm Kriege hat Rosegger sein ideales deutsch-
österreichisches Elaubensbekenntnis im „Heimgar-
ten" abgelegt: „Die Tore zwischen Deutschland und
Oesterreich bleiben offen. — Ueberzeugt müsien die
inneren Feinde werden. Wovon Lberzeugt? Von
der Notwendigkeit eines sozialen, wirtschaftlichen
und politischen Bündnisses der beiden Staaten.
Dann sollten wir auf die Einfuhr von norddeut-
schem Pflicht- und Stammsinn keinen Zoll legen."

Je berühmter der Dichter wurde, umso mehr
Feinde schuf er sich, die die Nase rümpften Lber
den „Lederhosendichter" in der Steirerjoppe, der
das Lob der bäuerlichen Arbeit sang und der eine
so verdächtig kerngesunde Weltanschauung besaß.
Rosegger aber schöpfte immer tiefer aus dem eige-
nen 2ch, das mit allen, Fasern im Boden seiner
Alpenheimat wurzelte. Jn Eraz hatte der Dich-
ter festen Boden unter den Füßen gewonnen und
nych seinem eigen Sprüchlein gehandelt:

„Jn jedem Haus
Vor allem wert
Drei Dinge sind:

Eine starke Faust,

Ein warmer Herd,

Ein kleines Kind."

Jm unerschütterten Volkstum erkennt Rosegger
das Heil jedes Volks; er verteidigte bäuerliche
Eitten gegen krankhaftes Städtertum. Seine Worte
pasien ganz in unsere Zeit: „Jch habe, wie so
viele, die Scholle einst verlassen, aber nicht um sie
Su meidcn, sondern um die Menschen zu ihr zu-
rückzurufen."

Die Selbständigkeit und Vodenständigkeit des
Dauernstandes sind die Voraussetzungen der sozia-
len Ordnung. Sie werden am vollkommensten bei
der alten Naturwissenschaft gewahrt. — Unsere
treue Mutter ist die Erdscholle, aus ihr sprießt
das Brot und der Jdealismus.

Aus allen Werken fühlt der Leser heraus, wie
Roseggcr an der heimatlichen Scholle hängt; seine
beliebten Romane wurzeln im Volkstum. Das
größere Deutschland war sein Vaterland< Allen
Deutschen gilt jein „Heimatsegen"i

„Und bräch ein böser Feind herein,

Jch könnte nimmer fröhlich sein,

Jch müßt' vor Wehe sterben.

Ach, laß der Väter Lehr und Ehr,

Der Brüder Freudigkeit und Wehr,

O Herrgott, nicht verderben!"

Einmal äußerte sich der steirische Dichter:

„Mir hat die grüne Mark nach dem Volksliede
eine goldene Kette ums Herz gelegt."

Die Liebe zur Heimat, dieses „Angekreuzigtsein
an die Heimat", ist die „Hoamkrankheit" des
Alplers. Jhm war das Heimweh nichts anderes
als „die Liebe zur großen Vergangenheit"; so ruft
er aus: " O du vertracktes, o du heiliges, o bu
geliebtes Heimweh, du bist mein Schicksal!"

Als kleiner Junge hat Rosegger erfahren müs-
sen, wie ein aufdringlicher jüdischer Hausierer das
ehrbare Eewerbe schädigt. („Als ich mit der Thresel
ausging und mit dem Maischel heimkam.") Als
reifer Dichter schilderte er im Roman „Das
ewige Licht" (1897) das volksschädigends Trei-
ben eines getauften jüdischen Großindustriellen,
durch dessen Tätigkeit das Volk entwurzelt wird.
Er kam zum Schluß: „Die Schmarotzer-
pflanzen werden stark, die Bäume
dürr! Der Mensch solls nicht dümmer
machen wie das Holz, Zusammen-
stehen!"

Jm Kulturroman „Weltgift" (1903) wird
gezeigt, wie schwer ein Mensch, der das Weltgift
genossen, in die ländliche Natur zurückkehren kann.

Der Naturpoet wurde zum Kulturdichter. Als
Dichter und Bauer hing Rosegger an der Scholle,

für die er sich mit ganzem Herzen einsetzte. Ein
Wunsch ist erst jetzt in Erfüllung gegangen: die
Erhebung der Proletariers zum Volksgenossen.

Rosegger verlangte den Miteinschluß der die-
nenden und arbeitenden Klasse in die Eesellschaft".
— „Reichen wir dem Armen und Nie-
drigen die Hand, die Freundes- und
Bruderhand, und sie wird gesegnet
s e i n."

„Erfreulich ist es, daß in modernen jungen Leu-
ten stch Wille und Kraft zeigt, es mit der her-
ben, ursprünglichen Menschenarbeit wieder aufzu-
nehmen. — Seit nahezu einem halben Jahrhun-
dert predigte ich in allen Tonarten, lockend, bit-
tend und drohend, die RLckkehr zum Vauerntum.
Jch bin nur ein Poet, doch den Poeten sagt man
nach, daß sie Seher wären, und ich sehe in der
Tat, daß künftige Eeschlechter ftch wieder mehr auf
dem Lande anheimen werden.. Arbeit zu einem
neuen und gesunden Aufbau unseres Reiches be-
ginnt, ein besseres Verständnis."

Dem sechzigjährigen Dichter wurde der Doktor
ehrenhalber von der Universität Heidelberg ver-
liehen: „Dem äußerst fruchtbaren Dichter, der das
Volksleben seiner Heimat in unvergleichlicher
Kraft und hervorragendem Können schilderte, dem
geistvollen Mann, der immer auf dem Posten war,
um deutsche Sprache, Sitte und Erziehung auf der
Erenzwacht tapfer zu verteidigen."

Mögen wir Roseggers Dichterwort beherzigen:
„Wenn wir mehr für das Vaterland leben wür-
den, wäre es vielleicht seltener notwendig, für es
zu sterben"!

Dr. Helmut Wolter, Duisburg.

poter rlossLser

uncl clie deukeke

Oemein^ame ^rdeit für Volk^tum un6 cleut^clle Kultur

In der großen Rundfunkansprache, in der
Oesterreichs Bundeskanzler den Abschluß des
deutsch-österreichischen Paktes ankündigte, hat sich
Dr. Schuschnigg dazu bekannt, daß Oesterreichs
kulturelle Sendung noch immer eine deut-
sche Aufgabe gewesen sei.

Mit dieser eindeutigen Feststellung von autori-
sierter Seite ist der Jnhalt einer feindseligen Pro-
paganda ein für allemal zerstört worden, die da-
nach trachtete, nachzuweisen, daß der Oesterreicher
ein besonderer Menschenschlag sei, der vom deut-
schen Menschen durchaus verschieden sei. Nein, der
Oesterreicher ist kein besonderer, vom Deutschen
grundverschiedener Mensch. Er ist Deutscher, oder

— um es noch eindeutiger zu sagen: er ist baye-
rischer Abstammung.

Die Bajuwaren haben — nach den Kelto-Ro-
manen — die Südostmark des Reiches besidclt. Jm
Laufe der Jahrhunderte hat gewiß die anders-
artige Landschaft das Wesen und die äußere Hal-
tung der Menschen neu geprägt. Die österreichische
Landschaft ist heiterer, südländischer, wenn man
so will, und also ist auch der österreichische
Mensch heiter und von einer teilweise südländischen
Leichtigkeit. Aber darum sind sie doch Deutsche ge-
blieben, und das kann man gerade in den „Län-
dern" immer wieder feststellen. 2n Wien aller-
dings sehen die Dinge ein wenig anders aus. Hier
sind viele Rassen zusammengestoßen, die einstmals
in der bunt zusammengesetzten österreichisch-unga-
rischen Monarchie lebten. Und diese Vielgestaltig-
keit der Rassen hat natürlich auf den typischen
Wiener abgefärbt. Aber Wien ist nicht Oesterreich

— und Oesterreich ist deutsch.

Oesterreichs kulturelle Aufgabe, hat Dr.
Schuschnigg gesagt, ist stets eine deutsche Aufgabe
gewesen. Wir wissen, wie richtig dieser Satz ist,
und wir freuen uns, ihn gerade aus österreichi-
schem Munde zu hören.

Wir können uns Oesterreich aus der Gesamt-
schöpfung deutscher Kultur überhaupt nicht mehr
fortdenken. Jst nicht unser großes Heldenepos, das
Nibelungenlied, von einem österreichischen
Dichter zuerst aufgezeichnet worden? Hat es nicht
an der Donau seine erste, vollendete Form gefun-
funden? Und hat nicht ein W a l t h e r von der
Vogelweide die ersten großen Volkslieder ge-
dichtet, die ersten Kampflieder für Kaiser und
Reich gesungen? Hat nicht Kaiser Joseph H., in-
dem er das Wiener Burgtheater aus einem Ko-
mödienhaus französischen Stils in ein National-
theater verwandelte, den Erundstein gelegt zu der
deutschen Theaterkultur schlechthin?

Und plötzlich steht, während wir uns noch im-
mer über das Freundschaftsabkommen zwischen Ber-
lin und Wien freuen, ein anderes Bild vor unse-
ren geistigen Augen. Haben wir nicht eben erst —
eine gute Woche ist es gerade her — die Tage
von Weimar erlebt? Und ist nicht Weimar für
uns die Hauptstadt und der Jnbegriff der klassi-
schen deutschen Dichtkunst?

Ja, aber wenn wir an Weimar denken, dann
stellt sich von selbst die Parallele zu Wien ein.
Was Weimar für die deutsche Dichtkunst gewesen
ist, das war Wien für die deutsche Musik.

Schnell stnd die Namen bei der Händ, unver-
unstsrbliche Ramen: Eluck, Haydn,

Mozart, Veethoven — was sie geworden
sind, das sind sie in Wien geworden. Und weiter
geht der Weg: Brahms und Hebbel — sie
kamen aus dem Norddeutschen, aus Hamburg und
den Dithmarschen: in Wien haben sie ihre Er-
fllllung und Vollendung gefunden. Und Schu-
bert — ist er überhaupt denkbar ohne die
Atmosphäre der heiteren Stadt an der Donau?

Uud waren nicht doch seine Vorfahren noch-

Echlesier... ?

Nein, nein ohne die großartigen künstle-
rischen Schöpfungen bajuwarisch-österreichischen Gei-
stes wäre alles das, was wir heute unter deutscher
KultUr, deutscher Dichtung und deutscher Musik
verstehen, nur zur Hälfte das, was es tatsächlich
ist. Wir sind Brüder des gleichen Vlutes, und die
deutsche und die österreichische Kunst sind ein Ean-
ses. Untrennbares. das zusammengehört. H. Ur.

Scherl-Bilderblen«

»Linige ^climutzige Oe^elleu«

Olympische Spiele im Lahre 1835

Die im Jahre 1896 im Athener Stadion vott
Varon Coubertin wieder ins Leben gerufene«
Olympischen Wettkämpfe haben, wie wenig be»
kannt sein dürfte, im Jahre 1835 ein bescheidenes
„Vorspiel" gehabt. Wie lesen darüber bei Ludwig
Roß „Erinnerungen und Mitteilungen aus Erie«
chenland" (Berlin 1863):

„Eriechenland trat am 1. Luni 1835 in eins
Periode seiner inneren Verwaltung ein. Aber
der Uebergang fand ohne erhebliche Festlichkeiten
statt. Anfangs war förmliche Krönung des Königs
(Otto) beabsichtigt und wurde besonders von H. v.
Kobell mit Eiser betrieben. Die Thronbesteigung
ging so still wie möglich vor sich, man merkte sis
kaum. Kolettis hatte als Minister des Jnnern eine
Art Olympische Spiele angeordnet, Wett«
lauf, Ringen und Scheibenwerfen auf ofsenem
Platze, und hatte einige schmutzige Eesellen als
Olympioniken angeworben, aber der sonst so ge-
scheite Mann mächte mit dieser seiner nationalen
Festlichkeit vollständig Fiasko; man konnte höch-
stens darüber lachen. Ln der Stimmung des Vol-
kes war kein Aufschwung; das einzige, was Ein-
druck machte, war die Begnadigung und Frei-
lassung der gefangenen Häuptlinge."

Ludwig Roß, dem wir diesen Vericht verdan-
ken, hatte von 1834—1845 die Professur für klas-
sische Philologie an der Athener Universität inne.
Außerdem war er Oberkonservator der griechischen
Altertümer. Unter seiner Leitung wurde der be-
rllhmte Nike-Tempel aus den beim Abbruch einer
türkischen Vastion gefundenen Stücken wieder auf-
gebaut.

Komponi^t^ 8ekirU5leIIei' uncl Kritilcer

^um 8o. I'octe^tage kobert 5ellumsnn5 am 2Y. luli

Wir denken nicht allein an den Schumann'schen
Schwung zärtlicher Schwärmerei, wenn wir seine de-
likaten, erinnerlichen Lieder an unserem Gedächtnis
vorllberziehen lassen, an die Kraft seiner Ausgestal-
tung und an die thematisch geistvolle Verarbeitung
des Stoffes, wir denken nicht allein an die zauber-
vollen, traumhaften Klavierstücke, (Davisbündler.
tänze, Karneval, Kreisleriana), an das einzigartige
a-moll-Konzert, wir denken an den Schnftsteller,
den Eelehrten Robert Schumann, wenn wir am
29. Juli, seinem 80. Todestage, einen Blick auf den
herrlichen deutschen Meister werfen.

Wir betrachten sein Bildnis: Das lange schwarze
Haar schlängelt sich um den Nacken und legt sich über
die schöne geschwungene Stirn. Man spürt, daß der
geistig Schwankende schon mit jungen Jahren einen
verträumten Eesichtsausdruck hat, daß sich auf seinen
breiten, schönen Mund müde ZLge legen, daß dieser
wunderbare deutsche Musiker das gleiche Schicksal wie
Hölderlin, Kleist, Hugo Wolf, fand.

Der Künstler Schumann war nicht nur ein ge-
nialer Kompvnist, dem wir die schönsten, zartesten,
phantasiegetränktesten Musikstücke verdanken, er war
auch ein feingeistiger Dichter und Schriftsteller.

Wir wisien, daß die romantische Kunstepoche mit
ihrer vorwiegend literarischen Tendenz als Erund-
lage der modernen Musikkritik im prägnanten Sinne
angesehen werden kann. Die Romantiker hatten den
schöpferischen Wert der Tageskritik entdeckt.
Und so erfährt das kritische Verfahren mit Robert
Schumann eine zielbewußte Annäherung an die Ee-
samtsituation der romantischen Auffassung. Die von
ihm 1834 ins Leben gerufene „Neue Zeitschrift für
Musik", die noch heute besteht und stets das völkische
Wahrheitsideal betonte, erfüllte die Erundtendenz
einer fachlichen Darstellung hinsichtlich des Werkes,
der kunstpolitischen Anschauung und der künstlerischen
Leistungen. Eerade durch den geistigen SLwung, die
persönlich-exakte Darstellungsweise und die kluge
Formulierung des Urteils erwarb sich Robert Schu-
mann großes Ansehen: hat er doch durch die Ehrlich-
keit seines Wortes und die Leuchtkraft seiner Eedan-
ken vorbildlich gewirkt. Schumanns Aufsätze und
Kritiken fielen in eine Zeit. die die großen E^chei-
nungen B^ethoven und Schubert von unmittelbarer
Nähe mit ganz geringem historischem Abstand er°
Mte, wo Anton Bruckners Eeni» ausleuchtet» und

Johännes Brahms am Horizont erschien. Eine kom-
positorisch träge Zeit wollte sich mit seichter Melodik
begnllgen. Robert Schumann aber gab durch die lei-
denschaftliche Hingabe und setne seltene Begabung
fiir das Kritisch-Kühle und somit straff eingreifende
Abwägen seinen Verichten eine bewußt scharfsinnige
Zielrichtung: den ständigen moralischen Verantwor«
tungsdruck!

So wie Robert Schumann in seinen mustkalische«
Werken stets die Schönheit der Form im Auge hatte,
so stnd auch seine literarischen Abhandlungen reine
Kunstwerke: oolkstümlich und spannend dazu!

Die geheimsten Kräfte, die stch zur Einheit eines
musikälischen Werkes schließen, liegen natürlich in
den grandiosen Klavierstücken voerborgen! Alles
kommt aus reinstem Empfinden, aus einer ganz be.
wußten seelischen Tiefe! Die literarisch poetischen
Einflüsse, die Eichenüorff'sche märchenhafte Stim-
mungskunst machen sich bemerkbar. Wir meinen, daß
romantische Vielsältigkeiten und Zwischengefühle sich
in bezaubernder Weise mit seinen musikalischen
Ideen vermengen! Texte von Eichendorff werden
wirklich mlt subtilen sinnsälligen musikalischen Emp.
findungen durchtränkt. Die innere Kraft der Musik
ist so stark, Laß wir sie immer wieder wie neu in
unser Herz senkcn.

Robert Schumann, dieser fsinnervige und leise
Mensch, hat sich niemals in bloßem romantischem Far-
benspiel vcrloren, er fand die weitausladende schöne
Melodie und brachte sie zum Erklingen. Er schrieb
ein weltliches Oratorium „Peri", die wunderbar aus-
gewogene Musik zm „Manfred", die wirklich aus
dem symphonischen Empsinden geschriebene, von
Hans Pfitzner so herrlich interpretierten Sympho-
nien in B-dur und D-moll, die Quintette und Quar.
tettc und das eingangs erwähnte funkelnde Klavier.
tonzert.

Das Leben des Meisters war kurz. Der junge
Feuerkopf studierte in Leipziq bei Wieck, dessen
Tochter Clara 1840 seine Frau wurde. Seins
Schwermut drängte ihn jedoch vom Wege ab, seins
feingesponnenen Nerven rissen durch. Eeistige Ohn-
macht war sein Beg'citer in den Tod. 1854 stürzt<
er stch in den Rhein. Der Weg in eine Heilanstalt
blieb ihm noch erspart.

Sein Werk jedoch wird ins Ewige hinübergehe».
 
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