4
Kunst der Nation
Künstler heraus!
P. Bronisch, Hindenburg-Büste
korreHan-NanuLalLtur
Neues von äer Berliner
Sigmund Schütz, Erntebechcr.
Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin
Trude Petri, llrbino-Tafelservice mit schmalem Platinrand.
Staatliche Porzellan-Manufaltur Berlin
Zohann Gottfried Müller 1785, Medaille Friedrich d. Grohcn.
Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin
ver-
Die
„llnterm Neuen Zepter
Der Zauber des Porzellans, gleich anziehend
durch Glanz und Grazie des Materials wie die
unendlichen Möglichkeiten der plastischen und
farbigen Behandlung, ist seit jeher eigentlich für
Vorstellung des Heroischen, des Gütigen, des
Menschlichen zu Vereinen und monumental darzu-
stellen. Es wäre zu wünschen, dieses Bildnis
würde d i e Hindenburgbüste. Zu bedauern ist die
allzu gedrängte Aufstellung der vielen Arbeiten
in dem einen zu kleinen Raum, der feierlich ge-
schmückt ist. Zu dieser Ausstellung hätte der Ver-
anstalter gut noch einen seiner schönen Räume
nehmen sollen, die zu gleicher Zeit bestehenden an-
deren Ausstellungen hätten als Rahmen dieser
Schau sicher nicht eingebüßt. Die Malerin Hed-
wig Rades sollte die Hälfte ihrer Arbeiten wählen
und ausstellen, ebenso der Karlsruher Hubbuch.
Der Zeichner Joachim Lutz darf ruhig einmal
mehr herausgestellt werden.
möglichen und notwendigen Richtungen, und jeder
Blick in ein Schaufenster oder eine Ausstellung
der Manufaktur offenbart es dem ersten Augen-
schein: Nach der künstleris chen Seite werden
reine klare Sachformen von vornehmster Schlicht-
heit gesunden und, wo es verlangt wird, mit
farbigen Zutaten figürlicher, pflanzlicher oder rein
dekorativer Art vergehen. Nach dertechnischen
Seite aber gibt es so vollendet und ihrem Zweck
aufs feinste angepaßte Schalen, Tiegel, Röhren
usw. aus tadelloser weißer Masse für chemische
und physikalische Zwecke aller Art, daß scyon der
Anblick dieser Geräte, die durchaus nicht auf
„Schönheit" ausgehen, sondern nur einem un-
mittelbaren, oft recht spezialisierten Nutzen dienen
wollen, ein vollkommen ästhetischer ist. Dieselbe
Zweiheit von Technik und Schönheit, die in
unseren besten Flugzeugen oder Autos Auge und
Geist gleichermaßen in Bollkommenheitseindrücken
schwelgen läßt, beseelt auch diese wunderbaren
Dinge aus weißem Porzellan, die den modernen
Produkten aus der Charlottenburger Wegelystraße
ihren Weltruf bei den Werkstätten und Forschern
verschafft haben.
Darüber darf man aber nicht den Triumph
vergessen, den die verjüngte Schönheit der Ber-
liner Porzellankunst errungen hat. Eine Aus-
stellung ihrer Werke im Schloß zu Königsberg
Hin-enburgbil-lijsse
in der Galerie Gurlitt
In der Galerie Gurlitt in Berlin ist seit An-
fang November eine Ausstellung, die für alle
Freunde des plastischen Bildnisses hochinteressant
ist und für den Besucher der Ausstellung „Das
Bildnis in der Plastik", die im gleichen Monat in
den staatlichen Museen eröffnet wurde, eine be-
sondere Gelegenheit, das Studium über das Bild-
nis fortzusetzen, wie die verschiedensten Künstler
eine Person sehen und darstellen. Etwa zwanzig
Künstler, berühmte Bildhauer und solche deren
Namen man bisher kaum gehört hat, haben das
plastische Hindenburgbildnis geschaffen, und es ist
erstaunlich festzustellen, wie verschieden dieser
Heros und erhabene Mensch aufgefaßt und dar-
gestellt wurde. Es liegt so nahe, daß man bei
dieser Betrachtung sofort in Versuchung gerät,
d i e Hindenburgbüste zu suchen, denn jedermann
bringt von diesem Heros seine Bildvorstellung mit.
Die meisten dieser Bronzebildnisse sind über-
lebensgroß, aber deshalb noch lange nicht monu-
mental. Ganz hervorragend ist die Kopfarbeit von
dem fast unbekannten Bildhauer P. Bronisch. Es
ist ihm ganz ausgezeichnet gelungen, damit die
sie aber nun mit dieser Ausstellung erfüllt? Nein,
auf keinen Fall. Wenn das eine Zusammen-
fassung der schöpferischen Kräfte der Nation sein
soll, dann haben diese es nicht verdient, daß sich
Friedrich Gilly hat das ganze Jahrhundert kaum
wieder etwas zur Seite zu setzen. In den Büsten
Rauchs erhält sich der künstlerische Rang bis zur
Jahrhundertmitte. Der akademischen Erstarrung
und der daraus folgenden naturalistischen Er-
weichung tritt dann die meisterliche Zucht und
Strenge Adolf v. Hildebrands gegenüber. Seither
ist die Welle glücklichsten Bildnisschaffens nicht
verebbt. Neben den wenigen Bildnissen Lehm-
brucks und Barlachs steht die Fülle des Schaffens
von Kolbe, Scheibe, Marcks und vieler Jüngerer.
-i-
Aus diesem bald schmalen, bald breiten Strom
deutscher plastischer Bildniskunst gibt die Aus-
stellung gruppenweise Ausschnitte. Lebensgroße
Büsten, durch Jahrhunderte getrennt, stehen sich
gegenüber, kleinere Werke sind in Schauschränken,
Münzen und Plaketten in Schautischen gesondert.
Am umfangreichsten die Bronze- und die Gips-
Ton-Abteilung, am gewichtigsten durch die
Meisterwerke Schadows der Raum mit den
Marmorwerken und dahinter, kaum zurückstehend,
durch die Gegensätze der Jahrhunderte besonders
Prägnant, der Holzraum: Die Daucherschen Halb-
figuren bewegt und fast genremäßig, Spiegel des
bürgerlichen Wesens einer spätmittelalterlichen
Stadt. Verwunderlich und wenig glücklich der
Versuch, in Holz gipsartige Glätte zu erreichen:
die Büste Friedrich Wilhelms IV. von Alberti um
1840. Strenger, fast monumental und an
Neuestes erinnernd: die Hagenbeck-Büste des
wenig bekannten Josef Höfflen kurz nach der
Jahrhundertwende. Als Abschluß der blockmäßig
geschlossen aufragende, prachtvolle Däubler-Kopf
Barlachs, der wider Erwarten in solcher Um-
gebung keineswegs brutal wirkt, ja neben der
Gulbransson-Büste des Münchener Akademikers
Wackerle fast zart und jedenfalls sehr vergeistigt
erscheint. Uent^en
alle Menschen, nicht bloß für Kunstfreunde, der
gleiche geblieben; und besonders seit es vor länger
als zweihundert Jahren gelungen war, das viel-
begehrte kostbare Gut aus China in gleicher
Qualität in Deutschland herzustellen, ist Sinn und
Leidenschaft dafür mit wachsendem Gebrauch un-
endlich gestiegen und in weiteste Kreise des Volks
gedrungen. Nicht alle Porzellanfabriken, deren
Ruhm das 18. Jahrhundert erfüllte, haben sich
behaupten können; neben der ältesten zu Meißen
sind es die Nymphenburger und die Berliner
Manufakturen, die in ununterbrochener Folge ge-
arbeitet und gerade heute wieder zu einer neuen
Blüte sich aufgeschwungen haben.
Eine Zeitlang, in dem für jede echte Kunst-
übung bedenklichen 19. Jahrhundert, hat es so
ausgesehen, als ob das edle Porzellan in der
Zwickmühle zwischen ordinärem und stillosem Ge-
brauchsgeschirr und einer stupiden Nachahmung
der alten Rokokoformen in hoffnungsloser
Banalität versinken sollte. Aber die berufenen
Stätten seiner großen Tradition haben sich in der
allgemeinen Verjüngung deutscher Kunst um 1900
auf ihre Pflicht besonnen, und besonders Berlin
ist in der jüngsten Zeit mit entschiedenem Glück
in Schaffung zeitgemäßer Formen hervorgetreten,
so daß wohl gesagt werden kann, daß die Berliner
Porzellanmanufaktur an der Spitze aller Be-
strebungen steht, das herrliche Material seiner Be-
stimmung und unserer gewandelten Anschauung
gemäß zu einer neuen Blüte zu bringen.
Dies vollzieht sich gleichmäßig nach beiden heute
In der bildenden Kunst ist es unmöglich, das
Gewollte mit Worten auszudrücken, nur das Werk
ist ausstellungsfähig, nur die Leistung macht den
Künstler. Das große Wollen und die Gesinnung
sind Voraussetzungen, die man nicht ausstellen
kann. Die NS-Kulturgemeinde in der NSG-
„Kraft durch Freude", Deutschlands repräsenta-
tivste NS-Kulturgemeinde, eröffnete vor wenigen
Wochen ihre erste Programmatische Kunstaus-
stellung in der Tiergartenstraße in Berlin. Ganz
Deutschland erwartet andächtig „Die Ausles e",
jedermann hofft, „hier spricht das neue Deutsch-
land". Das Programm war eine ungeheure Ver-
pflichtung, alle staatlichen Unterstützungen konnten
die Veranstalter erwarten nnd sich dadurch an die
große Aufgabe wagen. Das Programm und die
Ausgaben der NS-Kulturgemeinden sind mir zu
ernst, um über diese erste Ausstellung mit den
Worten der ZeitungskrUik zu sprechen, aber das
muß gesagt werden, mit dieser Ausstellung wird
das Ansehen der deutschen Künstler und derjenigen,
die wählten und zusammenstellten, nicht gehoben.
In dem Vorwort des Kataloges heißt es: „Uns
kam es lediglich darauf an, die schöpferischen
Kräfte festzustellen", es wurde damit bekannt, daß
diese Aufgabe zuerst erfüllt werden muß. Ist
i. Pr. hat es der Öffentlichkeit zur rechten Zeit
wieder einmal zum Bewußtsein gebracht; eine
Ausstellung, die der Initiative des Direktors Frhr.
von Pechmann und des ostpreußischen Oberpräp-
denten Erich Koch ihr Dasein verdankt, und deren
Titel „Unterm blauen Zepter" ihren Ursprung
und ihren Sinn zugleich enthüllt. Man weiß, mit
welchem Nachdruck Obergauleiter Erich Koch be-
müht ist, dem merkwürdigsten Produkt Ost-
preußens, dem Bernstein, Beachtung und Form-
schönheit neu zu schassen, und mit wie glücklichem
Erfolg dies geschieht. Im Gebiet des Porzellans
vollzog sich etwas Verwandtes: die Schöpfung des
großen Königs, der sein Szepter als blaue Fabrik-
marke der Manufaktur als Zeichen höchster
Qualität verliehen hat, zeigte sich in dieser Aus-
stellung als ein Ruhmesblatt der preußischen
Kulturgeschichte. Die Berliner Manufaktur hat
es unter Frhr. v. Pechmann verstanden, vor allem
auch diese große preußische Tradition zu wahren
und fortzusühren. Das beweisen ebenso sehr die
vorzüglichen Nachbildungen der Büsten, Statuet-
ten, Plaketten und alten Originalformen, denen wir
die Erneuerung kostbarster und unerschwinglich
gewordener Bildnisse von Friedrich, Kant, Scharn-
horst usw. verdanken, sondern auch die immer fort-
gesetzte Reihe neuerer Plaketten und Büsten großer
Männer preußisch-deutscher Geschichte uud audere
Porträtschöpfungen, z. B. bedeutender Amerikaner,
mit denen diese Tradi-
tion sich in den Dienst
politischer Freundschafts-
werbung begibt. Die Neu-
schaffung köstlicher Tisch-
geräte, dekorativer Sta-
tuetten und aller anderen
Arten hochstehender Por-
zellanplastik knüpft eben-
falls an die altpreußische
Überlieferung an; diese
hat zu ihrer Zeit ebenso
die begabtesten und mo-
dernsten Kräfte in ihren
Dienst gestellt, wie heute
etwa Ruth Schaumann,
Seewaldt, Ludwig Gieß
oder Edwin Scharfs zur
Formung und Dekorie-
rung von Geschirr und
Plastik herangezogen
werden.
Wie dankbar Ost-
preußen die Schönheit
- und Gültigkeit einer sol-
chen Schau empfindet,
und Wie sehr es sich da-
durch dem Reich und sei-
nen Möglichkeiten an
. Tradition und Kultur-
förderung berbunden
fühlt, mag der Schluß-
satz aus einer Be-
sprechung der größten
Zeitung Ostpreußens be-
weisen, in der es heißt:
„Die Ausstellung der
Staatlichen Porzellan-
Manufaktur ist, das ist
nicht zuviel gesagt, eines
der größten künstlerischen
Ereignisse Königsbergs
in der letzten Zeit. Diese
Ausstellung, das ist ge-
wiß, wird zu ihrem Teil
dazu beitragen, daß sich ein schlichter und neuer
Stil, der den Bedürfnissen des Tages entspricht,
schneller als bisher durchsetzen kann."
8 o ll in i ck t
Kunst natürlicher und organischer zu formen, den
Zufall mehr auszuschalten, die aufbauenden und
typischen Kräfte des Volkstums viel besser hervor-
zuhebeu, Aufgaben zu stellen, die formbildenden
Kräfte der Volksgemeinschaft zu aktivieren und
dabei doch dem führenden Künstler Platz und Ge-
legenheit zu schassen zu vorbildlichem Werk.
Viel stärker als früher übernimmt das
Museum wieder die Führung. Es gibt den Werken
wieder mehr Sinn und Ordnung, es gehen An-
regungen von ihm aus.
Die staatlichen Museen in Berlin gaben ein
Verzeichnis der von ihnen geplanten Führungen
und Vorträge heraus, das schon durch seine An-
ordnung als vorbildlich bezeichnet werden kann.
Aber von ihnen veranstaltete Sonderausstellungen
berichten an anderer Stelle dieser Zeitung zwei
eingehende Besprechungen. Die Verantwortlichen
Leiter der einzelnen Museen, vor allem auch die,
die schon mit ihren Sammlungen verwachsen sind,
haben wieder selbst die Führung und Einführung
durch den Persönlichen Vortrag übernommen. Die
davon ausgehende Werbung für ein gesteigertes
Interesse ist offensichtlich und wird' bestimmt,
fruchtbar zu wirken. Einen besonderen Gewinn
bedeutet es, wenn der vollkommene Beherrscher
der Materie auch ein hervorragender Redner ist,
der für den Kreis seiner Zuhörer instinktsicher
das richtige Wort und den richtigen Ton findet.
Die in diesem Vierteljahr im Deutschen Museum
von Direktor Demmler gehaltenen Führungen
und Vorträge sind unbestritten für jeden Teil-
nehmenden ein hoher Genuß gewesen. Ob er über
Malerei, Plastik uud Architektur Frankens,
Schwabens, Bayerns oder Norddeutschlands sprach,
sein Wort stellte stets das einzelne Werk wieder
in den Raum seiner Heimat, in die Werkstatt des
Künstlers zurück. Er zeigte, wie aus Stammes-
gebuudeuheit uud Freiheit schöpferischer Kraft das
Werk wurde, knüpfte Anfang und Ende zusammen
und baute so die Einheit von Raum und Zeit des
Kunstwerkes wieder auf. Innerhalb seines
Generalthemas Mittelalter entwickelte er die welt-
anschauliche Linienführung zur Bildniskunst,
grenzte Stammesart und Volkstum gegeneinander
ab, erklärte in Persönlichkeiten Gesetze ganzer
Epochen nnd faßte die Architekturentwicklung des
Nordens in einer Stunde zusammen. Wie er die
Betrachtung zum Erlebnis gestaltete und das Ge-
heimnis der Form entschleierte, dafür danken ihm
seine Zuhörer besonders. IV.
Museumsführung
Die Zahl der Museen hat sich seit 1928
doppelt, in diesem Jahre beträgt sie 2075.
vielen neugegründeten Heimatmuseen haben natür-
lich wesentlichen Anteil an diesem Zuwachs.
Man kann also doch von einer stärkeren Teil-
nahme des Publikums an der bildenden Kunst
sprechen. Das ist verständlich. Das Verhältnis
des Menschen zum Leben ist unmittelbarer ge-
worden. In diesen Zeiten geistigen Umbruchs ist
die Kunst vielen Menschen erst wieder sinnfällige
Deuterin von Weltanschauungs- und Gemein-
schaftsfragen.
An sich steht heute mehr als je Sinn und
Zweckmäßigkeit des Museums in Frage. Anderer-
seits ist man bemüht, den Sinn für die bildende
Kunst der Nation
Künstler heraus!
P. Bronisch, Hindenburg-Büste
korreHan-NanuLalLtur
Neues von äer Berliner
Sigmund Schütz, Erntebechcr.
Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin
Trude Petri, llrbino-Tafelservice mit schmalem Platinrand.
Staatliche Porzellan-Manufaltur Berlin
Zohann Gottfried Müller 1785, Medaille Friedrich d. Grohcn.
Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin
ver-
Die
„llnterm Neuen Zepter
Der Zauber des Porzellans, gleich anziehend
durch Glanz und Grazie des Materials wie die
unendlichen Möglichkeiten der plastischen und
farbigen Behandlung, ist seit jeher eigentlich für
Vorstellung des Heroischen, des Gütigen, des
Menschlichen zu Vereinen und monumental darzu-
stellen. Es wäre zu wünschen, dieses Bildnis
würde d i e Hindenburgbüste. Zu bedauern ist die
allzu gedrängte Aufstellung der vielen Arbeiten
in dem einen zu kleinen Raum, der feierlich ge-
schmückt ist. Zu dieser Ausstellung hätte der Ver-
anstalter gut noch einen seiner schönen Räume
nehmen sollen, die zu gleicher Zeit bestehenden an-
deren Ausstellungen hätten als Rahmen dieser
Schau sicher nicht eingebüßt. Die Malerin Hed-
wig Rades sollte die Hälfte ihrer Arbeiten wählen
und ausstellen, ebenso der Karlsruher Hubbuch.
Der Zeichner Joachim Lutz darf ruhig einmal
mehr herausgestellt werden.
möglichen und notwendigen Richtungen, und jeder
Blick in ein Schaufenster oder eine Ausstellung
der Manufaktur offenbart es dem ersten Augen-
schein: Nach der künstleris chen Seite werden
reine klare Sachformen von vornehmster Schlicht-
heit gesunden und, wo es verlangt wird, mit
farbigen Zutaten figürlicher, pflanzlicher oder rein
dekorativer Art vergehen. Nach dertechnischen
Seite aber gibt es so vollendet und ihrem Zweck
aufs feinste angepaßte Schalen, Tiegel, Röhren
usw. aus tadelloser weißer Masse für chemische
und physikalische Zwecke aller Art, daß scyon der
Anblick dieser Geräte, die durchaus nicht auf
„Schönheit" ausgehen, sondern nur einem un-
mittelbaren, oft recht spezialisierten Nutzen dienen
wollen, ein vollkommen ästhetischer ist. Dieselbe
Zweiheit von Technik und Schönheit, die in
unseren besten Flugzeugen oder Autos Auge und
Geist gleichermaßen in Bollkommenheitseindrücken
schwelgen läßt, beseelt auch diese wunderbaren
Dinge aus weißem Porzellan, die den modernen
Produkten aus der Charlottenburger Wegelystraße
ihren Weltruf bei den Werkstätten und Forschern
verschafft haben.
Darüber darf man aber nicht den Triumph
vergessen, den die verjüngte Schönheit der Ber-
liner Porzellankunst errungen hat. Eine Aus-
stellung ihrer Werke im Schloß zu Königsberg
Hin-enburgbil-lijsse
in der Galerie Gurlitt
In der Galerie Gurlitt in Berlin ist seit An-
fang November eine Ausstellung, die für alle
Freunde des plastischen Bildnisses hochinteressant
ist und für den Besucher der Ausstellung „Das
Bildnis in der Plastik", die im gleichen Monat in
den staatlichen Museen eröffnet wurde, eine be-
sondere Gelegenheit, das Studium über das Bild-
nis fortzusetzen, wie die verschiedensten Künstler
eine Person sehen und darstellen. Etwa zwanzig
Künstler, berühmte Bildhauer und solche deren
Namen man bisher kaum gehört hat, haben das
plastische Hindenburgbildnis geschaffen, und es ist
erstaunlich festzustellen, wie verschieden dieser
Heros und erhabene Mensch aufgefaßt und dar-
gestellt wurde. Es liegt so nahe, daß man bei
dieser Betrachtung sofort in Versuchung gerät,
d i e Hindenburgbüste zu suchen, denn jedermann
bringt von diesem Heros seine Bildvorstellung mit.
Die meisten dieser Bronzebildnisse sind über-
lebensgroß, aber deshalb noch lange nicht monu-
mental. Ganz hervorragend ist die Kopfarbeit von
dem fast unbekannten Bildhauer P. Bronisch. Es
ist ihm ganz ausgezeichnet gelungen, damit die
sie aber nun mit dieser Ausstellung erfüllt? Nein,
auf keinen Fall. Wenn das eine Zusammen-
fassung der schöpferischen Kräfte der Nation sein
soll, dann haben diese es nicht verdient, daß sich
Friedrich Gilly hat das ganze Jahrhundert kaum
wieder etwas zur Seite zu setzen. In den Büsten
Rauchs erhält sich der künstlerische Rang bis zur
Jahrhundertmitte. Der akademischen Erstarrung
und der daraus folgenden naturalistischen Er-
weichung tritt dann die meisterliche Zucht und
Strenge Adolf v. Hildebrands gegenüber. Seither
ist die Welle glücklichsten Bildnisschaffens nicht
verebbt. Neben den wenigen Bildnissen Lehm-
brucks und Barlachs steht die Fülle des Schaffens
von Kolbe, Scheibe, Marcks und vieler Jüngerer.
-i-
Aus diesem bald schmalen, bald breiten Strom
deutscher plastischer Bildniskunst gibt die Aus-
stellung gruppenweise Ausschnitte. Lebensgroße
Büsten, durch Jahrhunderte getrennt, stehen sich
gegenüber, kleinere Werke sind in Schauschränken,
Münzen und Plaketten in Schautischen gesondert.
Am umfangreichsten die Bronze- und die Gips-
Ton-Abteilung, am gewichtigsten durch die
Meisterwerke Schadows der Raum mit den
Marmorwerken und dahinter, kaum zurückstehend,
durch die Gegensätze der Jahrhunderte besonders
Prägnant, der Holzraum: Die Daucherschen Halb-
figuren bewegt und fast genremäßig, Spiegel des
bürgerlichen Wesens einer spätmittelalterlichen
Stadt. Verwunderlich und wenig glücklich der
Versuch, in Holz gipsartige Glätte zu erreichen:
die Büste Friedrich Wilhelms IV. von Alberti um
1840. Strenger, fast monumental und an
Neuestes erinnernd: die Hagenbeck-Büste des
wenig bekannten Josef Höfflen kurz nach der
Jahrhundertwende. Als Abschluß der blockmäßig
geschlossen aufragende, prachtvolle Däubler-Kopf
Barlachs, der wider Erwarten in solcher Um-
gebung keineswegs brutal wirkt, ja neben der
Gulbransson-Büste des Münchener Akademikers
Wackerle fast zart und jedenfalls sehr vergeistigt
erscheint. Uent^en
alle Menschen, nicht bloß für Kunstfreunde, der
gleiche geblieben; und besonders seit es vor länger
als zweihundert Jahren gelungen war, das viel-
begehrte kostbare Gut aus China in gleicher
Qualität in Deutschland herzustellen, ist Sinn und
Leidenschaft dafür mit wachsendem Gebrauch un-
endlich gestiegen und in weiteste Kreise des Volks
gedrungen. Nicht alle Porzellanfabriken, deren
Ruhm das 18. Jahrhundert erfüllte, haben sich
behaupten können; neben der ältesten zu Meißen
sind es die Nymphenburger und die Berliner
Manufakturen, die in ununterbrochener Folge ge-
arbeitet und gerade heute wieder zu einer neuen
Blüte sich aufgeschwungen haben.
Eine Zeitlang, in dem für jede echte Kunst-
übung bedenklichen 19. Jahrhundert, hat es so
ausgesehen, als ob das edle Porzellan in der
Zwickmühle zwischen ordinärem und stillosem Ge-
brauchsgeschirr und einer stupiden Nachahmung
der alten Rokokoformen in hoffnungsloser
Banalität versinken sollte. Aber die berufenen
Stätten seiner großen Tradition haben sich in der
allgemeinen Verjüngung deutscher Kunst um 1900
auf ihre Pflicht besonnen, und besonders Berlin
ist in der jüngsten Zeit mit entschiedenem Glück
in Schaffung zeitgemäßer Formen hervorgetreten,
so daß wohl gesagt werden kann, daß die Berliner
Porzellanmanufaktur an der Spitze aller Be-
strebungen steht, das herrliche Material seiner Be-
stimmung und unserer gewandelten Anschauung
gemäß zu einer neuen Blüte zu bringen.
Dies vollzieht sich gleichmäßig nach beiden heute
In der bildenden Kunst ist es unmöglich, das
Gewollte mit Worten auszudrücken, nur das Werk
ist ausstellungsfähig, nur die Leistung macht den
Künstler. Das große Wollen und die Gesinnung
sind Voraussetzungen, die man nicht ausstellen
kann. Die NS-Kulturgemeinde in der NSG-
„Kraft durch Freude", Deutschlands repräsenta-
tivste NS-Kulturgemeinde, eröffnete vor wenigen
Wochen ihre erste Programmatische Kunstaus-
stellung in der Tiergartenstraße in Berlin. Ganz
Deutschland erwartet andächtig „Die Ausles e",
jedermann hofft, „hier spricht das neue Deutsch-
land". Das Programm war eine ungeheure Ver-
pflichtung, alle staatlichen Unterstützungen konnten
die Veranstalter erwarten nnd sich dadurch an die
große Aufgabe wagen. Das Programm und die
Ausgaben der NS-Kulturgemeinden sind mir zu
ernst, um über diese erste Ausstellung mit den
Worten der ZeitungskrUik zu sprechen, aber das
muß gesagt werden, mit dieser Ausstellung wird
das Ansehen der deutschen Künstler und derjenigen,
die wählten und zusammenstellten, nicht gehoben.
In dem Vorwort des Kataloges heißt es: „Uns
kam es lediglich darauf an, die schöpferischen
Kräfte festzustellen", es wurde damit bekannt, daß
diese Aufgabe zuerst erfüllt werden muß. Ist
i. Pr. hat es der Öffentlichkeit zur rechten Zeit
wieder einmal zum Bewußtsein gebracht; eine
Ausstellung, die der Initiative des Direktors Frhr.
von Pechmann und des ostpreußischen Oberpräp-
denten Erich Koch ihr Dasein verdankt, und deren
Titel „Unterm blauen Zepter" ihren Ursprung
und ihren Sinn zugleich enthüllt. Man weiß, mit
welchem Nachdruck Obergauleiter Erich Koch be-
müht ist, dem merkwürdigsten Produkt Ost-
preußens, dem Bernstein, Beachtung und Form-
schönheit neu zu schassen, und mit wie glücklichem
Erfolg dies geschieht. Im Gebiet des Porzellans
vollzog sich etwas Verwandtes: die Schöpfung des
großen Königs, der sein Szepter als blaue Fabrik-
marke der Manufaktur als Zeichen höchster
Qualität verliehen hat, zeigte sich in dieser Aus-
stellung als ein Ruhmesblatt der preußischen
Kulturgeschichte. Die Berliner Manufaktur hat
es unter Frhr. v. Pechmann verstanden, vor allem
auch diese große preußische Tradition zu wahren
und fortzusühren. Das beweisen ebenso sehr die
vorzüglichen Nachbildungen der Büsten, Statuet-
ten, Plaketten und alten Originalformen, denen wir
die Erneuerung kostbarster und unerschwinglich
gewordener Bildnisse von Friedrich, Kant, Scharn-
horst usw. verdanken, sondern auch die immer fort-
gesetzte Reihe neuerer Plaketten und Büsten großer
Männer preußisch-deutscher Geschichte uud audere
Porträtschöpfungen, z. B. bedeutender Amerikaner,
mit denen diese Tradi-
tion sich in den Dienst
politischer Freundschafts-
werbung begibt. Die Neu-
schaffung köstlicher Tisch-
geräte, dekorativer Sta-
tuetten und aller anderen
Arten hochstehender Por-
zellanplastik knüpft eben-
falls an die altpreußische
Überlieferung an; diese
hat zu ihrer Zeit ebenso
die begabtesten und mo-
dernsten Kräfte in ihren
Dienst gestellt, wie heute
etwa Ruth Schaumann,
Seewaldt, Ludwig Gieß
oder Edwin Scharfs zur
Formung und Dekorie-
rung von Geschirr und
Plastik herangezogen
werden.
Wie dankbar Ost-
preußen die Schönheit
- und Gültigkeit einer sol-
chen Schau empfindet,
und Wie sehr es sich da-
durch dem Reich und sei-
nen Möglichkeiten an
. Tradition und Kultur-
förderung berbunden
fühlt, mag der Schluß-
satz aus einer Be-
sprechung der größten
Zeitung Ostpreußens be-
weisen, in der es heißt:
„Die Ausstellung der
Staatlichen Porzellan-
Manufaktur ist, das ist
nicht zuviel gesagt, eines
der größten künstlerischen
Ereignisse Königsbergs
in der letzten Zeit. Diese
Ausstellung, das ist ge-
wiß, wird zu ihrem Teil
dazu beitragen, daß sich ein schlichter und neuer
Stil, der den Bedürfnissen des Tages entspricht,
schneller als bisher durchsetzen kann."
8 o ll in i ck t
Kunst natürlicher und organischer zu formen, den
Zufall mehr auszuschalten, die aufbauenden und
typischen Kräfte des Volkstums viel besser hervor-
zuhebeu, Aufgaben zu stellen, die formbildenden
Kräfte der Volksgemeinschaft zu aktivieren und
dabei doch dem führenden Künstler Platz und Ge-
legenheit zu schassen zu vorbildlichem Werk.
Viel stärker als früher übernimmt das
Museum wieder die Führung. Es gibt den Werken
wieder mehr Sinn und Ordnung, es gehen An-
regungen von ihm aus.
Die staatlichen Museen in Berlin gaben ein
Verzeichnis der von ihnen geplanten Führungen
und Vorträge heraus, das schon durch seine An-
ordnung als vorbildlich bezeichnet werden kann.
Aber von ihnen veranstaltete Sonderausstellungen
berichten an anderer Stelle dieser Zeitung zwei
eingehende Besprechungen. Die Verantwortlichen
Leiter der einzelnen Museen, vor allem auch die,
die schon mit ihren Sammlungen verwachsen sind,
haben wieder selbst die Führung und Einführung
durch den Persönlichen Vortrag übernommen. Die
davon ausgehende Werbung für ein gesteigertes
Interesse ist offensichtlich und wird' bestimmt,
fruchtbar zu wirken. Einen besonderen Gewinn
bedeutet es, wenn der vollkommene Beherrscher
der Materie auch ein hervorragender Redner ist,
der für den Kreis seiner Zuhörer instinktsicher
das richtige Wort und den richtigen Ton findet.
Die in diesem Vierteljahr im Deutschen Museum
von Direktor Demmler gehaltenen Führungen
und Vorträge sind unbestritten für jeden Teil-
nehmenden ein hoher Genuß gewesen. Ob er über
Malerei, Plastik uud Architektur Frankens,
Schwabens, Bayerns oder Norddeutschlands sprach,
sein Wort stellte stets das einzelne Werk wieder
in den Raum seiner Heimat, in die Werkstatt des
Künstlers zurück. Er zeigte, wie aus Stammes-
gebuudeuheit uud Freiheit schöpferischer Kraft das
Werk wurde, knüpfte Anfang und Ende zusammen
und baute so die Einheit von Raum und Zeit des
Kunstwerkes wieder auf. Innerhalb seines
Generalthemas Mittelalter entwickelte er die welt-
anschauliche Linienführung zur Bildniskunst,
grenzte Stammesart und Volkstum gegeneinander
ab, erklärte in Persönlichkeiten Gesetze ganzer
Epochen nnd faßte die Architekturentwicklung des
Nordens in einer Stunde zusammen. Wie er die
Betrachtung zum Erlebnis gestaltete und das Ge-
heimnis der Form entschleierte, dafür danken ihm
seine Zuhörer besonders. IV.
Museumsführung
Die Zahl der Museen hat sich seit 1928
doppelt, in diesem Jahre beträgt sie 2075.
vielen neugegründeten Heimatmuseen haben natür-
lich wesentlichen Anteil an diesem Zuwachs.
Man kann also doch von einer stärkeren Teil-
nahme des Publikums an der bildenden Kunst
sprechen. Das ist verständlich. Das Verhältnis
des Menschen zum Leben ist unmittelbarer ge-
worden. In diesen Zeiten geistigen Umbruchs ist
die Kunst vielen Menschen erst wieder sinnfällige
Deuterin von Weltanschauungs- und Gemein-
schaftsfragen.
An sich steht heute mehr als je Sinn und
Zweckmäßigkeit des Museums in Frage. Anderer-
seits ist man bemüht, den Sinn für die bildende