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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9507#1278

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SsilsgS cjsn „VoIksssn^Sir-issIiLft"

I^erb8l80nne überZebv^Lben

Kleine Keise in 6ie ^acbbarscbait

Aus unserer kleinen Stadt trug uns der Wagen
Lber Bödigheim, dessen Schlotz wlld umloht
war von herbstlichen Blumen, über Adelsheim,
das eingebettet lag in bunten Wäldern, durch das
stille Tal der Seckach gen MLckmühl zur Jagst,
wo das Schwabenland beginnt. Jn den Bauern-
dörsern überall hat man Nüsse an der Sonne ge-
trocknet. Reich gefüllte Hürden standen auf den
Balkonen. Jn d:n Weinbergen hinter Möckmühl
hatte soeben die Weinlese begonnen. Unoergetz-
lich die schöngeschwungenen Brücken in den Dör-
fern der Jagst.

Plötzlich stand, ein köstliches Wunder, Kloster
Echöntal, vor uns. Die doppeltürmige Va-
rockkirche ragt stolz aus der altehrwürdigen An-
lage der Cistereienser. Wir grützten das Erab
des Eötz von Berlichingen und dasjenige des gro-
tzen Abtes Knittel, der die Varockbauten geschaf-
fen. An Krautheim kamen wir vorbei, der roman-
tischen Bergstadt. Die Ruinen der gvüjährigen
Schafscheuer, die kürzlich niederbrannte, sahen wir
zu Fützen der Stadt. Jenseits der Iagst, versteckt
in dichten Uferwäldern, sahen w:r die schöne Ka-
pelle St. Wendel am Stein mit der grohen Linde,
die Pfarrer Schönhuth, MLrikes Freund, ge-
pflanzt. Beim Dorfe Hohebach verlassen wir das
Jagsttal. Hagebutten glühen am Weg, riesige
Scharen blauer und brauner Tauben fliegen über
die Aecker. Die Stratze steigt. Dann fahren w:r
abwärts zum Kocher. Weinbergsmauern Lberall.
Künzelsau, die schöne Kocherstadt, liegt im
Tal. Man verweilt hier ein paar Mittagsstun-
den. Wie schön der Blick über das alte Rathaus
weg, über die breiten Stratzen mit den malerischen
alten Häusern, mit den prächtigen handgeschmie-
deten Wirtshausschildern, empor zu den Weinber«
gen.

Een Schwäbisch-Hall geht die Fahrt.
llnterwegs schauen wir die blauen Hohenloher
Berge mit der Waldenburg, die dem Hohenloher
Land die charakteristische Note gibt. Schwäbisch-
Hall, die alte Stadt der Salzfieder, begeistert uns.
Wir steigen die Riesentreppe der St. Michaels-
kirche empor, wir schauen in die Weinstube, in der
Doktor Faust mit den Salzsiedern gezecht, wir
wandern durch die schmale Heeresstratze, wo der
Dichter Eduard MLrike gehaust.

Ueber HLgel und Berge, über Täler und Hö-
hen, durch Weiler und Dörfer — alles liegt wun-
derbar im Elanze der herbstlichen Sonne, kommen
wir nach Schwäbisch-Emünd, der unbe-
schreiblich schönen alten Reichsstadt im Remstal.
Schmucke Arbeitersiedlungen schauen wir an den
Höhen rings um die Stadt. An die 6000 Arbei-
ter finden in der Edelmetallindustrie — Emünd
ist für Silberwaren der erste Platz in Deutsch-
land — ihr Brot. Aber wie in Psorzheim beherr-
schen auch in Emünd die Fabriken das Stadtbild
keineswgs. Der Stadt gibt vielmehr das Eesicht
der einzigartige Marktplatz mit dem köstlichen,
blumengeschmückten Marienbrunnen, die romanische
St. Johanniskirche und das gotische Heiligkreuz-
münster. Um dieser dreier Dinge wille-n lohnte es
sich allein, von weither nach dieser Stadt zu kom-

men, in welcher Hans Valdung Erien, der Schöp-
fer der Hochaltarbilder im Freiburger MLnster,
neben Dürer und Erünewald einer unserer grötz-
ten deutschen Meister, geboren wurde. Der Freund
romanischer Baukunst wird sich an der Johannis-
kirche nicht satt sehen können. Ueberreich ist ihr
plastischer Schmuck. Das Gmünder Münster aber,
ein Schöpfung Heinrich Parlers aus Köln und
deffen Sohn Peter Parler, ist ein Kleinod deutscher
Eotik. eines der schönsten gotischen Eotteshäuser
in Deutschland.

Jm Stadtgarten schauen wir das entzückende
Lusthaus des Vürgermeisters Eeorg Stahl, eine
Schöpfung der Rokokozeit. Unwsit davon steht
das „Eeigerbrünnle" mit dem Bildnis von Ju-
stinus Kerner. Es erinnert uns an die schöns
Sage des Eeigers von Emünd.

Man wandert kreuz und quer durch die alte
Stadt. Aber nirgends ist es schöner als auf dem
Marktplatz. Eegen Abend trägt uns der Wagen
zur Stadt hinaus, empor zum Rechberg, der der
Landschaft das charakteristische Eepräge gibt. Er
ist mit Wald bedeckt. Eine barocke Wallfahrtskirche
schaut von der Waldkuppe weithin ins Tal. Es
wird Abend. Die Verge ringsum — sie gehören
zum „Schwäbischen Wald" — werden phantastisch
und grotz. Man fährt durch eine ergreifend schöne,
fremde Landschaft.

Heute aber wollen wir lllm schauen und Vlau-
beuren mit dem Blautopf, die Heimat der schönen
Blau. Die goldene Herbstsonne steht über dem
herbstlichen, schwäbischen Land.

Kbsoiileck vom Urlaub

Aufnatzmen: Foto-Archi».

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vem römisclien Orenrvval! entlan§

An Kalkhängen blüht der blaue Enzian. Ueber
die Hügel des Baulandes, von denen man weithin
bis zum Katzenbuckel und bis zu den sernen hohen-
lohischen Vergen schauen kann, wo Obstbaum ne-
ben Obstbaum steht, wandern wir gen Eötzingen.
Bildstöcke und hohe Pappeln stehen am Dorfein-
gang und — rund um eine malerische Kapelle —
ein Ehrenhain sür die Eesallenen des Dorfes, be-
stehend aus jungen Linden. Man liebt diese
Bäume hier. Die ältesten und schönsten Linden-
bäume im badischen Frankenlande stehen zu
Götzingen. Auf tausend Jahre schätzt man
ihr Alter. In ihren Schatten wurde in sagenfer-
ner Zeit Eericht gehalten. Eötzingen ist ein altes
Dorf. Es war einst ummauert und befestigt.
Malerische Dorfbrunnen hat es, alte Eassen; be-
sonders interessant ist die „Reutersgasse".

Unterhalb des Dorfes, im weiten schönen Tal
des Rinschbaches, liegt die Eötzinger Mühle, eine
der schönsten Mühlen weitum.

Nach Bofsheim kommen wir. Der Kirch-
turm lugt freundlich aus dem Dorfbild. Der
Rinschbach, der zur Kirnau, zur Jagst und zum
Neckar eilt, flietzt breit und gravitätisch durch
das barocke Dorf. Die Brücken über den Dorf-

bach, die Wirts- und Bauernhäuser, die Treppen
llberall, die Dorfkirche, alles hat barocken Charak-
ter. Französische Dachstühle gewahren wir an der
„Krone" und am „Rotz", prächtige reiche Treppen-
Balustraden aus rotem Sandstein, wie sie paffen
für die barocken Patrizierhäuser der französtschen
Landstädtchen, schauen wir im weltfernen Vau-
landdorf. Sind Odenwalddorf und Odenwaldhaus
karg und arm: Hier atmen Dorfanlage und Haus-
form Wohlstand. Der Kirchturm mit der barocken
Zwiebel ist in seinen unteren Teilen vollkommen
rund, wie ein Bergfried aus romanischer Zeit. Ob
auch Bofsheim wie Eötzingen und Osterburken
einst befestigt war?

Von ELtzingen gen Osterburken wandern
wir auf Rümerspuren; dem römischen Erenzwall
entlang. Jm Waldesdunk.el unterhalb Bofsheim
gelingt es uns, die Ruinen zweier römischer
Wachttürme aufzustöbern. Der erste liegt auf einer
Anhöhe; der zweite tief im Tal. Schmale Fuh-
pfade durch Brombeer- und anderes Eebüsch fllhren
hin. Ein Täfelchen ist angebracht: „Wachthaus
lOO n. Chr." Deutlich sind die Fundamente zu se-
hen. Auch der Erenzwall selbst ist im Waldes-
dunkel streckenweise zu erkennen.

Da wir gen Osterburken kamen, war es Abend.
Jn den Eassen durftet es nach Most und Obst, nach
Herbst. Noch nis hat das römische Doppelkastell
auf mich einen so tiefen Eindruck gemacht, wie bei
diesem abendlichen Besuch. Wir haben das grotze
Kastell umwandert. Und schauten dann hinunter
auf das abendliche Bauernstädtchen im Tal. Weitze
Herbstnebel schwammen über der Kirnau. Die
Mauern und Tore und Türme lietz unsere Phan-
tasie neu erstehen: Symbol des mächtigen römi-
schen Weltreiches stand das Doppelkastell im ger-
manischen Land. Wir denken der Alemannen, die
das Kastell erstürmten, denken jener Kämpfe, von
denen seltsame Funde zeugen...

Wir wandern wieder hinunter ins Städtchen.
Wir sind, heimfahrend, erfüllt von der Schönheit
des verflossenen goldenen Herbsttages.

festes, an dem sich die ganze SLdpfalz LeteiligK
wird wieder ein grotzer Festzug bilden.

*

Der 16. Lehrgang der Vogelwarte Ros«
sitten, der vom 5. bis 12. Oktober stattfindet»
und an dem jedermann teilnehmen kann, bietet
die einzigartige Eelegenheit, unter sach- und la«*
deskundiger Führung den Vogelzug, die Elche u«d
nicht zuletzt den ostpreutzischen Herbst zu erlebe«-
ll. a. werden die Leiter der Vogelwarten SeM«
pach (Schweiz) und Texel (Holland) Dorträg*
halten.

Eine der grötzten und volkstllmlichsten Bera«^
staltungen Westdeutschlands ist der Allerhei«
ligenmarkt in Soest, der in diesem JahrE
vom 4. bis 8. November stattfindet. Er spielt si>v
nicht auf einem bestimmten Platz, sondern allente
halben in der Stadt, ja, sogar im Rathaus ab.

»

Zur Erinnerung an Peter Schöffer, den
hilfen Eutenbergs und Drucker der berühmten 48«
zeiligen, lateinischen Bibel von 1462, feiert da»
Rheinstädtchen Eernsheim bei Worms am 26-
und 27. September sein Schöfferfest. Man vera««
staltet u. a. einen Festzug der Buchdrucker und ei«*
Ausstellung von Drucken Schöffers, der übrige«^
um 1425 in Gernsheim geboren wurde.

Wer nach Stuttgart kommt, darf nicht «e^«
säumen, in der Württembergischen Naturalie««
sammlung den 7 Meter langen Jchthyosaurus a««
zusehen, der unlängst dort aufgestellt wurde. E*
stammt aus Schömberg bei Balingen in der Schwa«
bischen Alb und ist insofern bemerkenswert, al»
er — bei einem Alter von einigen Jahrmillione«
eine Seltenheit! — noch fast alle seine Knoche«
beisammen hat. Allein sein Schädel ist anderthalb
Meter lang.

Kleines Keisemerkbuck

Villigheim in der Saarpfalz feiert am
20. Oktober wieder seinen historischen Purzel-
markt. Den Höhepunkt des fröhlichen Volks-

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