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Kunst der Nation — 2.1934

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Orlando, Heinz: Ausstellung Deutscher Osten
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Brant, Hans: Verjüngtes Kronprinzenpalais
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https://doi.org/10.11588/diglit.66550#0003

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Kunst der Nation

3

wurde. Der ostdeutsche Maler bleibt ja in Spa-
nien wie im Weichselland getreu dem Gesetz, nach
dem er angetreten. Darum durfte die Frage-
stellung an die eingeladenen Künstler nicht lauten:
„Wieviel ostdeutsche Landschaften, Köpfe usw.
könnt ihr einsenden?", sie mußte lauten: „Seid ihr
als Kinder des Ostens eurer Erde treu geblieben?"
Schließlich galt es doch zu zeigen, ob der Osten als
kultureller Raum seine Menschen unverkennbar
zu Prägen vermag oder nicht.
Daß unter diesem Gesichtspunkt kunstliebende
Laien, „die auch malen", keinen Platz finden
durften, versteht sich am Rande. Die in jeder
Provinzstadt eine wesentliche Rolle spielenden alten

Maltanten sind schließlich keine ausstellenswerte
Rarität! Leider ist es auch erfolglos, wenn man
ihnen den Rat gäbe, einen geeigneteren Berufs-
zweig als diesen, den sie durch ihre Unfähigkeit
nur schädigen, zu ergreifen, denn
„größern Ruhm wird der verdiene»,
der Farben kauft und malt mit ihnen!
Darum, o Jüngling, fasse Mut,
setz auf den hohen Künstlerhut,
und wirf dich auf die Malerei!
Vielleicht Verdienst du was dabei.
(Wilhelm Busch)
Hain? Orlando

Verjüngtes Kronprinzenpalais

I.
Vier wesentliche Merkmale der mit vielen
Hoffnungen erwarteten Umordnung und Aus-
gestaltung der neueren Bestände unserer National-
galerie lassen die Absichten des neuen Leiters, Dr.
Eberhard Hanfstaengl, mit erfreulicher Be-
stimmtheit erkenueu: Glücklich gelungene Betonung
der in dem pla ft ischenSch affen unserer Zeit
liegenden Werte, sich im erreichten Resultat vollauf
rechtfertigender Nachdruck irr der Veranschaulichung
deutscher Kuust auf dem — selten so in seiner
Eigenart und Bedeutung erkannten — Gebiet von
Hand Zeichnung und Aquarell, Ein-
stellung der ganzen Sammlung auf Qualität
und nicht zuletzt Einbeziehung jüngsten deut-
schen Form Willens, alles dies in einem
ganz schmucklos gebliebenen Rahmen, der die
Werke für sich selbst sprechen läßt. Eine im
Museumsbetrieb weitaus überschätzte sogenannte
„Vollständigkeit", beim Auswählen aus dem
überreichen künstlerischen Schaffen unserer Tage
ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit und eine ganz
unbillige Erwartung, zumal bei den zur Ver-
fügung stehenden, zwar intimen, in der Aus-
dehnung jedoch nicht allzuviel hergebenden Räum-
lichkeiten, ist dankenswerter Weise nicht erstrebt
worden. Dennoch gelang eine Gliederung, die in
irgendeiner Form das Dasein alles dessen ermög-
lichte, was in der sich ständig erneuernden deut-
schen Kunst an wesentlichen Kräften wirksam ist,
wobei sich die Stellungnahme gegenüber dem Pro-
blematischen und Umstrittenen einzelner Per-
sönlichkeiten stärker in der sondernden Betonung
des dem künstlerischen Lebensraum des deutschen
Volkes verpflichtet Gebliebenen als durch Aus-
schließung ausprägte.
Den Auftakt geben im Erdgeschoß rechter Hand
mit schon vertrauten Schöpfungen Slevogt und
Corinth, links van Gogh und Munch. Nachdem
dann im mittleren Stockwerk in den: für Aus-
stellungszwecke nicht allzu günstigen Oberlichtsaal
neben Slevogts Fresken Blätter von Rohden,
Blechen, Schinkel, Caspar David Friedrich,
Runge usw., die deu kostbaren Besitz der National-
galerie an Zeichnungen und Aquarellen der Ro-
mantiker und Nazarener nur kurz anzudeuten ver-
mögen, eine Vorbereitung geben, öffnet sich, durch
einen Durchgang ins Prinzessinnenpalais erreich-
bar, eine durch Übersiedlung der Schinkelsamm-
lung in die frühere Bailakademie sreigewordene
Flucht von Räumen, in denen die eigentliche Neu-
ordnung beginnt.
Das nicht leicht zu behandelnde Problem,
Plastik einzuordnen, die dem Wandbild gegenüber
immer im Nachteil bleiben muß, sollten Auf-
stellung und Belichtung ihrer Wesenheit nicht ganz
entsprechen, ist in einer knappen Folge von Ab-
teilungen gelöst, wobei Zeichnungen der Bild-
hauer eine glückliche Verbindung zu den Wand-
flächen ergeben. Die „Tänzerin" nimmt die Mitte
des kleinen Sonderraumes ein, der vier Bild-
hauerarbeiten und einigen erlesenen Tuschzeich-
nungen Georg Kolbes eingeräumt ist. Darauf
in nur wenigen, aber die Wesensverschiedenheit
einer Fülle von bildhauerischen Begabungen
unserer Zeit ausgezeichnet charakterisierenden
Einzelwerken in lockerer Aufstellung und Anord-
nung, die das Sehen leicht und festlich macht,
Plastik und Zeichnungen von Haller, Harth, Fiori,
Wenck, Emmy Roeder, Karsch, Albiker, Garbe,
Matare u. a. Auch Bildnisplastiken von Lederer
(Komponist Strauß) und Klinisch (General
Schliessen) bekamen links im unteren Saal, zu
dem ein Durchgangsraum mit Proben süddeut-
scher Kunst (eine Plastik von Voll und Aquarell-
Proben von Seewald, Unold, Eberz, Schrimpf usw.)

führt, gute Plätze. Dort hängen, vorläufig noch
als einzige Ölbilder in diesem Stockwerk, Stücke
non Rößler, Kampf, Philipp Frank, Hübner,
Slavona, alles Malereien, die, mit dem sehr
noblen Familienbild Leo von Königs und einem
Stilleben von Purrmann, dem Malvermögen der
beiden Jahrzehnte um die Jahrhundertwende ent-
sprechen.
Wer von diesen stillen Werken zurückkehrt,
findet in einer Raumfolge, die Stimmung der
Bildhauersäle eindringlich fortführend, Zeich-
nungen und Aquarelle, fast noch stärker als so
viele Erinnerungen an Ölbilder das Können einer-
jungen deutschen Künstlergeneration wieder-
spiegelnd. Von Kokoschka und Hofer an über
Morgner, Jaeckel, Beckmann, Moll, Nauen, Pech-
stein, Seehaus, Kerschbaumer, Fuhr, Feininger,
Macke, Marc bis zu den früheren Sezessionisten.
Werner Scholz, Dix, Schmidt-Rottluff, Heckel,
Otto Müller folgen in allmählicher Steigerung
der Farbigkeit. Die Plastik begleitet nur noch
ganz spärlich und findet dann im letzten
Saal, den die reifen sonoren Klänge der
Aquarelle von Rohlfs und Nolde füllen, mit einer
beseelten Schöpfung von Gerhard Marcks einen
Ausklang.
Dem Obergeschoß geben, wieder außerordent-
lich gut aufgestellt, zunächst Bildwerke und zeich-
nerische Darstellungen von Barlach und Lehmbruck
das Gepräge. Neben einem Saal mit Bildern von
Marc und Macke je eine Wand Kokoschka und
Paula Modersohn. Heckel, Otto Müller und
Schmidt-Rottluff, Feininger und Klee, dann
Kirchner, Rohlfs und Nolde schließen sich an. In
den andern Sälen der Gemäldeabteilung, die ihr
endgültiges Gesicht noch nicht empfangen haben,
folgen in reichhaltigem Wechsel Hofer, Kaus,
Scholz, Crodel, Partikel, Radziwill, Dix usw.
bis zu den Vertretern einer poetisch abge-
stimmten Sachlichkeit, den Lenk, Bartning,
Schrimpf u. a. überwiegend tritt gegen früher
der Typ des größeren, des sogenannten Galerie-
bildes zugunsten eines mittleren Bildformates, das
der intimen Stimmung der Räume auch weit
besser entspricht, zurück. TborivaId
II.
Die moderne Bildergalerie im Berliner Kron-
Prinzen-Palais präsentiert sich im neuen Ge-
wände. Seit Monaten wurden darin Um-
häng ungen vorgenommen. Professor Schardt,
der kommissarisch bis zur kürzlichen Berufung von
Dr. Hanfstaengl die Galerie leitete, hat für eine
Erweiterung der Galerie durch Hinzunahme des
angrenzenden Schinkel-Museums Sorge getrageu
und im übrigen auch eine neue, unauffällige Be-
kleidung der Wände im Leinwandton veranlaßt.
Den stärksten Eindruck hinterläßt nach der
Neuordnung der Galerie die im bisherigen
Schinkel-Museum untergebrachte Sammlung
von Aquarellen der Brücke-Generation und
einiger anderer jüngerer Maler. Tiefes Erleben
der deutschen Landschaft spricht aus den duftigen,
in leuchtenden Farben gemalten Blättern eines
Nolde, Rohlfs, Heckel, Schmidt-Rottluff, Weide-
mann, Scholz u. a.
Sehr vorteilhaft nimmt sich auch die Franz
Marc-Sammlung in einem großen Saal des
Hauptgebäudes aus. Die in dem angrenzenden
Raum neu aufgehängte Landschaft Kokosch-
kas trägt wesentlich zum besseren Verständnis der
Bedeutung dieses Malers bei, der bisher allzu
einseitig nach seinen figürlichen Bildern beurteilt
wurde.
In anderen Räumen ist der Eindruck weniger
günstig. Der ursprüngliche Gedanke Professor

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Hans v. Marees, Amazoncnschlacht. Zeichnung

Schardts, daß in eine Galerie nur die Werke ge-
hören, die zu schade sind, in einem Privathaus zu
hängen, die wert sind, allen zugänglich gemacht zu
werden, ist leider nicht überall durchgeführt wor-
den. Unter den führenden Malern der Brücke-
Generation ist vor allem Emil Nolde bild-
mäßig wenig glücklich vertreten. Zudem hängen
seine Arbeiten, zu denen man einen gewissen Ab-
stand haben muß, in einem engen Raum jetzt so
unglücklich, daß man auf diese Weise keineswegs
zur Klärung des Streites, der lange Zeit um
Nolde getobt hat, beiträgt. Wer einmal in Noldes
Privatwohnung war und gesehen hat, was darin
für Schätze verborgen sind, der muß mit Recht
über diese Schau im Kronprinzen-Palais unzu-
frieden sein.
Gut ist die Auswahl der Feiningersammlung,
die durch das gotisch verklärte Hallenser Bild eine
hochwertige künstlerische Bereicherung erfuhr.
Leider kommen die im engen ehemaligen Klee-
kabinett aufgehängten Bilder kaum zur Wirkung.
Im Heckeisaal vermißt man eine der schönsten
Landschaften des Malers, die früher im ersten
Saal so aufgehängt war, daß man sie den langen
Gang herunter sehen konnte. Lieber hätte man
auf die etwas glatten klassizistischen Heidelberg-
und Syltbilder verzichtet, als auf diese Landschaft.
Auch die Bilder von Rohlfs hängen in einem zu
kleinen Raum, um darin recht zur Wirkung kom-
men zu können.
Die Verlegung der Nolde-Feininger- und
Rohlfs-Sammlung in allzu kleine Räume wurde
dadurch notwendig, daß man die Haupträume des
obersten Geschosses Werken der
jüngsten Maler einräumte. So
vegrüßenswert es ist, daß mail
sich endlich entschlossen hat, auch
der jüngsten Generation die
Tore der modernen Staats-
galerie zu öffnen, so fordert
doch die Art, wie man hier der
Jugend Helsen will, zur Kritik
heraus. Den jungen Malern
wurden drei große Säle reser-
viert. Um möglichst vielen
Künstlern gerecht zu werden,
wurden durchschnittlich von
jedem nur ein oder zwei Werke
ausgestellt. Trotz dieser Be-
schränkung kam eine solche Fülle
von Bildern zusammen, daß
man sie nur bei gedrängtester
Aufhängung in der Galerie
unterbringeil konnte. Der Ein-
druck, den die Säle hinterlasseil
ist infolgedessen ein sehr un-
übersichtlicher und wirrer.
Es fragt sich, ob der Jugend
durch eine derartige Vertretung
ihres Schaffens in der Staats-
galerie wirklich gedient wird.
Der Jugend kommt es auf eine
ernste und gründliche Ausein-
andersetzung mit der Öffent-
lichkeit an. Dazu soll ihr das
Krollprinzenpalais als Forum
dienen. Eine solche Ausein-
andersetzung ist aber nur mög-
lich, wenn jeder Maler mehrere
Arbeiten zeigen kann. Da dies
mit allen Malern aus Räum-
mangel nicht gleichzeitig ge-
schehen kann, wird man sich
zu überlegen haben, ob es nicht
besser ist, in dem angrenzenden
früheren Schinkel-Museum von Monat zu
Monat wechselnde Kollektiv-Ausstellungen von
drei oder vier jüngeren Malern zu veranstalten,
die einen tieferen Einblick in die Schaffensart des
Einzelnen vermitteln. Aus diesen Ausstellungen
können vom Staat die wertvollsten Arbeiten zur
dauernden Ausstellung im Hauptgebäude der
Galerie oder zu Geschenkzwecken angekauft werden.
Wir glauben, daß die jetzige Neuordnung des
Kronprinzen-Palais nur ein Zwischen-
stad i u m darstellt und haben deshalb unsere Be-
denken an der jetzigen Organisation der Samm-
lung und unsere Vorschläge für eine Besserung der
Zustände bei einer späteren grundlegenden Neu-
ordnung vorgetragen. Hans Trant

^118 VLK
Odins Rausch
Nicht ist so gut, wie sie gut es nennen,
das Al*) den Erdensöhnen;
denn es hat der Mann, je mehr er trinkt,
desto weniger Bewußtsein.
Vergessenheit heißt der Reiher, der überm Rausch-
trunk schwebt;
er stiehlt uns den Verstand.
Dieses Vogels Federn fesselten mich
in Gunnlöds Gastsaal.
Berauscht ward ich, ward riesig berauscht,
bei Fjalar, dem vielklugen;
das beste am Rausch ist, daß zurück ein jeder
sein Bewußtsein gewinnt.
*) Bier.
Njörd und Skadi
Skadi, eines Bergriesen Tochter, war gewohnt, Ski zu
laufen und Wild zu jagen. Die Götter gaben ihr nicht
Balder, den sie sich wünschte, sondern Njörd zum Manne.
Njörd, der Gott der Seefahrt und des Fischfangs, der in
Noatun am Meere wohnte, wollte nicht ins Gebirge hinauf-
ziehen. Da einigten sie sich, sie wollten neun Tage im Ge-
birge Hausen und die nächsten neun in Noatun. Aber als
sie aus dem Gebirge nach Noatun kamen, da sprach Njörd"
Leid sind mir die Berge; nicht lange war ich dort,
neun Nächte nur:
schöner schien mir der Schwäne Sang
als der Wölfe Wutgeheul.

Da erwiderte Skadi:
Nicht schlafen kann ich vor dem Schreien der Vögel
an der Brandung Bett:
jeden Morgen, wenn sie vom Meere kommt,
weckt die Möwe mich.
So trennten die Gatten sich wieder: Njörd blieb in
Noatun; Skadi zog in ihre heimatlichen Berge zurück.

Verständnis der Tunstzverlle beikt ständig
neue Tebenskreude ^ezvinnen.
Volks^emeinsebakt lleikt jedem die Trakt
aus Treude rm ermö^licben. Auell 8ie müssen
daker ständig in Ibrem Treundesllreis auf die
„Tunst der Nation" biniveisen,


Otto Müller, Badende

Mit Gen. d. Galerie Moeller, Berlin
 
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