Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst der Nation — 2.1934

DOI article:
Harting, Rudolf: Um den Theaterbau der Zukunft: Rudolf Harting zu seinem Entwurf: "Eine deutsche Schaubühne"
DOI article:
Eska: Auf dem Weg zur Kunstballade: Die @Entwicklung des Hörspiels
DOI article:
Partikel, Alfred: Gedanken über die Landschaftsmalerei
DOI article:
Orlando, Heinz: Ausstellung Deutscher Osten
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66550#0002

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2

Kunst der Nation

Der Kcierta^S konnte äie I^r. I
äes II. ^nkrAÄnxs 6er „Kunst 6er Nation" nickt
pünktlick »in I. Januar 1934 ersckeinen.

Deutschland, verlangt in seiner National-
Dramaturgie (im Verlag des Theater-Tage-
blattes) — unter dem Rufe: „Los von Aristo-
teles!" — „neue Dramenformen, Anknüpfung an
das Theater des Mittelalters, rassische Themen-
wahl" und bezeichnet es als eine „furchtbare Irr-
lehre", in dem alten Griechen (Aristoteles) das
alleinige Heil zu sehen. Er erklärt weiter, daß
den Griechen das Theater etwas völlig anderes
als uns bedeutet habe; es steht „ihr arithmetischer
Flächensinn unserem faustisch-dynamischen Raum-
sinn gegenüber". — Was hier in bezug auf
Dramaturgie gesagt ist, gilt auch für den Theater-
grundriß infolge der natürlichen Verbundenheit
beider miteinander.

Wir müssen also eine Theatersorm suchen, die
unser dramatisches Erbgut — Shakespeare, Goethe,
Schiller, Kleist — dem heutigen Menschen wieder
großes Erlebnis werden läßt; wir brauchen eine
Bühne, die pausenlosen Aufsührungsablauf bei
häufigem Schauplatzwechsel ermöglicht und bild-
hafte Wirkungen geben kann. Ein Vorbild finden
wir in unseren deutschen Freilichttheatern, beson-
ders in den Marktspielbühnen (vor den Rat-
häusern zu Wernigerode, zu Marienburg, auf dem
„Römer" zu Frankfurt a. M., am Märkischen
Museum, Berlin), wo das Nebeneinander der
Schauplätze auf die Grundform der mittelalter-
lichen Simultanbühne hinweist. Formen wir die
Simultanbühne den zu stellenden Forderungen
entsprechend in eine Raumbühne um — unter


Verwendung heutiger Technik, unserer lichttechni-
schen Hilfsmittel, Projektion und Film —, so ge-
langen wir zu einer natürlichen Lösung des Pro-
blems, zur „Deutschen Schaubühne". Dem in die
Breite gegliederten Bühnenpodium — das in
einem vom Regisseur zu schaffenden „Spiel-
gelände" alle erforderlichen Schauplätze, die je-
weils durch Licht hervorgehoben werden, enthält —
liegt das ansteigende Parkett gegenüber, das
wesentlich breiter als tief ist, daher großes
auiwent,. obne daß die lMn
Plätze übergroßen Abstand vom Schauspieler
haben. Die Ausläufer der Bühne, die „Auf-
marschwege", umfassen seitlich die Sitzreihen, so
daß, wenn dort Chormassen auftreten, die Zu-
schauer in die Handlung einbezogen werden. Der
das Spielpodium abgrenzende Kuppelhorizont läßt
als gewaltige Halbkuppel Bühne und Zuschauer-
raum zu einer Einheit verschmelzen und wird die
sich hier versammelnden Menschen aus dem Raum-
gefühl heraus zu einer Erlebnisgemeinschaft zu-
sammenschließen. — Wir haben hier einen gleich-
zeitig auch für Kundgebungen mit festlichem Auf-
marsch sowie für Konzertveranstaltungen —
chorische Ausführungen — besonders geeigneten
Raum, schon aus akustischen Gründen. Bleibt noch
zu sagen, daß ein solcher Bau in seiner „kristall-
klar erfüllten Zweckmäßigkeit" und einfachen
„harmonischen Schönheit" — um mit Worten
Adolf Hitlers zu sprechen — wesentlich billiger zu
schaffen sein wird als ein Rangtheater der bis-
herigen Form mit kostspieligem technischen Bühnen-
apparat.
Allen denen aber, die jetzt aus innerer Be-
rufung an dieses Werk Herangehen, möge die Rede
des Führers auf der Kulturkundgebung des
Reichsparteitages zu Nürnberg vor Augen stehen,
in der er sagte: „Nur aus Vergangenem und
Gegenwärtigem zugleich baut sich die Zukunft auf.
Der gegebene Zweck, das konstruktive Können der

Gedanken
über die Landschaftsmalerei
Von
Alfred Partikel
Der Landschafter soll aus der Natur die
Wesenszüge des Raumes zu gestalten suchen, in
den er vom Schicksal gestellt ist.
Das sogenannte „Motiv" ist noch keine „Land-
schaft".
Der Begriff „Landschaft" schließt mehr in sich,
als blauen Himmel, grünen Strauch, rotes Dach
usw.
In der Landschaft ruht: Das Werden und Ver-
gehen der sichtbaren Natur in Verbindung mit
dem Menschen. Das ist die tiefere Bedeutung der
Landschaft überhaupt.
Geistige Einstellung zur Landschaft und hand-
werkliches Können müssen sich parallel zueinander
fortentwickeln und doch eins sein. Ohne die
beiderseitige Verflechtung gleicht die Arbeit einem
Gewebe ohne Kette.
Die lebendige Funktion von Form und Farbe
ist das Fundament, auf dem der Maler, aus-
gehend von der Natur, feinen Geftaltungswillen
aufbauen soll.
Der Landschafter im Atelier gleicht einem
Soldaten, der feine Schlachten in der Kaserne
schlagen will.

Hin-

Ernst Barlach, Grabdenkmal für Luise Dumont. Düsseldorf

Maulbronn, Refektorium. Anfang 13. Jahrhundert

beim ersten bloßen Hören von den Rundfunkteil-
nehmern ohne Schwierigkeit verstanden wird. Die
zur Probe hinzugezogenen Laien, die das
Manuskript natürlich noch nicht gelesen haben
dürfen, können dem Regisseur in dieser Hinsicht
wertvolle Fingerzeige geben. Ur. Ksku

geschriebene Hörspiele im Rundfunk zur Auf-
führung gelangen. Sie wirken wie Leseproben.

Fünf Stockwerke. Im Erdgeschoß ostdeutsche
Heimindustrie. Bodenerzeugnisse, die
nach Art einer kleinen Mustermesse zum Kauf
einladen. In den oberen Stockwerken Land-
schaft, Volkstum, Geschichte: Originale
der Staatsverträge — andächtig steht der Gra-
phiker vor den herrlichen Schriftcharakteren des
14. und 15. Jahrhunderts —, Manuskripte und
Briefe Jakob Böhmes, Gustav Freytags, Her-
bergers, E. T. A. Hoffmanns, Siedlungspläne,
Akten, Abrechnungen des Großen Königs. Pracht-
volle Lichtbilder von Landschaften, Gebäuden
und Menschen. Vorgeschichtliche Funde,
Originalfunde aus den elf Burgen von Zantoch
bei Landsberg a. d. Warthe, hier zum ersten Male
der Öffentlichkeit gezeigt. Schöpfungen lebender
Dichter. Sitte, Handwerkskunst, Holzbauten.
Dann die politische Gegenwart: die blutende
Grenze, Arbeitsdienst, Siedlung.

Angesichts der weitverbreiteten Unkenntnis, die
über den deutschen Osten herrscht, ist die Aus-
stellung Deutscher Osteu iu Berlin in politischer
und kultureller Beziehung eine notwendige Mög-
lichkeit der Aufklärung. Es mag daher an
dieser Stelle der Wunsch ausgesprochen werden,
daß sie auch im Westen und Süden des Reiches
gezeigt wird.

Es ist keine Übertreibung, wenn
man die Ausftellung erftklassig
nennt. Um so erstaunlicher ist es — wir be-
trachten es als unsere Pflicht, diese Frage offen
anzuschneiden —, daß alles, was an ostdeutschem
Kunstschaffen derGegenwart gezeigt wird, mit
dem Ausdruck „dürftig" noch sehr milde charakte-
risiert erscheint. Die Begriffsbestimmung „boden-
ständige Kunst" erschöpft sich im Alleräußerlichsten,
wenn sie sich im Motiv erschöpft. So geschieht
es, daß wesentliche Künstler des Ostens wie Par-
tikel, Meseck, Degner und Birkle völlig fehlen.
So verlohnt es sich auch nicht — es ist bitter, dies
zu sagen —, näher von dem Ausgestellten zu
sprechen. Der Mangel des Talentes ist entschei-
dend und kann auch durch die genaue Angabe der
Örtlichkeit des Dargestellten nicht wettgemacht wer-
den. Eine Einstellung, die in ihrer Konsequenz
zur stimmungsvollen „Künstlerpostkarte" hinführt,
hat mit der bodenverbundenen schöpferischen Ge-
staltung der Spannung Mensch—Umwelt nichts
mehr zu tuu. Bildgestaltuug ist nicht das Er-
gebnis logischer Planung, nach der man von
Natur zusammenhängende erdkundliche Gebiete er-
forscht, sondern eine von jeder wissenschaftlichen
Absicht freie, spontane Äußerung des Zusammen-
stoßes von Mensch und Natur.
Es ist daher unwesentlich zu wissen, w o der
Gestaltende sein Erlebnis erlitt, w o es Form

Nur die leichte Ko-
mödie, die sich auf einem
munteren, kurzweiligen
Dialog aufbaut und
großer dramatischer Span-
nungen entbehrt, vermag
im Rundfunk zu bestehen.
Sobald aber stärkere
dramatische Momente
mitspielen, verlangt das
Hörspiel nach einer an-
deren Form. Diese scheint
jetzt in der Funkballade
gefunden zu sein. Eine
große Zahl in letzter Zeit
aufgeführter Hörspiele
hatte mehr oder weniger
einen derartigen Cha-
rakter. Die Ballade ist
gewissermaßen die Syn-
these der drei Urformen
der Dichtung, Epos,
Lyrik, Drama. In der
balladenartigen Hördich-
tung verbindet sich das
Dramatische mit epischen
und lyrischen Elementen,
die den Hörer stimmungs-
mäßig Packen und ihn in
die Welt des dramatischen
Geschehnisses hineinspin-
nen und so einen Aus-
gleich schaffen für die
dem Rundfunk fehlende
Möglichkeit, durch die
Sichtbarkeit des Spiels in
den Bann zu zwingen.
Die stimmungsmüßige
Gestaltung balladen-
artiger Hördichtungen
stellt auch an die Funk-
regie erhöhte künstlerische
Anforderungen. Der
Fuukregisseur der Zu-
kunft muß die vielfältigen
Ausdrucksmöglichkciten
musikalischer, stimmlicher
und sprachlicher Art ge-
nau kennen, vor allem
auch in bezug auf ihre
Lautsprecherwirkung. Es
genügt nicht, daß die
Stimmen, Geräusche und
Töne im einzelnen klar
und charakteristisch her-
auskommen. Auf den
wirkungsvollen Zusam-
menklang kommt es an!
Der Funkregisseur wird
Dirigenten, der die

Gegenwart sowie das technische Material sind die
Elemente, aus denen und mit denen der wahrhaft
schöpferische Geist seine Werke gestaltet. Ohne
Angst, das gefundene und überlieferte Gut der
Vorfahren zu verwenden, mutig genug, das selbst
gefundene gute Neue mit ihm zu verbinden!
Denn es ist ebenso kleinlich, beim Bau eines
Theaters etwa äußerlich leugnen zu wollen, daß
wir hier nur die Erneuerer und Fortführer einer
bereits seit Jahrtausenden wesentlich gegebenen
Institution sind, wie es umgekehrt ebenso uner-
träglich ist, einer modernen Maschinenfabrik oder
einem Elektrizitätswerk griechische oder gotische
Formelemente äußerlich aufkleben zu wollen. Es
ist daher auch überhaupt falsch, von einem zu
suchenden „neuen Stil" zu reden, sondern man
kann nur hoffen, daß unser bestes Menschentum
von der Vorsehung erwählt werden möge, aus
dem blutmäßig bewegten inneren Wesen heraus
die uns heute gestellte Aufgabe genau so souverän
zu lösen, wie dies z. B. den arischen Völkern des
Altertums gelungen war". UuckoU Hartix

Ausstellung
Deutscher Osten

Auf dem Wege
zur Funkballade
Die Entwicklung des Hörspiels
Das Hörspiel, dessen Entwicklung Jahre hin-
durch kein klares Ziel erkennen ließ, scheint in
letzter Zeit, wenn nicht alle Anzeichen trügen,
bestimmtere Gestalt anzunehmen.
Ausgegangen ist das Hörspiel ursprünglich von
zwei vorhandenen Formen, vom Bühnendrama
und von der Zeitungsreportage. Aus der Zei-
tungsreportage wurde die Funkreportage und
daraus wieder entstand die Hörfolge, die durch
lebendige Schilderung und eingeschaltete Szenen
Verhältnisse und Vorgänge der Gegenwart oder
auch der Pergangenheit den Hörern nahezubrin-
gen sucht. Dabei wird zur Erhöhung der Stim-
mungswirkung häufig von musikalischer Illustra-
tion Gebrauch gemacht. In erster Linie hat die
Hörfolge beschreibenden und erzählenden Charakter.
Die Gestaltung dramatischer Stoffe glaubte
der Rundfunk anfangs durch Übernahme des
Bühnendramas dem Theater entlehnen zu können.
Bald wurde aber in den Funkhäusern eingesehen,
daß dieser Weg nicht der richtige war. Die weitere
Entwicklung des Hörspiels brachte nun eine zu-
nehmende Abkehr vom Stil des Bühnendramas.
Man erkannte, daß die Wirkung des Bühnen-
dramas zum großen Teil auf der äußeren Schau
beruht, die im Rundfunk nicht vorhanden ist.
Durch das Zusammenwirken von äußerer und
innerer Schau im Theater erzielt das Bühnen-
stück seine unmittelbare Suggestivwirkung, die
das Charakteristische des Erlebnisses im Theater
ist. Diese Wirkung verblaßt, sobald das Drama
omr_.oele1en_. Wwd. . B-ü ^ümoben. im Tbeater
kann man sich leicht davon überzeugen. Derselbe

in dem Fall zum
vielfältigen Töne und
Farben der Rundfunk-Klaviatur zum mitreißenden
Erklingen bringt, in weit stärkerem Maße, als
dies der Bühnenregisseur nötig hat, da im Rund-
funk alles aus das Ohr abgeftimmt sein muß.
Zur Unterstützung der Urteilsfähigkeit des
Junkr-msseurs empfiehlt es sich, einige unbefan-
, , , , _,_ gene Zuhörer zu einer der Hauptproben hinzu-
unbefriedigende Eindruck entsteht auch, wenn zuziehen. Denn da der Fnnkregisseur das
dst^^söramen oder im Stil von Bühncndramen Manuskript wiederholt gelesen hat und die Hand-
_ lung genau kennt, vermag er nicht mehr unbefan-
gen zu beurteilen, ob das Spiel an allen Stellen
 
Annotationen