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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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und den Plakatsäulen.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

Xr. 23.

Freitag, den 27. Januar

1899.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Februar und
März werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägen in der Stadt, sowie in der Expe-
dition, Untere Neckarstrabe Nr. 21. angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Februar
und März, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfennig, mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.

Vorgeschichte der Ausweisungen aus
Schleswig.
II.
In Nordschleswig ist, wie die Berliner Korrespondenz
weiter hervorhcbt, bis in die neueste Zeit hinein die Po-
litik der versöhnlichen Milde nicht nur im All-
gemeinen, sondern auch speziell gegenüber der Einwanderung
dänischer Staatsangehöriger und im Betreff der Naturali-
sation ehemals für Dänemark optirender Schleswig-Hol-
steiner beibchalten worden. Inzwischen hat es sich immer
deutlicher herausgestellt, daß die Naturalisation einer großen
Menge derartiger Optanten nicht zur Vermehrung der
deutfchgesinntcn Elemente beigetragen, sondern eine Klasse
Privilegirter Agitatoren geschaffen hatte, welche
sich durch die grundsätzliche Heranziehung dänische" Be-
völkerungselemeiite und durch ihre Bethätigung in allen
Veranstaltungen der dänischen Propaganda um so gefähr-
licher erwiesen, als das Mittel der Ausweisung ihnen
gegenüber nicht anwendbar war.
Diese Propaganda hatte nothwendig zur Folge, daß
die Wirkung der auf eine Stärkung des Deutschthnms
hinzielcnden Maßnahmen der Regierung fortgesetzt beein-
trächtigt wurde. Solche Maßnahmen traten namentlich in der
Schulpo litik der preußischen Regierung zu Tage. Während
die dänische Kirchenspruche bis zur Gegenwart unberührt
geblieben ist, wurde in der Ersetzung der früheren dänischen
Schulsprache durch die deutsche zwar milde und sehr all-
mählich, aber doch stetig und folgerichtig vorgegangen.
Im Jahre 1871 wurde in Nordschleswig für alle Schulen
mit dänischer Unterrichtssprache das Deutsche zunächst als
llnterrichtsgegcnstand eingeführt und einige Stunden
wöchentlich für den deutschen Sprachunterricht festgesetzt.
3m Jahre 1878 wurde die Zahl dieser Stunden vermehrt;
Zugleich wurde das Deutsche Unterrichtssprache für einzelne
Fächer. Seit dem Jahre 1888 endlich wird das Deutsche
alleinige Unterrichtssprache für alle Schulen Nordschles-
wigs. Nur der Religions- und Konfirmandenuntcrricht
sollte in denjenigen Schulen noch dänisch erthe lt werden,
m welchen bis dahin das Dänische die Unterrichtssprache
gewesen war. Auch in den Schulen mit dänischem Reli-
gionsunterricht sollten indessen zwei von den sechs wöchent-
lich hierfür bestimmten Stunden in deutscher Sprache er-
teilt werden. Und schon diese Einschränkung des däni-
schen Religionsunterrichts hatte eine stürmische Opposition
l>er dänischen Geistlichkeit zur Folge, die aber, wenigstens
was den angedrohten Masienaustritt aus der Landeskirche
Mlangte. wirkungslos blieb. Die allmähliche Verdeutschung
ehmals dänischen Schulen hat insofern erfreulichen Er-
^lg gehabt, als die Kenntniß der deutschen Sprache in
Schrift und Wort bei der neu herangewachsenen Generation
Wohl allgemein verbreitet ist. Eine Erstarkung der
putschen Gesinnung unter der Bevölkerung Nord-
lchleswigs ist aber dadurch keineswegs in dem er-
warteten Umfange herbeigeführt worden. Die Wieder-
gewinnung der aus der Schule entlassenen Jugend für die

dänische Sache wird eben durch die Agitation der dänischen
Vereine und der dänischen Presse, durch den Besuch däni-
scher Fortbildungs- und Volkshochschulen, vor Allein aber
durch die unausgesetzte deutschfeindliche Einwirkung in-
ländischer und ausländischer Agitatoren erfolgreich be-
triebe».
Auf die Stärkung der deutschen Gesinnung der Nord-
schleswiger dänischen Stammes hat auch der preußische
Militärdienst nicht in dem erwarteten Maße eingewirkt.
Die vom Militär entlassenen jugendlichen Mannschaften
werden sofort von der dänischen Agitation in ihre Netze
gezogen. Der deutsche Anstedelungsverein in Schleswig,
welcher eine der Ansiedelungskommission in Posen analoge
Thätigkeit zu entfalten bestrebt ist, ferner die deutschen
Bibliotheken und die von dem preußischem Landwirthschasts-
ministerium geförderten deutschen landwirthschaftlichen
Winterschulcn sind nicht im Stande, dauernden Erfolg im
Kampfe mit den entsprechenden, in größtem Umfange wir-
kenden dänischen Agitationsmitteln zu erzielen. Das ist
wenigstens so lange völlig unmöglich, als die Zahl der
deutschfeindlichen fremden Staatsangehörigen im Lande
nicht nur durch natürliche Vermehrung fortgesetzt wächst,
sondern auch durch Zuwanderung aus dem Auslände eine
fortlaufende Erhöhung erfährt. Es bedarf also der
energischen Abwehr gegenüber der an Dreistigkeit
stetig zunehmenden dänischen Agitation, an welcher sich auch
die in Schleswig ansässigen dänischen Staatsangehörigen
betheiligen. Es kann unmöglich zugelaffen werden, daß durch
planmäßig geleiteten Zu zu g von Geburtsdänen und
von solchen Schleswig-Holsteinern, die ehemals für Dänemark
optirt hatten und dorthin ausgewandert waren, derjenige
Thcil der Bevölkerung Nordschlcswigs eine fortgesetzte
Stärkung erfährt, deren nationaldänische Sympathien den
Nährboden bilden, auf welchem jene deutschfeindliche dänische
Propaganda immer sichtbarere, den preußischen und den
deutschen Staatsgedanken gefährdende Erfolge zu erringen
vermag. Diese Erwägungen rechtfertigen die Ausweisung
persönlich lästig fallender oder zu Agitationszwccken miß-
brauchter dänischer Staatsangehöriger. Die nationalen
Lebensinteressen des deutschen Staates machen es der
Regierung zur Pflicht, sich dieses einzig wirksamen Ab-
wehrmiltels so lange zu bedienen, bis die staatsfeindliche
dänische Agitation eingestellt oder bis deren Kraft ge-
brochen ist.
Erst Wenn es gelungen ist, die deutschfeindliche dänische
Agitation erfolgreich abzuwehren, ist der Weg für eine
wirklich wirksame Ergreifung positiver, auf die Förderung
des Deutschthums in Schleswig und auf die wirthschaft-
liche Hebung Nordschleswigs gerichteter Maßnahmen frei-
gelegt. Die preußische Staatsrcgierung ist weit entfernt,
diesen Weg in der Zukunft verlassen zu wollen. Sie wird
vielmehr zielbewußt und entschlossen auf demselben fort-
schreiten. In noch größerem Umfange, als es bisher
geschehen ist, sollen Veranstaltungen und Einrichtungen zur
Förderung der deutschen Kultur auch in Nordschleswig
ins Leben gerufen werden. Hand in Hand mit solchen
nationalpolitischen Maßregeln soll planmäßig und energisch
auf die wirthschaftliche Hebung des Landes hingewirkt
werden.
Unter ernster Zurückweisung einer verwerflichen deutsch-
feindlichen Propaganda hofft die preußische Staatsregie-
rung durch solche dem materiellen Wohle und der Stär-
kung des Deutschthums in Nordschleswig dienende Vor-
kehrungen das von ihr unermüdlich verfolgte Ziel zu er-
reichen: nämlich die Herstellung des nationalen Friedens
m der Nordmark des Vaterlandes.

Deutsches Reich.
— Der Entschluß des Kaisers, die Traditionen der
preußischen Regimenter in Hannover mit denen der
früheren h a nn ov e r'schen Regimenter aus der Zeit
der Befreiungskriege und des siebenjährigen Krieges zu
verbinden, ist eine erneute scharfe Abweisung der welfischen
Bestrebungen auf Losreibung eines selbständigen Hannovers
aus dem preußischen Staatsorganismus. Darin bekundet
sich zugleich, daß die Nachricht von dem Eintritt des
Sohnes des Herzogs von Cumberland in irgend einen
Truppentheil des Reiches nur unter der Bedingung mög-
lich ist, daß Seitens des Hauses Cumberland aus Han-
nover ohne jede einschränkende Klausel zuvor Verzicht geleistet
werden muß.
— In der Commission des Reichstages zur Berathung
der von Rintelen (Centrum) vorgeschlagencn Aenderungcn
und Ergänzungen des Gerichtsvcrfassungsgesetzes
erklärte Staatssekretär Dr. Nieberding, daß bei der
Zweifelhaftigkeit des Erfolges die verbündeten Regierungen
ihrerseits von einer Vorlage absehcn, zumal die neuen
Reichsjustizgesetze viele Ausführungsbcstimmungen erfor-
derten. Erst nach Ablauf des Jahres 1900
dürfte bei der Ueberlastung der Justizbehörden an die
Einführung eines neuen Strafprozesses ge-
dacht werden. Es sei vielleicht besser, eine ganz neue
Strafprozeßordnung zu schaffen. Später bemerkte der
Staatssekretär, der jetzige Zustand der Berufungsklagc sec
allerdings angesichts der Militärstrafprozeßordnung nicht
zu halten.
— Der Kladderadatsch brachte in einer seiner letzten
Nummern eine Anspielung auf Einführung englischer
Sitten im deutschen Offiziercorps. Ein Berliner
Berichterstatter der Basler Nachr. ergänzt diese Anspielung
durch folgende Mittheilung:
In aller Stille ist jüngst ein revolutionärer Versuch unter-
drückt worden: Ein RegimeniScommandeur, mit einer Engländerin
verheirathet, hatte die Gewohnheit angenommen, Dinereinladungen
an Offiziere mit dem Ersuchen ergehen zu lassen, sie möchten im
Frack erscheinen. Dem Ersuchen wurde auch Folge geleistet.
DaS wurde höheren Orts gemeldet, und die „Frackeinladungen"
haben aufhören müssen.
— Der Reichsanzeiger schreibt: Das Erk enntniß des
Appellations-Gerichtshofes in Paris vom 20. Mai 1898,
das einem in der Schweiz ansässigen Gewerbetreibenden
Schutz für seine in Frankreich eingetragenen
Muster versagt hat, hat unter den deutschen Interessenten,
namentlich aber in den Kreisen derer, die sich für die Be-
schickung der Pariser Weltausstellung entschieden haben,
Besorgnisse hervorgerufen. Auf die Anfrage, die aus die-
sem Anlasse in Paris gestellt wurde, hat die französische
Regierung erklären lassen, daß sie demnächst beim Parla-
ment einen Gesetzentwurf einbringen werde, der im Hin-
blick auf die Weltausstellung den bestehenden gesetz-
lichen Schutz des gewerblichen Eigenthums weiter ausge-
stalte, insbesondere den im Auslande ansässigen Gewerbe-
treibenden jede Sicherheit gewähren solle. Hiernach dürfte
für die deutschen Aussteller ein Grund zur Beunruhigung
nicht mehr vorliegen.
— Zum Einrichten einer Ziegelei in Kiautschou wird
Mitte nächsten Monats im Aufträge einer Thoruer Firma der
Maurer Katbein aus SieperSdorf bei Bunzlau mit seinem Sohn
nach dem fernen Osten abdampfcn. K., der außer freier Htn-
und Rückfahrt sowie freier Station einen Lohn von monatlich
300 Mark erhält, soll zunächst Ziegel anfertigen und in gewöhn-
lichen Felddränden brennen. Aus dem gefertigten Material hat
er dann einen großen Ziegeleiringofen zu erbauen.
Deutscher Reichstag. Berlin, 26. Januar. Weiter-
berathung des Etats: Reichsamt des Innern.
Abg. Prinz Schoenaich-Carolath (wildlib.) begründet

Das Bachstelzchen.
Novelle von Martha Renate Fischer.
(Fortsetzung.)
Gegenüber war. weit geöffnet, die Thür zu Schirrkammcr,
jwd der Thür gegenüber war das Lager des alten Mannes,
ausgelebt hatte. Zwischen Thür und Lagerstatt stand
Mauer von Neugierigen.
Wanders ging über den Hof zum Bach.
Da war der Steinsteg, den er für das Bachstelzchen ge-
I»t hatte. Er spähte, sah das Mädchen anstauchen und im
^"tigen Lause herankommen.
wollte zurückgehen; aber da hatte sie ihn erblickt, und
"Lauf wurde zum Flug.
Nun erwartete er sie.
«w sprang über den Steg im Bach und stand vor ihm.
Blick kam heran wie ein verängstigtes Kind, das glück-
we Heimschwelle gefunden hat. Wanders sagte mit ianf-
^ «timme: „Du weißt nun wohl schon, daß Dein Vater
ibmT. ^ — Er ist ganz ruhig eingeschlafen. — — Wir wollen
jM doch den Frieden gönnen-" reichte ihr die Hand,
xkr bald znrückzog und in die Joppentasche versenkte- —
Mavx Muth. — Es wird Dir schon noch gut geben,
Mil??' ^ 2ch wünsche Dir alles Gute.-Den Weg
bekmr" wir ja 'Ee machen und-"er murmelte un-
zn seinen Leidspruch von Tröstung und Zulunftshoffen
K"de.
>> -aennchen stand vor ihm. sah ihn an mit gläubigen Blicken,
dlükk? ^ steil und fremd verblieb, senkte sich ihr Kopf, sie
die Schürze in die Augen und sank zusammen.
^Landers blickte auf sie hinab.
dni-cp^ sollte er sich hier benehmen ihr zum Nutzen? Was
ivssenk" Ehun? Und indeß sie die Verzweiflung und Ver-
sie kennen lernte, fühlte er den ungestümen Wunsch,
U sich zu ziehen.
Äem/b?lte Herkommen lag als Riegel vor seinem Herzen,
"ein Kaiser eine Schneidermamsell freite,-je nun

-das war wobl kaum so unerhört, wie ein Wanders zu
einem Taglöhnermädel. Es mar noch nie vorgekommen. so-
weit man den Großvätern nachrcchnen konnte, daß einer von
ihnen geheirathet batte, ohne den Besitz zu verbessern. Sie
hatten sponsirt-ja-
Aennchen — Bachstelzchen-. ,
Sie lag auf die Erde gedrückt, die Ellenbogen auf den
Knieen, das Gesicht in beiden Händen.
Die Fluth sticg in ihm empor.
Er ging davon, suchte die Mutter, sagte mit verschwimmen-
der Stimme: „Geb doch hin! die Anna liegt da am Wasser!
nimm Dich ihr bloß ein bjschen an — ich kann ia doch
nicht-" warf sich auf den Stuhl am Tisch und weinte
bitterlich, schämte sich nicht, daß die Mutter ihn hörte.
Die Mutter stand an der Thür, schon den Drücker in der
Hand, und sah ihn an. Da ging etwas Fremdes vor, das fix
nicht verstand, nur ahnte, und das sie mit Angst erfüllte.
Und sie ahnte es. aus Achtung Vor ihrem Sohn. Hätte da
ein Anderer geweint, das leise pochende, mahnende, das
beklemmende, herausdämmerndc Empfinden wäre ihrem
Gemüth immer verschossen geblieben.
Als sie auf den Hof trat, sah sic. daß in der Schrrr-
kammer für Jemanden Platz-gemacht wurde. Sie ging
hin und fand Aennchen vor dem Entschlafenen.
Das Mädchen stand mit gesenktem Blick; denn sie fürchtete
sich. So mit dem Ausdruck leichtherziger Frohheit hatte sie
das Gefickt des Vaters nie gesehen. Nun graute ihr doppelt
vor dem Tode, der so süß schmeckte.
Sie legte die Hand vor die Augen und weinte— dachte
an die Sitte zu schreien und zu lamentiren und fing herz-
brechend zu Schluchzen an. Der Vater war immer gut zu ihr
gewesen, böse Worte hatte sie nie gehört — und er hatte sie
auch mit der Arbeit geschont, wo es irgend anging. — Sie
hatte ihres Helzens bestes Theil mit ihm verloren. —
Ihres Herzens bestes Theil, ihr ganzes Herz gehörte ia
Otto Wanders, und des Schicksals Hand lag schwer darauf.
Der Vater und Otto Wanders-der Schmerz floß
zusammen, warf sie in die Kniee. Und sie fühlte alle Qualen .

als werde sie erwürgt und ertrinke. Und als eine drohende
Wolke schwehte über ihr ihre Verlassenheit. Und sie fürchtete
sich, was Schreckenvolles die Wolke über sie ausschütten werde.
Des Vaters Psalmiren erklang ihren erinnernden, tasten-
den Gedanken. Und sie sprach tief innen einen Sehnsuchts-
psalm für die Errettung aus allem Schmerz.
Die Mutter räumte inzwischen die Menschen hinaus.
Sie sprach halblaut: «Ihr habt ja nun gesehen, — macht,
daß ihr fortkommt. Ihr habt wohl nichts zu thun?"
Sie stand und blickte das knieende Mädchen an. Die
Ahnung einer großen, heiligen Liebe und gewaltigen Leiden-
schaft war ihr heute geworden. Wenn Otto einen Willen auf-
gesteckt und Aennchen geheirathet hätte — das hätte sie eher
begriffen, als daß er um sie weinte. Und sie vergaß nicht:
dieses Mädchen hatte ihren Sohn zweimal errettet.
„Anna! Mädchen! Hörst Du?"
Die Antwort war starkes Schluchzen.
.Man muß den Schmerz nicht übertreiben. Laß dem alten
Mann die Ruhe. Nu» braucht er nicht mehr auf Tagelohn.
Steh aus komm mit in's Haus."
Als sie mitsammen in die Stube traten, sagte die Frau
sogleich: „Wie ist das nun mit dem Begräbniß? —" Sie nahm
die Sache ganz praktisch. ..Armenangelegenheit."
Aennchen stotterte: „Wir haben Geld — zwanzig Thaler
— unter der Stubendiele in Vaters Kammer."
(Fortsetzung folgt.)

Kleine Zeitung.
— Metz, 22. Jan. Das Kriegsgericht verurtheilte gestern
den Oberleutnant Schlieckmann, der am 9. ds. MtS. den
jungen Tillmann im Duell erschoß, zu 2 Jahren Festung,
die derselbe am 1. März in Magdeburg antreten wird. Bis
dahin ist Schlteckmann, der sich nach dem Duell in sehr großer
Aufregung befunden haben soll, beurlaubt.
— Vrarmschweig, 23. Jan. Aehnlich wie in Köln, Münster
und andern Orten ist auch hier ein niederträchtiger Ansall
auf eine Dame verübt worden. Die Dame wurde Abends
 
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