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Kunst der Nation
dem direktesten Wege und mit einfachsten Mitteln
das innere Bild, in dem er die Wirklichkeit sam-
melt und durch das sie erst Gestalt erhalt, zn reali-
sieren. Uns erscheint heilte die Fähigkeit, die
Wirklichkeit zu verwandeln und umzuformen, als
eine der fruchtbarsten Gaben des Menschen über-
haupt. Während alle übrigen Anlagen uns im
Wirklichen, in dem schon Seienden fcsthalten, führt
uns diese darüber hinaus.
Es ist kein Zufall, daß in der modernen Kunst
die Verbindung bildnerischen und dichterischen
Schaffens häufiger ausgetreten ist und daß auch
die Zeichen- oder Malknnst der Dichter früherer
Zeit heute mehr Beachtung findet. Zugrunde
liegt das Gefühl, daß diese Zeichnungen und
Skizzen Ausfluß einer geistigen Persönlichkeit
sind, daß in ihnen der Zusammenhang des Bildes
mit einer geistig in sich geschlossenen Welt, eben
der des Dichters, vorhanden ist oder sein müsse.
Mag dabei vieles erst in diese Arbeiten hinein-
gedeutet werden, so dürfen doch die in dieser Be-
wertung sich anssprechenden Impulse nicht unter-
schätzt werden. Der Wille zur Einheit im
Geistigen ist eine der wertvollsten Kräfte, die dem
modernen Kunstschaffen zugeströmt sind. Dabei
hat naturgemäß auch das Verhältnis des Geistigen
und Technischen eine entscheidende Wendung er-
fahren. Dem Handwerklichen gegenüber wurde
das Geistige wieder in den Vordergrund gerückt.
Die Technik, als Selbstzweck nicht mehr denkbar,
wurde auf das Unumgängliche beschränkt.
Eine Malerei, die rein visuell und ungeistig
verfährt, erweckt uns heute kein tieferes Inter-
esse mehr. Ohne das sinnliche Element gering zu
schätzen und seine Bedeutung für die Malerei zn
schmälern, erscheint uns doch eine Malerei des
Nur-Sinnlichen zweitrangig. Ebensowenig sehen
wir allerdings in einer Bildkunst, die aus einem
literarisch-symbolistischen Bezirk herkommt, die
Erfüllung. Die Malerei will unmittelbarer ans
Ziel gelangen und direkter wirken. Durch Wirk-
liches hindurch soll der Keim des Unwirklichen
sichtbar werden, das in ihm und hinter ihm
geistert. 6 arI Oietriell 6 a r 1 8
Erich Heckel, Bildnis Otto Müller. Lithographie.
Ausstellung Galerie Möller, Berlin
Rudolf Schmidt: Hirschjagd
Bayerisches Staatstheater,
München
Das Staatstheater hat sich das Verdienst er-
worben, das Lustspiel Rudolf Schmidts „Hirsch-
jagd" im Residenztheater ans der Taufe zu heben.
Denn — um den Erfolg vorwegzunehmen — es
ist ein echtes Lustspiel! Mit allen Stärken — und
Schwächen — eines solchen! Mit einer gut auf-
gebauten Verwcchslungsgeschichte, mit erschüttern-
der Situationskomik, mit ein wenig Lyrik und
Elegie, vor allem aber mit wirksamen, gut ge-
legten Pointen!
Der Ort der Handlung ist ein Tiroler Land-
schlößchen, das ein Graf des besten älteren Jahr-
gangs seiner einstigen vornehmen Freundin zum
Zweck einer Fremdenpension znr Verfügung ge-
stellt hat. In dem geschickten Gemisch der zahlen-
den Gäste finden sich alle notwendigen Typen, um
das Publikum in ständigem Lächeln zu erhalten.
Es fehlt weder das spukende Gespenst des sünd-
haften Mönchs, von dem Grafen jr. dargestellt,
um seine heimlich angebetete sensationslüsterne
Filmdiva zum Bleiben zu veranlassen, noch der
schlotternde Angsthase, weder das glossenmachende
alte Hausfaktotum, noch der komisch-blinde Zufall,
der zum Lpiritus reetor wird. Alles jagt das
Wild, die schöne Diva, selbst der Graf des besten
älteren Jahrgangs, dem Gustav Waldau über-
ragend Charme und Geist verlieh, der aber mit
resigniertem Lächeln und leiser, müder Selbst-
ironie der kecken Jugend seines Sprößlings weicht.
Der wienerisch-bayerische Dialog ist mit guten,
aber gelegentlich auch billigen Bonmots gespickt.
Die einzelnen Charaktere sind scharf gesehen, wenn
auch manchmal ein wenig zu steil nebeneinander-
gestellt, psychologisch am lebensnächsten der müde,
lebenskluge Graf und die vornehme, geschäftstüch-
tige und sorgengeplagte Baronin samt ihrem
Hausfaktotum. Der erste Akt ist zwar etwas
langatmig und die Chargen zu sehr ans Draht
gezogen. Dann aber überzeugt der Aufbau und
die Zuspitzung des zweiten Aktes und der die er-
wartete Lösung bringende, aber trotzdem launige
und gar nicht abfallende dritte Akt von der besten
Qualität dieses Lustspiels. Das Publikum ging
lachend und begeistert mit und der Autor erntete
am Schluß stürmischen Beifall und die berechtigte
Aussicht, seinen schönen Erfolg auf vielen deutschen
Bühnen wiederholt zu sehen. ü. 0 llristu
„palestrina" in der Staatsoper
„Der arme Heinrich"
im Reichssender Berlin
(zu Hans Pfitzners 65. Geburtstag)
Die Berliner Staatsoper feierte Pfitzners Ge-
burtstag durch eine Wiederaufnahme seiner „musi-
kalischen Legende" Palestrina. Wenige Tage
später brachte der Reichssender Berlin unter Pfitz-
ners persönlicher Leitung einen Akt seines Musik-
dramas „Der arme Heinrich" (eiue Tat, die als
eindrucksvoller Gipfel im Programm des Senders
steht, und die ihm die dankbare Anerkennung aller
ernsten Musikfreunde eingebracht haben wird). Es
war außerordentlich aufschlußreich, den Palestrina,
der unbestritten den Gipfel in Pfitzners bisheri-
gem Schaffen darstellt, so in unmittelbarer Nähe
des genialen Erstlingswerkes, des „Armen Hein-
rich" zn hören. Hier das reife Meisterwerk, das
einzige Musikdrama der nachwagnerischen Periode,
das den Vergleich mit diesem Genius nicht zu
scheuen braucht. Dort der nachtwandlerisch sichere
Wurf eines Zweiundzwanzigjährigen. Beide in
ihrer Art unfaßbare Wunder musikalischer Ge-
staltung. Der „Arme Heinrich" galt immer etwas
als ein Werk, das abhängig im Wagnerschen Mu-
sikdrama wurzelt. Heute, mit dem „Palestrina"
im Ohr, erkeuuen wir, wie äußerlich diese Ab-
hängigkeit von Wagner ist, und wie sicher Pfitzner
damals schon einen, oder besser: seinen neuen
Stil fand. Diesen Stil hat Pfitzner in einem mit
ungeheurem Ernst strebenden, ohne die geringste
Konzession an das Publikum unbeirrt seinen Weg
gehenden Künstlerdasein mit bewundernswerter
Konsequenz ausgebaut. Er hat uns mit „Pa-
lestrina" das einzige Weihefestspiel seit Wagner
geschenkt. Wenn wir heute den 65jährigen Meister
voll Ehrfurcht grüßen, so möchten wir damit die
Hoffnung verknüpfen, daß unsere Zeit, die die
Pflege alles echt Deutschen auf ihre Fahnen ge-
schrieben hat, diesem immer noch Einsamen die
Plattform schasst, die ihm und seinem Werk ge-
bührt. Piibner war Jahrzehnte lang der leiden-
schaftliche Vorkämpfer einer geistigen Idee, deren
Sieg heute unzweifelhaft ist. Wir wollen es ihm
danken, indem wir seine Werke — wie viele
wissen denn, welch ein überwältigendes Natur-
gefühl in ihnen Gestalt wurde, wieviel Liebens-
wertes in ihnen steckt? — ins Volk tragen, wann
und wo immer wir können.
Schmidt-Nottlusf, Turm über Dächer».
Ausstellung Museum Köln
RichardStrauß: DieIrau ohneSchatten
Im Zuge der Vorbereitung für die große Feier
von Strauß' 70. .Geburtstag brachte die Staats-
oper Berlin eine Neueinstudierung der „Frau ohne
Schatten". Immer wieder, wenn wir dieses
Schmerzenskind Straußens (sein Herz hängt —
wie das immer bei Schmerzenskindern der Fall
ist — ganz besonders an dieser Oper, er dirigiert
sie mit großer Vorliebe) hören, faßt uns tiefes
Bedauern, daß so viel hervorragend inspirierte
Musik an einen hoffnungslos verworrenen
Operntext vertan wurde. Der Dichter schreibt an
Strauß: „Das Publikum darf vor dieses Werk
nicht ohne Vorbereitung treten. Es wird unbe-
dingt nötig sein, daß eine Einführung in die Dich-
tung dem Verständnis der ineinandergreisenden
Motive und Symbole den Weg ebnet." Nach Er-
halt dieses Briefes hätte Strauß die Komposition
ruhig einstellen sollen. Denn mit diesen Forde-
rungen verstößt Hoffmannstal gegen die primitiv-
sten Gesetze eines brauchbaren Operntextes. Merk-
würdig, daß ein so bühnensicherer Fachmann wie
Strauß diese Gefahr übersehen konnte. Vor uns
liegt eine Partitur von einer Klangpracht ohne
Erinnerungen an Otto Mueller
Er war klein und hager, und besaß den federn-
den Gang eines Panthers. Alle wandten sich auf
der Straße nach ihm um, wenn er vorübcrging,
denn er sah wie ein Ausländer aus, so stark
ähnelte er seiner Mutter, die eine Zigeunerin ge-
wesen war. Den blauen Schimmer seiner glatten
Haare und das stets braune Gesicht mit den
schwarzen Augen darin betonte er durch den Hellen
Pelz, den er im Winter trug. Ein Hund rannte
wie ein kleiner schwarzer Teufel neben ihm.
Von seinen Augen sprachen alle, die ihn kann-
ten. Sie konnten freundlich wie Frauenaugcn,
aber auch stechend scharf sein. Manche seiner Schü-
ler behaupteten, ihm nicht in die Augen blicken
zu können.
Mehr als die Hälfte seiner Schüler lebte in
ständiger Angst vor seiner Strenge und atmete er-
löst auf, wenn die Korrektur vorüber war. Seine
Forderungen in künstlerischen Dingen waren un-
erbittlich, immer wieder betonte er, daß er es
nicht lehren könne und sprach von der Kunst als
von einem Geheimnis.
Niemand machte einen Witz über ihn, wie
über die anderen Professoren. Alle verehrten ihn
tief, am meisten diejenigen, die ihn fürchteten.
Er galt allen Schülern der Akademie als der
Typ eines vorbildlichen Künstlers.
An den Wänden des Aktsaales befand sich ein
von ihm gemaltes bandartiges Fresko, Knaben
und Mädchen, hockend, liegend und stehend, Grup-
pen bildend und in leichten Bewegungen einander
zu- und abgekehrt. Eines Tages, kurz vor seinem
Tode, wurde dieser köstliche Wandschmuck über-
kalkt. Die Empörung gegen die schon vorher un-
beliebte Direktion der Akademie war allgemein.
Von Mund zu Mund gingen die abenteuer-
lichsten Geschichten über ihn. Wer ihn nur von
diesen geheimnisvollen Erzählungen her kannte,
hielt ihn für unheimlich, unberechenbar, dä-
monisch.
Eines Tages, während dreißig andere Schüler
auf eine Korrektur warteten, wollte er meine
Zeichnung korrigieren. Ich widersprach, was ihm
sonst nie passierte. Darauf ließ er meine Zeich-
nung ohne Strich, setzte sich auf die niedrige Trep-
penstufe des Aktsaales neben mich hin und ver-
langte ein leeres Blatt. „Ich will Ihnen nur
zeigen, wie i ch es mache, ich verlange nicht, daß
Sie es ebenso machen", sagte er, nicht ohne bittere
Anspielung darauf, daß fast alle Schüler seinen
„Strich" nachahmten. Dann begann er langsam,
immer sorgfältig dazwischen das Modell beobach-
tend, einen Akt zu zeichnen. Dazu gab er
flüsternd, um die andern nicht zu stören, genaue
Erklärungen über die Gesetzmäßigkeit des Zeich-
nens ab. „Ich sage das, weil ich als Lehrer Er-
klärungen abgeben muß, wenn mich jemand fragt.
Wer ein Künstler ist, der braucht es nicht," sagte
er und sah mich während der ganzen Zeit nur
dreimal an.
Nach einer halben Stunde strich er seine Ar-
beit, die mir als meisterhafte Zeichnung erschien,
kreuz und quer durch. „Alles falsch." Er zerriß
das Blatt und sah mich heiser lachend an: „Sie
sehen, ich kann es auch nicht", sagte er und ging
fort, ohne die Arbeiten der übrigen dreißig an-
zusehen. (ünsxer.
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Verlangen 5ie l-lauptprospelet unck äOnclerprospelrte, aucll illustr. 2eitsclirist,Farbe uncl k-orm"
Gleichen; sie wird erbarmungslos durch den nicht
zu rettenden Text der Vergessenheit anheim fallen.
Leo Blech tat am Pult sein Möglichstes zur Wie-
derbelebung (unerhört seine überlegene Beherr-
schung des komplizierten Klangapparates, sein
klares Disponieren in der Tempoüahme). Die
Szene wies empfindliche Mängel in der Besetzung
auf (Kaiser, Färbersfrau, Geifterbote). Außer-
ordentlich verstaubt wirkten die Bühnenbilder von
Aravantinos. Sie dürften zur Zeit ihrer Ent-
stehung (1916?) einmal sehr schön gewesen sein.
Aber heute sind sie (bis eventuell auf die Färber-
hütte) nicht mehr möglich. Es steht zu hoffen, daß
die weiteren Vorstellungen zur Strauß-Feier sich
bedeutender präsentieren werden.
Reue Schallplatten
Mit einem hochbedeutsamen Werk setzt die
Electrola-Gesellschaft die ungemein verdienstliche
Reihe ihrer Klassikeraufnahmen fort: sie bringt
(unter Cortots stilsicherer Leitung) Bachs „Bran-
denburgisches Konzert" in k'-Dur (D. B. 2033/34).
Diese Konzerte, die ihren Namen und ihre Ent-
stehung dem Zusamme.ntreffen Bachs mit dem
musikbegeisterten Christian Ludwig von Branden-
burg verdanken, gehören zum Schönsten, was
Bach an weltlicher Musik geschrieben hat. Ihre
mit unerschöpflicher Fantasie dahinströmende Er-
findung zeugt beredt davon, daß sie in der viel-
leicht glücklichsten Zeit seines Lebens (in Cöthen,
als Kapellmeister des Fürsten von Anhalt) ge-
schrieben wurden. Das vorliegend b'-Dur-Konzert
nimmt in seinem Aufbau bereits die später von
Haydn entwickelte Sinfonie voraus. Die Auf-
nahme ist vorzüglich gelungen. (Namentlich für
die sehr exponiert liegenden Hörner standen offen-
bar erstklassige Bläser zur Verfügung.) Diese
scheinbar so klare und durchsichtige Musik enthüllt
dem Kenner ein Wunderwerk thematischer Arbeit.
Und das ist es, was uns Bachs Kunst so zeitnah
wirken läßt: daß sein technisches Können nie
Selbstzweck wird, sondern immer den warmen
Strom menschlichen Empfindens spüren läßt.
Dusolina Giannini singt (El. D. B. 1937), von
Raucheisen begleitet, zwei der schönsten Brahms-
lieder: „Immer leiser wird mein Schlummer"
und „Von ewiger Liebe". Wir empfinden es als
seltenes Glück, daß uns die Technik in die Lage
versetzt, die Ausdrucksgewalt dieser einmaligen
Stimme auf die Platte zu bannen. Wie ost haben
wir diese Lieder schon gehört, und doch: hier
hören wir sie zum erstenmal. (Wir denken bei der
Kraft der Steigerungen einen Moment an die
Opernsängerin Giannini, um aber dann über-
zeugt festzustellen, daß sie nirgends die Grenzen
des Liedstils überschreitet.) Herrlich!
Aus Schuberts nachgelassenem Streichquartett
„Der Tod und das Mädchen" liegt — vom Lener-
Quartett (Columbia LWT 42) aesvielt. der Va-
riationensatz vor. Wir hoffen, daß die anderen
Sätze, in die dieses Andante cantabile als un-
erhörtes Juwel eingebettet ist, bald folgen wer-
den. Um so mehr, als die Wiedergabe des vor-
liegenden Satzes keine Wünsche offen läßt.
Von der Odeon-Ges. liegt (0—6695—7) unter
Leitung von Professor Hans Knappertsbusch die
6-Dur-Sinsonie mit dem Paukenschlag von Josef
Haydn vor. Diese Wohl volkstümlichste Sinfonie
des Meisters erfährt eine von lebhaftem Tempe-
rament durchpulste, saubere und geistreiche Wie-
dergabe (technisch wäre nur der Anfang des An-
dante als gar zn leise zu bemängeln). In diesem
Andante steht der berühmte Paukcnschlag, der der
Sinfonie ihren Namen gab. Er ertönt unver-
mittelt in einer längeren Pianissimo-Episode.
Haydn soll ihn hineingesetzt haben, um das ge-
wohnte Schläfchen einiger fürstlicher Zuhörer
während der langsamen Sätze zu stören. Im
übrigen ist dieser Variationensatz ein beispielhaf-
tes Meisterwerk kunstvollster Arbeit, das auch
nicht einen Moment den Boden des Volkstüm-
lichen verläßt. Wir verstehn hier, mit wieviel
Recht Haydn von sich sagen durfte: „Ich war nie
ein Geschwindschreiber und komponierte mit Be-
dächtigkeit und Fleiß. Solche Arbeiten sind aber
auch für die Dauer und dem Kenner verrät sich
das sogleich aus der Partitur." ^W. ^..
Wettbewerb des Museums Folkwang
Das Museum Folkwang veranstaltet einen Wettbewerb,
um einen brauchbaren Vorschlag zur Ausgestaltung des
runden Eingangsraumes mit dem Minne-Brunnen im Folk-
wang-Museum zu gewinnen. Teilnehmen darf jeder deutsche
Künstler, der am Ende des Jahres 1934 das 41. Lebensjahr
noch nicht vollendet hat, denn nach dem Wunsch des Kura-
toriums soll dieser Wettbewerb der Jugend vorbehalten
bleiben und ihrem Wetteifer eine Gelegenheit und ein Ziel
gegeben werden. Der Folkwangpreis wird alle drei Jahre
neu ausgeschrieben," künftig wird also jeder Künstler vor
Überschreiten dieser Altersgrenze die Möglichkeit zur Beteili-
gung haben.
Es handelt sich um die einheitliche Gestaltung von neun
etwa gleich großen Wandflächen; darüber erhebt sich eine sich
zweimal verjüngende Kuppel, die nach Möglichkeit in den
Entwurf einzubeziehen ist.
Jeder Formgedanke (Figur, Ornament, Schrift), jedes
Mittel und jedes Verfahren (Malerei auf Leinwand, Holz
oder Wand; Relief in Holz, Stein und Metall; Weberei und
Mosaik) sind zugelassen.
Die Entwürfe für die Wandflächen sollen die Größe von
50 X 65 em nicht überschreiten. Der Entwurf für eine ein-
zelne dieser neun Wandflächen darf größer sein, sofern es
sich nicht um Relief handelt. (Alle Entwürfe ohne Passe-
partout.) Kohle- oder Kreidezeichnungen müssen fixiert sein.
Es ist ein unteilbarer Preis von 6000 RM. ausgesetzt.
Dieser Preis gelangt in der Form zur Auszahlung, daß der
Preisträger fünf Jahre lang monatlich je 100 RM. aus-
gezahlt erhält.
Ferner wird eine engere Wahl getroffen werden, in die
20 weitere Teilnehmer ausgenommen werden. Diese 20 in
die engere Wahl aufgenommenen Teilnehmer werden auf-
gefordert werden, alsbald ihre drei besten Werke zu einer
sich unmittelbar anschließenden Ausstellung junger deutscher
Kunst im Folkwang-Museum einzuschicken. Aus dieser Aus-
stellung sollen etwa 20 Werke, das heißt etwa von jedem
dieser 20 Aussteller ein Werk gegen eine Leihgebühr für die
Diskussionsabteilung angenommen werden.
Die ausführlichen Bedingungen versendet das Museum
Folkwang, Esten, Bismarckstraße 64.
Schriftleitung: Otto-Andreas Schreiber; verantwortlich: Otto-Andreas Schreiber, Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation G. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstr. 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der
Nation zu richten. Anzeigenannahme beim Verlag. Jnseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte
Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. D.-A. 1.5000 Druck H. S. Hermann G. m. b. H. Berlin SW 19.
Kunst der Nation
dem direktesten Wege und mit einfachsten Mitteln
das innere Bild, in dem er die Wirklichkeit sam-
melt und durch das sie erst Gestalt erhalt, zn reali-
sieren. Uns erscheint heilte die Fähigkeit, die
Wirklichkeit zu verwandeln und umzuformen, als
eine der fruchtbarsten Gaben des Menschen über-
haupt. Während alle übrigen Anlagen uns im
Wirklichen, in dem schon Seienden fcsthalten, führt
uns diese darüber hinaus.
Es ist kein Zufall, daß in der modernen Kunst
die Verbindung bildnerischen und dichterischen
Schaffens häufiger ausgetreten ist und daß auch
die Zeichen- oder Malknnst der Dichter früherer
Zeit heute mehr Beachtung findet. Zugrunde
liegt das Gefühl, daß diese Zeichnungen und
Skizzen Ausfluß einer geistigen Persönlichkeit
sind, daß in ihnen der Zusammenhang des Bildes
mit einer geistig in sich geschlossenen Welt, eben
der des Dichters, vorhanden ist oder sein müsse.
Mag dabei vieles erst in diese Arbeiten hinein-
gedeutet werden, so dürfen doch die in dieser Be-
wertung sich anssprechenden Impulse nicht unter-
schätzt werden. Der Wille zur Einheit im
Geistigen ist eine der wertvollsten Kräfte, die dem
modernen Kunstschaffen zugeströmt sind. Dabei
hat naturgemäß auch das Verhältnis des Geistigen
und Technischen eine entscheidende Wendung er-
fahren. Dem Handwerklichen gegenüber wurde
das Geistige wieder in den Vordergrund gerückt.
Die Technik, als Selbstzweck nicht mehr denkbar,
wurde auf das Unumgängliche beschränkt.
Eine Malerei, die rein visuell und ungeistig
verfährt, erweckt uns heute kein tieferes Inter-
esse mehr. Ohne das sinnliche Element gering zu
schätzen und seine Bedeutung für die Malerei zn
schmälern, erscheint uns doch eine Malerei des
Nur-Sinnlichen zweitrangig. Ebensowenig sehen
wir allerdings in einer Bildkunst, die aus einem
literarisch-symbolistischen Bezirk herkommt, die
Erfüllung. Die Malerei will unmittelbarer ans
Ziel gelangen und direkter wirken. Durch Wirk-
liches hindurch soll der Keim des Unwirklichen
sichtbar werden, das in ihm und hinter ihm
geistert. 6 arI Oietriell 6 a r 1 8
Erich Heckel, Bildnis Otto Müller. Lithographie.
Ausstellung Galerie Möller, Berlin
Rudolf Schmidt: Hirschjagd
Bayerisches Staatstheater,
München
Das Staatstheater hat sich das Verdienst er-
worben, das Lustspiel Rudolf Schmidts „Hirsch-
jagd" im Residenztheater ans der Taufe zu heben.
Denn — um den Erfolg vorwegzunehmen — es
ist ein echtes Lustspiel! Mit allen Stärken — und
Schwächen — eines solchen! Mit einer gut auf-
gebauten Verwcchslungsgeschichte, mit erschüttern-
der Situationskomik, mit ein wenig Lyrik und
Elegie, vor allem aber mit wirksamen, gut ge-
legten Pointen!
Der Ort der Handlung ist ein Tiroler Land-
schlößchen, das ein Graf des besten älteren Jahr-
gangs seiner einstigen vornehmen Freundin zum
Zweck einer Fremdenpension znr Verfügung ge-
stellt hat. In dem geschickten Gemisch der zahlen-
den Gäste finden sich alle notwendigen Typen, um
das Publikum in ständigem Lächeln zu erhalten.
Es fehlt weder das spukende Gespenst des sünd-
haften Mönchs, von dem Grafen jr. dargestellt,
um seine heimlich angebetete sensationslüsterne
Filmdiva zum Bleiben zu veranlassen, noch der
schlotternde Angsthase, weder das glossenmachende
alte Hausfaktotum, noch der komisch-blinde Zufall,
der zum Lpiritus reetor wird. Alles jagt das
Wild, die schöne Diva, selbst der Graf des besten
älteren Jahrgangs, dem Gustav Waldau über-
ragend Charme und Geist verlieh, der aber mit
resigniertem Lächeln und leiser, müder Selbst-
ironie der kecken Jugend seines Sprößlings weicht.
Der wienerisch-bayerische Dialog ist mit guten,
aber gelegentlich auch billigen Bonmots gespickt.
Die einzelnen Charaktere sind scharf gesehen, wenn
auch manchmal ein wenig zu steil nebeneinander-
gestellt, psychologisch am lebensnächsten der müde,
lebenskluge Graf und die vornehme, geschäftstüch-
tige und sorgengeplagte Baronin samt ihrem
Hausfaktotum. Der erste Akt ist zwar etwas
langatmig und die Chargen zu sehr ans Draht
gezogen. Dann aber überzeugt der Aufbau und
die Zuspitzung des zweiten Aktes und der die er-
wartete Lösung bringende, aber trotzdem launige
und gar nicht abfallende dritte Akt von der besten
Qualität dieses Lustspiels. Das Publikum ging
lachend und begeistert mit und der Autor erntete
am Schluß stürmischen Beifall und die berechtigte
Aussicht, seinen schönen Erfolg auf vielen deutschen
Bühnen wiederholt zu sehen. ü. 0 llristu
„palestrina" in der Staatsoper
„Der arme Heinrich"
im Reichssender Berlin
(zu Hans Pfitzners 65. Geburtstag)
Die Berliner Staatsoper feierte Pfitzners Ge-
burtstag durch eine Wiederaufnahme seiner „musi-
kalischen Legende" Palestrina. Wenige Tage
später brachte der Reichssender Berlin unter Pfitz-
ners persönlicher Leitung einen Akt seines Musik-
dramas „Der arme Heinrich" (eiue Tat, die als
eindrucksvoller Gipfel im Programm des Senders
steht, und die ihm die dankbare Anerkennung aller
ernsten Musikfreunde eingebracht haben wird). Es
war außerordentlich aufschlußreich, den Palestrina,
der unbestritten den Gipfel in Pfitzners bisheri-
gem Schaffen darstellt, so in unmittelbarer Nähe
des genialen Erstlingswerkes, des „Armen Hein-
rich" zn hören. Hier das reife Meisterwerk, das
einzige Musikdrama der nachwagnerischen Periode,
das den Vergleich mit diesem Genius nicht zu
scheuen braucht. Dort der nachtwandlerisch sichere
Wurf eines Zweiundzwanzigjährigen. Beide in
ihrer Art unfaßbare Wunder musikalischer Ge-
staltung. Der „Arme Heinrich" galt immer etwas
als ein Werk, das abhängig im Wagnerschen Mu-
sikdrama wurzelt. Heute, mit dem „Palestrina"
im Ohr, erkeuuen wir, wie äußerlich diese Ab-
hängigkeit von Wagner ist, und wie sicher Pfitzner
damals schon einen, oder besser: seinen neuen
Stil fand. Diesen Stil hat Pfitzner in einem mit
ungeheurem Ernst strebenden, ohne die geringste
Konzession an das Publikum unbeirrt seinen Weg
gehenden Künstlerdasein mit bewundernswerter
Konsequenz ausgebaut. Er hat uns mit „Pa-
lestrina" das einzige Weihefestspiel seit Wagner
geschenkt. Wenn wir heute den 65jährigen Meister
voll Ehrfurcht grüßen, so möchten wir damit die
Hoffnung verknüpfen, daß unsere Zeit, die die
Pflege alles echt Deutschen auf ihre Fahnen ge-
schrieben hat, diesem immer noch Einsamen die
Plattform schasst, die ihm und seinem Werk ge-
bührt. Piibner war Jahrzehnte lang der leiden-
schaftliche Vorkämpfer einer geistigen Idee, deren
Sieg heute unzweifelhaft ist. Wir wollen es ihm
danken, indem wir seine Werke — wie viele
wissen denn, welch ein überwältigendes Natur-
gefühl in ihnen Gestalt wurde, wieviel Liebens-
wertes in ihnen steckt? — ins Volk tragen, wann
und wo immer wir können.
Schmidt-Nottlusf, Turm über Dächer».
Ausstellung Museum Köln
RichardStrauß: DieIrau ohneSchatten
Im Zuge der Vorbereitung für die große Feier
von Strauß' 70. .Geburtstag brachte die Staats-
oper Berlin eine Neueinstudierung der „Frau ohne
Schatten". Immer wieder, wenn wir dieses
Schmerzenskind Straußens (sein Herz hängt —
wie das immer bei Schmerzenskindern der Fall
ist — ganz besonders an dieser Oper, er dirigiert
sie mit großer Vorliebe) hören, faßt uns tiefes
Bedauern, daß so viel hervorragend inspirierte
Musik an einen hoffnungslos verworrenen
Operntext vertan wurde. Der Dichter schreibt an
Strauß: „Das Publikum darf vor dieses Werk
nicht ohne Vorbereitung treten. Es wird unbe-
dingt nötig sein, daß eine Einführung in die Dich-
tung dem Verständnis der ineinandergreisenden
Motive und Symbole den Weg ebnet." Nach Er-
halt dieses Briefes hätte Strauß die Komposition
ruhig einstellen sollen. Denn mit diesen Forde-
rungen verstößt Hoffmannstal gegen die primitiv-
sten Gesetze eines brauchbaren Operntextes. Merk-
würdig, daß ein so bühnensicherer Fachmann wie
Strauß diese Gefahr übersehen konnte. Vor uns
liegt eine Partitur von einer Klangpracht ohne
Erinnerungen an Otto Mueller
Er war klein und hager, und besaß den federn-
den Gang eines Panthers. Alle wandten sich auf
der Straße nach ihm um, wenn er vorübcrging,
denn er sah wie ein Ausländer aus, so stark
ähnelte er seiner Mutter, die eine Zigeunerin ge-
wesen war. Den blauen Schimmer seiner glatten
Haare und das stets braune Gesicht mit den
schwarzen Augen darin betonte er durch den Hellen
Pelz, den er im Winter trug. Ein Hund rannte
wie ein kleiner schwarzer Teufel neben ihm.
Von seinen Augen sprachen alle, die ihn kann-
ten. Sie konnten freundlich wie Frauenaugcn,
aber auch stechend scharf sein. Manche seiner Schü-
ler behaupteten, ihm nicht in die Augen blicken
zu können.
Mehr als die Hälfte seiner Schüler lebte in
ständiger Angst vor seiner Strenge und atmete er-
löst auf, wenn die Korrektur vorüber war. Seine
Forderungen in künstlerischen Dingen waren un-
erbittlich, immer wieder betonte er, daß er es
nicht lehren könne und sprach von der Kunst als
von einem Geheimnis.
Niemand machte einen Witz über ihn, wie
über die anderen Professoren. Alle verehrten ihn
tief, am meisten diejenigen, die ihn fürchteten.
Er galt allen Schülern der Akademie als der
Typ eines vorbildlichen Künstlers.
An den Wänden des Aktsaales befand sich ein
von ihm gemaltes bandartiges Fresko, Knaben
und Mädchen, hockend, liegend und stehend, Grup-
pen bildend und in leichten Bewegungen einander
zu- und abgekehrt. Eines Tages, kurz vor seinem
Tode, wurde dieser köstliche Wandschmuck über-
kalkt. Die Empörung gegen die schon vorher un-
beliebte Direktion der Akademie war allgemein.
Von Mund zu Mund gingen die abenteuer-
lichsten Geschichten über ihn. Wer ihn nur von
diesen geheimnisvollen Erzählungen her kannte,
hielt ihn für unheimlich, unberechenbar, dä-
monisch.
Eines Tages, während dreißig andere Schüler
auf eine Korrektur warteten, wollte er meine
Zeichnung korrigieren. Ich widersprach, was ihm
sonst nie passierte. Darauf ließ er meine Zeich-
nung ohne Strich, setzte sich auf die niedrige Trep-
penstufe des Aktsaales neben mich hin und ver-
langte ein leeres Blatt. „Ich will Ihnen nur
zeigen, wie i ch es mache, ich verlange nicht, daß
Sie es ebenso machen", sagte er, nicht ohne bittere
Anspielung darauf, daß fast alle Schüler seinen
„Strich" nachahmten. Dann begann er langsam,
immer sorgfältig dazwischen das Modell beobach-
tend, einen Akt zu zeichnen. Dazu gab er
flüsternd, um die andern nicht zu stören, genaue
Erklärungen über die Gesetzmäßigkeit des Zeich-
nens ab. „Ich sage das, weil ich als Lehrer Er-
klärungen abgeben muß, wenn mich jemand fragt.
Wer ein Künstler ist, der braucht es nicht," sagte
er und sah mich während der ganzen Zeit nur
dreimal an.
Nach einer halben Stunde strich er seine Ar-
beit, die mir als meisterhafte Zeichnung erschien,
kreuz und quer durch. „Alles falsch." Er zerriß
das Blatt und sah mich heiser lachend an: „Sie
sehen, ich kann es auch nicht", sagte er und ging
fort, ohne die Arbeiten der übrigen dreißig an-
zusehen. (ünsxer.
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Gleichen; sie wird erbarmungslos durch den nicht
zu rettenden Text der Vergessenheit anheim fallen.
Leo Blech tat am Pult sein Möglichstes zur Wie-
derbelebung (unerhört seine überlegene Beherr-
schung des komplizierten Klangapparates, sein
klares Disponieren in der Tempoüahme). Die
Szene wies empfindliche Mängel in der Besetzung
auf (Kaiser, Färbersfrau, Geifterbote). Außer-
ordentlich verstaubt wirkten die Bühnenbilder von
Aravantinos. Sie dürften zur Zeit ihrer Ent-
stehung (1916?) einmal sehr schön gewesen sein.
Aber heute sind sie (bis eventuell auf die Färber-
hütte) nicht mehr möglich. Es steht zu hoffen, daß
die weiteren Vorstellungen zur Strauß-Feier sich
bedeutender präsentieren werden.
Reue Schallplatten
Mit einem hochbedeutsamen Werk setzt die
Electrola-Gesellschaft die ungemein verdienstliche
Reihe ihrer Klassikeraufnahmen fort: sie bringt
(unter Cortots stilsicherer Leitung) Bachs „Bran-
denburgisches Konzert" in k'-Dur (D. B. 2033/34).
Diese Konzerte, die ihren Namen und ihre Ent-
stehung dem Zusamme.ntreffen Bachs mit dem
musikbegeisterten Christian Ludwig von Branden-
burg verdanken, gehören zum Schönsten, was
Bach an weltlicher Musik geschrieben hat. Ihre
mit unerschöpflicher Fantasie dahinströmende Er-
findung zeugt beredt davon, daß sie in der viel-
leicht glücklichsten Zeit seines Lebens (in Cöthen,
als Kapellmeister des Fürsten von Anhalt) ge-
schrieben wurden. Das vorliegend b'-Dur-Konzert
nimmt in seinem Aufbau bereits die später von
Haydn entwickelte Sinfonie voraus. Die Auf-
nahme ist vorzüglich gelungen. (Namentlich für
die sehr exponiert liegenden Hörner standen offen-
bar erstklassige Bläser zur Verfügung.) Diese
scheinbar so klare und durchsichtige Musik enthüllt
dem Kenner ein Wunderwerk thematischer Arbeit.
Und das ist es, was uns Bachs Kunst so zeitnah
wirken läßt: daß sein technisches Können nie
Selbstzweck wird, sondern immer den warmen
Strom menschlichen Empfindens spüren läßt.
Dusolina Giannini singt (El. D. B. 1937), von
Raucheisen begleitet, zwei der schönsten Brahms-
lieder: „Immer leiser wird mein Schlummer"
und „Von ewiger Liebe". Wir empfinden es als
seltenes Glück, daß uns die Technik in die Lage
versetzt, die Ausdrucksgewalt dieser einmaligen
Stimme auf die Platte zu bannen. Wie ost haben
wir diese Lieder schon gehört, und doch: hier
hören wir sie zum erstenmal. (Wir denken bei der
Kraft der Steigerungen einen Moment an die
Opernsängerin Giannini, um aber dann über-
zeugt festzustellen, daß sie nirgends die Grenzen
des Liedstils überschreitet.) Herrlich!
Aus Schuberts nachgelassenem Streichquartett
„Der Tod und das Mädchen" liegt — vom Lener-
Quartett (Columbia LWT 42) aesvielt. der Va-
riationensatz vor. Wir hoffen, daß die anderen
Sätze, in die dieses Andante cantabile als un-
erhörtes Juwel eingebettet ist, bald folgen wer-
den. Um so mehr, als die Wiedergabe des vor-
liegenden Satzes keine Wünsche offen läßt.
Von der Odeon-Ges. liegt (0—6695—7) unter
Leitung von Professor Hans Knappertsbusch die
6-Dur-Sinsonie mit dem Paukenschlag von Josef
Haydn vor. Diese Wohl volkstümlichste Sinfonie
des Meisters erfährt eine von lebhaftem Tempe-
rament durchpulste, saubere und geistreiche Wie-
dergabe (technisch wäre nur der Anfang des An-
dante als gar zn leise zu bemängeln). In diesem
Andante steht der berühmte Paukcnschlag, der der
Sinfonie ihren Namen gab. Er ertönt unver-
mittelt in einer längeren Pianissimo-Episode.
Haydn soll ihn hineingesetzt haben, um das ge-
wohnte Schläfchen einiger fürstlicher Zuhörer
während der langsamen Sätze zu stören. Im
übrigen ist dieser Variationensatz ein beispielhaf-
tes Meisterwerk kunstvollster Arbeit, das auch
nicht einen Moment den Boden des Volkstüm-
lichen verläßt. Wir verstehn hier, mit wieviel
Recht Haydn von sich sagen durfte: „Ich war nie
ein Geschwindschreiber und komponierte mit Be-
dächtigkeit und Fleiß. Solche Arbeiten sind aber
auch für die Dauer und dem Kenner verrät sich
das sogleich aus der Partitur." ^W. ^..
Wettbewerb des Museums Folkwang
Das Museum Folkwang veranstaltet einen Wettbewerb,
um einen brauchbaren Vorschlag zur Ausgestaltung des
runden Eingangsraumes mit dem Minne-Brunnen im Folk-
wang-Museum zu gewinnen. Teilnehmen darf jeder deutsche
Künstler, der am Ende des Jahres 1934 das 41. Lebensjahr
noch nicht vollendet hat, denn nach dem Wunsch des Kura-
toriums soll dieser Wettbewerb der Jugend vorbehalten
bleiben und ihrem Wetteifer eine Gelegenheit und ein Ziel
gegeben werden. Der Folkwangpreis wird alle drei Jahre
neu ausgeschrieben," künftig wird also jeder Künstler vor
Überschreiten dieser Altersgrenze die Möglichkeit zur Beteili-
gung haben.
Es handelt sich um die einheitliche Gestaltung von neun
etwa gleich großen Wandflächen; darüber erhebt sich eine sich
zweimal verjüngende Kuppel, die nach Möglichkeit in den
Entwurf einzubeziehen ist.
Jeder Formgedanke (Figur, Ornament, Schrift), jedes
Mittel und jedes Verfahren (Malerei auf Leinwand, Holz
oder Wand; Relief in Holz, Stein und Metall; Weberei und
Mosaik) sind zugelassen.
Die Entwürfe für die Wandflächen sollen die Größe von
50 X 65 em nicht überschreiten. Der Entwurf für eine ein-
zelne dieser neun Wandflächen darf größer sein, sofern es
sich nicht um Relief handelt. (Alle Entwürfe ohne Passe-
partout.) Kohle- oder Kreidezeichnungen müssen fixiert sein.
Es ist ein unteilbarer Preis von 6000 RM. ausgesetzt.
Dieser Preis gelangt in der Form zur Auszahlung, daß der
Preisträger fünf Jahre lang monatlich je 100 RM. aus-
gezahlt erhält.
Ferner wird eine engere Wahl getroffen werden, in die
20 weitere Teilnehmer ausgenommen werden. Diese 20 in
die engere Wahl aufgenommenen Teilnehmer werden auf-
gefordert werden, alsbald ihre drei besten Werke zu einer
sich unmittelbar anschließenden Ausstellung junger deutscher
Kunst im Folkwang-Museum einzuschicken. Aus dieser Aus-
stellung sollen etwa 20 Werke, das heißt etwa von jedem
dieser 20 Aussteller ein Werk gegen eine Leihgebühr für die
Diskussionsabteilung angenommen werden.
Die ausführlichen Bedingungen versendet das Museum
Folkwang, Esten, Bismarckstraße 64.
Schriftleitung: Otto-Andreas Schreiber; verantwortlich: Otto-Andreas Schreiber, Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation G. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstr. 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der
Nation zu richten. Anzeigenannahme beim Verlag. Jnseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte
Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. D.-A. 1.5000 Druck H. S. Hermann G. m. b. H. Berlin SW 19.