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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0283

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Fernivrech-Anschlus; Nr. 82.

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v tafeln der Heidelb. Zeitung
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Wes KIM. Dornittskg, iikn lö.MLr?

»899.

Die italienische Aktion in China.
Der italienische Minister des Auswärtigen Canevaro
Mt am letzten Dienstag in der italienischen Deputirten-
kammer auf fünf Anfragen hin sich über die italienische
Aktion in China ausgesprochen. Er führte aus:
Als die Regierung beschloß, sich eine Flotten st ation
A China, möglicherweise einen oder einen anderen, wei-
ten Vortheil zu sichern, der dort der Entwickelung des
Handels und der Industrie Italiens förderlich sein würde,
Ms daß wir nicht für die Zukunft uns das ausgedehnte
'"eich verschlössen, das Alle in Europa für so begehrens-
Aerth halten, fragte ich zunächst bei der englischen und der
Avanischen Regierung an, ob sie gegen den Plan nichts
Elnzuwenden hätten, da wir unfern Platz zwischen der ja-
mbischen Einflußprovinz und den dem englischen Einfluß
Unterstehenden Tochusan-Jnseln würden einzunehmen gehabt
Mben. Beide befreundete Staaten erklärten sich glücklich,
Ms zu Nachbarn zu haben, indessen verlangte England,
Mß wir nicht zu Gewaltmaßregeln griffen, und über die
Abtretung der San-Mun-Bai auf diplomatischem Wege
Erhandelten, wobei uns England zustcherte, uns dafür
Diplomatisch zu unterstützen. Ich wies unfern Gesandten,
M Martina, an, die Unterhandlungen zu eröffnen. Gleich-
zeitig benachrichtigte ich die befreundeten Mächte, nament-
lich die bei den chinesischen Angelegenheiten hauptsächlich
uiteressirten. Alle, ohne Unterschied, nahmen von unfern
Erklärungen sympathisch Akt, einige wiesen ihre Vertreter
China an, dem Tsungli-Damen ihre Gesinnung uns ge-
Mniiber bekannt zu geben. Das Tsungli-Damcn stellte
ledoch die von unserm Gesandten behufs Eröffnung der
^Handlungen überreichte Note mit der Versicherung zu-
Mck, es thue dies, um die gegenseitigen freundschaftlichen
Erziehungen zu erhalten, die durch die Eröffnung einer
Behandlung hätten gestört werden können.
Diese inkorrekte Handlungsweise erheischte sofortige Ge-
Mgthuung und wir trafen die nöthigen Maßnahmen, diese
öü erreichen. Das Tsungli-Damcn entschuldigte sich sogleich
Md erklärte von Neuem, es habe uns nicht beleidigen
Zollen. Außerdem benachrichtigte es uns, daß der gegen-
wärtig in London befindliche Vertreter Chinas bei der
italienischen Regierung sich beeilen würde, nach Rom zu-
Mckzukommcn und angemessene Aufklärungen zu geben,
^'es konnte uns nicht genügen. Wir hatten das Recht,
A verlangen, daß das Tsungli-Damen die uns zugestellte
A°te wieder annehme, um darauf die Verhandlungen fort-
W^n zu können. Inzwischen ließen wir jedes zwangs-
weise Vorgehen in der Schwebe, da wir mit England ver-
einbart hatten, daß nur, falls der englische Gesandte Mac-
Mliald die Wiederannahme der Note Italiens beim Tsungli-
^arnen nicht durchsetze, Italien seine Actionsfreiheit wieder-
Mlvonnen haben sollte, um Gcnugthuung für das ihm
Mthane Unrecht zu erlangen. Aber sonderbarer,
Mch nicht aufgeklärter Weise — denn die ver-
engten Aufklärungen sind uns noch nicht zugegangen —
Mt de Martina aus eigener Initiative ein neues
schreiben in Form eines Ultimatums an das
^Mngli-Damen gerichtet, worin er ihm als Be-
engung stellte, innerhalb 4 Tagen unsere Forderung im
Mnzipe anzunehmen zu erklären. Bei dem Empfang dieser
/nchricht, die Martina uns erst 24 Stunden nach dem
M ihm gethanen Schritt mittheilte, und die mir zuging,
nhrend ich seit 12 Stunden amtlich die Existenz des
.Menischen Ultimatums, die durch Privattelegramm gemel-
" war, als unbegründet erklärte, erschien es für England
vd die Vertreter der uns befreundeten Mächte, die von
unseren Schritten Kenntniß erhalten hatten, offenbar.

1)

Ein Aranenherz.
Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.
(Nachdruck verboten.)
O Jugend, o schöne Rosenzeit I
ä^Hell und klar schien die Sonne hernieder vom wolkenlosen,
dxz rblauen Himmel, der sich über die im vollsten Schmucke
dos sommers prangende Erde wölbte. Sie leuchtete durch
tz, "Unlle Blätterdach des Waldes und vergoldete mit ihren
ldie , " VW moosbewachsenen Stämme der Bäume. Sie
l>Iie . ^ in dem kleinen Teiche, aus welchem die Wasser-
stAn ihre Kelche über das schimmernde Laichkraut empor-
vlidP,"' und welcher umgürter von üppigem Farrenkraut
"blühendem Strauchwerk in träger Ruhe darlag.
wnn E Hellen Sonnenringel huschten über die Häupter der
tz.Dn Menschenkinder, welche sich im Wald zu heiterem
das "wrnensein gefunden batten, als wollten sie das Glück,
bür den Menschenaugen leuchtete, länger festhalten als
-Zur einen kurzen Augenblick.
innrer, verschiedene Elemente, welche sich im Walde
sich Pv.tnelt hatten, wie es eben ein Leben im Badeorte mit
den .rngt; aber in diesem Augenblick schienen sie olle nur
^in Zweck im Auge zu haben, heiter und vergnügt zu
Mch ^r ichöne Sommertag hatte sie zu einer Fußpartie
"ein Walde vereint, und nun ruhten sie im grünen
"Ae aus.
stnn7'"e augenblickliche Stille war eingetreten, heilige
kstAwe Waldesslille; — nur die Quelle murmelte leise, die
ein zwitscherten in den Zweigen, hie und da hüpfte
die »Eichhörnchen durch die Bäume, schaute neugierig auf
i>ers7> ?ichen hinunter und zog sich zurück, wenn es glaubte,
zu werden.
dinAder hatte sich, vielleicht durchaus unbewußt, dem Ein-
dez -^ Angegeben, welchen die melancholische Ruhe deS Wal-
bkn,,)" wicht auf den Menschen, sei er poetisch oder prosaisch
ausübt, als eins der jungen Mädchen plötzlich das
Zweigen unterbrach:
^«tdps Acht dieser kleine Teich, welcher wie eine Thräne des
m diesem lieblichen Theile liegt, der sogenannte

daß wir in trügerischer Weise vorgingen. Wir haben da-
rauf sofort den Schritt Martino's desavouirt.
Unmittelbar darauf wurde es bekannt, daß das Tsungli-Damen,
ohne den Ablauf der ihm gestellten 4tägigen Frist abzuwarten,
geantwortet habe, es sei bereit, die 1. Note nochmals entgegen-
zunehmcn, ohne aber gleichzeitig irgend welche Geneigtheit zu
zeigen, die Verhandlungen fortzusetzen. Martina, der iu
solcher Weise desavouirt worden war, konnte nicht auf
seinem Posten bleiben. Er ist daher sofort abberufen
worden, zugleich auch, um über seine Handlungsweise
Rechenschaft abzulegen. Wir werden Martino bald er-
setzen. Inzwischen habe ich, da auch der Gesandtschafts-
sekretär abwesend ist und nur der Dolmetscher zur Stelle
ist, verfügt, daß unsere Gesandtschaft in Peking dem eng-
lischen Gesandten anvertraut werde, der, dank der
liebenswürdigen Zustimmung Englands, uns zeitweilig ver-
treten wird. So unerwartet und bedauerlich der Zwischen-
fall auch sei, ist er doch nicht derart, den Stand der Dinge
im Wesentlichen zu verändern. Das Tsungli-Damen wird
im weiteren Verlauf unsere erste Note zurücknehmen. Wir
sind fest entschlossen, eS zu Verhandlungen zu
bringen und ruhig vorzugehen, wobei Gewaltmaß-
regeln nur für den Fall Vorbehalten sind, wo sie die Um-
stände nothwendig machen würden. Wir müssen daran
denken, daß, weil wir nach China gingen, ohne daß Zwi-
schenfälle Vorlagen oder unsere Rechte verletzt waren, wir
die Pflicht haben, uns gewaltsamer Verfahren, außer wenn
solche nothwendig werden sollten, zu enthalten, da solche
die Interessen Englands sehr schaden könnten, einer Macht,
die unsere herzliche Freundin ist und sich als solche be-
zeigt! Wir dürfen nicht Gefahr laufen, uns einem Kon-
flikt mit anderen Mächten auszusetzen, die uns Wohlwollen
und die große Interessen in China haben. Es wäre ein
schwerer Fehler für uns, wenn wir zu Maßregeln griffen,
ehe uns die Umstände durchaus dazu nöthigen, die uns
keinerlei Ruhm bringen, wo keine Gefahr besteht, die
aber die internationale Ruhe im äußersten Osten stören
und in verhängnißvoller Weise nach Europa Zurückschlagen
könnten. Ich hoffe, daß diese Erklärungen die Frage-
steller und die Kammer zufriedenstellen, indem sie das Land
über die Lage und die Pläne der Regierung beruhigen.
So wird die Regierung ruhigen Gewissens Muße haben,
den Plan, wovon unsere Aktion in China beherrscht ist,
ohne Erschütterung zu Ende zu führen.
Die Erklärungen des Ministers wurden von der Kam-
mer mit großer Aufmerksamkeit angehört. Einige der An-
fragcr erklärten sich für befriedigt, andere behielten sich ihr
Urtheil vor, versicherten aber, daß sie die Aktion der Re-
gierung nicht stören wollten.

Deutsches Reich.
— Der Central News wird aus Shanghai über
einen Unfall des Prinzen Heinrich von Preußen
gemeldet. Er war gestern, so heißt es in dem Telegramm,
bei dem Stapellaufe eines in Shanghai gebauten Handels-
schiffes zugegen und das Schiff hatte gerade angefangen
sich zu bewegen, alsein großes Stück Holz von den Sparren
des Daches des Schuppens hcrabfiel und den Prinzen auf
den Kopf traf. Die hierdurch verursachte Wunde blutete
heftig, doch fand man, daß der Schädel nicht verletzt war.
Friedrichs ruh, 15. März. Der Sarg mit der
Leiche der Fürstin Bismarck traf am 14. ds. Abends in
einem schwarz drapirten, mit Tannenzweigen geschmückten
Wagen hier ein, der die Nacht über auf einem Nebengleise
stehen blieb. Frühmorgens kamen die Leute des Ansgar-
vereins von 1866 und transportirten den Sarg mit der

Leiche der Fürstin in den großen Saal des Schlosses.
Von Varzin bis Schlawe begleitete überall die Ortsgeist-
lichkeit den Leichencondukt. Die Beisetzung der Leiche des
Fürsten und der Fürstin findet morgen, den 16. März,
am elften Jahrestage der Beisetzung Kaiser Wilhelms I.,
statt. Der Kaiser trifft voraussichtlich nach halb 12 Uhr
in Friedrichsruh ein und begibt sich ins Schloß; sodann
wird sofort die Ueberführung der Särge beginnen. Mit-
glieder des Ansgarvereins in großer Gala tragen die
Särge, zuerst den der Fürstin, dann den des Fürsten.
Hinter diesem wird unmittelbar der Kaiser mit Gefolge
einherschreiten. Nachdem die Särge auf die Katafalke mit
dem Fußende nach dem Altar gestellt sein werden, findet
die Gedüchtnißfeier und Einsegnung der Leichen statt. So-
fort nach der Feier reist der Kaiser nach Berlin ab. Beide
Särge werden dann durch Mitglieder des Ansgaroereins
in die Sarkophage gelegt werden. Das preußische Abge-
ordnetenhaus beabsichtigte eine größere Deputation zur Be-
stattungsfeier zu entsenden, allein Fürst Herbert Bismarck
erklärte, der Raum im Mausoleum sei so beschränkt, daß
er durch die Anwesenheit des Kaisers und seines Gefolges
nahezu vollständig besetzt sei. So wird das Abgeordneten-
haus nur durch den Präsidenten v. Kroecher allein vertreten
sein. Die Feier wird in engem Kreise stattfinden und es
wird eine strenge Absperrung stattfinden.
* Heidelberg, 16. März. Heute wird im Reichs-
tag die Entscheidung über die Militärvorlage fallen.
Vorgestern ist in zweiter Lesung sowohl die von der Re-
gierung geforderte Präsenzstärke als auch die um 7000
Mann geringere, die das Centrum bewilligen will, abge-
lehnt worden. Es hat sich also gezeigt, daß das Centrum
wohl den Einfluß besitzt, mit Hilfe der Radikalen eine
Regierungsforderung abzulehncn, daß es aber nicht das
Vermögen besitzt, etwas anderes Positives an deren Stelle
zu setzen, denn die Radikalen sind dafür nicht zu haben
und die Mittelparteien bedanken sich dafür, dem Centrum
dazu zu verhelfen, daß es vor seinen Wählern großthut
mit dem Hinweis, es habe an einer Regierungsforderung
in Heercssachen so und soviel abgeknappst. Dieses Schachern
und Handeln um 7000 Mann ist unter den Umständen,
unter denen es sich hier vollzieht, geradezu widerlich. Es
wird uns doch Niemand Vorreden wollen, daß die
Centrumsabgeordneten die Forderung an sich für unbillig
halten, oder daß sie glauben, das Reich könne die finan-
zielle Belastung nicht tragen. Dieses widerwärtige Schachern
kommt lediglich daher, daß das Centrum keinen Muth
nach unten hat. Es hat große Angst, seine Wähler
könnten es für regierungsfreundlich ansehen, darum be-
müht es sich, vor ihnen als „charakterfeste unabhängige
Volkspartei" mit einem Stich ins Oppositionelle dazustehen,
andererseits aber die Forderungen der Regierung in der
Hauptsache zu bewilligen. Es hat sich aber doch getäuscht,
wenn es glaubt, so nach zwei Seiten hin schauspielern
zu können. Es wird Farbe bekennen müssen, denn
die Regierung läßt nicht mit sich scherzen. Im All-
gemeinen glaubt man, daß das Centrum weiter
nachgeben und suchen wird, zu einem Kompromiß zu
gelangen, obgleich es vor dem Wort Kompromiß, eben-
falls aus Angst vor den Wählern, großen Abscheu hat.
Man stützt sich bei dieser Annahme auf die vorgestrige
Aeußerung Liebers: „Sollte uns nachgewiesen werden,
daß durch den Abstrich von 7000 Mann die Ausbildung
der Truppen oder die zweijährige Dienstzeit gefährdet wird,
so würden wir bei späterer Gelegenheit zu erneuten Er-
wägungen bereit sein." Nach einem Berliner Telegramm
der Franks. Ztg. hält man in politischen Kreisen, nachdem
gestern vielfach verhandelt worden ist, eine Einigung über

Thränenquell? Es wird vier in der Gegend so unendlich
viel von seiner Schönheit gesprochen —"
„Die Thräne des Waldes, wie poetisch ausgedrückt, meine
Gnädigste," warf ein junger Offizier ein. Ohne dies zu be-
achten, fuhr das junge Mädchen pathetisch und lachend fort:
„Die Schauer geheimmßvoller Mächte sollen ihn umschweben."
„Das wäre noch interessanter," vollendete seinerseits der erste
Sprecher, „und sofort zu ergründen,— Sie, Reden, sind ja
hier aus ver Gegend, wissen daher natürlich die Sage, die
damit verknüpft ist," wandte er sich an einen schlanken, jungen
Mann, dessen grüne Uniform ihn als Focstassessor kenn-
zeichnete.
„Wie wenig müßte ich meine Heimath kennen und lieben,
wäre die an diesen Ort geknüpfte Erinnerung mir unbekannt,"
lautete die Antwort. —
„In der Thai, Baron Reden, — dann müssen Sie meine
Witzbegierde stillen und erzählen, was Sie selbst wissen: es
würde mir den Teich um vieles interessanter machen, nicht
wahr Magdalene? Du schwärmtest ja auch für diesen Theil
des Waldes?" Die letzten Worte waren an eine vornehm
aussehende, blonde, junge Dame gerichtet, welche sich ver-
gebens bemüht hatte, die ziemlich unverblümt angebrachten
Huldigungen eines neben ihr sitzenden, etwas verlebt aus-
sehenden Herrn abzuwehren, und welche, froh eine Ablenkung
gefunden zu haben, Ernas Bitten unterstützte. —
„Ein Kindermärchen oder eine unmögliche Liebesgeschichte,
Lothar," tönte cs Plötzlich von den Lippen einer bis dahin
schweigsam gebliebenen Dame. Erstaunt über das Wegwer-
fende in ihrem Ton sahen Magdalena und Erna zu gleicher
Zeit Adelaide von Wustrow an. Sie war die Cousine des
Barons von Reden und ohne Frage eine auffallend schöne
Erscheinung, dennoch halte sie für die Freundinnen wenig
Sympathisches. Wie ein Abglanz des glühenden, farben-
prächtigen Südens, ihrer Heimath, lag es über ihrer mittel-
großen graziösen Ericheinung; ihre nachtschwarzen Augen,
ihr dunkles Haar, der gelblich schimmernde Taint paßten
vollkommen zusammen. Zwangloser und lebhafter, als die
der anderen Damen floß meist ihre Unterhaltung, ihr leb-
haftes Naturell brach überall durch, aber besonders Mazda»
lene hatte instinktiv jeden Annäherungsversuch zurückgcwiesen,

es schien sie stets wie die sengende Gtukh der Mittagssonne
anzuwehen, und sie begriff die Verschiedenheit nicht, welche
Adelaide und Baron Reden sowohl äußerlich als innerlich
zu haben schienen, da ihr Verwandschaft ziemlich nah war.
„Beides, wenn Du willst", lächelte sarkastisch der Ge-
fragte, „wenn die Herrschaften aber selbst urtheilen wollen,
werde ich mir erlauben, die Erzählung so, wie ich sie nach
Berichten meines alten Försters einst nicdergeschrieben habe,
vorzutragen."
Ohne weiter auf die neckenden Bemerkungen „Reden, sind
Sie unter die Literalen gegangen," zu achten, zog er ein
kleines Heft aus der Tasche und gab den Bitten der Damen
nach:
„Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, als noch keine Eisen-
bahn die Romantik dieser Gegend unterbrach, als nur wenig
Menschenfüße diesen Wald betraten und das lustige Völkchen
der Elsen und Dryaden ihn allein bewohnte, da durchzog
einst ein Spielmann denselben. Er hatte sich bei seiner
Wanderung vom rechten Wege verirrt und gelangte Abends
an diesen Ort; — ermüdet von dem Umherwandern im
Walde ließ er sich unter einer Buche nieder, um zu rasten,
als sich ein sanftes Rauschen in den Bäumen erhob; die
schlanken Fichten neigten ihre Kronen, das bewegliche Laub
der Espe zitterte, — näher und näher kam das Brausen, der
Wind schüttelte die Aeste, trieb die herabsallenden Blätter
vor sich her und kräuselte kleine Staubwolken empor. Ihm
war, als höre er aus dem Rauschen der Bäume Stimmen,
und endlich vernahm er deutlich durch das erhabene Schwei-
gen der Nacht die Worte:
Willst du die Stimme des Waldes verstehen.
Mußt du bei Mondschein den Wald durchgehen.
Er wußte nicht, ob er wache oder träume; war es der
zauberische Anblick der Nacht, welcher diese Wirkung auf ihn
ausübte, daß er in diese wundersame phantastische Stimmung
kam? — Er fühlte sich >n ein Nebelreich, in die märchen-
hafte Traumwelt versetzt."
(Fortsetzung folgt.)
 
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