Ssits 10
«^Vslksgemeinfchaff"
yreitag. deo 11. Dczember lSSl
Baldtvin zur Ab-ankung Eduards VIII
Eine historische Sihung -es englischen Ltnierhauses
London, 10. Dezember
Nach der Verlesung der Abdankungsbotlchaft
des Königs stellte Premierminister Baldwin
im Unterhaus den Antrag, die Botschast des
Königs zu berateu, und gab anschlietzend eine län-
aere Erklärung ab, in der er eine Darstellung
seiner Verhandlungen mit dem König gab. Nach
Schluh dieser Rede stellte er den Antrag, das
Haus zu vertagen, damit noch heute die ersorder-
liche Eesetzgebung über den Thronwechsel einge-
bracht werden könne. Baldwin kündigte serner a«,
es sei notwendig, datz das llnterhaus die gesamte
Eesetzgebung Lber den Thronwechsel im Laufe des
morgigen Freitag verabschiedet. Da der FLHrer
der Opposttion kcinerlei Einspruch erhob, vertagte
sich das Haus zunächst bis K Uhr.
Jn seiner Rede führte der Premierminister
etwa folgendes aus: Niemals habe das Parla-
ment eine schwerwiegendere Botschaft erhalten,
und niemals sei einem Premierminister eine
schwierigere und peinlichere Aufgabe zugefallen.
Er werde das, was er zu sagen habe, wahrheits-
gemätz, ausrichtig, einfach und geradezu sagen,
ohne einen Versuch, zu färben oder auszuschmücken.
Er werde keinerlei Kommsntare geben, kritisieren,
loben oder tadeln. Das Beste, was er tun könne,
sei, dem Hause zu sagen, was sich zwischen
ihm und dem König abgespielt habe
und was zu der gegenwärtigen Lage gefllhrt habe.
Baldwin ging dann zur Aufzählung der Tat-
sachen llber. Er erinnerte das Haus daran, datz er
im August und September habe Erholunasurlaub
nehmen müssen, und fuhr dann wörtlich fort:„Als
ich zurückkam, beunruhigten mich zwei Dinge. Jn
mein Amt strömten zahlreiche Briefe, vor allem
von britischen Untertanen und amerikanischen
Ctaatsbürgern britischer Herkunft und auch einige
aus den Dominions, in denen Bestürzung und
Vesorgnis über die Veröffentlichungen
der amerikanischen Presse zum Ausdruck
kamen. Damals wurde mir klar, datz eine Schei-
dungsanaelegenheit in Aussicht stand, und ich er-
kannte, dah daraus später eine schwierige Lage
entstehen könnte. Jch war der Anstcht, datz jemand
den König aufsuchen sollte, um ihn vor der schwie-
rigen Lage zu warnen, die sich später ergeben
könnte, wenn dieser Art von Eeschwätz und Kritik
Nahrung gegeben würde.
Unter den gegebenen Umständen konnte nur
ein Mann diese Anbelegenhcit mit dem König
besprechen, der Premierminister. Jch beriet mich
mit keinem meiner Kollege«. Deshalb teilte ich
dem König mit, dah ich ihn völlig privat im
Schloh Beloedere zu sprechen wünsche. Wir trasen
uns dort am Dienstag, dem 20. Oktober.
Der Perater der Krone ist für seinen Herrn ohne
jeden Wert, wenn er ihm nicht jederzeit die
Wahrheit sagt, wie er sie sieht, ob diese Wahrheit
nun willkommen ist oder nicht.
Jch erinnerte ihn an das, was ich auch ihm und
seinem Vruder in den vergangenen Jahren gesagt
habe, nämlich daran, datz die britische Monarchie
eine einzigartige Einrichtung ist. Der englischen
Krone seien Jahrhunderte hindurch oiele ihrer Vor-
rechte genommen worden. Aber heute stehe ste, ob-
wohl das Ebengesagte immer noch gilt, oiel höher
da, als zu irgendeiner Zeit in der Eeschichte un°
seres Landes. Es stehe autzer Frage, datz es von
wesentlicher Vedeutung sei, ste unversehrt zu er-
halten. Denn sie sei nicht nur das letzte llbrig -
gebliebeneBindeglied innerhalb des
Empire, sondern sie jei für England — solange
sie besteht — auch die Garantie dafür, datz das
Land vor vielen Uebeln bewahrt bleibe, die viele
andere Länder erfatzt und aeschadigt haben. Diese
Anstchl würde allgemein geteilt: dabei hingen diese
Ansichten sebr weitgehend an dem Respekt, der in
den letzten drei Eenerationen der Monarchie ent-
gegengebracht wurde.
Angefichts dieser Kritik. der die Krone aus-
gesetzt wordeu sej, könne die Macht der Krone
fchncller oergehen, als ste gewachscn sei. Wenu
fie aber einmal oerloren oegangen fei, so sei es
mir zweifelhast, ob irgendetwas sie wiederher-
stelleu könne.
Das waren die Erundzüge meiner Rede. Aus
diesen Eründen äutzerte ich Vesorgnisse und den
Wunsch, datz einer solchen Kritik der Erund ent-
zogen werden möge. Meiner Ansicht nach, so führlc
ich aus, würde jedes irgendwie geartete Handeln
durch dic Auswirkung einer solchen Kritik aufgewo-
gen werden.
Jch sagte Seiner Majestät, datz ich gehofft hätte,
seine Regierung werde eine grotze Zeit in einem
neuen Menschenalter sein. Er habe so viele der
dafür notwendigen Eigenschaften. 2ch sagte ihm,
dag ich mit ihm als Freund sprechen wollte, um
festzustellcn. ob ich ihm in dieser Sache helfen
könne. 2ch habe nicht um die Erlaubnis gebeten,
das zu sagcn, was ich jetzt sagen will. Jch glaube
aber nicht, datz es der König übel nimmt. Der
König hat mir nicht nur einmal, sondern viele
Male gesagt:
„Sie und fch müsten diese Nnqelegenheit zu
sammen regeln. 2ch wllnsche nicht, datz sich ir-
gend jemand eiumischt." lBeifall.)
Baldwin erklärte dann, er habe den König dar-
auf hingewiesen, datz bei einer Scheidung der Dame
seiner Wahl, Frau Erneste Simpson, von ihrem
bisherigen Eatten nach dem Urteil die Angelegen-
heit für einige Zeit würde in der Schwebe bleiben
müssen. Diese Schwebezeit könne verhängnisvoll
werden. weil dann jedermann die Möglichkeit ha-
ben würde zu reden. Denn eines Tages würde die
Presse beginnen, sich mit der Angelegenheit zu
beschäftigten, und dann würde eine äutzerst schwie-
rige Lage sür den König und den Ministerpräsiden-
ten entstehen, und es würden vielleicht bestimmte
Eejohren heraufbeschworen. wie man es auch er
lebt habe.
Das war einer der Eründe, so erklärte Bald-
win, warum schnell gehandelt werden mutzte. Es
bestand die Eefahr, datz die Leutc in einer Frage
Partei nahmen, in der keine Parteien existieren
dürften.
Das nächste Mal sah ich den König am Mon-
tag, demlk. November, im Buckingham-
Palast, nachdem das Scheidunasurteil gesällt wor-
den war. Der König hatte mich ausdrucklich zu sich
gebeten, und wir sprachen etwa 20 Minuten über
die Frage einer etwaigen Heirat. Das
Kabinett war in meine Verhandlungen nicht ein-
geweiht. 2ch berichtete nur vier meiner Kollegen
über meine Besprechungen im Fort Velvedere.
2ch erklärte dem Könia. ich sei der Anstcht, datz
diese Heirat im Lande keinerlei Bil-
ligungfindenwerde. 2ch wies dacauf hin,
datz oie Gemahlin des Königs von England eine
andere Stellung habe als die Ehefrau irgendeines
englischen Bürgers und datz bei der Wähl einer
Königin die Stimme des Volkes gehört werden
müsse. Von der Wahl, die der König treffe, hinge
die Sichsrheit und das Wohlergehen des gesamten
Staates ab. Der König erklärte mir daraufhin —
ich sage dies mit seiner ausdrücklichen Geneh-
migung —:
„2ch werde Mrs. Simpson heiraten, und ich
bin bcreit, zu geken!« Ich antwortete darauf-
hin: „Sire, das ist eine äuherst schwerwiegendc
Mitteilung, und es ist mir unmöglich, darauf
heute zu antworten."
.Der König teilte diesen Entschlutz dann der
Königin Mary, dem Herzog von Pork, dem Herzog
von Eloucester und dem Herzog von Kent mit.
Am 2 5. November bat er mich wieder zu stch.
Inzwischen war bei mir angcregt worden, einen
Kompromitz zu schasfen, um die beiden Möglich-
keiten zu vermeiden, die sich erst von ferne, dann
immer deutlicher zeigten. Nach diesem Kompromitz-
vorschlag sollte der Känig heiraten, und das Pac-
lament sollte ein Eesetz verabschieden, nachdem
die Dame Eemahlin des Königs sein
könne, ohne die Stellung einer Könl-
gin zu haben.
Jn unserer Unterredung fragte mich der König,
ob mir dieser Vorschlag vorgelegt worden sei. A!s
ich diese Frage bejahte, fragte er mich, was ich
darüber dächte. Ich erklärte, ich könne dazu noch
keine bestimmte, wohlerwogene Ansicht äutzern.
Wenn er aber über mcin erstes Eesühl unter-
richtet sein wolle, so könne ich ihm sagen, ich sei
der Ueberzeugung, datz das Parlament ein der-
artiges Gesetz niemals annehmen würde.
(Beifall!) Weiter erklärte ich, ich würde das Ee-
setz formell prüfen lassen, falls der König es
wünsche. Als der König diesen Wunsch aussprach,
machte ich daraus aufmerksam, datz damit die An-
gelegenheit vor das gesamtc Kabinett gebracht
werden mützte und datz die Verbindung mit sämt-
lichen Dominions aufgenommen werden müste.
König Eduard erklärte mir, dies sei sein Wunfch.
Daraufhin versprach ich ihm, diese Priifung vor-
nehmen zu lasten.
Llndurchsührbare Kompromlffe
Am 8. Dezember bat mich der König er-
neut zu sich. Der König fragte mich, ob ich in der
Lage sei, seine Frage zu beantworten. Ich er-
klärte ihm, datz sein Vorschlag undurchführ-
bar sei. Daraus erwiderte der König, diese Ant-
wort Lberrasche ihn nicht. Er nahm meine Anr-
wort ohne jede Frage hin und kam auch nie wieder
auf sie zurück; er benahm sich wie ein echter
Eentleman."
Valdwin führte dann weiter aus, er habe dem
König klar gemacht, dah er in eine Lage kommen
müsse, in der er in einem inneren Konflikt stehen
würde; er müsse dann entweder einen Plan aus-
geben, an dem sein Herz hing, und König bleiben,
oder er müsse, wie er das schon früher angedeutei
habe, möglicherweise später die Heirat durchführen.
Das Hans miiste bedenken, fo fiigte Bald-
rvin ein, dah der König kein Zunge mehr sei.
Er fehe zwar jung aus, und alle feien gewoyac,
ihn als „unfereu Priuzen" anzusehen. Aber er
sei ein erwachsener Mann mit grohen Lebens-
erfahrungen und grohen Weltkenntuisse».
Dem König schwebten immer drei, wenn nicht
vier Dinge vor, so sagte Baldwin, die er lm
Laufe seiner Eespräche immer und immer wieder-
holte. Einmal, wenn er abgehen würde, wollte er
in Ehren abgehen. Er wollte nicht eine Lage ent-
stehen lassen, in der er das nicht mehr tun könne.
Seinen Ministern und seinem Volk wollte er so
wenig Aufregung wie möglich bringen. Schlietz-
lich wllnschte er, unter Umständen abzudanken, die
feinem Bruder bei der Thronbesteigung die denk-
bar geringsten Schwierigkeiten bereiten.
an
sthung des Kabinetts am Mittwoch überreicht
wurde. Das Kabinett habe dann einstimmig an
den KLnig avvelliert, seinen Schritt noch einmal
zu überlegen, der die Untertanen des Königs ticf
betrüben und ergreisen müsse.
Des Königs Antwort war: „Der König hat
den Brief des Premicrministers vom 9. Dezember
diekes Iahres erhalten, in dem dieker ihm die
Anstchten des Kabinetts mitteilte. Seine Majestät
habeu den Fall noch einmal Lberlegt und be-
dauerten. die Entscheidung nicht Sndern zu können".
Baldwin fuhr dann fort: „Jch bin überzeugt,
datz da, wo ich nichts erreichen konnte, niemand
etwas erreicht hätte. Diejenigen, die den König
gut kennen, werden wissen, was das bedeutet.
Dieses Haus gleicht heute einer BLHne, auf die
die Augen der ganzen Welt gerichtet sind.
Marian vboclaekl
kleusr polnisebvr Lenoralkommlssar kür vanriS
Sckierl-Rllderdicnll
»UN»«lMM»>!UMMNU»Ul«MN>MM>UU!>UNNNlNU>lU>!e>M>MU»U«NNUUUNUNUMM»»>»
Wir haben als Wächter der Demokra«
tie aus dieser kleinen Insel dafür zu arbelten»
die Unantastbarkeit Äieser Monarchi^
aufrecht zu erhalten, die jetzt das einzigs Ban/>
unseres Weltreiches und der HLter unserer Frer-
heit ist. Wir wollen den Blick vorausrichten, ast
unser Land denken und das Vertrauen rechtfertl-
gen, das von unserem Lande dem llnterhaus ent-
gegengebracht worden ist. Wir wollen uns ge-
schlossen hinter den neuen König stel-
l en. (Langer, anhaltender Beifall!) Wir wollen
uns hinter ihm zusammenscharen und ihm helfen.
Baldwins Schlutzsätze waren, da er selbst inner«
lich so erregt war, kaum zu verstehen. Als er sich
setzte, begrlltzte ihn das Haus mit starkem Beifall-
Darauf erbob stch der Fübrer der Ovvosition,
Attlee, unter besonders sreundlichem und lan-
gem Beisall von den Regierungsbänken. Er er-
klärte: „Mit Rückstcht aui die ernite und wichtige
Botschaft, die wir von Seiner Maiestät erhalten
haben. möchte ich sragen. ob es nicht wünschens-
wert ist, die Sitzung bis um 6 llhr zu unter«
brechen, damit die Abgeordneten zur BeratunS
Zeit haben."
Entsvrechend dem Antrage wurde die Sitzung
dann untckrbrochen.
Oppositlonsparteien billigen Baldw'n
Ich muh sagen, dah dem König jeder Eedanke
etwas, was man „Königpartei" nennen
könnte, schrecklich war.
Meine Vemühungen wäbrend dieser ketzten
Tage waren ebenso wie die Bemühungen aller.
die stch in nnmittelbarer Umgebung des Königs
befanden, darauf gerichtet. ibn zu einer Ent-
scheidung zu bringen. die er nicht getroffen
hat. Wir haben einen Fehlschlag erlitte«. Der
König hat feine Entscheidung getrofsen. FLr
mich war es eine grohe Beruhigung. dah m,r
am Dienstagabend, ehe ich Fort Velvedere oer-
lieh, verstchert wurde. ick hätte nichts ungetan
gclasten. um den König von der Entscheidung
abzubriugen, die cr getrofsetz hat, und die er
nicht aufgebeu wollte.
Niemand ist unter uns. der diese Entwickluna
nicht aus tiesstem Herzen bedauert. Aber es ist
auch niemand unter uns. der richten möchte. (Bel-
fall.) Wir sind keine Richter. Der König hat seine
Entscheidung mitgeteilt. Jch glaube, wir müssen
uns ietzt zusammenschliehen.
Heute abend werde ich mir noch erlauben. die
notwendigen gesetzlichen Vorlagen selbst einzubrin-
gen. die den Mitgliedern des Hauses in Druck zur
Verfügung stehen. Das Haus wird morgen um
11 Ubr vormittags wieder zusammentreten. Es ist
sehr wichtig. dah bereits morgen der Entwurf
Eeletz wird. , ,- —, -
Baldwin teilte dann welter mit. dah des Königs zu spalten. Dank der Zurückhaltung des Königs
endgültige und ofsizielle Antwort bei der Morgen- I und seiner Anerkennung der Stellung des Parla-
London, 10. Dezember
Ain Donnerstag trat kurz nach 19 llhr MEZ.
das Unterhaus zu der vorgesehenen Aussprache über
die Abdankung des Königs zusammen. Der Füh-
rer der Opposition, Attlee, gab seinem tiefen
Eefllhl für Äen König Ausdruck, dessen Abdankung
jedermann als einen persönliiyen Verlust
empsinde. Kein britischer Monarch sei seinen Un-
tertanen je so willkommcn gewesen. Sein Mut und
sein Mitleid mit den Leidenden seien besonders zu
loben sowie seine Anteilnahme an den Arbeits-
losen und der Vevölkerung der notleidenden Ee-
biete. Er erkenne an, datz jede der vorgeschlagenen
Lösungen zu Einwendungen geführt haben würde,
aber der König habe seine Entscheidung getroffen.
Es bleibe nichts übrig, als sie anzunehmen. Das
gesamte Volk wünsche ihm ein langes und glück-
liches Leben.
Attlee fand sodann einige besonders freundliche
Worte für ValÄwin. Er verdiene die besondere
Sympathie des Landes. Das Land habe einen
schweren Schlag erhalten, und es werde Zeit brau-
chen, sich von ihm zu erholen. Alle würden helfen,
um dem neuen König seine Vürde leicht zu machen,
die angestchts der vielen dringenden Fragen im
2n- und Auslande nicht leicht sei. Er wllnscbe fer-
ner, der Königinmutter Mary seine tiefe Anteil-
nahme übermitteln zu dürsen.
Der Vorsitzende der Oppositions-
liberalen wies ebenfalls auf die vielen Bandc
hin, die Eduard VIH. mit seinem Volk verbunden
hätten. Das Ende dieser Beziehungen sei für alle
schmerzlich. Vesonders schmerzlich aber müste das
für seine Mutter sein und besonders für den Pre-
mierminister (lebhafter Beifall), der Äie besondere
Sympathie des Hauses verdiene sowie die Dank-
barkeit aller für die schwere, klare, aber herz-
bewegende Erklärung, die er abgegeben habe. Es
gelte nunmehr, sich weise zu zeigen, indem man
jeden Bersuch ablehne, das Land in dieser Frage
Oas Geseh über die Abdankung
London, 10. Dezember
Das Gesetz Uber dle Abdanknng König Eduards
lkHl. wurde noch am Donnerstagabcud im Wort-
laut veröffentlicht. Das Gesetz sieht vor, dah nach
der Zuftimmung der Dominions Kanada, Austra-
lien, Neuseeland und Südasrika die Abdankung des
Königs durch Zuftimmung des Parla-
ments rechtskrästig werden fo«. Gleichzei-
tig wirh oorgejehen, dah es bet der oer«ai;u»tz».
mahigen Thronsolge bleibt, und dah der Nachfol-
ger des Köuigs sämtliche Rechte und Privilegien
erhält. Der König und feine Kinder erhalten das
Recht aus dic Thronsolge aberkannt. Endlich wird
»as Gefetz Uber die Eheschliehung sür die Mitglie-
der des königlichcn Hauses von 1772 sür Eduard
VHl. auher Krast gesetzt, so dah er also
nach seiuer Abdankung oon der Zuftimmung des
Mouarchr» sür sein« Eheschliehung besretl ijt.
ments und der verfastungsmätzigen Verantwortlich-
keit der Minister sei die Krone nicht in de«
Königsstreit verwickelt worden. Die
Krone sei Lber dem Streit erhaben geblieben. Da»
schnelle Handeln des Königs habe zweifellos dazu
beigetragen, das Land vor Schaden zu bewahrea.
Unter eistgem Schweigcn des Hauses erhob silb
hierauf Churchill, der einleitend erklärte, nichts
sei gewisser, als datz man jetzt keine Vorwürfe
mehr erheben dürfe und datz Auseinandersetzungen
mehr schaden als nützen würden. Was geschehen
und was unterblieben sei, gehöre der Eeschichte
an. Er werde an diese Dinge nicht rühren. Er
gedachte hierauf in allerherzlichsten Worten de»
abgedankten Königs, der freiwillig ein Opsek
sür die Ruhe und die Kraft seine»
Reiche s gebracht habe. Er sei damit viel weitcr
gegangen als die Verfastung es erfordere. Er er»
kenne an, datz die Entscheidung des Königs frei-
willig und spontan erfolgt sei und so, wie es der
König selbst gewünscht habe. Er bedauere diesea
wehmütigen Abschlutz aufs tiefste, der gerade durch
die so seltenen edlen Eigenschaften Äes König»
herbeigeführt worden sei.
Nachdem in der Unterbaussthuna noch einis«
Abgeordnete der Linken gesvrochen kotten. n"bw
das Unterbaus in erster Lcsung das Eesetz Uber
die Abdankung des Könias an nnd vertagte stch
auf Freitag, 12 Ubr MEZ.
„Gotibegnadete" Gchwinvserin
Sie „kah" Goethe in der Sölle
Siegen. 10. Dez. (Eig. Meldung)
Vor der grotzen Strafkammer in Siegen begann
der Prozeh gegen die 28jäbrige Tberese Halbe
aus Olve. die von 1929 bis zu ihrer Verhaftuns
im Iuli 1936 durch religiöse Schwindlereien. ber
denen sie stch als „gottbegnadete Seherin" ausgab.
rund 20 000 RM. ergaunert hat.
Die ersten Ovker der vhantastebegabten Halb«
waren eine alte Lehrerin und deren Bekannter.
ein Mann, der seinen zweisachen Doktor gemackt
batte. Die Halbe verstand es. einen wachsenden
Kreis von Anbängern davon zu überzeugen. daö
ste mit dem Heiland, der Gotresmutter und auck
mit Verstorbenen in unmittelbare Verbinduns
treten könne. Häufig versetzte stch die Halbe in
ekstatische Zustände: ste bebauvtete dann. Austräs«
vom Himmel zu erhaltcn. Jm Eoetbe-Jahr 193-
wollte sie in einer „Schauung" Eoetbe in EestaU
eines hätzlichen Ziegenbocks neben Hebbel in der
Hölle geseben haben. Jhren leichtgläubigen Zu-
hörern verstand Therese Halbe klar zu machen. datz-
währenÄ sie in Siegen weile. sie gleichzeitig ihren
Schutzengel an einem anderen Ort vertrcten
könne. Die Eelder, die die rasfinierte Betrügeri»
erschwindelte. verpratzte sie in zweiselhafter Eesell-
lchaft in Bars und Weinlokalen.
«^Vslksgemeinfchaff"
yreitag. deo 11. Dczember lSSl
Baldtvin zur Ab-ankung Eduards VIII
Eine historische Sihung -es englischen Ltnierhauses
London, 10. Dezember
Nach der Verlesung der Abdankungsbotlchaft
des Königs stellte Premierminister Baldwin
im Unterhaus den Antrag, die Botschast des
Königs zu berateu, und gab anschlietzend eine län-
aere Erklärung ab, in der er eine Darstellung
seiner Verhandlungen mit dem König gab. Nach
Schluh dieser Rede stellte er den Antrag, das
Haus zu vertagen, damit noch heute die ersorder-
liche Eesetzgebung über den Thronwechsel einge-
bracht werden könne. Baldwin kündigte serner a«,
es sei notwendig, datz das llnterhaus die gesamte
Eesetzgebung Lber den Thronwechsel im Laufe des
morgigen Freitag verabschiedet. Da der FLHrer
der Opposttion kcinerlei Einspruch erhob, vertagte
sich das Haus zunächst bis K Uhr.
Jn seiner Rede führte der Premierminister
etwa folgendes aus: Niemals habe das Parla-
ment eine schwerwiegendere Botschaft erhalten,
und niemals sei einem Premierminister eine
schwierigere und peinlichere Aufgabe zugefallen.
Er werde das, was er zu sagen habe, wahrheits-
gemätz, ausrichtig, einfach und geradezu sagen,
ohne einen Versuch, zu färben oder auszuschmücken.
Er werde keinerlei Kommsntare geben, kritisieren,
loben oder tadeln. Das Beste, was er tun könne,
sei, dem Hause zu sagen, was sich zwischen
ihm und dem König abgespielt habe
und was zu der gegenwärtigen Lage gefllhrt habe.
Baldwin ging dann zur Aufzählung der Tat-
sachen llber. Er erinnerte das Haus daran, datz er
im August und September habe Erholunasurlaub
nehmen müssen, und fuhr dann wörtlich fort:„Als
ich zurückkam, beunruhigten mich zwei Dinge. Jn
mein Amt strömten zahlreiche Briefe, vor allem
von britischen Untertanen und amerikanischen
Ctaatsbürgern britischer Herkunft und auch einige
aus den Dominions, in denen Bestürzung und
Vesorgnis über die Veröffentlichungen
der amerikanischen Presse zum Ausdruck
kamen. Damals wurde mir klar, datz eine Schei-
dungsanaelegenheit in Aussicht stand, und ich er-
kannte, dah daraus später eine schwierige Lage
entstehen könnte. Jch war der Anstcht, datz jemand
den König aufsuchen sollte, um ihn vor der schwie-
rigen Lage zu warnen, die sich später ergeben
könnte, wenn dieser Art von Eeschwätz und Kritik
Nahrung gegeben würde.
Unter den gegebenen Umständen konnte nur
ein Mann diese Anbelegenhcit mit dem König
besprechen, der Premierminister. Jch beriet mich
mit keinem meiner Kollege«. Deshalb teilte ich
dem König mit, dah ich ihn völlig privat im
Schloh Beloedere zu sprechen wünsche. Wir trasen
uns dort am Dienstag, dem 20. Oktober.
Der Perater der Krone ist für seinen Herrn ohne
jeden Wert, wenn er ihm nicht jederzeit die
Wahrheit sagt, wie er sie sieht, ob diese Wahrheit
nun willkommen ist oder nicht.
Jch erinnerte ihn an das, was ich auch ihm und
seinem Vruder in den vergangenen Jahren gesagt
habe, nämlich daran, datz die britische Monarchie
eine einzigartige Einrichtung ist. Der englischen
Krone seien Jahrhunderte hindurch oiele ihrer Vor-
rechte genommen worden. Aber heute stehe ste, ob-
wohl das Ebengesagte immer noch gilt, oiel höher
da, als zu irgendeiner Zeit in der Eeschichte un°
seres Landes. Es stehe autzer Frage, datz es von
wesentlicher Vedeutung sei, ste unversehrt zu er-
halten. Denn sie sei nicht nur das letzte llbrig -
gebliebeneBindeglied innerhalb des
Empire, sondern sie jei für England — solange
sie besteht — auch die Garantie dafür, datz das
Land vor vielen Uebeln bewahrt bleibe, die viele
andere Länder erfatzt und aeschadigt haben. Diese
Anstchl würde allgemein geteilt: dabei hingen diese
Ansichten sebr weitgehend an dem Respekt, der in
den letzten drei Eenerationen der Monarchie ent-
gegengebracht wurde.
Angefichts dieser Kritik. der die Krone aus-
gesetzt wordeu sej, könne die Macht der Krone
fchncller oergehen, als ste gewachscn sei. Wenu
fie aber einmal oerloren oegangen fei, so sei es
mir zweifelhast, ob irgendetwas sie wiederher-
stelleu könne.
Das waren die Erundzüge meiner Rede. Aus
diesen Eründen äutzerte ich Vesorgnisse und den
Wunsch, datz einer solchen Kritik der Erund ent-
zogen werden möge. Meiner Ansicht nach, so führlc
ich aus, würde jedes irgendwie geartete Handeln
durch dic Auswirkung einer solchen Kritik aufgewo-
gen werden.
Jch sagte Seiner Majestät, datz ich gehofft hätte,
seine Regierung werde eine grotze Zeit in einem
neuen Menschenalter sein. Er habe so viele der
dafür notwendigen Eigenschaften. 2ch sagte ihm,
dag ich mit ihm als Freund sprechen wollte, um
festzustellcn. ob ich ihm in dieser Sache helfen
könne. 2ch habe nicht um die Erlaubnis gebeten,
das zu sagcn, was ich jetzt sagen will. Jch glaube
aber nicht, datz es der König übel nimmt. Der
König hat mir nicht nur einmal, sondern viele
Male gesagt:
„Sie und fch müsten diese Nnqelegenheit zu
sammen regeln. 2ch wllnsche nicht, datz sich ir-
gend jemand eiumischt." lBeifall.)
Baldwin erklärte dann, er habe den König dar-
auf hingewiesen, datz bei einer Scheidung der Dame
seiner Wahl, Frau Erneste Simpson, von ihrem
bisherigen Eatten nach dem Urteil die Angelegen-
heit für einige Zeit würde in der Schwebe bleiben
müssen. Diese Schwebezeit könne verhängnisvoll
werden. weil dann jedermann die Möglichkeit ha-
ben würde zu reden. Denn eines Tages würde die
Presse beginnen, sich mit der Angelegenheit zu
beschäftigten, und dann würde eine äutzerst schwie-
rige Lage sür den König und den Ministerpräsiden-
ten entstehen, und es würden vielleicht bestimmte
Eejohren heraufbeschworen. wie man es auch er
lebt habe.
Das war einer der Eründe, so erklärte Bald-
win, warum schnell gehandelt werden mutzte. Es
bestand die Eefahr, datz die Leutc in einer Frage
Partei nahmen, in der keine Parteien existieren
dürften.
Das nächste Mal sah ich den König am Mon-
tag, demlk. November, im Buckingham-
Palast, nachdem das Scheidunasurteil gesällt wor-
den war. Der König hatte mich ausdrucklich zu sich
gebeten, und wir sprachen etwa 20 Minuten über
die Frage einer etwaigen Heirat. Das
Kabinett war in meine Verhandlungen nicht ein-
geweiht. 2ch berichtete nur vier meiner Kollegen
über meine Besprechungen im Fort Velvedere.
2ch erklärte dem Könia. ich sei der Anstcht, datz
diese Heirat im Lande keinerlei Bil-
ligungfindenwerde. 2ch wies dacauf hin,
datz oie Gemahlin des Königs von England eine
andere Stellung habe als die Ehefrau irgendeines
englischen Bürgers und datz bei der Wähl einer
Königin die Stimme des Volkes gehört werden
müsse. Von der Wahl, die der König treffe, hinge
die Sichsrheit und das Wohlergehen des gesamten
Staates ab. Der König erklärte mir daraufhin —
ich sage dies mit seiner ausdrücklichen Geneh-
migung —:
„2ch werde Mrs. Simpson heiraten, und ich
bin bcreit, zu geken!« Ich antwortete darauf-
hin: „Sire, das ist eine äuherst schwerwiegendc
Mitteilung, und es ist mir unmöglich, darauf
heute zu antworten."
.Der König teilte diesen Entschlutz dann der
Königin Mary, dem Herzog von Pork, dem Herzog
von Eloucester und dem Herzog von Kent mit.
Am 2 5. November bat er mich wieder zu stch.
Inzwischen war bei mir angcregt worden, einen
Kompromitz zu schasfen, um die beiden Möglich-
keiten zu vermeiden, die sich erst von ferne, dann
immer deutlicher zeigten. Nach diesem Kompromitz-
vorschlag sollte der Känig heiraten, und das Pac-
lament sollte ein Eesetz verabschieden, nachdem
die Dame Eemahlin des Königs sein
könne, ohne die Stellung einer Könl-
gin zu haben.
Jn unserer Unterredung fragte mich der König,
ob mir dieser Vorschlag vorgelegt worden sei. A!s
ich diese Frage bejahte, fragte er mich, was ich
darüber dächte. Ich erklärte, ich könne dazu noch
keine bestimmte, wohlerwogene Ansicht äutzern.
Wenn er aber über mcin erstes Eesühl unter-
richtet sein wolle, so könne ich ihm sagen, ich sei
der Ueberzeugung, datz das Parlament ein der-
artiges Gesetz niemals annehmen würde.
(Beifall!) Weiter erklärte ich, ich würde das Ee-
setz formell prüfen lassen, falls der König es
wünsche. Als der König diesen Wunsch aussprach,
machte ich daraus aufmerksam, datz damit die An-
gelegenheit vor das gesamtc Kabinett gebracht
werden mützte und datz die Verbindung mit sämt-
lichen Dominions aufgenommen werden müste.
König Eduard erklärte mir, dies sei sein Wunfch.
Daraufhin versprach ich ihm, diese Priifung vor-
nehmen zu lasten.
Llndurchsührbare Kompromlffe
Am 8. Dezember bat mich der König er-
neut zu sich. Der König fragte mich, ob ich in der
Lage sei, seine Frage zu beantworten. Ich er-
klärte ihm, datz sein Vorschlag undurchführ-
bar sei. Daraus erwiderte der König, diese Ant-
wort Lberrasche ihn nicht. Er nahm meine Anr-
wort ohne jede Frage hin und kam auch nie wieder
auf sie zurück; er benahm sich wie ein echter
Eentleman."
Valdwin führte dann weiter aus, er habe dem
König klar gemacht, dah er in eine Lage kommen
müsse, in der er in einem inneren Konflikt stehen
würde; er müsse dann entweder einen Plan aus-
geben, an dem sein Herz hing, und König bleiben,
oder er müsse, wie er das schon früher angedeutei
habe, möglicherweise später die Heirat durchführen.
Das Hans miiste bedenken, fo fiigte Bald-
rvin ein, dah der König kein Zunge mehr sei.
Er fehe zwar jung aus, und alle feien gewoyac,
ihn als „unfereu Priuzen" anzusehen. Aber er
sei ein erwachsener Mann mit grohen Lebens-
erfahrungen und grohen Weltkenntuisse».
Dem König schwebten immer drei, wenn nicht
vier Dinge vor, so sagte Baldwin, die er lm
Laufe seiner Eespräche immer und immer wieder-
holte. Einmal, wenn er abgehen würde, wollte er
in Ehren abgehen. Er wollte nicht eine Lage ent-
stehen lassen, in der er das nicht mehr tun könne.
Seinen Ministern und seinem Volk wollte er so
wenig Aufregung wie möglich bringen. Schlietz-
lich wllnschte er, unter Umständen abzudanken, die
feinem Bruder bei der Thronbesteigung die denk-
bar geringsten Schwierigkeiten bereiten.
an
sthung des Kabinetts am Mittwoch überreicht
wurde. Das Kabinett habe dann einstimmig an
den KLnig avvelliert, seinen Schritt noch einmal
zu überlegen, der die Untertanen des Königs ticf
betrüben und ergreisen müsse.
Des Königs Antwort war: „Der König hat
den Brief des Premicrministers vom 9. Dezember
diekes Iahres erhalten, in dem dieker ihm die
Anstchten des Kabinetts mitteilte. Seine Majestät
habeu den Fall noch einmal Lberlegt und be-
dauerten. die Entscheidung nicht Sndern zu können".
Baldwin fuhr dann fort: „Jch bin überzeugt,
datz da, wo ich nichts erreichen konnte, niemand
etwas erreicht hätte. Diejenigen, die den König
gut kennen, werden wissen, was das bedeutet.
Dieses Haus gleicht heute einer BLHne, auf die
die Augen der ganzen Welt gerichtet sind.
Marian vboclaekl
kleusr polnisebvr Lenoralkommlssar kür vanriS
Sckierl-Rllderdicnll
»UN»«lMM»>!UMMNU»Ul«MN>MM>UU!>UNNNlNU>lU>!e>M>MU»U«NNUUUNUNUMM»»>»
Wir haben als Wächter der Demokra«
tie aus dieser kleinen Insel dafür zu arbelten»
die Unantastbarkeit Äieser Monarchi^
aufrecht zu erhalten, die jetzt das einzigs Ban/>
unseres Weltreiches und der HLter unserer Frer-
heit ist. Wir wollen den Blick vorausrichten, ast
unser Land denken und das Vertrauen rechtfertl-
gen, das von unserem Lande dem llnterhaus ent-
gegengebracht worden ist. Wir wollen uns ge-
schlossen hinter den neuen König stel-
l en. (Langer, anhaltender Beifall!) Wir wollen
uns hinter ihm zusammenscharen und ihm helfen.
Baldwins Schlutzsätze waren, da er selbst inner«
lich so erregt war, kaum zu verstehen. Als er sich
setzte, begrlltzte ihn das Haus mit starkem Beifall-
Darauf erbob stch der Fübrer der Ovvosition,
Attlee, unter besonders sreundlichem und lan-
gem Beisall von den Regierungsbänken. Er er-
klärte: „Mit Rückstcht aui die ernite und wichtige
Botschaft, die wir von Seiner Maiestät erhalten
haben. möchte ich sragen. ob es nicht wünschens-
wert ist, die Sitzung bis um 6 llhr zu unter«
brechen, damit die Abgeordneten zur BeratunS
Zeit haben."
Entsvrechend dem Antrage wurde die Sitzung
dann untckrbrochen.
Oppositlonsparteien billigen Baldw'n
Ich muh sagen, dah dem König jeder Eedanke
etwas, was man „Königpartei" nennen
könnte, schrecklich war.
Meine Vemühungen wäbrend dieser ketzten
Tage waren ebenso wie die Bemühungen aller.
die stch in nnmittelbarer Umgebung des Königs
befanden, darauf gerichtet. ibn zu einer Ent-
scheidung zu bringen. die er nicht getroffen
hat. Wir haben einen Fehlschlag erlitte«. Der
König hat feine Entscheidung getrofsen. FLr
mich war es eine grohe Beruhigung. dah m,r
am Dienstagabend, ehe ich Fort Velvedere oer-
lieh, verstchert wurde. ick hätte nichts ungetan
gclasten. um den König von der Entscheidung
abzubriugen, die cr getrofsetz hat, und die er
nicht aufgebeu wollte.
Niemand ist unter uns. der diese Entwickluna
nicht aus tiesstem Herzen bedauert. Aber es ist
auch niemand unter uns. der richten möchte. (Bel-
fall.) Wir sind keine Richter. Der König hat seine
Entscheidung mitgeteilt. Jch glaube, wir müssen
uns ietzt zusammenschliehen.
Heute abend werde ich mir noch erlauben. die
notwendigen gesetzlichen Vorlagen selbst einzubrin-
gen. die den Mitgliedern des Hauses in Druck zur
Verfügung stehen. Das Haus wird morgen um
11 Ubr vormittags wieder zusammentreten. Es ist
sehr wichtig. dah bereits morgen der Entwurf
Eeletz wird. , ,- —, -
Baldwin teilte dann welter mit. dah des Königs zu spalten. Dank der Zurückhaltung des Königs
endgültige und ofsizielle Antwort bei der Morgen- I und seiner Anerkennung der Stellung des Parla-
London, 10. Dezember
Ain Donnerstag trat kurz nach 19 llhr MEZ.
das Unterhaus zu der vorgesehenen Aussprache über
die Abdankung des Königs zusammen. Der Füh-
rer der Opposition, Attlee, gab seinem tiefen
Eefllhl für Äen König Ausdruck, dessen Abdankung
jedermann als einen persönliiyen Verlust
empsinde. Kein britischer Monarch sei seinen Un-
tertanen je so willkommcn gewesen. Sein Mut und
sein Mitleid mit den Leidenden seien besonders zu
loben sowie seine Anteilnahme an den Arbeits-
losen und der Vevölkerung der notleidenden Ee-
biete. Er erkenne an, datz jede der vorgeschlagenen
Lösungen zu Einwendungen geführt haben würde,
aber der König habe seine Entscheidung getroffen.
Es bleibe nichts übrig, als sie anzunehmen. Das
gesamte Volk wünsche ihm ein langes und glück-
liches Leben.
Attlee fand sodann einige besonders freundliche
Worte für ValÄwin. Er verdiene die besondere
Sympathie des Landes. Das Land habe einen
schweren Schlag erhalten, und es werde Zeit brau-
chen, sich von ihm zu erholen. Alle würden helfen,
um dem neuen König seine Vürde leicht zu machen,
die angestchts der vielen dringenden Fragen im
2n- und Auslande nicht leicht sei. Er wllnscbe fer-
ner, der Königinmutter Mary seine tiefe Anteil-
nahme übermitteln zu dürsen.
Der Vorsitzende der Oppositions-
liberalen wies ebenfalls auf die vielen Bandc
hin, die Eduard VIH. mit seinem Volk verbunden
hätten. Das Ende dieser Beziehungen sei für alle
schmerzlich. Vesonders schmerzlich aber müste das
für seine Mutter sein und besonders für den Pre-
mierminister (lebhafter Beifall), der Äie besondere
Sympathie des Hauses verdiene sowie die Dank-
barkeit aller für die schwere, klare, aber herz-
bewegende Erklärung, die er abgegeben habe. Es
gelte nunmehr, sich weise zu zeigen, indem man
jeden Bersuch ablehne, das Land in dieser Frage
Oas Geseh über die Abdankung
London, 10. Dezember
Das Gesetz Uber dle Abdanknng König Eduards
lkHl. wurde noch am Donnerstagabcud im Wort-
laut veröffentlicht. Das Gesetz sieht vor, dah nach
der Zuftimmung der Dominions Kanada, Austra-
lien, Neuseeland und Südasrika die Abdankung des
Königs durch Zuftimmung des Parla-
ments rechtskrästig werden fo«. Gleichzei-
tig wirh oorgejehen, dah es bet der oer«ai;u»tz».
mahigen Thronsolge bleibt, und dah der Nachfol-
ger des Köuigs sämtliche Rechte und Privilegien
erhält. Der König und feine Kinder erhalten das
Recht aus dic Thronsolge aberkannt. Endlich wird
»as Gefetz Uber die Eheschliehung sür die Mitglie-
der des königlichcn Hauses von 1772 sür Eduard
VHl. auher Krast gesetzt, so dah er also
nach seiuer Abdankung oon der Zuftimmung des
Mouarchr» sür sein« Eheschliehung besretl ijt.
ments und der verfastungsmätzigen Verantwortlich-
keit der Minister sei die Krone nicht in de«
Königsstreit verwickelt worden. Die
Krone sei Lber dem Streit erhaben geblieben. Da»
schnelle Handeln des Königs habe zweifellos dazu
beigetragen, das Land vor Schaden zu bewahrea.
Unter eistgem Schweigcn des Hauses erhob silb
hierauf Churchill, der einleitend erklärte, nichts
sei gewisser, als datz man jetzt keine Vorwürfe
mehr erheben dürfe und datz Auseinandersetzungen
mehr schaden als nützen würden. Was geschehen
und was unterblieben sei, gehöre der Eeschichte
an. Er werde an diese Dinge nicht rühren. Er
gedachte hierauf in allerherzlichsten Worten de»
abgedankten Königs, der freiwillig ein Opsek
sür die Ruhe und die Kraft seine»
Reiche s gebracht habe. Er sei damit viel weitcr
gegangen als die Verfastung es erfordere. Er er»
kenne an, datz die Entscheidung des Königs frei-
willig und spontan erfolgt sei und so, wie es der
König selbst gewünscht habe. Er bedauere diesea
wehmütigen Abschlutz aufs tiefste, der gerade durch
die so seltenen edlen Eigenschaften Äes König»
herbeigeführt worden sei.
Nachdem in der Unterbaussthuna noch einis«
Abgeordnete der Linken gesvrochen kotten. n"bw
das Unterbaus in erster Lcsung das Eesetz Uber
die Abdankung des Könias an nnd vertagte stch
auf Freitag, 12 Ubr MEZ.
„Gotibegnadete" Gchwinvserin
Sie „kah" Goethe in der Sölle
Siegen. 10. Dez. (Eig. Meldung)
Vor der grotzen Strafkammer in Siegen begann
der Prozeh gegen die 28jäbrige Tberese Halbe
aus Olve. die von 1929 bis zu ihrer Verhaftuns
im Iuli 1936 durch religiöse Schwindlereien. ber
denen sie stch als „gottbegnadete Seherin" ausgab.
rund 20 000 RM. ergaunert hat.
Die ersten Ovker der vhantastebegabten Halb«
waren eine alte Lehrerin und deren Bekannter.
ein Mann, der seinen zweisachen Doktor gemackt
batte. Die Halbe verstand es. einen wachsenden
Kreis von Anbängern davon zu überzeugen. daö
ste mit dem Heiland, der Gotresmutter und auck
mit Verstorbenen in unmittelbare Verbinduns
treten könne. Häufig versetzte stch die Halbe in
ekstatische Zustände: ste bebauvtete dann. Austräs«
vom Himmel zu erhaltcn. Jm Eoetbe-Jahr 193-
wollte sie in einer „Schauung" Eoetbe in EestaU
eines hätzlichen Ziegenbocks neben Hebbel in der
Hölle geseben haben. Jhren leichtgläubigen Zu-
hörern verstand Therese Halbe klar zu machen. datz-
währenÄ sie in Siegen weile. sie gleichzeitig ihren
Schutzengel an einem anderen Ort vertrcten
könne. Die Eelder, die die rasfinierte Betrügeri»
erschwindelte. verpratzte sie in zweiselhafter Eesell-
lchaft in Bars und Weinlokalen.