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Kunst der Nation — 2.1934

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Akademischer Frühling
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Zeeck, Hans: Wandbilder aus dem Wettbewerb der Deutschen Arbeitsfront
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Ein vergessener Berliner Bildhauer
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Aunst der Nation

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Ludwig Cieh, 1. Preis im Wandbild-Wettbewerb der Deutschen Arbeitsfront

Horst de Marees, 3. Preis im Wandbild-Wettbewerb der Deutschen Arbeitsfront

Hans Mocznaq, 2. Preis im Wandbild-Wettbewerb der Deutschen Arbeitsfront

In Bayreuth liegen die traditionellen Tempi bekanntlich
besonders fest. Richard Strauß leitete im letzten Sommer
den „Parstfal". Als er bei der Generalprobe nach dem ersten
Akt das Orchester verläßt, zieht er beim Durchgehen seine
Uhr und bemerkt kopfschüttelnd: „O weh, zehn Minuten zu
schnell! I bin halt für den „Parstfal" immer noch 20 Jahr
z' jung!"

gestalt, überwölbt von den Kurven des Land-
schaftlichen, Ackern, Bergen, einem Flußlauf, Meer
und Himmel, alles von einer eindringlichen Kraft
der Darstellung bei Anwendung ungewöhnlich
malerischer Mittel. Illornalä

wird von einem traumhaften Gefühl des Seelischen
getragen. Es mag gewagt erscheinen, von einer
vollkommenen Verschmelzung von Klassik und
Romantik, soweit diese Begriffe in unserer Zeit
sich noch Gültigkeit bewahrt haben, zu sprechen, doch
hier ist dieses Ideal Gestalt geworden, aus den
weitesten Voraussetzungen heraus. Klarheit und
Tiefgründigkeit beherrschen das unerhört geistige
Werk. Die Auswahl sei mit der Er-
wähnung Alfred Partikels und de Haers be-
schlossen. Partikel vereinigt in dem Bild der
„Arbeiter in der Baumschule" alle Vorzüge seiner
stillen und eindringlichen Kunst, de Haer zeigt
zwei Stilleben, die zu den wenigen guten Bil-
dern dieser Ausstellung zu rechnen sind.
6. II. Hi6nnis86n
II.
Eine Kollektiv-Ausstellung des Plastikers
Professor August Krauß, der vor wenigen
Wochen gestorben ist, ist interessant, belehreud
und vollkommen berechtigt. Eine Kollektiv-Aus-
stellung von HugoLederer ist auch belehrend,
interessant aber nur durch die vielen bedeutenden
Männer und Frauen, die von ihm porträtiert
wurden.
Bekannte Künstler, die uns schon manches
Große gegeben haben, deren Entwicklung noch nach
vorwärts und aufwärts gerichtet ist, sind gut ver-
treten.
Porträtköpfe von Männern, die uns Begriff
sind, von denen jeder Beschauer heute eine feste
Vorstellung mitbringt oder sich bei der Be-
trachtung machen möchte, sind in großer Zahl aus-
gestellt. Nur wenigen Künstlern ist es gelungen,
das Gewollte vollkommen darin auszusprechen,
vielleicht BIeeker,Klimsch,Rahdes, am
besten sicher Thorak. Eine Monumentalsigur
von Kolbe würde an den: gedachten Platze deutsche
Kunst von heute hervorragend vertreten. Die drei
in Holz geschnitzten Figuren von Grosz er-
reichen nicht die monumentale Größe des
Plastikers, der diesem Künstler vorgeschwebt hat,
vor allem nicht die beiden hockenden Figuren. Ein
selten gutes Bronze-Relief stellt Edwin Scharff,
eine wirklich monumentale Bronzefigur Richard
Scheibe aus.
Von den noch wenig bekannten Künstlern,
deren Arbeit unbedingt Anerkennung verdient,
sind zu nennen: Gräuel, Naubert und
A. Thiele. Milly Steegers Figur „Ein-
samkeit" zeigt die Künstlerin leider nicht in dem
Maße, wie wir sie kennen mW schätzen, Hanna
Cauer, die einmal eine wirkliche Künstlerin
zu werden versprach, ist eine geschickte Bild-
hauerin geworden.

Fall. Zwar zeichnen sich die Umrisse vieler Be-
gabungen mehr oder weniger deutlich ab, aber die
Gewißheit einer Zukunft kündet sich im Ganzen
nicht an.
So müssen wir uns mit dem Hinweis auf
einige Werke begnügen, deren Schöpfer für den
Ballast nicht verantwortlich gemacht werden
können. Da ist also vor allem der junge Graf
von Merveldt, der in seinen Bildern „Masten"
und „Mole mit Lenchtturm" die erstaunlich strenge
Komposition durch eine fast symbolisch wirkende
Farbgebung transzendent und leuchtend macht.
Hier ist nichts all ckemoimtranäuin gemalt.
Dieser magische Realismus entwickelt sich voll-
kommen aus dem Malerischen und bedarf keiner
literarischen Stützen. Das ist eine Leistung, die
uns auf weitere Arbeiten neugierig machen darf.
Der einzige erwähnenswerte Porträtist dieser
Ausstellung von einer allerdings auch hervor-
ragenden Bedeutung ist Leo von König. Die Bild-
nisse der „Tochter" und der „Mutter des Künst-
lers" sind Beispiele einer wirklichen Tradition.
Johannes Beutner versucht in einer Aktdar-
stellung die Bewegung in einfachsten Rhythmen
festzuhalten. Der kubischen Vereinfachung der
Massen entspricht die sparsame Farbigkeit. Ein
Versuch, der, wenn auch nicht restlos gelungen,
doch weiterführt als z. B. die gekünstelten Schleif-
lackbilder eines Harold Beugen, die so „gekonnt"
sind, daß sie ein Bauernmädchen in eine Mondäne
verwandeln. Den Arbeiten Albert Birkles sieht
man das visuelle Erlebnis an, das in der Ge-
staltung zu einem Bekenntnis wird. In ihre
Nähe gehören auch Karl Eulensteins „Gewitter
auf dem Haff" und „Fischerfamilie". Beide
Maler gehen den Weg einer verbissen eigen-
willigen Kunst. Heinrich Schwarz, dessen „Ländliche
Szene" und „Mutter und Kind" einige Plontkes
aufwiegen, begreift das Landschaftliche als
das Gesetz seiner Kunst und darf große Auf-
merksamkeit für sich in Anspruch nehmen.
Felix Mesecks „Saalelandschaft" ist vortreff-
lich in der sensiblen Nuancierung der Farb-
töne. Von Werner Thiede fällt das Bild „Hof-
einfahrt" auf, das trotz einer gewissen Unbeholfen-
heit gesunden Malerverstand verrät. Max Pech-
stein ist mit drei Landschaften vertreten, die ein
wenig zu stark nach Scholle riechen und nach Un-
bekümmertheit aussehen. In der Farbe gewollt
knallig und pausbäckig, in der Bildgliederung
banal. Die Werke Karl Hofers wirken in der
Umgebung nobler Spießigkeit wie ein Aufruf zur
Malerei. Hier ist ein Mann an seiner Arbeit,
der sich von keinem Geschrei beirren läßt. Die
geradezu klassische Latinität des Bildaufbaues

Die Ausstellung der preisgekrönten Entwürfe
als Ergebnis des vom Kulturamt der N. S. Ge-
meinschaft „Kraft durch Freude" veranstalteten
Wettstreits wurde in Ansprachen von Professor
Dr. Krencker vom Architekturmuseum der Tech-
nischen Hochschule und vom komm. Leiter des Kul-
turamts Geiger in der Ausstellungshalle der Tech-
nischen Hochschule Berlin-Charlottenburg mit
einer Feierlichkeit eröffnet, die dem bedeutsamen
Anlaß entsprach. Handelte es sich doch bei dieser
Ausschreibung, auf die 685 Arbeiten eingingen,
von denen zwanzig mit Auszeichnungen bedacht
wurden, nicht nur um die Erlangung der Wand-
bilder für das in den einzelnen Städten zu
gründende „Haus der Arbeit", sondern auch um
das Hinlenken der jungen Malergeneration auf
ein Schaffensgebiet, das in der neueren deutschen
Kunst wenig gepflegt wurde, auch einer längeren
Vorbereitungszeit bedarf, bis ganz reife Lösungen
zu erwarten sind. Es wird in den öffentlichen
Aufträgen der kommenden Zeit sicherlich eine
wesentlichere Rolle spielen als das Rahmenbild,
wie ausschließlich auch dieses noch in den Ateliers
und auf den Ausstellungen in den Vordergrund
treten mag.
Ganz erfreulich erscheint bei dieser Schau die
Beteiligung der Jugend. Bis auf den Haupt-
preisträger, den Bildhauer Gies, haben alle diese
ausgewählten Künstler das dritte Lebensjahrzehnt
noch nicht überschritten. Der Gesamteindruck,
einer der erfreulichsten aller Ausstellungen der
letzten Monate, zeigt viel Beherztheit und viel
Talent, sich auch da aussprechend, wo in der Ge-
staltung das von anderen Gesetzen und Möglich-
keiten abhängige Tafelbild noch zu deutlich nach-
wirkt.
Ludwig Gies prägt in seinem auch tech-
nisch interessanten, nur noch etwas zu sehr dem
Graphischen verpflichteten Entwurf, der in
Sgrafsito ausgeführt worden ift, einer ungemein
architekturgerechten Putzmalerei, bei der das Bild-
liche durch Ausritzen der vorher auf die Wand
aufgetragenen farbigen Mörtelschichten entsteht,
das Symbolhafte der Aufgabe am stärksten aus.
Als flächigen Hintergrund den schwarzen gewal-
tigen Reichsadler in groß gesehener Form gegen
den blauen Himmel gesetzt, unter dem, von einem
riesigen Baugerüst überragt, ein Fahnenaus-
marsch vor sich geht; die Massen stilisiert, in
ruhigem Rhythmus. Der charaktervolle, gleich-
mäßig durchgeführte hieratische Zug in der aus-
drucksvollen Gestaltungsgruppe des Berliners
Hans Mocznay, mit dem zweiten Preis
ausgezeichnet, mutet äußerst waudgerecht an, wenn
auch ein wenig streng für den jetzt geforderten
Zweck. Als Mosaik angelegt, spricht sie natur-
gemäß nicht mit der ftarkfarbigen Wirkung an,
die die Lösung des dritten Preisträgers, eines
Ostpreußen, kennzeichnet, der den symbolhaften
Namen Horst de Marees führt und bei
aller Großflächigkeit innig klingend und recht Ver-
halten formt. Viel bewegter, gelockerter wird
dann die Darftellungsart (auf der linken Bild-
hälfte zwingender durchgeführt als auf der
rechten) bei Heinz Böhm. Sein mit dem
vierten Preis bedachter Entwurf arrangiert

Fachsimpelei im Tode
Zu dem sterbenden Lantara sprach der Beichtiger: „Freuet
Euch, mein Sohn, es wird Euch bald beschieden werden,
Gott in Ewigkeit von Angesicht zu Angesicht zu schauen."
„Oh, mein Vater!", entgegnete der Maler, „immer en kaee
und nie vom Profil?"

die Wand, das noch des abgrenzenden Rahmens
bedarf, denn eigentliches Wandbild. Trotz spar-
samerer illustrativer Behandlung und einfacher
schwingenden Linienzuges trifft das noch bei der
an die Art von Schrimpf gemahnenden abend-
lichen Familienszene von Paul Kälberer zu,
die den fünften Preis erhielt.
Auch unter den übrigen, mit klingenden Aus-
zeichnungen bedachten Kartons, die, da das
Thema freigestellt worden war, abendliche Rast
oder das Schaffen des Tages, die Arbeit am
Hausbau und auf den Ackern mehr oder minder
durchstilisiert als Bildvorwurf haben, befindet sich
viel des Interessanten und Zukunftsträchtigen.
Willi Titze, Herbert Wegehaupt,
Hermann E. Kirchberger und andere
strebten jeder in seiner Eigenart, der schönen Auf-
gabe gerecht zu werden. Elfriede Glasers
Entwurf stellt in unregelmäßiger Hintergrund-
abgrenzung geschickte Verbindung zu einer Back-
steinwand her, Friedrich Eberhard ver-
einfacht eine Arbeitergruppe im Umriß und
Rhythmus der Gestalten bis zum äußersten,
Fritz Sonntag nimmt Schriftbänder für
einen Mosaikentwurf zur Hilfe, Franz
Karnemann in seiner schwarzweiß ausge-
führten Lösung, zu der er eine farbige Skizze
gibt, die herbe Zeichnungsart Boehles wieder auf.
Auch Theo Ortner mit seinem Haus im Bau,
etwas realistisch im Kleinfigürlichen, wäre her-
vorzuheben, vor allem jedoch Hans Stübner
mit der großen auf dem Felde ruhenden Frauen-

die sich in einer nur für den flüchtigen Moment
möglichen Stellung, den Rücken aus dem des Pan-
thers wälzt und ihn den Trank des Dyonysos aus
der von ihrer Hand herabhängenden Schale schlür-
fen läßt. Da wurde ihm die Ehre eines Besuches
des Königs mit kleinem Gefolge zuteil. Friedrich
Wilhelm IV. war in ungemein gnädiger Stim-
mung und Laune. Trotzdem er bei seiner Kurz-
sichtigkeit und bei der hier vorliegenden Unmög-
lichkeit weiteren Abtretens von der über zehn Fuß
hohen Rheden-Statue sie schlechterdings nicht als
Ganzes zu überschauen vermochte und, sich ihr
ganz dicht nähernd, durch das Lorgnon in seiner
Hand nur die Füße und einen Teil der Unterschen-
kel betrachten konnte, spendete er dem Schöpfer
des Werkes doch die schmeichelhafteste Anerkennung.
Der alte General Wrangel aber, der seinen könig-
lichen Herrn begleitet hatte, schien sich gar nicht
losreißen zu können von der Betrachtung der
„Bacchantin", über welche des Königs Urteil sich
auf die Worte: „Nicht wahr, sie ift doch besoffen?"
beschränkt hatte. — „So idyllisch, so roman-
tisch ... aeh . . . aeh . . .", lautete, von sehr aus-
drucksvollen Handbewegungen begleitet, das des
Oberbefehlshabers in den Marken. Der Besuch
blieb ohne weitere Folgen. Kalide war kein Mann
und Künstler nach dem Herzen Friedrich Wil-
helms IV. Aber auch im andern Falle wäre sein
geradezu feindliches Verhalten zu Christian Rauch,
der, als höchster Ratgeber in künstlerischen Angele-
genheiten, auf seinen König den mächtigsten Ein-
fluß ausübte, immer ein unüberwindliches Hinder-
nis der Beauftragung Kalides 'nut' emer wmg-
lichen oder staatlichen bildhauerischen Arbeit ge-
wesen. Wenn sich Kalides Arger und Groll gegen
Rauch, in dessen Werkstatt er ganz selbständig den
sterbenden Löwen für das Grabmal Scharnhorsts
auf dem Berliner Jnvalidenkirchhof modelliert
hatte, allabendlich in jedem mit seinen künst-
lerischen Genossen in der Bierstube von
Scheible, im Eckhause der Markgrafen- und
Französischen Straße, geführten Gespräch in end-
lossen Invektiven Luft machte, klang das nicht min-
der heftig, als wenn er gegen die herzlosen „Kunst-
barbaren" loszog. Das waren seine reichen Ver-
wandten, die dem unverbesserlichen Zigeuner
gegenüber immer den Stolz und die lächelnde
Überlegenheit der praktischen Leute von streng
geregelter Lebens- und Buchführung hervorkehr-
ten, aus ihrem Prinzip: „Euch Künstler muß man
kurz halten, sonst schlagt ihr über die Stränge!"
kaum ein Hehl machten und nie zu bewegen waren,
der chronischen Finanznot Kalides so gründlich ab-
zuhelfen, wie ihm das erforderlich zu sein schien.
2.

Wandbilder aus dem Wettbewerb
der Deutschen Arbeitsfront

Ein vergessener
Berliner Bildhauer
Von TheodorKalide (1801—1863), Schü-
ler von Schadow und Rauch, der die „Bacchantin
auf dem Panther" und andere viel bewunderte
Gruppen gemeißelt hat, erzählt Ludwig Pietsch in
seinen Lebenserinnerungen. Kalide, dessen Sinn-
lichkeit, dessen Trotz gegen alle Ordnungen und
Sitten der bürgerlichen Gesellschaft ihn um die
Möglichkeiten brachte, seine große Begabung mit
dem gleichen äußeren Erfolge zu betreiben, wie
sein Landsmann und Studiengenosse Kiß, stammte
aus dem oberschlesischen Bergwerksdistrikt und
hatte, seit er in Italien gewesen war, nur einen
Gott; der hieß Michelangelo. In seiner Begeiste-
rung für dessen Kapellendecke, den „Moses" und die
Mediceer-Grabdenkmale suchte er vergebens nach
Worten, um dem, was er empfand, den ihm ge-
nügenden Ausdruck zu geben. Er prustete und
sprudelte feine fragmentarischen Schilderungen
und Jntovi^twn-M in w Wun.dxxlMx,Mjsß. svx-
Wande als Bildabschluß, Gruppen von Sitzenden, aus, daß der Effekt immer ein überwiegend komi-
Stehenden, Schreitenden, spielender Kinder und scher war, wie ehrlick sein Enthusiasmus und wie
Durchblick zur Landschaft, auch im tief sein künstlerischer Sinn auch in das Wesen
fröhlichen Tonen des Farbigen beziehungsreich jenes Gewaltigen und seiner Gebilde einqedrunqen
und einprägsam, allerdings mehr großes Bild für sein mochte. Seine Erscheinung trug ihren Teil
zu diesem unbeabsich-
> tigten Eindruck bei. Auf
dem Halse der unter-
mittelgroßen Gestalt saß
ein schmaler Kopf mit
glattem, braunem Haar,
hoher Stirn und langer,
gekrümmter, aber unten
mehr rundlicher als spitzer
Nase, die fast bis auf
die eingezogenen und
immer wie von Miß-
mut, Hohn und Ver-
achtung gekräuselten, mit
einem kurzen Schnurr-
bart bedeckten Lippen
herabragte. Seine kleinen
tiefliegenden dunklen
Augen blitzten durchdrin-
gend unter den starken
Brauen hervor. Führte
er den Meißel, schien er
die Welt ringsum zu ver-
gessen. Aber die Gewohn-
heit, sein Arbeitsfeuer
auch aus der Flasche zu
nähren und, wenn es an
Wein mangelte, auch die
mit Nordhäuser Korn
gefüllte nicht zu verschmähen, nahm mehr und
mehr Gewalt über ihn. Neben seinem großen
Arbeitsraum in einem Hofgebäude an der Nord-
seite der Linden, Ecke des Pariser Platzes, lag ein
kleines niedriges Zimmer,
das ihm als Wohn- und
Schlafraum diente. Eine
kaum glaubliche Wüstheit
und Unordnung herrschte
in dem halbdunklen
Raum, den ein weibliches
Wesen mit Besen, Schrub-
ber, Wedel und Wisch-
tuch nie betreten zu
haben schien. Kalide aber
fühlte sich dadurch nicht
im mindesten geniert. Als
ihm von Oberschlesien aus
der Auftrag zur Modellie-
rung und Herstellung des
Kolossaldenkmals für den
Minister von Rheden zu-
fiel, hatte er abwechselnd
die Arbeit an dem Mo-
dell, dazu auch die am
Hilfsmodell und dann
an der Marmoraus-
führung der Bacchantin-
gruppe fortgesetzt, jener
von magischem Leben
durchpulsten, üppigschwel-
lenden nackten Gestalt,

Ws-
 
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