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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0056

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doch seiner Thätigkeit in Folge gesetzlicher Vorschrift be-
dürftigen Betheiligten beschwert seien gegenüber jenen, die
am Amtssitz des Notars wohnen. Weiter führte Herr
Zehnter aus, daß die Klagen über die angebliche Grenz-
sperre und die dadurch verursachte Fleischnoth ungerecht
seien. Letztere bestehe gar nicht. Das deutsche Reich be-
dürfe vielmehr noch einen größeren Schutz gegenüber der
Einfuhr von fremdem Vieh und namentlich auch gegenüber
der Einfuhr von fremdem Fleisch. Durch diese Einfuhr
sei die deutsche Viehzucht, aber auch das deutsche Fleischer-
gewerbe bedroht.

Aus der Karlsruher Zeitung.
Karlsruhe, 14. Jan. Der Großherzog nahm
heute Vormittag verschiedene Vorträge entgegen. Gegen
1 Uhr traf Ihre Durchlaucht die Prinzessin Amalie zu
Fürstenberg aus Baden-Baden hier ein und stieg im
Großherzoglichen Schloß ab. Die Prinzessin nahm bei
den Grobherzoglichen Herrschaften an der Frühstückstafel
theil und machte dann Besuche bei den Mitgliedern
der Großherzoglichen Familie, sowie bei anderen Personen.
Um 5 Uhr kehrte Ihre Durchlaucht nach Baden-Baden
zurück.
Karlsruhe, 14. Jan. Auf der Bregthalbahn ist infolge des
durch anhaltenden Regen eingetretenen Hochwassers und der dadurch
verursachten Beschädigungen am Bahnkörper der Betrieb zwischen
Donaueschingen und Hammereisenbach seit 14. d. und bis auf
weiteres vollständig eingestellt. Zwischen Hammereisenbach und
Furtwangen wird der Verkehr nach Möglichkeit noch aufrecht
erhalten.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
eifenbahnen wurde Expeditionsasststent Karl Heckmann in Denz-
lingen nach Neckarsteinach versetzt.
A ir s l a n d.
Frankreich. Paris, 14. Jan. Dem Cri de Paris
zufolge befindet sich unter den Picquart zugekommencn
Visitenkarten auch eine der früheren Kaiserin Euge nie.
Dänemark. Kopenhagen, 14. Jan. In der heu-
tigen Budgetberathung des Folkethings interpellirte der
Berichterstatter des Budgetausschusses, Hagen, über die
Ausweisungen dänischer Staatsangehöriger
aus Nordschleswig und die Beziehungen Dänemarks zum
Auslande. Der Minister des Auswärtigen erklärte, daß
das Verhältniß zu allen Mächten freundschaftlich sei. „In
der Angelegenheit der Ausweisungen aus Nordschleswig,
die auf uns alle einen schmerzlichen Eindruck gemacht ha-
ben, hat die Regierung an die deutsche Regierung die An-
frage gerichtet, ob Deutschland beabsichtige, die Dänen in
Nordschleswig, die gemäß dem Friedensvertrage von 1864
für Dänemark optirten, in größerem Umfange auszuweisen.
Nach einer auf diese Anfrage ertheilten Auskunft ist kein
Optant ausgewiescn worden." Der Minister gab zum
Schlüsse der Hoffnung Ausdruck, daß auch die Auswei-
sungen anderer dänischer Staatsangehöriger aufhören mö-
gen, da gute Beziehungen für belde Länder das Beste seien.
England. London, 14. Jan. Nach Petersburger
Meldungen ist zwischen Rußland und dem Emir von
Afghanistan ein Bündniß unterzeichnet worden.
Türkei. Die Polit. Corr. erhält von einem Kenner
der kretischen Verhältnisse aus Kanea einen Bericht, nach
dem die Lage des Ob e rco m m i ss a rs Prinzen
Georg auf Kreta weit schwieriger sei, als er ge-
dacht habe. Die Admirale hätten nicht einmal die An-
fänge brauchbarer Einrichtungen hinterlassen. Im Innern
herrsche fortdauernd Anarchie. Die Anzahl der abgelieferten
Waffen sei gering. Die Gruppen der Fremden seien die
einzige Stütze des Obercommissars, während die Aus-
wanderung der Muselmanen forldauere.
Afrika. Kairo, 13. Jannar. Die Leiter der neu-
gegründeten ägyptischen Nationalbank planen eine Maß-
regel, deren Durchführung für den kleinen ländlichen
Grundbesitz von höchster Wichtigkeit ist: die Bank be-
absichtigt, in Zukunft den Fellachen kleine Darlehen
— im Betrage von 400 —2000 Mk.— zu dem für
hiesige Verhältnisse außerordentlich mäßigen jährlichen Zins-
füße von 9^/2 Prozent zu gewähren. Dadurch hofft man
dem Treiben der griechischen Wucherer, die mst ihren
unerhörten Zinssätzen und ihrer erbarmungslosen Schuld-
eintreibung geradezu eine Landplage waren, gewisse Schranken
zu ziehen.
Johannesburg, 14. Januar. Heute wurde
eine Versammlung von Engländern abgehalten,
um Protest zu erheben gegen die Verhaftung des Vorsitzen-
den Webb und des Sekretärs Todd der Uitlanderliga we-
gen der Akte betr. die öffentlichen Versammlungen und um

Stadt-Theater.
xl Heidelberg, 16. Januar.
„Der Waffenschmied", komische Oper in 3 Aufzügen.
Musik von Albert Lortzing.
Seit die Oper hier ins Leben gerufen wurde, war auch —
mit kurzen Unterbrechungen — der Waffenschmied in Permanenz.
Dank seiner wohlbewährten Eigenschaften ist er seines Publikums
sicher. Zwei Hauptherrenrollen wiesen noch die frühere Besetzung
auf. Herr Görger gab, obwohl seine Stimme noch Spuren
der Indisposition nicht verkennen läßt, für den Grafen sein
ganzes Organ und seine absolute Routine hin, und erntete,
namentlich mit der feurig vorgetragen Einlage, stürmischen Bei-
fall. Herr R 0 gler gastirte, wenn ich nicht irre, seiner Zeit
als Georg. Die Stimme hat nicht eben gewonnen, sie ist ge-
preßter geworden, und für die Höhe schwebt man in steter Be-
forgniß. Den Meister Stadinger hält Herr Geißler auf
einem anständigen Niveau, singt sein Hauptlied mit gutem Aus-
druck (nur immer das a gis vor dem Refrain einige Schwingungen
zu tief).
Frl. Mascha macht Fortschritte. Ihr kleines, im Klang,
vom Piano abgesehen, aber ziemlich sprödes Organ ist etwas in
der Fülle gewachsen. Sie singt und spielt die Partie ganz
niedlich aber ziemlich matt und farblos. Frl. Seebach hat
schon mehr natürliche Komik denn als Jrmentraut entwickelt.
Dennoch wirkte sie und hat mit ihrer angenehmen Altstimme die
Partie auch musikalisch getragen. Zu ein paar Gesichtsfalten
für die „alte Schachtel" dürfte sich die junge Sängerin schon
entschließen. Herr Diener hat den schwäbischen Ritter als
heimathliches Recht von früherher ausschließlich gepachtet, und
bezieht hohe Prozente an Beifallzins. Or. 8.

eine Petition an die Königin Victoria zu richten, die auf
den Fall Edgar Bezug hat. Eine große Anzahl Burghers
und Afrikanders war zur Stelle. Die Versammlung artete
zum Schluß in eine Schlägerei aus, Stühle und Bänke
wurden zerbrochen und als Waffen benutzt.

Zur Festsaalfrage.
(Eingesandt.)
Heidelberg, 14. Januar.
(Schluß.)
Es dürfte deshalb zur Befriedigung dieser Ansprüche genügen,
wenn der Museumssaal durch Beseitigung des Vorplatzes und
Treppenhauses gegen die Grabengasse verlängert würde. Hier-
durch würde Platz geschaffen für ein feststehendes, großes
Podium eventuell in Verbindung mit einer Bühne und einer
großen Anzahl von Sitz- und Stehplätzen. Die Akustik in dem
veränderten Saale steht über jedem Zweifel, da das neue Podium
muschelartig umbaut werden könnte.
Gegen Süden längs der Grabengasse müßten sich dann ein
neues Treppenhaus anschließen, eine Garderobe und Aborte, und
in seiner Fortsetzung bis zur Post würde eine Reihe von Räumen
gewonnen (Dienerwohuung in dem Dachraum, Lesehalle, Raum
für geschlossene Gesellschaften, Kammermusiksaal). Das jetzt be-
stehende Gebäude mit Lesezimmer, Bücherei wäre ebenfalls
eventuell bis zum ehemaligen Gymnasium fortzusetzen.
Der so begrenzte Garten mit einem Rundbau gegen Süden
und mit einer eisernen Dachkonstruktion überwölbt, würde in einen
Lichthof umgeschaffen (Wintergarten, Festhalle, Stadthalle re ),
welcher bei steigenden Ansprüchen später bis zum Seminar ver-
längert werden könnte.
In diesem Lichthofe, der im erwähnten Rundbau ein größeres
Podium mit Bühne enthielte, wäre ein Raum geschaffen für sehr
große Festlichkeiten, Bankette, und vor Allem für einen Wirth-
schaftsbetrieb mit Concerten.
Unser Stadtgarten kann nur bei schönem Wetter benutzt
werden, während gerade in der Zwischenzeit (Frühjahr. Herbst)
und vor allem im Winter die Concerte des städtischen Orchesters
ruhen müssen.
Es ist dies ein Mißstand, dem hiermit vollständig abgeholfen
werden könnte. Heidelberg als Fremdenstadt hat bei ungünstigem
Wetter in den Abendstunden nicht viel zu bieten und die
Bürgerschaft hat ein Anrecht auf sein Orchester auch zu andern
Jahreszeiten als im Sommer. Theater und Bachverein sind
keine Stätten zu leichter Erholung bei einem guten Glas Wein
oder Bier und guter Musik, wie sie heute überall geboten wird.
Abgesehen von den Darbietungen an das Publikum würden
dem Orchester wesentliche höhere Einnahmen geschaffen. Ebenso
ist ja selbstverständlich daß sich dann bei den Veranstaltungen
im Concertsaale, Bällen u. dergl., im Lichthofe ein lebhafter
Wirthschaftsbetrieb entwickelte.
Der Lichthof würde mit breiten Emporen gegen Ost, West
und Norden versehen. Die nördliche Seite diente zugleich als
Verbindungsgang vom Treppenhaus zum großen Saale und
dem östlichen Flügel. Von den Emporen führen breite Treppen
herunter in den Ltchthofsaal. Bei großen Veranstaltungen könnten
die Räume im Ost- und Westflügel ebenfalls herangezogen
werden.
Bei Concerten, Musikfesten, Maskenbällen, Festbanketten
ständen demnach so weitgehende Räume zur Verfügung, daß
sicher 4006—5000 Personen Platz finden würden. Ebenso wäre
es denkbar, den vergröberten Museumssaal bei kleinen Bällen
und Veranstaltungen durch Abschluß des Podiums mittels eines
Vorhangs zu schließen.
Auf diese Weise würde für eine unabsehbare Reihe von
Jahren allen Ansprüchen genügt und, wie schon erwähnt, vor
Allem auch unserem städtischen Orchester der Raum geschaffen,
welcher dasselbe dem großen Publikum jeder Zeit zugänglich
macht.
Die erhöhten Wirthschafts- und Orchestereinuahmen stehen bei
Aufstellung eines Finanzplanes für den projektirten llmbau be-
stimmend in Rechnung und nur ein Ausbau, der allen Bedürf-
nissen Rechnung trägt, hat Aussicht auf finanziellen Erfolg.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, l6. Januar.
K Von der Universität. Bei der am letzten Samstag vor-
genommenen Prorektorwahl wurde Herr Professor Osthoff
im ersten Wahlgang mit 22 Stimmen gegen 9 oder 10 zer-
splitterte zum Prorektor für das künftige Studien jahr gewählt
* Die Erwerbung der Liegenschaft der Museumsgesellschaft
durch die Stadt. Die gedruckte stadträthliche Vorlage in obigem
Betreff ist jetzt zur Vertheilung gelangt. Wir entnehmen ihr
daS Folgende: Der Stadtrath konstatirt, daß die Frage eines
größeren Saalbaues nicht neu sei, deun fchon in einer Eingabe
des Gemeinnützigen Vereins vom Jahre 1884 wird gesagt, daß
dieselbe seit langen Jahren schwebe. Früher, so führt der stadt-
räthliche Bericht weiter aus. hatte mau, wenn man die bezüg-
liche Nothwendigkeit betonte, mehr die Bedürfnisse der zahlreichen
Wanderversammlungen, Kongresse und festlichen Veranstaltungen
im Auge, die von Auswärts her alljährlich dahier abgehalten
werden. Neuerdings erfuhr bei Beunheilung der einschlägigen
Verhältnisse im Zusammenhang mit der zunehmenden Ausdehnung
der Stadt auch noch der Gesichtspunkt besondere Betonung, daß
für die Seitens der Bewohner Heidelbergs selber zu veranstalten-
den Festlichkeiten von erheblicher Frequenz, für umfangreichere
musikalische Produktionen, für Bankette und Kommerse sowie für
größere Versammlungen ein Raum disponibel sein sollte, der
eine bedeutendere Zahl von Personen aufzunehmen in der Lage
wäre, als die jetzt in Betracht kommenden Versammlungslokale
Heidelbergs. Es liegt ja gewiß im Interesse der Stadt, möglichst
viele Wanderversammlungen und dergleichen hierher zu bekommen.
Aber es ist dies auch seither in ausgedehntem Maße gelungen,
indem den Ansprüchen, welche bei solchen Gelegenheiten an die
Größe der Versammlungslokale erhoben werden, mit den bereits
bestehenden Räumlichkeiten häufig noch zu genügen war. Immer-
hin wäre es im Hinblick auf die Erfahrungen, welche im Laufe
der Zeit in Bezug auf verschiedene Unternehmungen der gedachten
Art dahier gewacht worden sind, erwünscht, wenn man dafür
größere Lokalitäten, als die dermaltgen, zur Disposition stellen
könnte. Durchaus unzulänglich sind die letzteren aber für ge-
wisse Veranstaltungen der hiesigen Einwohnerschaft selbst. Bei
jedem größeren vaterländischen Feste, welches hier gefeiert wird,
kann man sich davon überzeugen, daß auch dann, wenn dasselbe
im Museums-Saale stattfindet, eine Menge von Personen durch
die Ueberfüllung des Lokals von der Theilnahme abgehalten ist.
Für eine Versammlung oder für ein Bankett, woran große Kreise
der hiesigen Bürgerschaft sich bethetligen, für einen Kommers, zu
dem sich die gesummte hiesige Studentenschaft einsindet, für größere
musikalische Aufführungen sowie für gesellige Veranstaltungen,
die einen erheblicheren Umfang haben, fehlt es immer mehr an
einem, den Anforderungen der Gegenwart entsprechenden Raum,
und es scheint uns deßhalb die Beschaffung eines solchen
in erster Reihe im Interesse unserer einheimischen Veranstaltungen
geboten zu sein. Der stadträthliche Bericht führt dann aus, daß
es wünschenswerth wäre, mit der betreffenden Anlage auch
einigermaßen den Bedürfnissen des Fremdenpublikums Rechnung
zu tragen. Ein großes Kouversationshaus zu schaffen, würde die
finanziellen Kräfte unserer Stadt aller Voraussicht nach über-
steigen. An die Erstellung eines Saalbaus mit den entsprechenden
Nebenräumen Einrichtungen anzugliedern, die den Interessen des
hiesigen Fremdenverkehrs nützliche und werthvolle Dienste zu
leisten im Stande wären, dürfte dagegen ein erreichbares Ziel
sein. Bei jeder versuchten Lösung der Frage müsse das finanzielle
Moment eine Hauptrolle spielen, denn mit Recht werde hier Werth
darauf gelegt, daß die Umlagen eine mäßige Höhe nicht über-

schreiten. Die stadträthliche Vorlage führt dann aus, daß ur-
sprünglich die Absicht bestand, einen Neubau auf dem Jubiläums-
platz vorzuschlagen. Die in der Vorlage von 1894 aufgeführten
Vorzüge dieses Platzes seien nach Ansicht des Stadtraths heute
noch vorhanden und es sei dem Stadtrath nicht leicbt geworden,
auf denselben zu verzichten. Aber die Breite des Platzes, aus
dem jetzt die Häuser 11, 13 und 15 der Unteren Neckarstraße
stehen, lasse zu wünschen übrig. Günstiger würden sich die
Raumverhältnisse gestalten, wenn mau das Gebäude auf die
Mitte des Jubiläumsplatzes stellte. In diesem Falle ginge aber
der ganze Platz im wesentlichen verloren. Abgesehen davon, daß
dann für die hiesige Garnison ein anderer Detailexerzierplatz zur
Verfügung zu stellen wäre, dessen Beschaffung bei der dermaligen
Lage der Kaserne und der eigenthümlichen Konfiguration der
Stadt nicht nur mit großen Kosten, sondern möglicherweise über-
haupt mit kaum zu überwindenden Schwierigkeiten verknüpft
sein würde, wäre diese Eonsequenz gewiß auch insofern nicht
unbedenklich, als eben der Jubiläumsplatz der einzige größere
Platz inmitten der Stadt ist, auf dem Festlichkeiten im Freien,
Aufmärsche, Paraden, Ausstellungen und dergl. veranstaltet
werden können. Würde die Möglichkeit, den Platz zu solchen
Veranstaltungen zu verwenden, künftighin wegfallen, fo würde
die Stadt dies aller Voraussicht nach schon in Kurzem als eine
ernste Verlegenheit empfinden, wozu noch in dem einen Falle die
Platzkosten, in dem anderen die Kosten der Beschaffung eines
anderen Exercierplatzes kämen. Das Bedenklichste würde schließ-
lich aber darin liegen, daß zu Gunsten einer Lösung, die noch
dem Gesagten nicht als eine vollkommene bezeichnet werden
könnte, ein Betrag von 850000 —900000 M. verbaut werden würde.
ES müßte also, falls der Jubiläumsplatz gewühlt wird, aller
Voraussicht nach, wenn man noch so günstig rechne, ein Gesammt-
aufwand von erheblich mehr als einer Million Mark in Aussicht
genommen werden, und das sei eine Summe, deren Höhe denn
doch zu Bedenken Anlaß gebe. Auf eine mindestens gleiche Auf-
wendung wäre aber auch zu rechnen, wenn man die Erstellung
des Saalbaus auf dem Terrain des früheren Cementwerks in
Aussicht nehmen wollte. Die Baukosten würden dort kaum
weniger ausmachen, als auf dem Jubiläumsplatze. Sodann
müßte von dem Baugelände, welches daselbst der Stadt zur Ver-
fügung steht, für den Saalbau ein großer, einen Werth, von
mehreren hunderttausend Mark repräsentirendec Theil abgeschnitten
werden. Auch hier wären also Ziffern zu erwarten, die zu er-
heblichen Bedenken Anlaß geben. Dazu komme, daß das in
Frage stehende Gelände des Vorzugs zentraler Lage entbehre.
Der Kostenpunkt, so heißt es dann in der Vorlage weiter, ist es
vornehmlich gewesen, der uns in unserem anfänglichen Vorhaben,
den Neubau einer Festhalle auf dem Jubiläumsplatz in Vorschlag
zu bringen, wankend gemacht hat, unseres Erachtens auch, von
den gegen den Platz als solchen sprechenden Bedenken abgerechnet,
gegen die Errichtung eines derartigen Baus auf dem Cement-
werksg-lände obwaltet und die Verwaltung darauf hindrängt,
eine einfachere, mit geringeren Kosten verknüpfte Lösung der
ganzen Frage zu suchen. Es scheint uns nun eine solche Lösung
möglich zu sein, wenn die Stadt das der Museums-Aktien-
Geiellschaft gehörige Anwesen L.-Nr. 940, bestehend in 35 »66 gm
Flächenraum am Ludwigslatz, mit den darauf errichteten Ge-
bäuden im Brandkassenanschlag von 374800 Mark ankauft und
den Umbau bezw. die Vergrößerung dieser Gebäulichkeiten für
Saalbauzwecke ins Auge faßt.
(Wir müssen hier mit Rücksicht auf den uns zur Verfügung
stehenden Raum abbrechen und erwähnen nur noch, daß die Kosten
des Ausbaues des Museums einschließlich der auf 60000 Mark
geschätzte» Instandsetzung der jetzt stehenden Gebäulichkeiten
nach dem Everl'schen Projekt auf etwa 320000 Mark, nach dem
einen Lender'schen auf 400000 Mk., nach dem anderen Lender'schen
ans 460000 Mk. veranschlagt werden. Der Kaufpreis für das
Museum soll bekanntlich 350 000 Mk. betragen.)
V. Kaufmännischer Verein. In den Lereinsräumen des
Kaufmännischen Vereins hielt gestern Herr Professor Dr.
Th. Lorentzen für die Lehrlingsmitgliedcr einen Vortrag
über die Belagerung Heidelbergs im Jahre 1622. Es war dies
ein Theil des Vortrages, welchen Herr Professor Lorentzen im
December v. Js. im Heidelberger Mtlitärveretn mit großem
Erfolg gehalten hat und welchen wir seiner Zeit schon besprochen
haben. Der Vortrag war diesmal eigens für die Lehrlings-
Mitglieder des Kaufmännischen Vereins in einigen Punkten u m-
gearb eitet worden. Er war so recht dazu geeignet,
das Gefühl für die Vaterstadt, überhaupt die Heimathsliebe, in
hohem Maße zu fördern. Redner schilderte in recht anschaulicher
Weise die großen Drangsale, welche» die Stadt im 30jährigen
Kriege, speziell aber in dem Jahre 1622 unterworfen war. Am
Schlüsse des äußerst interessanten, lehrreichen Vortrages wurde
Herrn Professor Lorentzen reicher Beifall zu Theil. Herr Ueberle,
der erste Vorstand des Vereins, dankte hierauf dem Redner und
wies darauf hin, daß Herr Professor Dr. Lorentzen noch für
einige Vorträge in diesem Winter gewonnen wurde. Zu dem
gestrigen Vorträge waren auch einige Damen und ältere Mit-
glieder erschienen. Lehrlingsmitglieder waren in großer Zahl
anwesend. Es ist dies ein recht erfreulicher Beweis dafür, daß
die lieranwachsende Jugend an der Geschichte und an der Ver-
gangenheit ihrer Vaterstadt Interesse hat.
VV. Närrischer Herrenabend im Liederkranz. In der That,
es war ein schönes, farbenreiches Bild, was sich dem Auge bot,
wenn man das Vereinshaus des Liederkranz gestern Abend be-
trat. Die Mitglieder waren in Hellen Schaaren herbeigeströmt,
um den närrischen Herrenabend zu genießen und erfreuten sich,
bunt „bemützt", „behütet" und „bezopft", ihres feucht-fröhlichen,
närrischen Daseins. Schon das Programm, das man am Ein-
gang, nach Erlegung einer kleineren oder größeren Spende, da
gestern der Wohlthätigkett keine Schranken gesetzt waren, huld-
vollst in die Hand gedrückt bekam, war darnach angethan, die
Stimmung zu heben. Doch das Erwartete wurde noch weit über-
troffen. Die Vergnügungskommission hatte rastlos und wacker
gearbeitet und so wurde den Erschienenen wirklich Großartiges
geboten. Witz, Humor und Frohsinn schwangen gestern im Lieder-
kranz ihr Scepter. Nach dem Eröffnungsmarsch oegrüßte der
Obmann der Vergnügungskommission, Herr Kögel, die er-
schienenen Narrenbrüder und hieß sie alle herzlich willkommen. Aus
dem äußerst reichhaltigen Programm seien besonders hervorgehoben:
Der Prolog in pfälzischer Mundart, welcher in humoristischer
Weise die politischen Erreignisse, sowie die Vorgänge im Lieder-
kranz vor Augen führte, die komische Scene der „Homo postgsnitao"
Interessante Mittheilungen über die Degeration des menschlichen
Geschlechtes nach einigen 1000 Jahren. Dieser Vortrag ließ an
Urwüchsigkeit und Komik nichts zu wünschen übrig. Der Taucher,
wie auf dem Programm stand: „Große Schaueroper in mehreren
Auf- und Abzügen", wurde mit großem Erfolg zum Vortrag ge-
bracht. Auch die Lichtbilder gefielen sehr, namentlich die Serie:
„hervorragende Persönlichkeiten aus dem Lftderkranz" wurde reich
applaudirt. Ebenso erntete Herr Alstede mit seinen Couplets
wieder starken Applaus. Die Männerchöre wurden wie immer
recht schön und exact zum Vortrag gebracht. Die allgemeinen
Lieder und die Weisen der Kapelle trugen nicht wenig zur Er-
höhung der Gemüthlichkeit bei.
Militärisches. Wie der Mannh. Anz. hört, soll Herr Oberst
v. Zastrow, der Commandeur des Grenadierregiments Nr. 110,
um seinen Abschied eingekommen sein.
** Der Wasserstand des Neckars hat infolge des vielen in
den letzten Tagen niedergegangenen Regens eine beträchtliche
Höhe erreicht, doch wurden nur die tieferen Stellen des Vorlandes
überschwemmt. Gestern Nachmittag trat in dem Wachsen ein
Stillstand ein, in vergangener Nacht war wieder ein Steigen B
bemerken, seit heute Vormittag geht das Wasser langsam zurück -
die Pegelhöhe betrug heute früh 10 Uhr 3,34 Meter, eine keines-
wegs bedenkliche Höhe.
8 Bubenstreich. Von unbekannter Hand sind einige der
längs der Straße nach Ziegelhausen am neuen Fußweg kürzlr»
gepflanzten Bäumchen mit einem Messer angeschnitten worden
 
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