Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0107

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Tonntags ausgenommen^
Drei«
mit Familienblättern
monatlich 60 Pf.
krei in's Haus gebracht,
^»rch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 ^
ausschließlich Zustellgebühr.
relevhon-Anschluh Nr. 88.



Jnserionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum
Für hiesige Geschätfs- nud
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

X,-. 24. Zweites Vlatt. Kamst«», den 28. Januar

1898.

Deutsches Reich.
— Die Bclcidignngsklagedes Herausgebers der Wochen-
schrift Zukunft, M. Harden, gegen den Berliner Universitäts-
Professor Dr. H. Delbrück endete am Samstag vor dem
Berliner Schöffengericht mit einem Vergleich. Klage und Wider-
klage wurden zurückgezogen und die Kosten von beiden Parteien
Übernommen. Harden war von Delbrück öffentlich der Infamie
geziehen worden. Beweis dafür sei, daß Harden ihn unter den
ichmeichelhaftesten Ausdrücken zur Mitarbeiterschaft für die Zu-
kunft zu gewinnen suchte, später aber, da er sich we-gerte, erklärte,
die Aufforderung habe ihm nur Gelegenheit geben sollen, sich zu
blamiren. Auch sei Hardens zur Schau getragene Bismarckver-
ehrung unecht, wie sich aus seinen Beziehungen zu dem Bismarck-
gegner und Sozialistenfreund Dr. Mehring ergebe. Falsch sei
weiter Hardens Behauptung, der verstorbene Geschichtsforscher
b. Treitschke habe ihm einen Beitrag für die Zukunst versprochen,
-infam seien endlich Hardens anonyme Denunciationen gegen den
Schriftsteller O. E. Hartlcben, einen früheren Mitarbeiter des
Vorwärts. Harden erklärte, die ungünstige Meinung über Del-
brück habe er erst später gewonnen; daß er ihm dennoch die Mit-
arbeiterschaft an der Zukunft angetragen, entspreche seinem Prin-
zip, jeden zu Wort kommen zu lassen. Mit Dr. Mehring sei er
befreundet gewesen. Bismarck habe er nicht blind verehrt, son-
dern ihm gelegentlich auch opponirt, deßhalb habe ihn der Fürst
aber doch für seinen Freund gehalten.
Baden. L.6. Karlsruhe, 26. Jan. Die hiesige Handels-
kammer erwiderte auf eine Anfrage des Großh. Bezirksamts
brtr. die Sonntagsruhe im Gewerbebetriebe, daß
bei einer einheitlichen Regelung der Sonntagsruhe
me Klagen der Interessenten nicht verstummen werden, sondern
dielleicht noch in stärkerem Grade laut würden, da die verschie-
denartigsten Interessen in Betracht kommen, denen allen durch
eine einheitliche Regelung gerecht zu werden niemals gelingen
werde.
Bayern. München, 26. Jan. Die hiesigen Offi-
ziere des Bcurlaubtenstandes feierten Kaisers Geburtstag
am 24. d. Ni. mit einem Festmahl. Auch die königlichen
Prinzen erschienen zu demselben und Prinz Ludwig
hielt eine Rede. Er gedachte darin der Zusammenkunft
des Kaisers mit dem Prinzregcnten nach des Kaisers
Drientreise. lieber die Bedeutung der Orientreise erwähnte
kr, daß dadurch die guten Beziehungen, welche zwischen
dem deutschen Reiche und der Türkei bestehen, befestigt
wurden. Es sei Aufgabe des deutschen Unternehmungs-
geistes, die günstige Situation auszunutzen. Bei dem Be-
suche der heiligen Stätten habe der Kaiser Worte ge-
sprochen, die jedes Christenherz erfreuen müßten. Er habe
den deutschen Katholiken die Dormition geschenkt. Die
deutschen Katholiken wissen zu schätzen, wie der Kaiser
auch ihr Interesse immer zu wahren bestrebt ist. Sie ver-
engen nichts als Gleichberechtigung mit den Protestanten.
Jeder Reichsangehörige habe die Pflicht, für das Reich
kinzustehen, und er habe auch das Recht, besonders im
Auslande den Schutz des Reiches anzusprechen. Der
Prinz kam nochmals auf das herzliche Berhältniß zwischen
dem Prinz-Regenten und dem Kaiser zu sprechen und schloß
Wit einem Hoch auf den Prinzregenten. Das Hoch auf
den Kaiser brachte der Bezirkskommandeur aus. — Die
Stelle der Rede, die von den Katholiken handelt, ist in-
zwischen dahin interpretirt worden, daß der Prinz nicht
etwa sagen wollte, daß die Katholiken keine Gleichberechti-
gung hätten.
Preußen. Berlin, 25. Januar. Heute kamen die
Ausweisungen aus Schleswig in Folge einer freisinnigen
Interpellation im preußischen Abgeordneten Hause
zur Besprechung. Der Minister des Innern,
d- d. Recke, erklärte, es handle sich nicht
Um ewe große Staatsaktion, sondern um eine
Einfache Verwaltungsmaßregel, welche sich zur Abwehr
^er dänischen Agitation als dringend nöthig herausgestellt
har. Die Regierung werde an den Maßnahmen im
Wesentlichen fcsthalten, wolle sie aber, wo es erforderlich
'1t, Modificiren und nach kulturellen Seiten hin zu bestärken

Das Bachstelzchen.
Novelle von Martha Renate Fischer.
(Fortsetzung.)
XVII.
l-^Am Sonntag nach dem Gottesdienst trafen sich die dörf-
gsven Honoratioren auf dem Kirckplatze, tauschten ihren
^euß und plauderten ein Weilchen. Grete Zimmermann,
'e sehr lebenslustig war, zettelte etwas an.
» -.Heut muß ich was haben!" sagte sie. „Ich Hab brennende
M xwer Fahrt nach dem Buchwald — so ein bischen
echensee und Üagow, oder Stamvsgrund oder Buschmühle."
Bertha Erbt sagte: »Unsere Pferde sind müde. Wenn
°°draus wird, fahre ich mit Wanders."
Ba rief die junge Marie Bellach eifersüchtig: „Ach was I
wollen zur Stadt zum Konzert, das ist bloß eine halbe
nie. So viel halten jedem seine Pferde noch aus. Und
UuZ" Jdr'S nicht ur Mitteln habt, Beriha, so fahre mit
Ahnders kamen dazu und wurden verständigt.
sagte: „Mir ist alles recht. Ja. Wenn wir erst in
n,jE Ante sind, geht die Wirthschast vor- Aber jetzt können
^chon an uns denken."
tni.Js'e Fahrt zum Konzert wurde beschlossen. Marie Bellach
mit ihrer Einladung so dringlich, daß Bertha Erbt
bwn^Eben mußte. Denn Frau Wanders, die keine der Er-
ven bevorzugen wollte, mischte sich nicht ein.
scher-n - dem Heimwege führte sie zu ihrem Sohne
Maste Reden über seine drei Frauen.
4-^eun folgte das Mittagessen und das sonntägliche Schläf-
ch Um halb 4 Uhr fuhr der Wogen vor.
tvgnjEdts waren schon unterwegs, Zimmermann und Bellachs
wjÄEn gleich hintendran. Jede dachte, Ottos Gesinnung
M sich darin kund thun, wie er fahren ließ-
jag.^°er er gab dem Kutscher und den Pferden ihren Willen,
r weder den Vorangefahrenen nach, noch wartete er auf

suchen. Sie hoffe, daß diese Maßnahme auch in Zukunft
gute Früchte trage. Die dänische Agitation habe von
Jahr zu Jahr zugenommen und führte namentlich in der
letzten Zeit eine Sprache, die geradezu ein Skandal sei.
Die dortige Bevölkerung ist auf das tiefste verletzt. Die
Staatsregierung könne in den als politische Gegenaktion
gegen die Agitation getroffenen Maßregeln des Ober-
präsidenlen v. Köller nur Abwehrmaßregeln sehen. Namens
der Staatsregierung habe der Minister zu erklären, daß
sie diese vom Oberpräsidenten v. Köller ergriffenen Maß-
regeln vollkommen billigt. Finanzminister Dr. v. Miguel
führte aus: Wir haben das größte Interesse daran, daß
überall anerkannt wird und als zweifellos feststeht, daß
die Vereinigung von Nordschleswig mit Preußen als
absolut definitiv angesehen werden muß; wir wünschen mit
dem dänischen Staate und Volke in Frieden und Freund-
schaft zu leben, wir hoffen, daß bei der Menge gemein-
samer Interessen, wenn die alten Wunden einmal vernarbt
sind, die natürlich gegebene Lage anerkannt wird. Wie
sehr wir das wünschen, ist daraus zu erkennen, daß die
dänische Agitation lange von der dänischen Grenze betrieben
wurde, unter den Augen der Behörden, ohne daß von uns
auch nur reklamirt wurde. Ich kann nur wünschen, daß
die ganze Erörterung nach allen Seiten hin vollständig
klärt und daß das Volk sich auch hier einige gegen die
Angriffe auf die gesammte Nation für die Idee des Rechts.
— Trotzdem der Finanzminister zum Schluß darauf hin-
gewiesen, wie sehr der Agitation in Nordschleswig der
Schutz der dänischen Behörden zu Statten gekommen ist,
ohne daß die preußische Regierung reklamirt hat, übernahm
es der volksparteiliche Abg. Munckel, als Anwalt der
dänischen Agitatoren aufzuireten. Es traf sich glücklich,
daß gleich hinter ihm der nationalliberale Abg. Friede-
berg zum Worte kam, der mit der Erinnerung an die
Beziehungen, die gerade den Liberalismus mit Nord-
schleswig verbinden, und in innerster patriotischer Ent-
rüstung mit der Haltung der Führung der freisinnigen
Bolkspartei abrechnete und die Selbstbeweihräucherung
geißelte, die die Freis. Ztg. für ihren „Begründer" be-
treibt. Zum Schluß suchte der dänische Abg. Hansen
sich als „gesetztreuen", pflichttreuen preußischen Staats-
bürger hinzustellen und die dänischen Losreißungs-
bestrebungen in Abrede zu stellen; der nationalliberale
Abg. Jürgensen wies ihm nach, daß seine Agitation
eine einzige Umgehung der Gesetze sei. Eine Reihe scharfer
persönlicher Bemerkungen bildete den Schluß. Die Schärfe
der Gegensätze beleuchtete das Ersuchen das Abg. von
Eyncrn, in den amtlichen Berichten bei der Vermerkung
der Beifallsbezeugungen auf der Linken zwischen denen der
Nationalliberalen und des Freisinns zu unterscheiden.

Ausland.
Oefterreich-Ungaru. In Wien sind im letzten Jahre
400 Katholiken zum Protestantismus übergetreten.
Im Jannar d. I. erklärten bei den magistratischen Bezirks-
ämtern etliche Hundert, darunter auch Beamte, ihren Aus-
tritt aus der katholischen Kirche, ohne Schönerers Signal
abznwarten. Am stärksten ist die Bewegung in Nord-
böhmen, wo neue Protestantengemeinden in Bildung be-
griffen sind.

Aus Stadt und Land.
8. 6. Karlsruhe, 26. Jan. Die 1898er Betriebsergebnisse
der hiesigen Anstalt für unentgeltlichen Arbeitsnachweis sind
in jeder Beziehung befriedigende. Die Gesammtzvhl der einge-
tragenen Gesuche von Arbeitgebern hat sich von 8249 des Vor-
jahrs auf 10131 vermehrt. Es wurden 15688 Arbeitskräfte

die Nachkommenden. Er sprach mit der Mutter von den
eigenen Ernteaussichten, im Vergleich zum Bestand der Fel-
der, an denen sie vorübersuhren. War ganz bei der Sache
und schien ihm nichts darüber zu gehen.
Im Garten des Hotels trafen die Bekannten zusammen.
Sie setzten sich um einen großen Tisch, der Musik ziemlich
nabe, und nahmen die Städter in Augenschein, wie sie ein-
traten, ihre Tische aussuchten und sich etablirten mit Kuchen-
packeien.
Die Frau Steuereinnehmer und die Frau Kreissekretär
führten Wattbällchen in den Ohren; denn sie hatten am
Abend zuvor ein allzulanges freundschaitliches Klatschen vor
der Hausthür gehalten; die kurzen Tüllpelerinen trugen sie
am Zeigefinger ausgehängk, damit sie geschont würden. Die
Töchter, weil auch befreundet, gingen egal gekleidet.
Bei Steuereinnehmers war Bertha Erbt in Pension ge-
wesen. Grete Zimmermann wieder fand die beiden lustigen
Töchter des Brauereibesitzers, mit denen zugleich sie in Ber-
lin die Geheimnisse des modernen Schliffes ergründet hatte.
Eine ganze Kolonie fand sich zum Tische. Die Städter
waren liebenswürdig, denn sie wünschten zum Erntefest ein-
geladen zu werden.
Den Verwegenen unter den Müttern fuhr auch der Ge-
danke eines Interesses durch den Sinn, das einer der reichen
jungen Besitzer für das Töchterchen fassen möchte.
Der Ton war laut und ein wenig aufgeregt.
Otto dachte an Aennchen — an ihre stillen Bewegungen,
ihre sanfte Stimme. Und mit einemmal fiel ihm auf. aus der
Erinnerung, wie geschickt sie ihre Hände regte. — Wenn sie
zufaßte, meinte man, sie halte fest: aber sie hielt fest ohne
Aufdringlichkeit. Das Gleichmaß war ihr angeboren.
Er sprach ein paar Worte mit dem jungen Erbt, neben
dem er saß, über Dinge, die sie schon hundertmal besprochen,
und während er redete, schweiften seine Gedanken ab und
verliefen sich.
Was war er schon für ein alter Mensch! Er kam sich
zu ausgereift vor, als daß er hier hätte mitthun mögen-

verlangt (gegen 11760 im Jahre 1897). Von 15019 Arbeit-
suchenden konnten 12491 eingestellt werden (gegen 10799 bezw.
9912 i. I. 1897). Von Dienstherrschaften liefen 1454 Gesuche
ein. Für die Zwecke der Landwirthschaft wurde die Anstalt in
kaum belangreicher Weise in Anspruch genommen.
Villinge«, 25. Jan. Die Stadt Villingeii gedenkt nach der
LandeSztg. im Laufe dieses Jahres ein großes Fe st mit histo-
rischem Festzug zu feiern. Es sind jetzt nämlich 900 Jahre,
seit Kaiser Otto UI. dem Grafen Berthold, dem Vater des „Be-
celin von Villingen", einem Ahne» der späteren Zähringer, für
dessen Ort „Villingue" das Markt-, Münz- und Zollrecht, sowie
den Gerichtsbann verlieh. Die in der städtischen Altcrthümer-
sarnmlung befindliche Urkunde ist das älteste städtische Markt-
privilegium in Baden und zugleich die älteste Urkunde, die Vil-
lingen sicher als ein Besitzthum der Zähringer erweist.
Engen, 24. Jan. Wie in Stockach, so soll auch hier in Engen
ein Mädchenheim unter Leitung von barmherzigen Schwestern
für Arbeiterinnen der Schießer'schen Fabrik ins Leben gerufen
werden. Zu diesem Zweck ist laut Heg. Erz. der 2. Stock des
Gasthauses zum „Mond" mit 6 großen, schönen Zimmern, Küche,
Keller und Speicher bereits gemiethet, sodaß Platz zur Aufnahme
von 35—40 Mädchen vorhanden ist.
Vom See, 23. Jan. Die Villa See selb bei Norschach,
der verstorbenen Prinzessin Katharina (Mutter des Königs von
Württemberg) gehörig, ist durch Erbschaft an die Tochter des
Königs von Württemberg, Erbprinzessin von Wied, übergegangen.
— Laut Lind. Tagbl. wird die Schtenenlegung der Bodensee-
Gürtelbahn ab Lindau—Landesgrenze durch das Eisenbahn-
Bataillon in München erfolgen und sollen Verträge bereits ab-
geschlossen sein. Mit diesen Arbeiten wird voraussichtlich Ende
April begonnen werden können.
Aus Baden. Großherzog Friedrich hat dem Landwirth
Anselm Weber und der Wittwe des Rathschreibers Weber von
Ettlingenweier, die im Vorjahre mehrere Stücke Rind-
vieh verloren haben, ein Gnadeugeschenk von je 100 Mark zu-
gewiesen.
X Patentbertcht für Baden vom 17. Januar 1898,
mitgethetlt von dem Internat. Patentbureau C. Kley er in
Karlsruhe. (Auskünfte ohne Recherchen werden den Abonnenten
dieser Zeitung bei Einsendung der Frankatur gratis ertheilt.)
a. Patent-Anmeldungen: Al. 14938. Eintaster-
Schreibmaschine für Reisegebrauch. Wilh. Molitor, Heidelberg,
Ziegelhäuserlandstr. 54. Angemeldet am 2. Februar 1898 —
b. Patent-Ertheilungen: Nr. 101993. Vorrichtung
zur selbstthätigen Berichtigung des falschen Stundenschlagens bet
Schlagwerken mit Schloßrand und Falle. H. Braukmami,
Villingen. Angemeldet am 2. März 1898. — o. Gebrauch s-
m u st er. E i n t r a g un ge n: Nr. 107801. Zerlegbare Rahmen-
fahrradtasche für chirurgische Instrumente und Verbandzeug rc.
Ferd. Haas, Lahr (Baden). Angemeldet am 15. Dec. 1898. --
Nr. 107505. Kartoffelschneidmaschine, bet welcher eine vertical
arbeitende, nach oben sich verjüngende Messertrommcl in einem
in Kammern getheilten, sich nach oben erweiternden Behälter
arbeitet. Carl Heise, Rinklingen b. Bretten, und Frdr. Henning,
Äntttlingcn (Württb.). Angemeldet am 10. December 1898. —
Nr. 107 859. Cigarrentaschc mit Lärmvorrichtung innen am
Boden. Philipp Maisch, Pforzheim. Angemeldct am 26. Nov. 1898.

Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrtchten. Aus Gießen wird berichtet: Der
große Senat der Universität Gießen hat mit großer Mehrheit
die Zulassung von Frauen beschlossen, und zwar sowohl
zum Hören einzelner Vorlesungen als zur Immatrikulation, letz-
teres jedoch nur auf Grund eines Reifezeugnisses eines Gymna-
siums oder einer Realschule erster Ordnung und beides zunächst
nur in der philosophischen und der juristischen Fakultät. An der
Zustimmung der großherzogl. Regierung wird nicht gezweifelt.

Literarisches.
-tt Der Darwinismus und die moderne Malerei
im Spiegel einer möglichst richtigen Weltanschauung
von K. Weysser. (Verlag von I. Hörntng, Heidelberg. Preis
1,50 „«.) Erscheint aus der Feder eines ausübenden Künstlers
eine theoretische Abhandlung, so pflegt man derselben, namentlich
in kunsthistorischen Kreisen, nur geringes Vertrauen entgegen-
zubringcn. In Herrn Weysser, dessen Schrift uns hier vorliegt,
haben wir jedoch gleichzeitig einen Forscher auf dem Gebiete der
exaktesten aller theoretischen Wissenschaften: dem der Mathematik.
Der das Urtheil läuternde Einfluß der Mathematik ist selbst
heute noch, wo ihm seine Kunst weniger Zeit zur Beschäftigung
mit seiner Lieblingswissenschaft gelassen hat, fühlbar. Herr W.
hatte, wie es bet den Landschaftsmalern früher oft der Fall
gewesen und theilweise noch ist, sich anfänglich dem Figuren-

Nach einiger Zeit entfernte er sich, fand hinter dem Bos-
quet eine einsame Bank und ließ sich nieder.
Er zündele sich eine Zigarre an, lehnte sich in die Ecke,
hörte die Musik sacht herüber wehen, saß mit träumendem
Empfinden.
Und er fühlte etwas Zersprengendes in der Brust und
schluchzte kurz und trocken auf. Es war ihm, als habe er
geschlafen, und eS sei im Traum geschehen. Aber er stand
nun aus und begab sich zu seiner Gesellschaft zurück.

XVIII.
Die Mutter lag ihren Beschäftigungen ob, zögerte Plötzlich,
weil sie fühlte, es war etwas Fremdes neben ihr.
Sie wurde unruhig, setzte sich in die Sophaecke.
Als sie seufzte, hob Ottos Hund den Kopf und kam an
ihre Kniee.
Sie hatten sich beide nie um einander gekümmert. Jetzt
verklagte der Hund seinen Herrn bei der, die ihm früher nur
als dessen Gefolgschaft erschienen war-
Und wie das Thier vor ihr stand, leise mit der Ruthe
wedelte und bekümmert zu ihr ausblickte, wußte die Mutter:
da fehlte ja etwas im Hause. Otto Helles Jugendlachen fehlte
und die geräuschvolle Frohheit seiner jungen Mannesjahre.
Statt dessen ging ein müder Geist im Hause herum.
Sie dachte an des alten Vierguts ungesprächigc Tochter,
die ihrem Sohne zweimal aus großer Gefahr errettet hatte.
Er hatte es dem Mädchen mit Schmerzen bezahlt. Sein
Schmerz um sie war seine Krankheit. Und wußte man je
bei einer Krankheit, wieviel sie verwüsten würde?
Früher hotte die Murer in der Furcht vor dem rolhen
Fähnlein gezittert, heut litt sie, weil ihr ungestümer Sohn
zu einem müden Menschen geworden war. Was war nun
schlimmer, daß sie zitterte, oder daß sie litt?
Und sie litt ungehalten, sie war erzürnt in ihrem Kummer.
Und konnte doch ihrem Sohn keinen Vorwurf machen. Er
vergab seiner Männlichkeit nichts.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen