II. 3hg., Nr. ö, 15. März 1934
Verlag Kunst der Nation G. m. b. L>., Berlin W 62, Kurfürstenstr. 118. Telefon: B 5, Barbarossa 1260.
Bankkonto: Commerz-und Privatbank A.G, Dep.-Kasse M., Berlin W 50, Tauentzienstraße 18a. Postscheck-
konto Berlin Nr. 55241. Erscheinungstermin: 1. und 15. jeden Monats. Bezugspreis: vierteljährlich
1,80 Mk., jährlich 7,20 Mk. Zu beziehen beim Verlag, bei der Post oder beim Buchhändler.
Einzelpreis 30 Pfennige
A. va» Ostade, Bauern. Zeichnung
Line Viitstnbn iler kreiL«itA68t»ItuiiA
Führung zur Kunst
in einem Ferienlager
Von
,44444»
Prof. Dr. Fritz Klatt unterhält in herr-
licher Gegend, in Prerow (Pomm.), an der See
(Darß) ein Erholungslager, das seinen Besuchern
Gelegenheit zu körperlicher Entspannung und gei-
stiger Arbeit bietet. Wir halten derartige kul-
turelle, der Volksgemeinschaft dienende Zellen für
beachtlich innerhalb der Freizeitbcstrebungen und
geben daher den Ausführungen des Verfassers
der „Schöpferischen Pause" gern Raum.
In alter wie neuer Kunst, in Dichtung, Bild-
knnst und Musik hat jedes Werk seinem Meister
Mühe nnd Arbeit gekostet, oft Entbehrung und
Entsagung und ein 'Opfer alt Lebenskraft. Dem-
entsprechend wird anch jeder, der in seiner Feier-
stunde sich vom Dichter, Künstler oder Mnsiker er-
freuen und „erbauen" lassen will, auch seinerseits
sich bemühen müssen. Ohne Mühe und
Arbeit wird sich der Segen der Kunst nicht aus-
breiten und entfalten. Kunstschaffell wie Kunst-
empfangen erfordern gleichermaßen Hingabe all
das Werk und Mühe. Die junge Gelleration des
neuen Deutschland wird das wieder lernen müssen,
daß Mühe nnd Hingabe an das Werk allein den
schaffendell Künstler und die ausnehmende Ge-
meinde znsammenbindet. Nicht nur die Kunst
muß volksverbnnden werden, sondern anch das
Volk knnstverbnnden, d. h. man muß sich nm die
Verbindung mit der Kunst bemühen.
Auch wenu wir am Feierabend, am Wochen-
eude und ill der Freizeit, vielleicht ermüdet von
schwerer Tages-, Wochen- oder Jahresarbeit
künstlerische Werte ansuehmen, nur uns dadurch
geistig zu erneuern, ist das nicht ohne Bemühung
möglich.
Auch hier leisten wir Arbeit, wenn anch
andere als die gewohnte Berufsarbeit, nämlich
nachschaffende Arbeit. Sonst geht die Kunst nicht
ein, wie mall zu sagen Pflegt. Man sieht oder
hört drüber weg.
Diese andersartige „Arbeit", die in der Freizeit ge-
leistet wird, braucht nun gar nicht etwa zu ermüden. Sic
wird vielmehr erfrischend und erholend sein, weil sic andere
sonst in der Berufsarbeit vielleicht ungenutzt gelassene Kräfte
übt und braucht. Wie das auch der Sportler weiß, dass sinn-
volle Sportübung auch nach ermüdender Alltagsarbeit er-
frischen kann, weil die sportliche Arbeit andere sonst un-
gebrauchte Muskelgruppcn in Tätigkeit setzt.
Unsere Erholung erfolgt nicht bloß durch die Ruhe, son-
dern auch durch andere Formen bewegter Tätigkeit als die
im Berus gebrauchten Tätigkeitsformen sind. Eine solche so-
gar anstrengende Bemühung in einer anderen Richtung als die
Alltagsarbeit erfordert, kann sogar erholsamer als die ab-
solute Ruhe sein.
Beschäftigung mit der Kunst in der Freizeit ist solche
durchaus Bemühung erfordernde aber erfrischende, ja er-
lösende Erholungsarbcit bei dem durch ganz andersartig an
Arbeit gebundenen Berufsmenschen. In vielen Freizeit- und
Ferienkursen habe ich in meinem Freizeithcim Prerow an
der Ostsee diese Erfahrung mit den verschiedensten Berufs-
trägern, Arbeitern, Angestellten, Beamten, Lehrern und Aka-
demikern immer wieder machen können.
Nicht nur körperlich-sportliche, sondern anch
geistige Übung hat sich ill all diesen Versuchen
zur Freizeitgestaltung als äußerst wirksam er-
wiesen, und vor allem künstleris st) c
Laienübung auf musikalischem,
b i l d k ü n st l c r i s ch e llt nnd sprachliche m
Gebiete. Es handelt sich bei solcher Übung um
die Erweiterung der eigenen Ausdrucksfähigkeit
der Teilnehmer, die cs dann bewirkt, daß jeder
gerade durch die gesteigerte Ausdrucksfähigkeit zu
wirklicher Gemeinschaft fähiger wird und sich tiefer
vom Geist des Kunstwerks erfüllen läßt.
Wie geht die Arbeit solcher Ubungsgruppen
vor sich? Nehmen wir an: Es kommt eine Gruppe
voll 80 berufstätigen Menschen in einem Heim zu-
sammen, Männer und Frauen ans verschiedensten
Schichten: einige Lehrerinnen und Lehrer,
Studenten, junge Arzte nnd Juristen, männliche
lilld weibliche Angestellte ans städtischen und
Privaten Betrieben, ferner Handwerker lilld
Arbeiter. Alle diese Menschen sind mehr oder
welliger erschöpft ans der Stadt voll ihrer an-
strengenden Arbeit ill den Urlaub gekommen.
Manche haben die Anreise schwer gehabt, sind auf
Nädern gekommen oder z. T. zu Fuß auf der
Landstraße, weil sie nicht genug Geld zur Eisen-
bahnfahrt hatten. Sie müssen sich nun in der
Wald- und Seeluft gründlich erholen und
kräftigen, weil sie ja wissen, cs muß für das ganze
nachfolgende Jahr ausreichen. Sie werden sich in
den erstell drei Tagen ihres vielleicht zwei- oder
dreiwöchigen Urlaubs kaum zu irgendeiner Tätig-
keit aufgelegt fühlen. Sie werden voll sich aus
kaum etwas anderes wollen als sich ill die Sonne
legen und baden. Und sie werden sich zu gemein-
samem Sport am Strand zusammenfinden. So
ist es gar nicht leicht, sie gleich am Nachmittag
oder Abend des ersten Tages zu einer kleinen
Besprechung zusammenzuholen lind daran zu inter-
essieren. Und doch hängt von denn guten Ge-
lingen dieser ersten Zusammenkunft sehr viel für
die Gesamtfreizeit ab. Dieses erste Gespräch gibt
die Unterlage für die Einrichtung der verschiedeneil
Ubllngsgruppen, die nun im Verlauf der Freizeit
z. T. nebeneinander her, z. T. miteinander ihre
Sport- ll ll d Spielgruppe gebildet, die
außer einer besonders intensiven sportlichen Übung
unter fachkundiger Führung auch die gym-
nastischen Grundlagen der Körperübung Pflegen
wird, die aber auch für die Gesamtheit vielleicht
einige gut gelungene Tanzabende oder Improvi-
sationen von Laienspielen od. dgl. verantwortlich
vorbereiten wird. Alle Teilnehmer der Freizeit
nehmen am Morgensport am Strand vor dem
Frühstück teil, der dann mit gemeinsamem Bad
endet. Aber diese Sport- und Spielgruppe ver-
einigt die besonders Begabten und Interessierten
zu intensiver übender Arbeit.
Es bildet sich dann eine Zeichen- und
Modelliergruppe unter den Freunden bildender
Kunst. Sie versuchen unter künstlerischer Leitung
vielleicht sich mit der Landschaft der Umgebung
zu beschäftigen, vielleicht machen sie Studien ill
Porträt, wozu ihnen gern die anderen Modell
sitzen. Eiilige Photographen werden auch bei
dieser Gruppe sein, die dasselbe Modell anch
photographisch aufnehmen, woran sich dann lehr-
reiche Unterhaltungell über die verschiedenen Aus-
drucksmittel von Zeichenstift nnd Kamera an-
knüpfen lassen. Jeder, der Lust nnd Liebe zur
Sache hat, kann hier mitmachen und ist ill solcher
Gruppe willkommen, anch der, welcher nicht mehr
seit seinen Schultagen gezeichnet hat. Wenn er
nur Freude an Kunst und Schauen hat, läßt sich
in welligen Tagen sein Auge schuleu uud seine
Hand üben, daß er, wenu auch vielleicht primitiv,
doch das Objekt wesentlicher sieht uud
ill den Grundzügcn darstellen lernt. Niall macht
auch Bewegungsstudien ill einer solchen Gruppe.
Die Bewegung voll Wind lind Wellen, das Wachs-
tum der Bäume, die menschlichen Bewegungen,
die man sieht nnd beobachtet, werden stndicrt nnd
ill ihrer rhythmisch verschiedenen Art auf Papier
gebracht. Wer Farben hat, versucht sich in deren
Anwendung, wer sich an dem Modellieren in Ton
beteiligen will,' tnt das. Die L ll st am gc -
naneren Beobachten nnd anderer-
seits die Freude an der Material-
beherrschung ergreift nach kurzer Zeit
die ganze Gruppe. Ein fröhlicher Wetteifer be-
ginnt. Mau stellt die besten Arbeiten jedes Üben-
den in dem Arbeitsranm all den Wänden ans. Sie
werden systematisch besprochen. Anch die Fort-
schritte jedes einzelnen und die Art seilles Aus-
drncksstiles sind Gegenstand der täglichen Be-
sprechung. Anch die größere Gemeinschaft der ge-
samten Freizeitgrnppe nimmt unter Umständen
hie nnd da gern'gn dieser Ausstelllingsbesprechung
teil. Man gewinnt voll allen Seiten Interesse
ml den Problemen künstlerischen Ausdrucks über-
haupt. Mall holt eine Mappe mit Reproduk-
tionen von Dürer, Zeichnungen, die in voll-
endeter Meisterschaft Landschaft nnd menschliche
Gestalt zur Darstellung bringen, oder anch die
Nachbildungen von Werken neuer Künstler: Bar-
lach, Nolde oder Franz Marc. Diese künstlerischen
Werke werden nun Plötzlich von allen mit ganz
anderen Angen angesehen, da sie sich ja selbst
mit dem Ausdruck eines menschlichen Gesichts, mit
den Luft- und Lichtproblemen der Landschaft ab-
gemüht haben. Wo man früher nur den darge-
stellten Gegenstand sah, beginnt nun das Ge-
heimnis der künstlerischen Form von der Gruppe
erfaßt zu werden. Mail gewinnt vor allem die
Ehrfurcht zurück vor der Einfach-
heit und Sicherheit großer Kunst.
Vielleicht ist es voll da aus auch all der Zeit,
das Interesse für vorgeschichtliche Funde,
die etwa in dem Museum der Provinzhauptstadt
ausgestellt sind, zu Wecken. Wer längere Zeit
selbst den Ton in der Hand gehabt hat, einfache
Formen geknetet hat, die einfachen Gesetze des
Materials ganz tief erfahren hat, wird plötzlich
ergriffen werden voll der unnachahmlichen Schön-
heit eilier alten Urne, die sonst ziemlich unbe-
achtet ill der Vitrine steht, und wird den Wunsch
haben, selbst mit der Hand der Rundung des
Materials zu folgen. So wird für die einzelnen
Mitglieder der Gruppe der Ansatz zu wirklich
iuteusiver K u u st b e t r a ch t u U g gefuudeu sein.
Sie sind damit zugleich auch ans den Weg ge-
wiesen.
Wer einmal oder ein paarmal in seiner Freizeit solche
Libunpskurse mitgcmacht hat, ist damit endgültig aktiviert.
Er wird versuchen weitcrzuzcichnen. Er wird in den Abend-
stunden seines Arbeitstages trotz großer Müdigkeit doch die
Abcndzeichcnkurse der Kunstgewerbeschulc, der Volkshochschule
oder der Universität besuchen und sich weiter üben. Er wird
mit wachgcwordenen Sinnen des Sonntags in die Museen
oder Bildergalerien gehen und die dort aufbewahrten Schätze
mit neuen Augen sehen. Er wird sich vielleicht auch eine
Kunstzeitschrift halten und die zeitgenössische Kunst zu ver-
folgen beginnen. Das alles wird ihm seinen Feierabend und
seine Feiertage sinnvoll auszufüllen vermögen. Er wird auch
im übrigen Arbeitsjahr nicht mehr lassen von seiner neu er-
wachten Liebe zu schauender Beobachtung und künstlerischer
Gestaltung. Und noch einen Schritt weiter: Er wird
auch den Menschen seiner Umgebung neu
und besser sehen können. Er wird auch hier
an seinem Heimatort innerhalb seiner NSBO-Eruppe oder
im NS-Lehrcrbund oder wo er sonst organisiert ist mit eini-
gen anderen gleich Interessierten vielleicht eine Arbeits-
gruppe jener Freizeit begonnen war. So wird also seine
eigene Aktivierung ihn zu aktivem Einsatz in seiner Organi-
sation bringen.
Eine andere Gruppe von jenen 80 Urlaubern
der Freizeit findet sich ans Grnnd ihres gemein-
samen Interesses zu einer musikalischen Gruppe
zusammen. Es ist anzunehmen, daß einige In-
strumente, eine oder zwei Geigen, ein Paar Block-
flöten und Klampfen mitgcbracht sind. Man wird
in dieser musikalischen Kerngruppe versuchen,
einige kleine Stücke einzuüben. Die Sänger wer-
den einen Kanon oder einige weltliche oder geist-
liche Lieder der großen Zeit der klassischen Musik
oder auch eilt Lied von Hindemith oder Ludwig
Weber üben. Vielleicht läßt sich auch Jnstrnmental-
und Vokalmusik zusammenbringen. Die Musiker-
kerngruppe hat für die gauze Freizeitgruppe eine
fast zentrale Bedeutung. Musik wird an vielen
Abenden der Freizeit die ganze Gruppe zu gemein-
samem Hören znsammcnbringen. Das Singen
wird von daher auch auf die Nichtsänger über-
greifen. Der musikalische Vortrag der
Ker ll gruppe ist bald umrahmt vom gemein-
samen Volksgesangderga uzen Gruppe.
Hier hat ja die Musikbewegung von Götsch, Jöde,
Hensel viel vorbereitet. Die Musikgruppe wird
durch die intensive Beschäftigung wertvollsten
musikalischen Gutes der Vergangenheit nnd
Gegenwart während der Freizeit intensiveren Ein-
blick in Aufbau und Form des Kunstwerks ge-
winnen. Wer selbst singt oder ein Instrument
spielt, bekommt ja leichter den Sinn für die musi-
kalische Form und Qualität. Man wird, wie wir
es manchmal unter sachkundiger Leitung in
Prerow erlebt haben, auch weiter zu Komposi-
tionsübungen vorschreiten können. Ein
sprachlicher Text, ein einfaches Lied vielleicht von
Goethe soll vertont werden. Man spricht es erst
gemeinsam nnd einzeln und versucht den sprach-
lichen Klang voll herauszuholen. Und nun hat
dieser oder jener schon einen Einfall, welche
Melodie zu dem Gedicht passen könnte. Danach
setzt sich jeder Teilnehmer hin und versucht die
Melodie niederzuschreiben. In der nächsten
Ubungsstnnde werden die Versuche vorgesungen.
Manche sind verwandt miteinander. Der Übungs-
leiter vergleicht die eine mit der andern Arbeit.
Gemeinsam sucht man die kompositorischen Fehler
der einzelnen Versuche herauszubekommen. Und
schließlich kann der Übungsleiter, wenn die Arbeit
.Kompositionen berühmter Meister über dasselbe
Lied vorführen und singen lassen. Man kann nun
feststellen, wie weit etwa strukturelle Ähnlichkeiten
zwischen den Laienarbeiten und den Meisterwerken
bestehen, wie also die Worte mit ihrem ganz be-
stimmten Klang und Sinn vielleicht notwendig es
zu dieser Melodie kommen lassen, die in meister-
hafter Endform das ergibt, was in allerlei Vor-
formen von der übungsgruppe selbst produziert
wurde. Solche Übungen schließen den Sinn für
die Gesetze musikalischer Gestaltung aus.
(Fortsetzung folgt)
Die Jeststätte für Olympia 1936
Von
Werner March
Die Richtlinien, die unser Führer Adolf Hitler
für den Ausbau des Festgcländes für die Olym-
piade 1936 gegeben hat, fordern eine Anlage, die
in der Zusammenfassung verschiedenartigster Ver-
sammlungsstätten mit der großen Rcichshochschule
für Leibesübungen eine ganz neue Art von Volks-
forum schasst.
Aus der Verbindung der großen Kampfanlagen
für Sport, Schwimmen, Radfahren, Tennis nnd
Reiten mit eitler Festwiese, mit einer ausgedehn-
ten Schulanlage für Leibesübungen, mit Inter-
naten, mit einer Volkserholungsstätte und schließ-
lich mit einer großen Freilichtbühne wird das neue
Programm deutlich, das weit über den Charakter
einer Sportkampsanlage hinaus, der Volkserzie-
hung, der Volkserholnng und dem großen Volks-
fest mit chorischen Festspielen dienen will. Die
künstlerische Forderung für die Gesamtanlage, die
der Führer deutlich formulierte, geht dahin, durch
innere Gliederung und Steigerung die vielseitigen
Bauten und Anlagen so zueinander in Beziehung
zu bringen, daß die Gesamtkomposition von jeder
einzelnen Alllage aus dem Besucher fühlbar wird.
Für die Regie der großen Feste deutete der Führer
an, daß die aus der Eigenart dieser Anlage sich
ergebende Gliederung ill einzelne Gemeinschaften
innerhalb der Festwiese, des Stadions, der Frei-
lichtbühne nnd der umliegenden Spielflächen eine
Fülle voll Möglichkeiten wechselseitiger Beziehun-
den schasst, und daß die große Regiewirkung eines
Volksfestes trotz aller technischen Hilfsmittel des
Lautsprechers, bei dem beschränkten natürlichen
Sehvermögen ill bestimmten Höchstziffern der
feiernden Volksmenge künstlerisch ihre Grenzen
findet.
All dem Gelände des alten deutschen Stadions
Alfred Kubin, Federzeichnung
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konto Berlin Nr. 55241. Erscheinungstermin: 1. und 15. jeden Monats. Bezugspreis: vierteljährlich
1,80 Mk., jährlich 7,20 Mk. Zu beziehen beim Verlag, bei der Post oder beim Buchhändler.
Einzelpreis 30 Pfennige
A. va» Ostade, Bauern. Zeichnung
Line Viitstnbn iler kreiL«itA68t»ItuiiA
Führung zur Kunst
in einem Ferienlager
Von
,44444»
Prof. Dr. Fritz Klatt unterhält in herr-
licher Gegend, in Prerow (Pomm.), an der See
(Darß) ein Erholungslager, das seinen Besuchern
Gelegenheit zu körperlicher Entspannung und gei-
stiger Arbeit bietet. Wir halten derartige kul-
turelle, der Volksgemeinschaft dienende Zellen für
beachtlich innerhalb der Freizeitbcstrebungen und
geben daher den Ausführungen des Verfassers
der „Schöpferischen Pause" gern Raum.
In alter wie neuer Kunst, in Dichtung, Bild-
knnst und Musik hat jedes Werk seinem Meister
Mühe nnd Arbeit gekostet, oft Entbehrung und
Entsagung und ein 'Opfer alt Lebenskraft. Dem-
entsprechend wird anch jeder, der in seiner Feier-
stunde sich vom Dichter, Künstler oder Mnsiker er-
freuen und „erbauen" lassen will, auch seinerseits
sich bemühen müssen. Ohne Mühe und
Arbeit wird sich der Segen der Kunst nicht aus-
breiten und entfalten. Kunstschaffell wie Kunst-
empfangen erfordern gleichermaßen Hingabe all
das Werk und Mühe. Die junge Gelleration des
neuen Deutschland wird das wieder lernen müssen,
daß Mühe nnd Hingabe an das Werk allein den
schaffendell Künstler und die ausnehmende Ge-
meinde znsammenbindet. Nicht nur die Kunst
muß volksverbnnden werden, sondern anch das
Volk knnstverbnnden, d. h. man muß sich nm die
Verbindung mit der Kunst bemühen.
Auch wenu wir am Feierabend, am Wochen-
eude und ill der Freizeit, vielleicht ermüdet von
schwerer Tages-, Wochen- oder Jahresarbeit
künstlerische Werte ansuehmen, nur uns dadurch
geistig zu erneuern, ist das nicht ohne Bemühung
möglich.
Auch hier leisten wir Arbeit, wenn anch
andere als die gewohnte Berufsarbeit, nämlich
nachschaffende Arbeit. Sonst geht die Kunst nicht
ein, wie mall zu sagen Pflegt. Man sieht oder
hört drüber weg.
Diese andersartige „Arbeit", die in der Freizeit ge-
leistet wird, braucht nun gar nicht etwa zu ermüden. Sic
wird vielmehr erfrischend und erholend sein, weil sic andere
sonst in der Berufsarbeit vielleicht ungenutzt gelassene Kräfte
übt und braucht. Wie das auch der Sportler weiß, dass sinn-
volle Sportübung auch nach ermüdender Alltagsarbeit er-
frischen kann, weil die sportliche Arbeit andere sonst un-
gebrauchte Muskelgruppcn in Tätigkeit setzt.
Unsere Erholung erfolgt nicht bloß durch die Ruhe, son-
dern auch durch andere Formen bewegter Tätigkeit als die
im Berus gebrauchten Tätigkeitsformen sind. Eine solche so-
gar anstrengende Bemühung in einer anderen Richtung als die
Alltagsarbeit erfordert, kann sogar erholsamer als die ab-
solute Ruhe sein.
Beschäftigung mit der Kunst in der Freizeit ist solche
durchaus Bemühung erfordernde aber erfrischende, ja er-
lösende Erholungsarbcit bei dem durch ganz andersartig an
Arbeit gebundenen Berufsmenschen. In vielen Freizeit- und
Ferienkursen habe ich in meinem Freizeithcim Prerow an
der Ostsee diese Erfahrung mit den verschiedensten Berufs-
trägern, Arbeitern, Angestellten, Beamten, Lehrern und Aka-
demikern immer wieder machen können.
Nicht nur körperlich-sportliche, sondern anch
geistige Übung hat sich ill all diesen Versuchen
zur Freizeitgestaltung als äußerst wirksam er-
wiesen, und vor allem künstleris st) c
Laienübung auf musikalischem,
b i l d k ü n st l c r i s ch e llt nnd sprachliche m
Gebiete. Es handelt sich bei solcher Übung um
die Erweiterung der eigenen Ausdrucksfähigkeit
der Teilnehmer, die cs dann bewirkt, daß jeder
gerade durch die gesteigerte Ausdrucksfähigkeit zu
wirklicher Gemeinschaft fähiger wird und sich tiefer
vom Geist des Kunstwerks erfüllen läßt.
Wie geht die Arbeit solcher Ubungsgruppen
vor sich? Nehmen wir an: Es kommt eine Gruppe
voll 80 berufstätigen Menschen in einem Heim zu-
sammen, Männer und Frauen ans verschiedensten
Schichten: einige Lehrerinnen und Lehrer,
Studenten, junge Arzte nnd Juristen, männliche
lilld weibliche Angestellte ans städtischen und
Privaten Betrieben, ferner Handwerker lilld
Arbeiter. Alle diese Menschen sind mehr oder
welliger erschöpft ans der Stadt voll ihrer an-
strengenden Arbeit ill den Urlaub gekommen.
Manche haben die Anreise schwer gehabt, sind auf
Nädern gekommen oder z. T. zu Fuß auf der
Landstraße, weil sie nicht genug Geld zur Eisen-
bahnfahrt hatten. Sie müssen sich nun in der
Wald- und Seeluft gründlich erholen und
kräftigen, weil sie ja wissen, cs muß für das ganze
nachfolgende Jahr ausreichen. Sie werden sich in
den erstell drei Tagen ihres vielleicht zwei- oder
dreiwöchigen Urlaubs kaum zu irgendeiner Tätig-
keit aufgelegt fühlen. Sie werden voll sich aus
kaum etwas anderes wollen als sich ill die Sonne
legen und baden. Und sie werden sich zu gemein-
samem Sport am Strand zusammenfinden. So
ist es gar nicht leicht, sie gleich am Nachmittag
oder Abend des ersten Tages zu einer kleinen
Besprechung zusammenzuholen lind daran zu inter-
essieren. Und doch hängt von denn guten Ge-
lingen dieser ersten Zusammenkunft sehr viel für
die Gesamtfreizeit ab. Dieses erste Gespräch gibt
die Unterlage für die Einrichtung der verschiedeneil
Ubllngsgruppen, die nun im Verlauf der Freizeit
z. T. nebeneinander her, z. T. miteinander ihre
Sport- ll ll d Spielgruppe gebildet, die
außer einer besonders intensiven sportlichen Übung
unter fachkundiger Führung auch die gym-
nastischen Grundlagen der Körperübung Pflegen
wird, die aber auch für die Gesamtheit vielleicht
einige gut gelungene Tanzabende oder Improvi-
sationen von Laienspielen od. dgl. verantwortlich
vorbereiten wird. Alle Teilnehmer der Freizeit
nehmen am Morgensport am Strand vor dem
Frühstück teil, der dann mit gemeinsamem Bad
endet. Aber diese Sport- und Spielgruppe ver-
einigt die besonders Begabten und Interessierten
zu intensiver übender Arbeit.
Es bildet sich dann eine Zeichen- und
Modelliergruppe unter den Freunden bildender
Kunst. Sie versuchen unter künstlerischer Leitung
vielleicht sich mit der Landschaft der Umgebung
zu beschäftigen, vielleicht machen sie Studien ill
Porträt, wozu ihnen gern die anderen Modell
sitzen. Eiilige Photographen werden auch bei
dieser Gruppe sein, die dasselbe Modell anch
photographisch aufnehmen, woran sich dann lehr-
reiche Unterhaltungell über die verschiedenen Aus-
drucksmittel von Zeichenstift nnd Kamera an-
knüpfen lassen. Jeder, der Lust nnd Liebe zur
Sache hat, kann hier mitmachen und ist ill solcher
Gruppe willkommen, anch der, welcher nicht mehr
seit seinen Schultagen gezeichnet hat. Wenn er
nur Freude an Kunst und Schauen hat, läßt sich
in welligen Tagen sein Auge schuleu uud seine
Hand üben, daß er, wenu auch vielleicht primitiv,
doch das Objekt wesentlicher sieht uud
ill den Grundzügcn darstellen lernt. Niall macht
auch Bewegungsstudien ill einer solchen Gruppe.
Die Bewegung voll Wind lind Wellen, das Wachs-
tum der Bäume, die menschlichen Bewegungen,
die man sieht nnd beobachtet, werden stndicrt nnd
ill ihrer rhythmisch verschiedenen Art auf Papier
gebracht. Wer Farben hat, versucht sich in deren
Anwendung, wer sich an dem Modellieren in Ton
beteiligen will,' tnt das. Die L ll st am gc -
naneren Beobachten nnd anderer-
seits die Freude an der Material-
beherrschung ergreift nach kurzer Zeit
die ganze Gruppe. Ein fröhlicher Wetteifer be-
ginnt. Mau stellt die besten Arbeiten jedes Üben-
den in dem Arbeitsranm all den Wänden ans. Sie
werden systematisch besprochen. Anch die Fort-
schritte jedes einzelnen und die Art seilles Aus-
drncksstiles sind Gegenstand der täglichen Be-
sprechung. Anch die größere Gemeinschaft der ge-
samten Freizeitgrnppe nimmt unter Umständen
hie nnd da gern'gn dieser Ausstelllingsbesprechung
teil. Man gewinnt voll allen Seiten Interesse
ml den Problemen künstlerischen Ausdrucks über-
haupt. Mall holt eine Mappe mit Reproduk-
tionen von Dürer, Zeichnungen, die in voll-
endeter Meisterschaft Landschaft nnd menschliche
Gestalt zur Darstellung bringen, oder anch die
Nachbildungen von Werken neuer Künstler: Bar-
lach, Nolde oder Franz Marc. Diese künstlerischen
Werke werden nun Plötzlich von allen mit ganz
anderen Angen angesehen, da sie sich ja selbst
mit dem Ausdruck eines menschlichen Gesichts, mit
den Luft- und Lichtproblemen der Landschaft ab-
gemüht haben. Wo man früher nur den darge-
stellten Gegenstand sah, beginnt nun das Ge-
heimnis der künstlerischen Form von der Gruppe
erfaßt zu werden. Mail gewinnt vor allem die
Ehrfurcht zurück vor der Einfach-
heit und Sicherheit großer Kunst.
Vielleicht ist es voll da aus auch all der Zeit,
das Interesse für vorgeschichtliche Funde,
die etwa in dem Museum der Provinzhauptstadt
ausgestellt sind, zu Wecken. Wer längere Zeit
selbst den Ton in der Hand gehabt hat, einfache
Formen geknetet hat, die einfachen Gesetze des
Materials ganz tief erfahren hat, wird plötzlich
ergriffen werden voll der unnachahmlichen Schön-
heit eilier alten Urne, die sonst ziemlich unbe-
achtet ill der Vitrine steht, und wird den Wunsch
haben, selbst mit der Hand der Rundung des
Materials zu folgen. So wird für die einzelnen
Mitglieder der Gruppe der Ansatz zu wirklich
iuteusiver K u u st b e t r a ch t u U g gefuudeu sein.
Sie sind damit zugleich auch ans den Weg ge-
wiesen.
Wer einmal oder ein paarmal in seiner Freizeit solche
Libunpskurse mitgcmacht hat, ist damit endgültig aktiviert.
Er wird versuchen weitcrzuzcichnen. Er wird in den Abend-
stunden seines Arbeitstages trotz großer Müdigkeit doch die
Abcndzeichcnkurse der Kunstgewerbeschulc, der Volkshochschule
oder der Universität besuchen und sich weiter üben. Er wird
mit wachgcwordenen Sinnen des Sonntags in die Museen
oder Bildergalerien gehen und die dort aufbewahrten Schätze
mit neuen Augen sehen. Er wird sich vielleicht auch eine
Kunstzeitschrift halten und die zeitgenössische Kunst zu ver-
folgen beginnen. Das alles wird ihm seinen Feierabend und
seine Feiertage sinnvoll auszufüllen vermögen. Er wird auch
im übrigen Arbeitsjahr nicht mehr lassen von seiner neu er-
wachten Liebe zu schauender Beobachtung und künstlerischer
Gestaltung. Und noch einen Schritt weiter: Er wird
auch den Menschen seiner Umgebung neu
und besser sehen können. Er wird auch hier
an seinem Heimatort innerhalb seiner NSBO-Eruppe oder
im NS-Lehrcrbund oder wo er sonst organisiert ist mit eini-
gen anderen gleich Interessierten vielleicht eine Arbeits-
gruppe jener Freizeit begonnen war. So wird also seine
eigene Aktivierung ihn zu aktivem Einsatz in seiner Organi-
sation bringen.
Eine andere Gruppe von jenen 80 Urlaubern
der Freizeit findet sich ans Grnnd ihres gemein-
samen Interesses zu einer musikalischen Gruppe
zusammen. Es ist anzunehmen, daß einige In-
strumente, eine oder zwei Geigen, ein Paar Block-
flöten und Klampfen mitgcbracht sind. Man wird
in dieser musikalischen Kerngruppe versuchen,
einige kleine Stücke einzuüben. Die Sänger wer-
den einen Kanon oder einige weltliche oder geist-
liche Lieder der großen Zeit der klassischen Musik
oder auch eilt Lied von Hindemith oder Ludwig
Weber üben. Vielleicht läßt sich auch Jnstrnmental-
und Vokalmusik zusammenbringen. Die Musiker-
kerngruppe hat für die gauze Freizeitgruppe eine
fast zentrale Bedeutung. Musik wird an vielen
Abenden der Freizeit die ganze Gruppe zu gemein-
samem Hören znsammcnbringen. Das Singen
wird von daher auch auf die Nichtsänger über-
greifen. Der musikalische Vortrag der
Ker ll gruppe ist bald umrahmt vom gemein-
samen Volksgesangderga uzen Gruppe.
Hier hat ja die Musikbewegung von Götsch, Jöde,
Hensel viel vorbereitet. Die Musikgruppe wird
durch die intensive Beschäftigung wertvollsten
musikalischen Gutes der Vergangenheit nnd
Gegenwart während der Freizeit intensiveren Ein-
blick in Aufbau und Form des Kunstwerks ge-
winnen. Wer selbst singt oder ein Instrument
spielt, bekommt ja leichter den Sinn für die musi-
kalische Form und Qualität. Man wird, wie wir
es manchmal unter sachkundiger Leitung in
Prerow erlebt haben, auch weiter zu Komposi-
tionsübungen vorschreiten können. Ein
sprachlicher Text, ein einfaches Lied vielleicht von
Goethe soll vertont werden. Man spricht es erst
gemeinsam nnd einzeln und versucht den sprach-
lichen Klang voll herauszuholen. Und nun hat
dieser oder jener schon einen Einfall, welche
Melodie zu dem Gedicht passen könnte. Danach
setzt sich jeder Teilnehmer hin und versucht die
Melodie niederzuschreiben. In der nächsten
Ubungsstnnde werden die Versuche vorgesungen.
Manche sind verwandt miteinander. Der Übungs-
leiter vergleicht die eine mit der andern Arbeit.
Gemeinsam sucht man die kompositorischen Fehler
der einzelnen Versuche herauszubekommen. Und
schließlich kann der Übungsleiter, wenn die Arbeit
.Kompositionen berühmter Meister über dasselbe
Lied vorführen und singen lassen. Man kann nun
feststellen, wie weit etwa strukturelle Ähnlichkeiten
zwischen den Laienarbeiten und den Meisterwerken
bestehen, wie also die Worte mit ihrem ganz be-
stimmten Klang und Sinn vielleicht notwendig es
zu dieser Melodie kommen lassen, die in meister-
hafter Endform das ergibt, was in allerlei Vor-
formen von der übungsgruppe selbst produziert
wurde. Solche Übungen schließen den Sinn für
die Gesetze musikalischer Gestaltung aus.
(Fortsetzung folgt)
Die Jeststätte für Olympia 1936
Von
Werner March
Die Richtlinien, die unser Führer Adolf Hitler
für den Ausbau des Festgcländes für die Olym-
piade 1936 gegeben hat, fordern eine Anlage, die
in der Zusammenfassung verschiedenartigster Ver-
sammlungsstätten mit der großen Rcichshochschule
für Leibesübungen eine ganz neue Art von Volks-
forum schasst.
Aus der Verbindung der großen Kampfanlagen
für Sport, Schwimmen, Radfahren, Tennis nnd
Reiten mit eitler Festwiese, mit einer ausgedehn-
ten Schulanlage für Leibesübungen, mit Inter-
naten, mit einer Volkserholungsstätte und schließ-
lich mit einer großen Freilichtbühne wird das neue
Programm deutlich, das weit über den Charakter
einer Sportkampsanlage hinaus, der Volkserzie-
hung, der Volkserholnng und dem großen Volks-
fest mit chorischen Festspielen dienen will. Die
künstlerische Forderung für die Gesamtanlage, die
der Führer deutlich formulierte, geht dahin, durch
innere Gliederung und Steigerung die vielseitigen
Bauten und Anlagen so zueinander in Beziehung
zu bringen, daß die Gesamtkomposition von jeder
einzelnen Alllage aus dem Besucher fühlbar wird.
Für die Regie der großen Feste deutete der Führer
an, daß die aus der Eigenart dieser Anlage sich
ergebende Gliederung ill einzelne Gemeinschaften
innerhalb der Festwiese, des Stadions, der Frei-
lichtbühne nnd der umliegenden Spielflächen eine
Fülle voll Möglichkeiten wechselseitiger Beziehun-
den schasst, und daß die große Regiewirkung eines
Volksfestes trotz aller technischen Hilfsmittel des
Lautsprechers, bei dem beschränkten natürlichen
Sehvermögen ill bestimmten Höchstziffern der
feiernden Volksmenge künstlerisch ihre Grenzen
findet.
All dem Gelände des alten deutschen Stadions
Alfred Kubin, Federzeichnung