Oie >ver6en gröüer?
OroK;ta6t un6 5port Von Or. Ortermsrm
Jn Vuenos Aires hat sich eine Richard -
Wagner-Eesellschaft gebildet, aus dem
Wunsch und Willen vieler Gleichgestimmter heraus,
die Pflege der Opern des Bayreuther Meisters
auf eine feste Erundlage zu stellen und diese be-
wutzt in die breiten Besucherschichten hineinzutra-
gen.
Das deutsche Opernschaffen hat i» der argen-
tinischen Hauptstadt schon seit langem eine dank-
bare Heimstätte. Und die Opern Wagners nahmen
in den letzten Jahren einen immer breiteren Raum
im Spielplan des Teatro Colon ein. Die
Wagner-Eemeinde wuchs und hat nun ihren orga-
nisatorischen Zusammenschlutz gefunden.
Bereits jetzt steht es fest: das ist keine Ange-
legenheit, die auf Buenos Aires beschränkt bleibt.
Ec heißt, datz sich schon in der nächsten Zeit in den
verschiedenen Erotzstädten Argentiniens Schwester-
gesellschasten bilden werden. Die Opernfreunde
dieses deutschfreundlichen Landes stnv von einer
starken Wagner-Welle erfatzt, die sich ganz gewitz
als unversiegbarer Strom reichen Opernlebens er»
weisen dürfte.
Zu den autzerdeutschen Ländern, deren Theater-
gemeinden eine besondere Vorliebe für Wagner
haben, gehört auch England. Die Londoner
„Season" steht alljährlich fast völlig im Zeichen des
Bayreuther Meisters. Und die Aufsührungen wer-
den auch hauptsüchlich von deutschen Künstlern ge-
tragen. Nur die Hatzpsychose der ersten Nachkriegs-
jahre vermochte die Wagner-Verehrung in London
einzudämmen. Der Mai 1924 brachte auch hier die
Wende; die „Season" erhielt wieder ihr deutsches
Eesicht. Zum ersten Male nach oem Kriege ge-
lengte das „Rheingold" indeutscherSprache
zur Aufsührung. Und damit war die Durchbruchs-
schlacht gewonnen. Seitdem erfreut stch Wagner
stündig steigender Zuneigung.
Man kann ruhig sazen: Wagner klingt in der
ganzen Welt. Und nicht zuletzt in den stammver-
wandten noidischen Ländern. Es ist jedenfalls be-
zcichnend, datz Wagners „Tannhäuser" es inEöte-
borg in kurzer Zeit zu 17 Wiederholungen brin-
gen konnte! Mit einer solchen Wiederholungszif-
fer einer Wagner-Oper im Zeitraum von nur
wenigen Wochen kann nur schwer eine zweite
Vühne, und noch dazu ein« ausländifche, auf-
warten.
Wenn man von der Vorliebe der Opernwelt fllr
Wagner spricht, kann man an Paris nicht vor-
Lbergehen. Die Pariser Gastkonzerte der Berliner
Philharmoniker unter Wilhelm Furtwängler
haben Wagner viele Freunde geworben. Der
Trauermarsch aus der „Eötterdämmerung", das
Siegfried-Jdyll und die „Holländer"-Ouvertüre
werden immer wieder erbeten und mit ktürmischem
Veifall aufgenommen. Ein Eastipiel der Verliner
Philharmoniker in der französtschen Hauptstadt
ohne Wagner ist einfach unmöglich!
Wagner klingt in der ganzen Welt, auch jen-
seits des grotzen Teiches in den Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika. Neuyork vor allem hat
eine recht stattliche Wagner-Eemeinde. Aber auch
im Landesinnern, in kleineren Städten, findendie
Opern dieses deutschen Tondichters grotzen Zu-
strom. Wie in England, haben hier nur die
Kriegs- und die ersten Nachkriegsjahre eine Un-
terbrechung der Wagner-Aufführungen gebracht.
Nicht überall in der Welt, wo das Werk Wag-
ners eine Heimstätte hat, gibt es bereits Richarv-
Wagner-Eesellschaften. Argentinien bietet darin
der Welt ein Beispiel. Denn nicht zuletzt auf dem
Eebiete der Opernpflege gilt der Satz, datz ein fe-
'ter organisatorilcher Zusammenschlutz die beste
'iöglichkeit ist, um der Forderung nach der ver-
Die menschlichen Rassen unterscheiden stch in
ihrer Körpergrötze zum Teil recht beträchtlich. Ee-
genpole des Körperwachstums wie die Zwergrasten
Jnnerafrikas und Jndiens und etwa die beson-
ders hochwüchsigen NegerrassHr in den Eraslän-
dern des oberen Nils haben einen Abstand von
durchschnittlich 40 bis 50 Zentimeter Länge. Auch
rastengemischte Völker zeigen entsprechend ihrer
Zusammensetzung dauernde Unterschiede, wie schon
ein Vergleich der nord- und südeuropäischen lehrt.
Das Erötzenwachstum folgt einer erbbeding-
ten Ordnung, innerhalb deren sich in jeder Rasso
und in jedem Volke um einen gehäuften Mittel-
wert Varianten nach oben und unten mit abneh-
mender Häufigkeit anschlietzen.
An den beiden Enden der VariationsLreite ste-
hen also die besonders Kleinen und die besonders
Erotzen. Klein heiratet gewöhnlich Klein, und
Erotz heiratet Grotz. Das ist eine Art von Aus-
lese nach dem Sprichwort: Eleich und gleich ge-
sellt sich gern. Sehr grotze Eltern haben im-
mer grotze Kinder, aber sehr kleine
Eltern haben nicht immer kleine Kin-
der. Das Erötzenwachstum wird nämlich durch
zwei Reihen gleichsinniger, stch steigernder Erb-
anlagen gesteuert: die einen fordern, die anderen
hemmen es. Jn der Auswirkung werden fördernde
von hemmenden überdeckt. Jm Erbgefüge des ein-
tieften Pflege des Operngutes gerecht werden zu
können.
Von Deutschland aus wird die Bilvung der
Richard-Wagner-Eesellschaft in Buenos Aires
und diejenige weiterer Schwestergesellschaften in
Argentinien mit begreiflichem Jnteresse verfolgt.
Der Vayreuther Bund als die berufene Stelle
hatte bisher mit den schon bestehenden Wagner-
Gesellschaften nur eine sehr lose Bindung. Es soll
aber in Zukunft mit ihnen eine möglichst enge Zu-
sammenarbeit einsetzen. Vor allem will man das
Augenmerk darauf richten, datz sie ihre Aufgaben
ganz im bayreuthischen Sinne ersüllen.
zelnen entscheidet übor die Eesamtwirkung das
Mengenverhältnis. Sehr grotze Eltern haben
überwiegend, wenn nicht ausschlietzlich, wachs-
tumsfördernde Erbanlagen und ihre Kinder na-
türlich auch. Vei den kleinen Eltern treten die
hemmenden Anlagen in der Auswirkung zwar
hervor: daneben bestehen aber noch überdeckte
wachstumsfördernde, und bei einem Teil der Kin-
der kann sich die Mischung der väterlichen und
mütterlichen Erbanlagen zugunsten der fördernden
verschieben. Diese Kinder werden ihre Eltern an
Erötze übertreffen.
Erbanlagen stnd keino Eigenschaften, sondern
eine „Reaktionsnorm". Sie wirken als ein
innerer Reiz, als treibende Kraft, von vornherein
allerdings mit begrenzter Möglichkeit, auf die
Entfaltung der Eigenschaften hin. Jhre Eegen-
spieler sind die Reize der llmwelt, in Anbetracht
der KLrpergrötze insbesondere Ernährung, körper-
liche Pflege und llebung, Licht, Klima und an-
dere. Äuch sie fördern oder hemmen, und unter
ihrem Einfluh kann sich der Mittelwert der Kör-
pergrötze innerhalb der Variationsgrenzen mehr
nach der oberen oder unteren hin verschieben, kön-
nen die Angehörigen einer Nasse oder einer Be-
völkerung durchschnittlich grötzer oder kleiner wer-
den. Die erblichen Grundlagen der Körpergrötze
haben sich, solange die heutigen Rassen und Ras-
sengemische bekannt sind, nachweislich nicht geän-
dert. Die Zwillingsforschung, die ja die Wechsel-
wirkung von Erbanlagen und Umwelt abzugren-
zen vermag, lehrt, datz die Umwelt auf die Kör-
pergrötze einen nur beschränkten Einflutz auszu-
Lben vermag.
Schon seit der Mitte des vorigen Iahrhunder^s
stellte man in den meisten europäischen Ländern
fest, datz die durchschnittliche Grötze der Eestel-
lungspflichtigen, hauptsächlich der städtischen, zu-
nahm. Diese Erscheinung haben einige Erbfor-
scher dem sogenannten Luxurieren der Mischlinge
gleichgesetzt. Zuweilen beobachtet man nämlich
nach der Kreuzung erbverschiedener Rasten, datz
die Kinder ihre Eltern unter anderen auch in der
Körpergrötze übertreffen. Jn der Tier- und Pflan-
zenzucht ist der Vorgang seit über einem Jahr-
hundert bekannt, und auch bei der Kreuzung
menschlicher Rassen, so von Vuren und Hottentot-
ten, Zndianern und Weitzen, ist Luxurieren be-
schrieben worden. Man deutet es meist so: Das
Bild jeder Rasse entspringt einem gefestigten und
harmonisch abgestimmten Erbgefüge. Die Kreu-
zung fernstehender Rassen ergibt eine Disharmo-
nie zwischen väterlichen und mütterlichen Erban-
lagen, und gerade sie ist es, die den Entwicklungs-
reiz in mancherlei Richtung verstärkt. So glaubte
man, datz auch die ungeheure Zusammenballung
der Bevölkerung in den Städten und die Durch-
mischung entfernter Eaue und Eautypen das GrN»
tzenwachstum anreizte. — Es gibt aber auch man-
cherlei Kreuzungen ohne Luxurieren. Die ganz»
Frage ist noch umstritten. Es würde wohl geni^
gen, die Erötzenzunahme der Mischlinge und auch
des städtischen Nachwuchses damit zu erklären, datz
die Mischung — wie bei klernen Eltern mit gra»
tzen Kindern — zu einer Häufung wachstumsftr'
deryder Erbanlagen führt.
Damit allein lätzt stch die Erötzenzunahme in
ihrem llmfange aber nicht erklären. SicherllH
haben Umwelteinflüsse in hohem ME
mitgespielt. Jm Laufe des vorigen Jahrhunderts
stieg die Lebenshaltung in Deutschland wre
in anderen Ländern a». Die Lebensweise der
Städter änderte sich. Man turnte, schwamm, trieb
Sport aller Art, drängte ins Freie, nahm Luft'
und Sonnenbäder, legte Schrebergärten an. ste'
delte am Rande der Grotzstädte. Die Nahrung
wurde auf Vitamine eingestellt. Die Kleidung
patzte sich dem Bewegungsdrange an und wurde
freier. Vom Säugling mit windelfreien Strampef'
zeiten an gewann der Städter mehr und mehr die
Reizquellen der Natur zurück, zum Ausgleich für
die Schäden der Stadt. Er schuf sich eine giinsti'
gere Umwelt, und das mutzte die gesamte E»t«
wicklung, auch das Erötzenwachstum, beeinflusten-
Es gibt ein Beispiel, das eindringlicher als alles
andere die Wandlung anzeigt. Die englische Krank«
heit, vor dreitzig Jahren noch die tägliche Last der
Äerzte, ist verschwunden. Wo stnd noch Kinder
mit rachitischen Verkrümmungen der Knochen?.
Licht und Vitamine haben sie vertrieben.
Eewitz bildet die Erötzenzunahme der Eestel«
lungspflichtigen nur das erste srfatzbare Anzeichen
einer allgemeinen Entwicklungsän-
derung. Später machte stch auch bei den Schul-
kindern eine gleichlaufende Zunahme der Körper-
grötze bemerkbar. Wahrscheinlich begann auch sie
lange vor der Jahrhundertwende. Ällgemein fiel
sie erst auf, als in den städtischen Schulen nach
und nach regelmätzige Mestungen eingesührt wur-
den. Die Welle stieg bis zum Kriege, ebbte in
den Hungerjahren zurück und verstärkte sich im
letzten Iahrzehnt von neuem. Die aus der Volks-
schule Entlassenen zeigen gegey früher eine durch-
jchnittliche Zunahme von 5, 6, stellenweise sogar
11 Zentimeter. Aber es handelt sich nicht blotz
um die Erötze. Auch das Gewicht ist erhöht.
Das ganze Wachstum, samt der geschlecht»
lichen Reife, ist bei einem Teil der Kinder
um anderthalb bis zwei Jahre beschleunigt. Matze
und Eewicht der Erwachsenen werden von ihnen
früher erreicht. Die gesamte Entwicklung verkürzt
fich. Für eine beschleunigte Geschlechtsreife der
Mädchen lagen schon 1917 Beobachtungen aus Hol-
land vor, etwas später solche aus Baden. Man
könnte auch bei Beschleunigung der Eeschlechts-
reife und der gesamten Entwicklung an die Durch«
mischung der Städte denken, denn auch ste stnd erb-
lich bestimmt.
An die Verkürzung der Eesamtentwicklung hat
man die Befürchtung gekniipft, sie möchte vielleicht
ein früheres Altern, für die Frauen eine Verkür-
zung der Fruchtbarkeitsdauer, nach sich ziehen. Das
solgt nicht ohne weiteres. Man hat stch fchon oft
bemiiht, zwischen Reife, Wachstum einerseits unk»
Altern, Lebensdauer andererseits eine Veziehung
zu sinden. Bisher ist keine allgemeine Formel ge»
lungen, und wahrscheinlich gibt es auch keine.
Ebensowohl könnte man umgekehrt fragen: Bedeu»
tet die Verkürzung der Entwicklung nicht die Riick»
kehr zu dem natürlichen biologischen Ablaufe»
der vielleicht noch im Anfange des neunzehnten
Jahrhunderts gehemmt war? Ist nicht auch die
durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen? Jn
der Augsburger Hochzeitstafel, einem
Stammbuche der Bevölkerungsbewegung. das bis
1501 zurückgeht, findet sich zur Eheschlietzung ein
Mindestalter von vierzehn Jahren für das männ-
liche Eeschlecht, von zwölf Jahren für das weib-
liche, vermerkt. Es wurden zwar nicht viele Ehen
unter sechzehn Jahren abgeschlossen, aber man
nahm für die niedrigen Altersstufen doch die ge-
schlechtliche Reife an. Die Stadt der Fugger und
Welser war mit ihren 50 000 Einwohnern eine
ungewöhnlich grotze und reiche Stadt; unter den
Bürgern waren viele Weber . . . Datz die Kinder-
ehen ein Unfug waren und fiir die jungcn, vielge-
bärenden Frauen nicht gut abliefen, steht auf
einem anderen Blatt.
Man wird die Weiterentwicklung mit Aufmerk-
samkeit verfolgen müssen. Rückhaltlos wird man
aber denen beistimmen, dik vor Ueberanstrengung
einer körperlich und geistig frühreifen Jugend
warnen. Die Stadt wirkt schon wie ein künst-
liches Reizmittel, und die Zahl der nervösen Kin»
der ist übergrotz. — llm die Frage der Körper-
grötze abzuschließen: Jhre durchschnittliche Zu-
nahme ist zum Teil auf die Durchmischung der Be-
völkerung in den Städten, zum Teil auf die Aen-
derung der Umwelt zurückzuführen. Erhöht sind
die Mindest- und Mittelwerte, nicht die bishev gen
Höchstwerte. Die erbliche Variationsbreite hat
sich nicht geändert.
ktoten-8odrsivma8oNlnv
In k^rsnktui-t draotits Oust Nuncls:atlLr sine neu-
artisv 8ola e »..nasctijne, uny r«ar «iis t usiknotsn-
8vtireitrmasetiins, tivrau« Scherf
I^euerXVein, gero^tete ^a^tsuieu
Linv/an6erer 6e5 cteukctisn >Vat6e5 — Von Or.^Volk 5ilgracit
Jm deutschen Süden ist ein East aus fernen,
südlichen Landen heimisch geworden. Jm anmu-
tig geschwellten Verglande der Bergstratze begin-
nend, bedeckt die Edelkastanie die waldigen Hügel
des Neckartales, die besonnten Vorberge des
Schwarzwaldes bis hinab zu den Ufern des Bo-
densees. Zu lichten Hainen und dichten Wäldern
vereinigt, stehen dort Lberall die ranken,, glatten
Stämme, besonders prächtige erreichen die Stärke
unserer deutfchen Eiche, doch sie stehen einsam unter
ihren schlankeren Ärtgenossen, diese wuchtigen
Einstedler, mit ihren mächtigen Kronen ausgiebi-
gen Schatten spendend, in dessen Kühle kein ande-
res Eewächs gedeiht. Jm Frühling, wenn die
ersten lichtgrünen Blätter aus ihrer klebrigbrau-
nen Hülle brechen, ist solch ein Kastanienhain ein
gar wundersames Eebilde. Alles in ihm ist Licht.
Und erstrahlen erst die seltsamen Blütenschläng-
lein in ihrem Sonnengelb, dann ist die herrliche
Lichtersymphonie hervorgezaubert. Jm Sommer
wird es dann still. . . Hoch oben in den lustigen
Wipfeln schaukeln die „Stacheligel" der Edelkasta-
nie, in ihrem Jnnern den köstlichen, weitzen Kern
bergend.
Wie verirrte sich nun dieser Fremdling in den
deutschen Süden? — Am Bodensee stand die Edel-
kastanie schon recht lange. Zur Zeit des Römi-
schen Reiches Deutscher Nation wurde sie von Rit-
tern und Landsknechten an die sonnigen Gestade
verpflanzt. Aber der Baum breitete sich nicht
weiter im deutschen Lande aus, denn niemand
wutzte etwas Rechtes mit ihm anzufangen. Erst
als um die Wende des oorigen Iahrhunderts Ita-
liener nach Deutschland kamen, um dort die Bahn-
bauten zu beginnen, da pflanzte der eine oder an-
dere von ihnen einen solchen Baum an. Auch die
italienischen Steinhauer, die zum Ausbrechen des
Eesteins in den Schwarzwaldtälern angesiedelt
wurden, brachten in ihren roten Sacktüchern Edel-
kastaniensetzlinge mit und versenkten sie in deut-
sches Erdreich. Und siehs — die kleinen Fremd-
linge gediehen in der warmen Sonne der Rhein-
ebyne gar prächtig. Die Einheimischen kamen auf
den Geschmack und legten nun selbst Edelkastanien-
haiye an. Der Fremdling wurde in der Folge zum
besten Zeugen der sprichwörtlichen Milde und
Fruchtbarkeit des deutschen Südens.
Wenn die sonnenselige Zeit des Sommers zur
Rüste sich neigt, der früchtespendende Herbst sein
Regiment antritt, dann erwacht auch der stille Ka-
WüilllMlil! H Iwl
stanienhain zu neuem Leben. Der Wind fährt lu-
stig durch die Wipfel der schlanken Kastanien und
zaust und beutelt sie gewaltig. Dann purzeln und
voltern die grünen Stacheligel zu Boden, aber
immer noch wehrhaft beschirmen sie ihren köstlichen
Jnhalt. Wehe dem, der sie anfassen würde! Ein
kräftiger Tritt mit dem lederbewehrten Schuh
führt eher zum Ziele, nun gibt die ftachelige Hülle
den dunkelbraunbeschalten Kern, wenn auch wi-
derwillig und kratzbürstig, srei. Wunderschön
glattpoliert enthüllt sich die Frucht. Fällt dann
noch die braune Schale, prangt der Kern in mil-
chigem Weitz. Ein feines Aroma, das nach Sonne
und Erde duftet, steigt aus ihm. Und herrlich
schon schmeckt die Frucht auch im rohen Zustand.
Nun ist die Zeit gekommen, da in den Schwarz-
waldtälern und in der Rheinebene jung und alt
zur Ernte in die Haine und Wälder pilgert. Die
Kastanienschlacht, das „Keschtenbengeln", wird er-
öffnet. Entweder werden die Früchte mit Stan-
gen heruntergeschlagen oder durch Würfe mit
Knüppeln gebengelt. Prasselnd wirbeln die sta-
cheligen Kugeln vom Baum; die gefallenen Früchte
werden nun geöffnet, soweit sie noch nicht durch
den Sturz aufbrachen, und in Säcke gesteckt. Unü
endlich zu Markt gebracht.
Nun ist hohe Zeit ln ganz Vaden. In den
Weinbergen werden die Trauben gelesen. Fro-
hes Lachen geht durch das ganze Land. Jn den
Dorfwirtschaften wird der „Neue" kredenzt und
dazu die geröstete Kastanie angeboten, ihnen ge-
sellt sich schlietzlich noch der duftige, lockere Zwie-
belkuchen. Eine wahre Lust für den Schlemmer!
Jn den Erotzstädten locken die aromatischen
DLfte der gebratenen Maroni, die aber nicht
mehr italienischer oder spanischer Herkunft sind,
sondern dem Badnerland entstammen. Schon
Goethe, der diese köstliche Frucht des deutschen
Südens während seines Heidelberger Aufenthalts
schätzen lernte, besang sie in seinen Liedern an Su-
leika im „Westöstlichen Diwan":
„Doch immer reift von innen
Und schwillt der braune Kern,
Er möchte Luft gewinnen
Und säh die Sonne gern.
Die Schale platzt, und nieder
Macht er sich freudig los;
So fallen meine Lieder
Eehäuft in deinen Schotz."
MNMIik!z.U
XVagner m cler ganren XVelt...
/Vgeritinien gilrt ein 8ei5piel — Von Karl ftla55elfel5
OroK;ta6t un6 5port Von Or. Ortermsrm
Jn Vuenos Aires hat sich eine Richard -
Wagner-Eesellschaft gebildet, aus dem
Wunsch und Willen vieler Gleichgestimmter heraus,
die Pflege der Opern des Bayreuther Meisters
auf eine feste Erundlage zu stellen und diese be-
wutzt in die breiten Besucherschichten hineinzutra-
gen.
Das deutsche Opernschaffen hat i» der argen-
tinischen Hauptstadt schon seit langem eine dank-
bare Heimstätte. Und die Opern Wagners nahmen
in den letzten Jahren einen immer breiteren Raum
im Spielplan des Teatro Colon ein. Die
Wagner-Eemeinde wuchs und hat nun ihren orga-
nisatorischen Zusammenschlutz gefunden.
Bereits jetzt steht es fest: das ist keine Ange-
legenheit, die auf Buenos Aires beschränkt bleibt.
Ec heißt, datz sich schon in der nächsten Zeit in den
verschiedenen Erotzstädten Argentiniens Schwester-
gesellschasten bilden werden. Die Opernfreunde
dieses deutschfreundlichen Landes stnv von einer
starken Wagner-Welle erfatzt, die sich ganz gewitz
als unversiegbarer Strom reichen Opernlebens er»
weisen dürfte.
Zu den autzerdeutschen Ländern, deren Theater-
gemeinden eine besondere Vorliebe für Wagner
haben, gehört auch England. Die Londoner
„Season" steht alljährlich fast völlig im Zeichen des
Bayreuther Meisters. Und die Aufsührungen wer-
den auch hauptsüchlich von deutschen Künstlern ge-
tragen. Nur die Hatzpsychose der ersten Nachkriegs-
jahre vermochte die Wagner-Verehrung in London
einzudämmen. Der Mai 1924 brachte auch hier die
Wende; die „Season" erhielt wieder ihr deutsches
Eesicht. Zum ersten Male nach oem Kriege ge-
lengte das „Rheingold" indeutscherSprache
zur Aufsührung. Und damit war die Durchbruchs-
schlacht gewonnen. Seitdem erfreut stch Wagner
stündig steigender Zuneigung.
Man kann ruhig sazen: Wagner klingt in der
ganzen Welt. Und nicht zuletzt in den stammver-
wandten noidischen Ländern. Es ist jedenfalls be-
zcichnend, datz Wagners „Tannhäuser" es inEöte-
borg in kurzer Zeit zu 17 Wiederholungen brin-
gen konnte! Mit einer solchen Wiederholungszif-
fer einer Wagner-Oper im Zeitraum von nur
wenigen Wochen kann nur schwer eine zweite
Vühne, und noch dazu ein« ausländifche, auf-
warten.
Wenn man von der Vorliebe der Opernwelt fllr
Wagner spricht, kann man an Paris nicht vor-
Lbergehen. Die Pariser Gastkonzerte der Berliner
Philharmoniker unter Wilhelm Furtwängler
haben Wagner viele Freunde geworben. Der
Trauermarsch aus der „Eötterdämmerung", das
Siegfried-Jdyll und die „Holländer"-Ouvertüre
werden immer wieder erbeten und mit ktürmischem
Veifall aufgenommen. Ein Eastipiel der Verliner
Philharmoniker in der französtschen Hauptstadt
ohne Wagner ist einfach unmöglich!
Wagner klingt in der ganzen Welt, auch jen-
seits des grotzen Teiches in den Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika. Neuyork vor allem hat
eine recht stattliche Wagner-Eemeinde. Aber auch
im Landesinnern, in kleineren Städten, findendie
Opern dieses deutschen Tondichters grotzen Zu-
strom. Wie in England, haben hier nur die
Kriegs- und die ersten Nachkriegsjahre eine Un-
terbrechung der Wagner-Aufführungen gebracht.
Nicht überall in der Welt, wo das Werk Wag-
ners eine Heimstätte hat, gibt es bereits Richarv-
Wagner-Eesellschaften. Argentinien bietet darin
der Welt ein Beispiel. Denn nicht zuletzt auf dem
Eebiete der Opernpflege gilt der Satz, datz ein fe-
'ter organisatorilcher Zusammenschlutz die beste
'iöglichkeit ist, um der Forderung nach der ver-
Die menschlichen Rassen unterscheiden stch in
ihrer Körpergrötze zum Teil recht beträchtlich. Ee-
genpole des Körperwachstums wie die Zwergrasten
Jnnerafrikas und Jndiens und etwa die beson-
ders hochwüchsigen NegerrassHr in den Eraslän-
dern des oberen Nils haben einen Abstand von
durchschnittlich 40 bis 50 Zentimeter Länge. Auch
rastengemischte Völker zeigen entsprechend ihrer
Zusammensetzung dauernde Unterschiede, wie schon
ein Vergleich der nord- und südeuropäischen lehrt.
Das Erötzenwachstum folgt einer erbbeding-
ten Ordnung, innerhalb deren sich in jeder Rasso
und in jedem Volke um einen gehäuften Mittel-
wert Varianten nach oben und unten mit abneh-
mender Häufigkeit anschlietzen.
An den beiden Enden der VariationsLreite ste-
hen also die besonders Kleinen und die besonders
Erotzen. Klein heiratet gewöhnlich Klein, und
Erotz heiratet Grotz. Das ist eine Art von Aus-
lese nach dem Sprichwort: Eleich und gleich ge-
sellt sich gern. Sehr grotze Eltern haben im-
mer grotze Kinder, aber sehr kleine
Eltern haben nicht immer kleine Kin-
der. Das Erötzenwachstum wird nämlich durch
zwei Reihen gleichsinniger, stch steigernder Erb-
anlagen gesteuert: die einen fordern, die anderen
hemmen es. Jn der Auswirkung werden fördernde
von hemmenden überdeckt. Jm Erbgefüge des ein-
tieften Pflege des Operngutes gerecht werden zu
können.
Von Deutschland aus wird die Bilvung der
Richard-Wagner-Eesellschaft in Buenos Aires
und diejenige weiterer Schwestergesellschaften in
Argentinien mit begreiflichem Jnteresse verfolgt.
Der Vayreuther Bund als die berufene Stelle
hatte bisher mit den schon bestehenden Wagner-
Gesellschaften nur eine sehr lose Bindung. Es soll
aber in Zukunft mit ihnen eine möglichst enge Zu-
sammenarbeit einsetzen. Vor allem will man das
Augenmerk darauf richten, datz sie ihre Aufgaben
ganz im bayreuthischen Sinne ersüllen.
zelnen entscheidet übor die Eesamtwirkung das
Mengenverhältnis. Sehr grotze Eltern haben
überwiegend, wenn nicht ausschlietzlich, wachs-
tumsfördernde Erbanlagen und ihre Kinder na-
türlich auch. Vei den kleinen Eltern treten die
hemmenden Anlagen in der Auswirkung zwar
hervor: daneben bestehen aber noch überdeckte
wachstumsfördernde, und bei einem Teil der Kin-
der kann sich die Mischung der väterlichen und
mütterlichen Erbanlagen zugunsten der fördernden
verschieben. Diese Kinder werden ihre Eltern an
Erötze übertreffen.
Erbanlagen stnd keino Eigenschaften, sondern
eine „Reaktionsnorm". Sie wirken als ein
innerer Reiz, als treibende Kraft, von vornherein
allerdings mit begrenzter Möglichkeit, auf die
Entfaltung der Eigenschaften hin. Jhre Eegen-
spieler sind die Reize der llmwelt, in Anbetracht
der KLrpergrötze insbesondere Ernährung, körper-
liche Pflege und llebung, Licht, Klima und an-
dere. Äuch sie fördern oder hemmen, und unter
ihrem Einfluh kann sich der Mittelwert der Kör-
pergrötze innerhalb der Variationsgrenzen mehr
nach der oberen oder unteren hin verschieben, kön-
nen die Angehörigen einer Nasse oder einer Be-
völkerung durchschnittlich grötzer oder kleiner wer-
den. Die erblichen Grundlagen der Körpergrötze
haben sich, solange die heutigen Rassen und Ras-
sengemische bekannt sind, nachweislich nicht geän-
dert. Die Zwillingsforschung, die ja die Wechsel-
wirkung von Erbanlagen und Umwelt abzugren-
zen vermag, lehrt, datz die Umwelt auf die Kör-
pergrötze einen nur beschränkten Einflutz auszu-
Lben vermag.
Schon seit der Mitte des vorigen Iahrhunder^s
stellte man in den meisten europäischen Ländern
fest, datz die durchschnittliche Grötze der Eestel-
lungspflichtigen, hauptsächlich der städtischen, zu-
nahm. Diese Erscheinung haben einige Erbfor-
scher dem sogenannten Luxurieren der Mischlinge
gleichgesetzt. Zuweilen beobachtet man nämlich
nach der Kreuzung erbverschiedener Rasten, datz
die Kinder ihre Eltern unter anderen auch in der
Körpergrötze übertreffen. Jn der Tier- und Pflan-
zenzucht ist der Vorgang seit über einem Jahr-
hundert bekannt, und auch bei der Kreuzung
menschlicher Rassen, so von Vuren und Hottentot-
ten, Zndianern und Weitzen, ist Luxurieren be-
schrieben worden. Man deutet es meist so: Das
Bild jeder Rasse entspringt einem gefestigten und
harmonisch abgestimmten Erbgefüge. Die Kreu-
zung fernstehender Rassen ergibt eine Disharmo-
nie zwischen väterlichen und mütterlichen Erban-
lagen, und gerade sie ist es, die den Entwicklungs-
reiz in mancherlei Richtung verstärkt. So glaubte
man, datz auch die ungeheure Zusammenballung
der Bevölkerung in den Städten und die Durch-
mischung entfernter Eaue und Eautypen das GrN»
tzenwachstum anreizte. — Es gibt aber auch man-
cherlei Kreuzungen ohne Luxurieren. Die ganz»
Frage ist noch umstritten. Es würde wohl geni^
gen, die Erötzenzunahme der Mischlinge und auch
des städtischen Nachwuchses damit zu erklären, datz
die Mischung — wie bei klernen Eltern mit gra»
tzen Kindern — zu einer Häufung wachstumsftr'
deryder Erbanlagen führt.
Damit allein lätzt stch die Erötzenzunahme in
ihrem llmfange aber nicht erklären. SicherllH
haben Umwelteinflüsse in hohem ME
mitgespielt. Jm Laufe des vorigen Jahrhunderts
stieg die Lebenshaltung in Deutschland wre
in anderen Ländern a». Die Lebensweise der
Städter änderte sich. Man turnte, schwamm, trieb
Sport aller Art, drängte ins Freie, nahm Luft'
und Sonnenbäder, legte Schrebergärten an. ste'
delte am Rande der Grotzstädte. Die Nahrung
wurde auf Vitamine eingestellt. Die Kleidung
patzte sich dem Bewegungsdrange an und wurde
freier. Vom Säugling mit windelfreien Strampef'
zeiten an gewann der Städter mehr und mehr die
Reizquellen der Natur zurück, zum Ausgleich für
die Schäden der Stadt. Er schuf sich eine giinsti'
gere Umwelt, und das mutzte die gesamte E»t«
wicklung, auch das Erötzenwachstum, beeinflusten-
Es gibt ein Beispiel, das eindringlicher als alles
andere die Wandlung anzeigt. Die englische Krank«
heit, vor dreitzig Jahren noch die tägliche Last der
Äerzte, ist verschwunden. Wo stnd noch Kinder
mit rachitischen Verkrümmungen der Knochen?.
Licht und Vitamine haben sie vertrieben.
Eewitz bildet die Erötzenzunahme der Eestel«
lungspflichtigen nur das erste srfatzbare Anzeichen
einer allgemeinen Entwicklungsän-
derung. Später machte stch auch bei den Schul-
kindern eine gleichlaufende Zunahme der Körper-
grötze bemerkbar. Wahrscheinlich begann auch sie
lange vor der Jahrhundertwende. Ällgemein fiel
sie erst auf, als in den städtischen Schulen nach
und nach regelmätzige Mestungen eingesührt wur-
den. Die Welle stieg bis zum Kriege, ebbte in
den Hungerjahren zurück und verstärkte sich im
letzten Iahrzehnt von neuem. Die aus der Volks-
schule Entlassenen zeigen gegey früher eine durch-
jchnittliche Zunahme von 5, 6, stellenweise sogar
11 Zentimeter. Aber es handelt sich nicht blotz
um die Erötze. Auch das Gewicht ist erhöht.
Das ganze Wachstum, samt der geschlecht»
lichen Reife, ist bei einem Teil der Kinder
um anderthalb bis zwei Jahre beschleunigt. Matze
und Eewicht der Erwachsenen werden von ihnen
früher erreicht. Die gesamte Entwicklung verkürzt
fich. Für eine beschleunigte Geschlechtsreife der
Mädchen lagen schon 1917 Beobachtungen aus Hol-
land vor, etwas später solche aus Baden. Man
könnte auch bei Beschleunigung der Eeschlechts-
reife und der gesamten Entwicklung an die Durch«
mischung der Städte denken, denn auch ste stnd erb-
lich bestimmt.
An die Verkürzung der Eesamtentwicklung hat
man die Befürchtung gekniipft, sie möchte vielleicht
ein früheres Altern, für die Frauen eine Verkür-
zung der Fruchtbarkeitsdauer, nach sich ziehen. Das
solgt nicht ohne weiteres. Man hat stch fchon oft
bemiiht, zwischen Reife, Wachstum einerseits unk»
Altern, Lebensdauer andererseits eine Veziehung
zu sinden. Bisher ist keine allgemeine Formel ge»
lungen, und wahrscheinlich gibt es auch keine.
Ebensowohl könnte man umgekehrt fragen: Bedeu»
tet die Verkürzung der Entwicklung nicht die Riick»
kehr zu dem natürlichen biologischen Ablaufe»
der vielleicht noch im Anfange des neunzehnten
Jahrhunderts gehemmt war? Ist nicht auch die
durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen? Jn
der Augsburger Hochzeitstafel, einem
Stammbuche der Bevölkerungsbewegung. das bis
1501 zurückgeht, findet sich zur Eheschlietzung ein
Mindestalter von vierzehn Jahren für das männ-
liche Eeschlecht, von zwölf Jahren für das weib-
liche, vermerkt. Es wurden zwar nicht viele Ehen
unter sechzehn Jahren abgeschlossen, aber man
nahm für die niedrigen Altersstufen doch die ge-
schlechtliche Reife an. Die Stadt der Fugger und
Welser war mit ihren 50 000 Einwohnern eine
ungewöhnlich grotze und reiche Stadt; unter den
Bürgern waren viele Weber . . . Datz die Kinder-
ehen ein Unfug waren und fiir die jungcn, vielge-
bärenden Frauen nicht gut abliefen, steht auf
einem anderen Blatt.
Man wird die Weiterentwicklung mit Aufmerk-
samkeit verfolgen müssen. Rückhaltlos wird man
aber denen beistimmen, dik vor Ueberanstrengung
einer körperlich und geistig frühreifen Jugend
warnen. Die Stadt wirkt schon wie ein künst-
liches Reizmittel, und die Zahl der nervösen Kin»
der ist übergrotz. — llm die Frage der Körper-
grötze abzuschließen: Jhre durchschnittliche Zu-
nahme ist zum Teil auf die Durchmischung der Be-
völkerung in den Städten, zum Teil auf die Aen-
derung der Umwelt zurückzuführen. Erhöht sind
die Mindest- und Mittelwerte, nicht die bishev gen
Höchstwerte. Die erbliche Variationsbreite hat
sich nicht geändert.
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Linv/an6erer 6e5 cteukctisn >Vat6e5 — Von Or.^Volk 5ilgracit
Jm deutschen Süden ist ein East aus fernen,
südlichen Landen heimisch geworden. Jm anmu-
tig geschwellten Verglande der Bergstratze begin-
nend, bedeckt die Edelkastanie die waldigen Hügel
des Neckartales, die besonnten Vorberge des
Schwarzwaldes bis hinab zu den Ufern des Bo-
densees. Zu lichten Hainen und dichten Wäldern
vereinigt, stehen dort Lberall die ranken,, glatten
Stämme, besonders prächtige erreichen die Stärke
unserer deutfchen Eiche, doch sie stehen einsam unter
ihren schlankeren Ärtgenossen, diese wuchtigen
Einstedler, mit ihren mächtigen Kronen ausgiebi-
gen Schatten spendend, in dessen Kühle kein ande-
res Eewächs gedeiht. Jm Frühling, wenn die
ersten lichtgrünen Blätter aus ihrer klebrigbrau-
nen Hülle brechen, ist solch ein Kastanienhain ein
gar wundersames Eebilde. Alles in ihm ist Licht.
Und erstrahlen erst die seltsamen Blütenschläng-
lein in ihrem Sonnengelb, dann ist die herrliche
Lichtersymphonie hervorgezaubert. Jm Sommer
wird es dann still. . . Hoch oben in den lustigen
Wipfeln schaukeln die „Stacheligel" der Edelkasta-
nie, in ihrem Jnnern den köstlichen, weitzen Kern
bergend.
Wie verirrte sich nun dieser Fremdling in den
deutschen Süden? — Am Bodensee stand die Edel-
kastanie schon recht lange. Zur Zeit des Römi-
schen Reiches Deutscher Nation wurde sie von Rit-
tern und Landsknechten an die sonnigen Gestade
verpflanzt. Aber der Baum breitete sich nicht
weiter im deutschen Lande aus, denn niemand
wutzte etwas Rechtes mit ihm anzufangen. Erst
als um die Wende des oorigen Iahrhunderts Ita-
liener nach Deutschland kamen, um dort die Bahn-
bauten zu beginnen, da pflanzte der eine oder an-
dere von ihnen einen solchen Baum an. Auch die
italienischen Steinhauer, die zum Ausbrechen des
Eesteins in den Schwarzwaldtälern angesiedelt
wurden, brachten in ihren roten Sacktüchern Edel-
kastaniensetzlinge mit und versenkten sie in deut-
sches Erdreich. Und siehs — die kleinen Fremd-
linge gediehen in der warmen Sonne der Rhein-
ebyne gar prächtig. Die Einheimischen kamen auf
den Geschmack und legten nun selbst Edelkastanien-
haiye an. Der Fremdling wurde in der Folge zum
besten Zeugen der sprichwörtlichen Milde und
Fruchtbarkeit des deutschen Südens.
Wenn die sonnenselige Zeit des Sommers zur
Rüste sich neigt, der früchtespendende Herbst sein
Regiment antritt, dann erwacht auch der stille Ka-
WüilllMlil! H Iwl
stanienhain zu neuem Leben. Der Wind fährt lu-
stig durch die Wipfel der schlanken Kastanien und
zaust und beutelt sie gewaltig. Dann purzeln und
voltern die grünen Stacheligel zu Boden, aber
immer noch wehrhaft beschirmen sie ihren köstlichen
Jnhalt. Wehe dem, der sie anfassen würde! Ein
kräftiger Tritt mit dem lederbewehrten Schuh
führt eher zum Ziele, nun gibt die ftachelige Hülle
den dunkelbraunbeschalten Kern, wenn auch wi-
derwillig und kratzbürstig, srei. Wunderschön
glattpoliert enthüllt sich die Frucht. Fällt dann
noch die braune Schale, prangt der Kern in mil-
chigem Weitz. Ein feines Aroma, das nach Sonne
und Erde duftet, steigt aus ihm. Und herrlich
schon schmeckt die Frucht auch im rohen Zustand.
Nun ist die Zeit gekommen, da in den Schwarz-
waldtälern und in der Rheinebene jung und alt
zur Ernte in die Haine und Wälder pilgert. Die
Kastanienschlacht, das „Keschtenbengeln", wird er-
öffnet. Entweder werden die Früchte mit Stan-
gen heruntergeschlagen oder durch Würfe mit
Knüppeln gebengelt. Prasselnd wirbeln die sta-
cheligen Kugeln vom Baum; die gefallenen Früchte
werden nun geöffnet, soweit sie noch nicht durch
den Sturz aufbrachen, und in Säcke gesteckt. Unü
endlich zu Markt gebracht.
Nun ist hohe Zeit ln ganz Vaden. In den
Weinbergen werden die Trauben gelesen. Fro-
hes Lachen geht durch das ganze Land. Jn den
Dorfwirtschaften wird der „Neue" kredenzt und
dazu die geröstete Kastanie angeboten, ihnen ge-
sellt sich schlietzlich noch der duftige, lockere Zwie-
belkuchen. Eine wahre Lust für den Schlemmer!
Jn den Erotzstädten locken die aromatischen
DLfte der gebratenen Maroni, die aber nicht
mehr italienischer oder spanischer Herkunft sind,
sondern dem Badnerland entstammen. Schon
Goethe, der diese köstliche Frucht des deutschen
Südens während seines Heidelberger Aufenthalts
schätzen lernte, besang sie in seinen Liedern an Su-
leika im „Westöstlichen Diwan":
„Doch immer reift von innen
Und schwillt der braune Kern,
Er möchte Luft gewinnen
Und säh die Sonne gern.
Die Schale platzt, und nieder
Macht er sich freudig los;
So fallen meine Lieder
Eehäuft in deinen Schotz."
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/Vgeritinien gilrt ein 8ei5piel — Von Karl ftla55elfel5