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Kunst der Nation
fassen. Das zu schaffende Mal muß mitten im
Alltagsleben stehen, es muß sich im Unterbewußt-
sein der Ortseingesessenen so verankern, daß es —
vermeintlich übersehen — zum festen Bestand der
heimatlichen Vorstellungswelt von Jung und
Alt wird. Nur dann erfüllt es die ihm zuge-
dachte Aufgabe. Der Standort des 70er Denk-
mals ist gut gewählt, dem Denkmal selbst aber
fehlt die Beziehung zum Leben, es ist nicht Sym-
bol, sondern Schaustück.
Wenu ich der Verschönerung der Stadt P.
das Wort rede, wenn ich für einen
völligen Umbau des vorhandenen Denk-
mals eintrete, so hat dieses Bestreben
noch andere Gründe. Der gute Rus der
Stadt als Badeort verpflichtet ganz be-
sonders. Alles zu tun, um das Stadtbild
zu verschönern, muß Aufgabe der Stadt
und ihrer Bürger sein. Dazu gehört
natürlich auch das Bestreben, Mißakkorde
im Stadtbilde zu beseitigen. Vorbildlich
ist das Vorgehen der Stadt Soest zu
nennen, die das Denkmal von 1870 be-
seitigte, weil es eines ihrer wertvollsten
Stadtbilder stark beeinträchtigte. Man
kann natürlich nur dann an eine Beseiti-
gung eines geschichtlich bedeutsamen
Zeugen herantreten, wenn Besseres an
dessen Stelle gesetzt wird. Das ist Vor-
aussetzung und Pflicht.
Beispiele, wie das hier angeführte,
lassen pch oelrevig viele nennen, denn
Vtadt und Dors ist in den letzten
80 Jahren gar uoel mitgespiett woroen,
und es wird nachgerade yocyste Zeit, mn
energischem Wrtten an eine umreyr her-
anzngeyen. Unangebrachte „Pietät" darf
uns im Hinblick auf die Bedeutung
der Heimat nicht hinderlich :::: Wege
stehen. Ein besonders krasser Fall
solch falscher Ehrfurcht trat nur
vor kurzem in der ehemaligen Reichs-
stadt Sch. entgegen. Diese einstige
Festung ist irr ihrer näheren Um-
gebung durch ihre tapferen Frauen
bekannt, welche dem französischen
Heerführer Melac mutig entgegen-
traten. Mehr als zweihundert Jahre
überlieferte sich die Geschichte dieser
Frauen von Mund zu Mund, kein „ehrend
Mal" ward ihnen gesetzt. Da geschah die
Ehrung. Im Jahre 1800 fühlte sich ein
tatenfroher Maler verpflichtet, den Frauen ein
Denkmal zu setzen. Er malte ein Bild er-
klecklichen Ausmaßes an eine der Giebelseiten des
stattlichen Rathauses, ein Fresko von fast 14 Me-
ter Breite und 3 bis 4 Meter Höhe. Guter
Wille schießt gar oft übers Ziel, und die Tat des
Malers, deren Bedeutung vor allem in den Aus-
maßen seines Werkes liegt, ist nicht dazu ange-
tan, der Nachwelt vom einstigen Geschehen Kunde
zu hinterlassen -— gottlob, das Gemälde zerfällt.
Doch peinlich sind die Nachwirkungen. Ein Teil
der Bürgerschaft hängt an diesem „Kunstwerk"
Gedancr-K-ubzub ringen, We
tapferen Frauen von Sch. durch ein Gemälde an
jener Stelle zu ehren. Und dies alles nur aus
dem Grunde, weil ein Maler im Jahre 1900 auf
den völlig verfehlten Gedanken kam, das einstige
?Vu8 der Ldda
Das alte Stttengedicht
(Auszug aus der Übersetzung von Felix Genzmer,
Jena 1933)
Der Unweife wacht alle Nächte,
denkt an dies und das;
müde ist er, wenn der Morgen kommt,
die Sorge dieselbe ist.
Des Besitzes Genuß, den man selbst erworben,
neide man sich nicht:
oft spart man für Feinde, was man Freunden
bestimmt;
nicht immer gehts, wie man glaubt.
Von seinen Waffen gehe weg der Mann
keinen Fuß auf dem Feld:
nicht Weitz man gewiß, wann des Wurfspießes
draußen man bedarf.
Früh soll aufstehn, wer vom andern begehrt
Leben oder Land:
Raub gewinnt selten der ruhende Wolf
noch der Schläfer die Schlacht.
Den Hals reckt spähend, wenn zum Haff er kommt,
der Fischaar über die Flut;
so tut der Mann, der in die Menge kommt,
wenn ihm der Fürsprech fehlt.
Zum Gericht reite man rein und gespeist,
ist auch nicht kostbar das Kleid;
nicht schäme sich seiner Schuhe und Hosen
und seiner Mähre der Mann!
Besser ist's, lebend als leblos zu sein:
wer lebt, kriegt die Kuh.
Feuer sah ich rauchen auf des Reichen Herd,
doch er lag tot vor der Tür.
Der Handlose hütet, der Hinkende reitet,
tapfer der Taube kämpft;
blind ist besser als verbrannt zu sein:
nichts taugt mehr, wer tot.
*
Besitz stirbt, Sippen sterben,
du selbst stirbst wie sie;
doch Nachruhm stirbt nimmermehr,
den der Wackre gewinnt.
Besitz stirbt, Sippen sterben,
du selbst stirbst wie sie;
eins weiß ich, das ewig lebt:
des Toten Tatenruhm.
Geschehen durch ein Bild festzuhalten, das in
einem Jnnenraum und in bescheidenem Ausmaße
möglich, an den Außenflächen eines Rathauses
ganz undenkbar ist. Wie urwüchsig waren doch
die Künstler vergangener Jahrhunderte, sie hätten
die Ehrung der tapferen Frauen von Sch. in der
Weise gelöst, daß ein Standbild vor dem Rat-
hause, die „wehrhafte Frau" als Sinnbild der
Geschehnisse, in Stein gehauen worden wäre,
Selbst in Zeiten beginnenden Niederganges der
Kunst schwebte dem Schöpfer des Hermannsdenk-
mals der Gedanke vor, die Taten der Tapferen
im Teutoburger Wald durch die Wiedergabe des
Hermaun zu versinnbildlichen.
Mit Afterkunft und unangebrachter Pietät gilt
es gründlich aufzuräumen, je rascher nm so besser.
Wilbelrn U 6 i I i
Fortsetzung
des Expressionismus
Die von Rudolf Buttmann herausgegebene
Zeitschrift „Bölkifche Kultur" bringt in ihrem Januar-
heft einen Aufsatz von Wilhelm Michel: „Sinn und
Schicksal der deutschen Kunst". Wir entnehmen Folgen-
des seinen Ausführungen:
Faßt man nun ins Auge, daß der deutsche
Mensch in ernstestem Sinne auf eine einheit-
liche Welt verwiesen ist — auf eilte Welt
also, in der an den Geist und an die Natur gleich-
zeitig geglaubt werden kann — so läßt sich nicht
vestreiten, daß diese hinter uns liegende Epoche
mit ihrer Kunst wie unt ihrer Zivilisation von
Grund aus widerdeutsch geprägt war. Das
ist der Grund für die abtehnenoe Stellung, die
nationale Männer im neuen Deutschland gegen-
über der Kunst der letzten Jahrzehnte eingenom-
men haben.
Aber es kommt nun noch etwas hinzu. So ge-
wiß es ist, daß die deutsche Kunst die letzten Jahr-
zehnte hindurch in die Zusammenhänge einer
widerdeutschen Zivilisation gestellt war, so gewiß
ist es auch, daß sie sich mit diesen widerdeulschen
Zusammenhängen eben doch aus eine deut-
sche Weise auseinandergesetzt hat. Während
Frankreichs Malerei unter PicassoS Führung ihre
kubistischen Rechenkunststücke herunterhaspelte,
während sie Miene machte, sich mitten im Welt-
zersall sarkastisch anzusiedeln, hielt der deutsche
Expressionismus — von den Torheiten der Mit-
läufer abgesehen — doch die menschliche Seele im
Schwung, er hielt sie im Leid, im Pathos, im
Durst, im Trotz, in der Sehnsucht. Er hielt sie in
einem unironischen und trotz allem immer noch
frommen Fühlen der Welt. Er richtete sich aus
den Weltzerfall nicht achselzuckend ein als auf
etwas, mit dem man sich abzufinden hat, er suchte
wenigstens in e:ner schwärmerischen, wieder-
täuferischen Innerlichkeit eine Art Ganzheit des
Welterlebens zu retten. Er sprach in eine wider-
deutsche Gesamtlage trotz allem ein deutsches Wort,
und so darf man seine Vertreter ansehen wie jene
deutschen Ritter, die in der Schlacht bei Crecy
(1346), fern von der Heimat, bis zur späten Nacht
das Feld hielten um den blinden König Johann
von Böhmen, tapfere deutsche Heldengestalten in-
mitten einer Schlacht, die Deutschland nichts an-
ging. Der deutsche Expressionismus hat jene
Treue zur Zeit bewährt, ohne die alle Kunst
ein gegenstandsloses Spiel ist; aber er hat sie be-
währt auf deutsche Art.
Der Expressionismus und was ihm an anderer:
Die Edda. Übertragen von Felix Genzmer.
Volksausgabe. Eugen Diederichs Verlag irr
Jena.
Mit der vorliegenden Ausgabe ist uns ein
Volksbuch geschenkt, das sich hoffentlich viele
deutsche Familien erobern wird. Es enthält die
wesentlichsten Gesänge der germanischen Götter-
und Heldendichtung. Von der sprachlich hervor-
ragenden Übersetzung Felix Genzmers geben die
zwei Lieder, die wir an anderer Stelle abdrucken,
einen Eindruck. Wir wünschen, daß diese Edda-
Ausgabe ein volkstümliches Geschenkbuch werden
möge, zumal der Band bei vornehmer und solider
Ausstattung nur 3,60 M. kostet.
Bronzino, Lukretia. Rom
Kunstweisen gefolgt ist, gehört der Vergangenheit
an. Neue Aufgaben stehen da, neue Lebensgesühle
sind auszusprechen. Aber sollen die Zeiten sich
echt verwandeln, soll der faktische Mensch
des Gestern wirklich bei der Hand genommen und
ernstlich in eine neue positive Welt geführt wer-
den, so dürfen wir die bisher entwickelten Kunst-
mittel nicht Plötzlich aus den Kehrichthaufen werfen,
sondern wir haben sie fortzubilden, wir haben
ihnen einen neuen Sinn zu geben — wie wir ja
auch die Maschinen nicht fortwerfen könne):, ob-
schon sie uns manches Böse angetan haben, sondern
sie in die Gewalt des Menschen bringen müssen.
Die italienische Malerei hat das vorbildlich ge-
leistet; man sieht es auf der Mailänder Triennale.
Und auch wir werden nicht versagen vor der Auf-
gabe, diese gauze Zivilisation, in der so vieles
Menschenfeindliche und Widerdeutsche hervor-
getreten ist, samt allen ihren ungebärdige):
Kräften in den Dienst am nationalen Aufbau und
an der neu heranfkommenden Menschenwelt zn
zwingen.
Reichsminister Dr. Goebbels:
„Moral oder Moralin"
Mr freudige Lebensbejahung, gegen jegliches Muckertum
Es ist heute an der Zeit, ein paar dieser Un-
arten, die auch bei nationalsozialistischem Umbruch
in die Erscheinung getreten sind, in das Helle Licht
der öffentlichen Beobachtung hineinzurücken und
mitleidlos unter die Lupe einer kritischen Be-
trachtung zu nehmen.
Das erscheint um so notwendiger, als sonst die
Gefahr entsteht, daß der Stil und die Lebens-
formen unserer Revolution auf die Dauer lang-
sam entarten und der Nachwelt ein Bild unseres
Seins und Wollens übermitteln, das in keiner
Weise nationalsozialistischer Überzeugung und An-
schauung entspricht.
Erstens: Es hat sich im öffentlichen Leben viel-
fach der Unfug herausgebildet, durch öffentliches
Reglement nicht nur, wie es richtig und geboten
erscheint, die großen, sittlichen Grundgesetze unseres
nationalen Lebens zn bestimmen und festzulegen,
sondern darüber hinaus auch noch in: einzelnen
dem Privaten Menschen den Kodex seiner rein per-
sönlichen Auffassungen vorznschreiben. Das führt
auf die Dauer zu einer
Sittenriecherei, die alles andere
als nationalsozialistisch ist.
Naturfremde Menschen, die entweder ein Leber:
schon hinter sich oder nicht verdienen, daß sie
noch eins vor sich haben, machen im Namen unserer
Revolution in Moral. Diese Art von Moral hat
oft mit wahrer Sittlichkeit nicht viel zu tun. Sie
stellt ethische Gesetze auf, die vielleicht das Ge-
rneinschaftsleben in einem Nonnenkloster zur Not
regeln könnten, die aber in einem moderner:
Kulturstaat vollkommen fehl am Orte sind. Das
ist Moralin statt Moral, und die dafür eintreten,
sind von allen guten Geistern verlassen. Aber sie
sollen sich wenigstens nicht vor die Öffentlichkeit
hinstellen unter Berufung auf uns; denn wir
wollen mit ihnen und ihrer muffigen Lebensauf-
fassung nichts zu tun haben.
... Das geht so weit, daß diese Kumpanei von
Sittenrichtern nicht einmal vor den Bezirken des
rein Privaten Halt macht. Sie möchten am lieb-
sten in Stadt und Land Keuschheitskommissionen
einsetzcn, die die Aufgabe hätte::, das Ehe- und
Liebesleben vor: Müller und Schulze zu über-
wachen. Sie würden zwar, wie es in der be-
kannten Operette heißt, das Küssen nicht ab-
schaffen, weil das eine viel zu beliebte Beschäfti-
gung ist; aber sie würden immerhin, wenn es nach
ihnen ginge, das nationalsozialistische Deutschland
in eine Einöde von Muff und Muckertum ver-
wandeln, in der Denunziation, Bettschnüsfelei und
Erpressung an der Tagesordnung wären.
Dieselben Moralpächter treten häufig an die
vorgesetzten Behörden mit dem Ansinnen heran,
Filme, Theaterstücke, Opern und
Operetten zu verbieten, weil darin Tänze-
rinnen, Bühnenftars usw. auftreten, die angeblich
die schlimmste Gefährdung der öffentlichen Sitt-
lichkeit darstellen. Gäbe man ihrem Verlangen
nach, dann sähen wir bald nur noch alte Jungfer::
und Bet-Tanten weiblichen und männlichen Ge-
schlechts über die Leinwand und über die Bretter
schreiten. Die Theater ständen leer, weil ja das
Publiknm in ihnen im allgemeinen nicht das zu
finden hofft, was es in den Kirchen oder Bet-
häusern sucht. Man verschone uns deshalb mit
diesen: heuchlerischen Getue, hinter den: keine echte,
starke Lebensauffassung und auch keine ehr-
liche Moral steht. Es ist meistens nur
der Widerstand der im Leben zn
kurz Gekommeuen gegeu das Leben.
Er wird das ewige Leben und seine Gesetze nicht
aufheben, höchstens sie hinter eine Breiwand von
verächtlicher Heuchelei und lügnerischer Prüderie
zurücktreten lassen.
Zweitens:
die deutsche Fran
geht nicht allein aus, sie sitzt nicht allein im
Restaurant, sie fährt nicht ohne Anftandsdame mit
einem Jüngling oder gar mit einem SA-Mann
auf die Sonntagsnachmittagstour, sie raucht nicht,
sie trinkt nicht, sie putzt sich nicht und macht sich
nicht schön, kurz und gut, sie tut alles, um die
böse Begehrlichkeit des Mannes in ihre Schranken
zurückzuweisen. So ungefähr stellt der kleine
Moralin-Moritz sich die deutsche Frau vor. Und
wehe, wenn so ein armes, weibliches Wesen, das
vor lauter Schicklichkeitsgesetzen nicht mehr aus
noch ein weiß, das Unglück hat, aus Unkenntnis
oder sündiger Lust eines davon zu übertreten. Es
versteht sich am Rande, daß die deutsche Frau
keinen Bubikopf trägt; das tun nur Jüdinnen und
sonstiges verächtliches Gezeug.
Haben denn diese Moraltrompeter keine blasse
Ahnung davon, daß sie mit diesen Überheblichkeiten
Millionen deutscher Frauen, die in Leben und
Beruf brav und ehrlich ihre Pflicht und Schuldig-
keit tun, die ihren Männern gute Kameradinuen
und ihren Kinder:: aufopfernde Mütter sind, aufs
tiefste beleidigen und demütigen? Daß sie den
Nationalsozialismus vor der ganzen Welt auf das
Peinlichste blamieren und kompromittieren, daß sie
dreißig Jahre zu spät gekommen sind, und daß
man sie zur Ordnung rufen muß, weil sie an-
fangen, lästig zu werden?
Drittens: Es ist nicht national-
sozialistisch, sich des Lebens zn
erfreuen; im Gegenteil, man darf
immer nur an die Schattenseiten
des menschlichen Daseins denken,
der Pessimismus und der Mensch en -
haß sind die besten Lehrmeister in
unserem irdischen Jammertal. Des-
halb tut ein wahrer National-
sozialist auch uichts, um dieses
armselige Leben zu verschönen.
Primitivität und absolute Be-
dürfnislosigkeit sind die einzigen
Werte des Charakters.
....Leben io i r nun in einem
Pietist en st aat oder im Zeitalter des
daseinsbejahenden National-
sozialismus?
Wir sind erhaben über den Verdacht, daß wir
einem öden Prunk und aufreizenden Luxus das
Wort reden wollten. Der Führer und viele seiner
engeren Mitarbeiter trinken und rauchen nicht und
huldigen anch nicht den Genüssen des Lucullns;
aber verächtlich sind die, die in einem 60-Mil-
lionen-Volk jede Freude und jeden Optimismus
abtöten möchten, ganz abgesehen davon, daß ihr
albernes Treiben unzähligen Menschen nur Armut
und Unglück bringt. Denn jedes abgelegte
Bedürfnis macht neue Menschen brotlos; wenn
keine Autos mehr fahren, dann liegen die Auto-
fabriken still, wenn keine neuen Anzüge mehr ge-
tragen werden, dann haben Stoffwcbereien nnd
Niederländischer Meister von 1548, Landschaft
Kunst der Nation
fassen. Das zu schaffende Mal muß mitten im
Alltagsleben stehen, es muß sich im Unterbewußt-
sein der Ortseingesessenen so verankern, daß es —
vermeintlich übersehen — zum festen Bestand der
heimatlichen Vorstellungswelt von Jung und
Alt wird. Nur dann erfüllt es die ihm zuge-
dachte Aufgabe. Der Standort des 70er Denk-
mals ist gut gewählt, dem Denkmal selbst aber
fehlt die Beziehung zum Leben, es ist nicht Sym-
bol, sondern Schaustück.
Wenu ich der Verschönerung der Stadt P.
das Wort rede, wenn ich für einen
völligen Umbau des vorhandenen Denk-
mals eintrete, so hat dieses Bestreben
noch andere Gründe. Der gute Rus der
Stadt als Badeort verpflichtet ganz be-
sonders. Alles zu tun, um das Stadtbild
zu verschönern, muß Aufgabe der Stadt
und ihrer Bürger sein. Dazu gehört
natürlich auch das Bestreben, Mißakkorde
im Stadtbilde zu beseitigen. Vorbildlich
ist das Vorgehen der Stadt Soest zu
nennen, die das Denkmal von 1870 be-
seitigte, weil es eines ihrer wertvollsten
Stadtbilder stark beeinträchtigte. Man
kann natürlich nur dann an eine Beseiti-
gung eines geschichtlich bedeutsamen
Zeugen herantreten, wenn Besseres an
dessen Stelle gesetzt wird. Das ist Vor-
aussetzung und Pflicht.
Beispiele, wie das hier angeführte,
lassen pch oelrevig viele nennen, denn
Vtadt und Dors ist in den letzten
80 Jahren gar uoel mitgespiett woroen,
und es wird nachgerade yocyste Zeit, mn
energischem Wrtten an eine umreyr her-
anzngeyen. Unangebrachte „Pietät" darf
uns im Hinblick auf die Bedeutung
der Heimat nicht hinderlich :::: Wege
stehen. Ein besonders krasser Fall
solch falscher Ehrfurcht trat nur
vor kurzem in der ehemaligen Reichs-
stadt Sch. entgegen. Diese einstige
Festung ist irr ihrer näheren Um-
gebung durch ihre tapferen Frauen
bekannt, welche dem französischen
Heerführer Melac mutig entgegen-
traten. Mehr als zweihundert Jahre
überlieferte sich die Geschichte dieser
Frauen von Mund zu Mund, kein „ehrend
Mal" ward ihnen gesetzt. Da geschah die
Ehrung. Im Jahre 1800 fühlte sich ein
tatenfroher Maler verpflichtet, den Frauen ein
Denkmal zu setzen. Er malte ein Bild er-
klecklichen Ausmaßes an eine der Giebelseiten des
stattlichen Rathauses, ein Fresko von fast 14 Me-
ter Breite und 3 bis 4 Meter Höhe. Guter
Wille schießt gar oft übers Ziel, und die Tat des
Malers, deren Bedeutung vor allem in den Aus-
maßen seines Werkes liegt, ist nicht dazu ange-
tan, der Nachwelt vom einstigen Geschehen Kunde
zu hinterlassen -— gottlob, das Gemälde zerfällt.
Doch peinlich sind die Nachwirkungen. Ein Teil
der Bürgerschaft hängt an diesem „Kunstwerk"
Gedancr-K-ubzub ringen, We
tapferen Frauen von Sch. durch ein Gemälde an
jener Stelle zu ehren. Und dies alles nur aus
dem Grunde, weil ein Maler im Jahre 1900 auf
den völlig verfehlten Gedanken kam, das einstige
?Vu8 der Ldda
Das alte Stttengedicht
(Auszug aus der Übersetzung von Felix Genzmer,
Jena 1933)
Der Unweife wacht alle Nächte,
denkt an dies und das;
müde ist er, wenn der Morgen kommt,
die Sorge dieselbe ist.
Des Besitzes Genuß, den man selbst erworben,
neide man sich nicht:
oft spart man für Feinde, was man Freunden
bestimmt;
nicht immer gehts, wie man glaubt.
Von seinen Waffen gehe weg der Mann
keinen Fuß auf dem Feld:
nicht Weitz man gewiß, wann des Wurfspießes
draußen man bedarf.
Früh soll aufstehn, wer vom andern begehrt
Leben oder Land:
Raub gewinnt selten der ruhende Wolf
noch der Schläfer die Schlacht.
Den Hals reckt spähend, wenn zum Haff er kommt,
der Fischaar über die Flut;
so tut der Mann, der in die Menge kommt,
wenn ihm der Fürsprech fehlt.
Zum Gericht reite man rein und gespeist,
ist auch nicht kostbar das Kleid;
nicht schäme sich seiner Schuhe und Hosen
und seiner Mähre der Mann!
Besser ist's, lebend als leblos zu sein:
wer lebt, kriegt die Kuh.
Feuer sah ich rauchen auf des Reichen Herd,
doch er lag tot vor der Tür.
Der Handlose hütet, der Hinkende reitet,
tapfer der Taube kämpft;
blind ist besser als verbrannt zu sein:
nichts taugt mehr, wer tot.
*
Besitz stirbt, Sippen sterben,
du selbst stirbst wie sie;
doch Nachruhm stirbt nimmermehr,
den der Wackre gewinnt.
Besitz stirbt, Sippen sterben,
du selbst stirbst wie sie;
eins weiß ich, das ewig lebt:
des Toten Tatenruhm.
Geschehen durch ein Bild festzuhalten, das in
einem Jnnenraum und in bescheidenem Ausmaße
möglich, an den Außenflächen eines Rathauses
ganz undenkbar ist. Wie urwüchsig waren doch
die Künstler vergangener Jahrhunderte, sie hätten
die Ehrung der tapferen Frauen von Sch. in der
Weise gelöst, daß ein Standbild vor dem Rat-
hause, die „wehrhafte Frau" als Sinnbild der
Geschehnisse, in Stein gehauen worden wäre,
Selbst in Zeiten beginnenden Niederganges der
Kunst schwebte dem Schöpfer des Hermannsdenk-
mals der Gedanke vor, die Taten der Tapferen
im Teutoburger Wald durch die Wiedergabe des
Hermaun zu versinnbildlichen.
Mit Afterkunft und unangebrachter Pietät gilt
es gründlich aufzuräumen, je rascher nm so besser.
Wilbelrn U 6 i I i
Fortsetzung
des Expressionismus
Die von Rudolf Buttmann herausgegebene
Zeitschrift „Bölkifche Kultur" bringt in ihrem Januar-
heft einen Aufsatz von Wilhelm Michel: „Sinn und
Schicksal der deutschen Kunst". Wir entnehmen Folgen-
des seinen Ausführungen:
Faßt man nun ins Auge, daß der deutsche
Mensch in ernstestem Sinne auf eine einheit-
liche Welt verwiesen ist — auf eilte Welt
also, in der an den Geist und an die Natur gleich-
zeitig geglaubt werden kann — so läßt sich nicht
vestreiten, daß diese hinter uns liegende Epoche
mit ihrer Kunst wie unt ihrer Zivilisation von
Grund aus widerdeutsch geprägt war. Das
ist der Grund für die abtehnenoe Stellung, die
nationale Männer im neuen Deutschland gegen-
über der Kunst der letzten Jahrzehnte eingenom-
men haben.
Aber es kommt nun noch etwas hinzu. So ge-
wiß es ist, daß die deutsche Kunst die letzten Jahr-
zehnte hindurch in die Zusammenhänge einer
widerdeutschen Zivilisation gestellt war, so gewiß
ist es auch, daß sie sich mit diesen widerdeulschen
Zusammenhängen eben doch aus eine deut-
sche Weise auseinandergesetzt hat. Während
Frankreichs Malerei unter PicassoS Führung ihre
kubistischen Rechenkunststücke herunterhaspelte,
während sie Miene machte, sich mitten im Welt-
zersall sarkastisch anzusiedeln, hielt der deutsche
Expressionismus — von den Torheiten der Mit-
läufer abgesehen — doch die menschliche Seele im
Schwung, er hielt sie im Leid, im Pathos, im
Durst, im Trotz, in der Sehnsucht. Er hielt sie in
einem unironischen und trotz allem immer noch
frommen Fühlen der Welt. Er richtete sich aus
den Weltzerfall nicht achselzuckend ein als auf
etwas, mit dem man sich abzufinden hat, er suchte
wenigstens in e:ner schwärmerischen, wieder-
täuferischen Innerlichkeit eine Art Ganzheit des
Welterlebens zu retten. Er sprach in eine wider-
deutsche Gesamtlage trotz allem ein deutsches Wort,
und so darf man seine Vertreter ansehen wie jene
deutschen Ritter, die in der Schlacht bei Crecy
(1346), fern von der Heimat, bis zur späten Nacht
das Feld hielten um den blinden König Johann
von Böhmen, tapfere deutsche Heldengestalten in-
mitten einer Schlacht, die Deutschland nichts an-
ging. Der deutsche Expressionismus hat jene
Treue zur Zeit bewährt, ohne die alle Kunst
ein gegenstandsloses Spiel ist; aber er hat sie be-
währt auf deutsche Art.
Der Expressionismus und was ihm an anderer:
Die Edda. Übertragen von Felix Genzmer.
Volksausgabe. Eugen Diederichs Verlag irr
Jena.
Mit der vorliegenden Ausgabe ist uns ein
Volksbuch geschenkt, das sich hoffentlich viele
deutsche Familien erobern wird. Es enthält die
wesentlichsten Gesänge der germanischen Götter-
und Heldendichtung. Von der sprachlich hervor-
ragenden Übersetzung Felix Genzmers geben die
zwei Lieder, die wir an anderer Stelle abdrucken,
einen Eindruck. Wir wünschen, daß diese Edda-
Ausgabe ein volkstümliches Geschenkbuch werden
möge, zumal der Band bei vornehmer und solider
Ausstattung nur 3,60 M. kostet.
Bronzino, Lukretia. Rom
Kunstweisen gefolgt ist, gehört der Vergangenheit
an. Neue Aufgaben stehen da, neue Lebensgesühle
sind auszusprechen. Aber sollen die Zeiten sich
echt verwandeln, soll der faktische Mensch
des Gestern wirklich bei der Hand genommen und
ernstlich in eine neue positive Welt geführt wer-
den, so dürfen wir die bisher entwickelten Kunst-
mittel nicht Plötzlich aus den Kehrichthaufen werfen,
sondern wir haben sie fortzubilden, wir haben
ihnen einen neuen Sinn zu geben — wie wir ja
auch die Maschinen nicht fortwerfen könne):, ob-
schon sie uns manches Böse angetan haben, sondern
sie in die Gewalt des Menschen bringen müssen.
Die italienische Malerei hat das vorbildlich ge-
leistet; man sieht es auf der Mailänder Triennale.
Und auch wir werden nicht versagen vor der Auf-
gabe, diese gauze Zivilisation, in der so vieles
Menschenfeindliche und Widerdeutsche hervor-
getreten ist, samt allen ihren ungebärdige):
Kräften in den Dienst am nationalen Aufbau und
an der neu heranfkommenden Menschenwelt zn
zwingen.
Reichsminister Dr. Goebbels:
„Moral oder Moralin"
Mr freudige Lebensbejahung, gegen jegliches Muckertum
Es ist heute an der Zeit, ein paar dieser Un-
arten, die auch bei nationalsozialistischem Umbruch
in die Erscheinung getreten sind, in das Helle Licht
der öffentlichen Beobachtung hineinzurücken und
mitleidlos unter die Lupe einer kritischen Be-
trachtung zu nehmen.
Das erscheint um so notwendiger, als sonst die
Gefahr entsteht, daß der Stil und die Lebens-
formen unserer Revolution auf die Dauer lang-
sam entarten und der Nachwelt ein Bild unseres
Seins und Wollens übermitteln, das in keiner
Weise nationalsozialistischer Überzeugung und An-
schauung entspricht.
Erstens: Es hat sich im öffentlichen Leben viel-
fach der Unfug herausgebildet, durch öffentliches
Reglement nicht nur, wie es richtig und geboten
erscheint, die großen, sittlichen Grundgesetze unseres
nationalen Lebens zn bestimmen und festzulegen,
sondern darüber hinaus auch noch in: einzelnen
dem Privaten Menschen den Kodex seiner rein per-
sönlichen Auffassungen vorznschreiben. Das führt
auf die Dauer zu einer
Sittenriecherei, die alles andere
als nationalsozialistisch ist.
Naturfremde Menschen, die entweder ein Leber:
schon hinter sich oder nicht verdienen, daß sie
noch eins vor sich haben, machen im Namen unserer
Revolution in Moral. Diese Art von Moral hat
oft mit wahrer Sittlichkeit nicht viel zu tun. Sie
stellt ethische Gesetze auf, die vielleicht das Ge-
rneinschaftsleben in einem Nonnenkloster zur Not
regeln könnten, die aber in einem moderner:
Kulturstaat vollkommen fehl am Orte sind. Das
ist Moralin statt Moral, und die dafür eintreten,
sind von allen guten Geistern verlassen. Aber sie
sollen sich wenigstens nicht vor die Öffentlichkeit
hinstellen unter Berufung auf uns; denn wir
wollen mit ihnen und ihrer muffigen Lebensauf-
fassung nichts zu tun haben.
... Das geht so weit, daß diese Kumpanei von
Sittenrichtern nicht einmal vor den Bezirken des
rein Privaten Halt macht. Sie möchten am lieb-
sten in Stadt und Land Keuschheitskommissionen
einsetzcn, die die Aufgabe hätte::, das Ehe- und
Liebesleben vor: Müller und Schulze zu über-
wachen. Sie würden zwar, wie es in der be-
kannten Operette heißt, das Küssen nicht ab-
schaffen, weil das eine viel zu beliebte Beschäfti-
gung ist; aber sie würden immerhin, wenn es nach
ihnen ginge, das nationalsozialistische Deutschland
in eine Einöde von Muff und Muckertum ver-
wandeln, in der Denunziation, Bettschnüsfelei und
Erpressung an der Tagesordnung wären.
Dieselben Moralpächter treten häufig an die
vorgesetzten Behörden mit dem Ansinnen heran,
Filme, Theaterstücke, Opern und
Operetten zu verbieten, weil darin Tänze-
rinnen, Bühnenftars usw. auftreten, die angeblich
die schlimmste Gefährdung der öffentlichen Sitt-
lichkeit darstellen. Gäbe man ihrem Verlangen
nach, dann sähen wir bald nur noch alte Jungfer::
und Bet-Tanten weiblichen und männlichen Ge-
schlechts über die Leinwand und über die Bretter
schreiten. Die Theater ständen leer, weil ja das
Publiknm in ihnen im allgemeinen nicht das zu
finden hofft, was es in den Kirchen oder Bet-
häusern sucht. Man verschone uns deshalb mit
diesen: heuchlerischen Getue, hinter den: keine echte,
starke Lebensauffassung und auch keine ehr-
liche Moral steht. Es ist meistens nur
der Widerstand der im Leben zn
kurz Gekommeuen gegeu das Leben.
Er wird das ewige Leben und seine Gesetze nicht
aufheben, höchstens sie hinter eine Breiwand von
verächtlicher Heuchelei und lügnerischer Prüderie
zurücktreten lassen.
Zweitens:
die deutsche Fran
geht nicht allein aus, sie sitzt nicht allein im
Restaurant, sie fährt nicht ohne Anftandsdame mit
einem Jüngling oder gar mit einem SA-Mann
auf die Sonntagsnachmittagstour, sie raucht nicht,
sie trinkt nicht, sie putzt sich nicht und macht sich
nicht schön, kurz und gut, sie tut alles, um die
böse Begehrlichkeit des Mannes in ihre Schranken
zurückzuweisen. So ungefähr stellt der kleine
Moralin-Moritz sich die deutsche Frau vor. Und
wehe, wenn so ein armes, weibliches Wesen, das
vor lauter Schicklichkeitsgesetzen nicht mehr aus
noch ein weiß, das Unglück hat, aus Unkenntnis
oder sündiger Lust eines davon zu übertreten. Es
versteht sich am Rande, daß die deutsche Frau
keinen Bubikopf trägt; das tun nur Jüdinnen und
sonstiges verächtliches Gezeug.
Haben denn diese Moraltrompeter keine blasse
Ahnung davon, daß sie mit diesen Überheblichkeiten
Millionen deutscher Frauen, die in Leben und
Beruf brav und ehrlich ihre Pflicht und Schuldig-
keit tun, die ihren Männern gute Kameradinuen
und ihren Kinder:: aufopfernde Mütter sind, aufs
tiefste beleidigen und demütigen? Daß sie den
Nationalsozialismus vor der ganzen Welt auf das
Peinlichste blamieren und kompromittieren, daß sie
dreißig Jahre zu spät gekommen sind, und daß
man sie zur Ordnung rufen muß, weil sie an-
fangen, lästig zu werden?
Drittens: Es ist nicht national-
sozialistisch, sich des Lebens zn
erfreuen; im Gegenteil, man darf
immer nur an die Schattenseiten
des menschlichen Daseins denken,
der Pessimismus und der Mensch en -
haß sind die besten Lehrmeister in
unserem irdischen Jammertal. Des-
halb tut ein wahrer National-
sozialist auch uichts, um dieses
armselige Leben zu verschönen.
Primitivität und absolute Be-
dürfnislosigkeit sind die einzigen
Werte des Charakters.
....Leben io i r nun in einem
Pietist en st aat oder im Zeitalter des
daseinsbejahenden National-
sozialismus?
Wir sind erhaben über den Verdacht, daß wir
einem öden Prunk und aufreizenden Luxus das
Wort reden wollten. Der Führer und viele seiner
engeren Mitarbeiter trinken und rauchen nicht und
huldigen anch nicht den Genüssen des Lucullns;
aber verächtlich sind die, die in einem 60-Mil-
lionen-Volk jede Freude und jeden Optimismus
abtöten möchten, ganz abgesehen davon, daß ihr
albernes Treiben unzähligen Menschen nur Armut
und Unglück bringt. Denn jedes abgelegte
Bedürfnis macht neue Menschen brotlos; wenn
keine Autos mehr fahren, dann liegen die Auto-
fabriken still, wenn keine neuen Anzüge mehr ge-
tragen werden, dann haben Stoffwcbereien nnd
Niederländischer Meister von 1548, Landschaft