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Kunst der Nation — 2.1934

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Künstler heraus!
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Hieber, Hermann: Hans Baldung, gen. Grien
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König: Deutsche Bildhauer der Gegenwart
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Kunst der Nation

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Hans Baldung, gen. Grien

Hans Baldung gen. Grien, Der behexte Knecht

Berlin, Deutsches Museum

unser Führer in so überreichem Maße für sie ein-
setzt und so große Hoffnungen ans sie stellt. Mit
welchen stolzen Worten redete der Führer ans der
Kulturtagung des Parteitages t933 von Kunst
und Künstler, und diese Ausstellung soll eine
Antwort darauf sein, das wäre beschämend!
Künstler heraus mit euren Ar-

beiten, unsere Zeit zwingt euch
zu wachsen, euer Recht und euere
Berechtigung ist euch verbürgt und
bestätigt worden, auf was wartet
ihr noch, wollt ihr den ewig Gestrigen,
den Schwachen und den Geschäftemachern den
Aufbau der deutschen Kunst überlassen. K.

Var Künstler ist riwar Zer 8obu seiner 2eit,
aber seblimm kür ibn, wenn er rmAleieb ibr
Zö^linA oder Aar nocb ibr künstlinA ist . . .
>Vie verwabrt sieb aber Zer Künstler vor Zen
Verderbnissen seiner Leit, die ibn von allen
Leiten umkan^en? ^Venn er ibr Urteil ver-
lebtet. Kr bliebe aufwärts naeb seiner ^Vürdo
und dem Oesetr:, nickt niederwärts naeb dem
Olüek und naeb dem Kedürknis . . . 6ib der
>Velt, auk die du wirbst, die kiebtun^ mim
Outen, so wird der rubi^e kb^tbmus der 2eit
die KntwieblunT bringen . . .
bebe mit deinem ^abrkundert, aber sei niebt
sein Oeseböpk; leiste deinen Zeitgenossen, aber,
was sie bedürfen, niebt, was sie loben.
Lebiller

mit den Worten: „Das Bemühen ist bei allen tra-
genden Kräften der neuen Bildhauerei sichtbar,
mit diesen Gestalten — seien sie Mensch oder Tier
— etwas Allgemeines auszusprechen. Sei es
Trauer, Sehnsucht, Mutterliebe, Haß, Freude,
Heldentum. Selbst im Bildnis strebt man über
das Individuelle hinaus. Man trachtet, mit einem
Wort Fritz Wicherts, „vom Abbild zum Sinnbild"
vorzudringen, und damit können wir hoffen, auf
dem Wege zu einem neuen Stil zu sein. Aber zu
einem allgemeinen Stilwillen gehört, neben dem
Suchen der Künstler, der Auftrag des Staates.
Nur darf der Staat nicht, wie in der Vorkriegs-
zeit, einen bestimmten Formwillen zu diktieren
versuchen, das endet in hohlem Pathos, sondern
muß den Wesenhaften Bemühungen der Schaffen-
den Rechnung tragen. Dazu sind heute alle Ge-
gebenheiten vorhanden."
Dieses schöne Buch ist gut ausgestattet und ent-
hält 100 ausgezeichnete Abbildungen; es gehört zu
der Buchreihe „Die Zeichner des Volkes", die der
Verleger nicht nur mit „gutem Fingerspitzen-
gefühl", sondern auch mit großer Liebe und
großem Verständnis begonnen hat und ständig er-
weitert. König

Erst im vorigen Jahre hat Koch in einem Grünewald entdeckte und die Anklänge Baldungs
Notenbuch des Straßburger Musikers Thomas an seine phantastische Kunst, der Umschlags die Ex-
Sporer unter einem Holzschnittbildnis des Hans pressionisten nahmen ihn für sich in Beschlag und
Baldung die Angabe ge-
sunden, daß er 1484 ge-
boren ist und damit das
Geburtsdatum des Künst-
lers festgelegt. Aber auch
über den Geburtsort
waren falsche Angaben
im Umlauf. Mau hielt
ihn für einen Elsässer,
weil der französische Be-
arbeiter einer Straßbur-
ger Chronik, die 1870 mit
per berühmten Bibliothek
bei der Belagerung der
Stadt Straßburg 1870 in .
Flammen ansgegangen
war, ihn aus chauvinisti-
schen Gründen in der
Nähe der elsässischen
Hauptstadt hatte geboren
sein lassen. Und das, ob-
wohl die Inschrift auf
dem Freiburger Hoch-
altar ihn als „Gamun-
dianus" bezeichnet und
ein Freiburger Rats-
protokoll als „Hans von
«Gmünd", und obwohl wir
wissen, daß seine Sippe
aus Schwäbisch-Gmünd
ausgewandert ist. Bal-
dung ist demnach in
Niederschwaben geboren;
er ist Franke, wie Dürer
nnd Grünwald. ""
sessor Winkler
Kupferstichkabinett

nach Ägypten ausleben. In den fruchtbarsten
Jahren, die er in aller Muse dem Freiburger
Hochaltar widmen durfte, 1511 bis 1516, konnte
er diese seine malerische Eigenart voll entfalten.
Dieser Glücksfall eines wahrhaft monumenta-
len Auftrages scheint ihm hinterher, während
seines Straßburger Aufenthaltes, nicht mehr zu-
teilgeworden zu sein. Und das, obschon er zu
Ehren und sicher auch zu Vermögen gekommen ist.
Von Hause aus entstammte er einer Patrizier-
und Gelehrtenfamilie, nicht wie Dürer aus Hand-
werkerkreisen. Er hat deshalb müheloser das
weltliche und antike Element als sein Lehrer oder
gar Lukas Cranach aufnehmen können, auch ohne
eine italienische Reise. Ob er die Geschichte von
„Pyramus und Thisbe" malt oder den „Trunke-
nen Silen" zeichnet — er versteht das fremde
Thema überraschend gut einzudeutschen. Als Zeich-
ner hat er außer Dürer nicht seinesgleichen. Sein
Karlsruher Skizzenbuch mit den Silberstiftzeich-
nungen ist eine Köstlichkeit. Er scheint — und das
ist das Neue — um der Zeichnung willen gezeich-
net zu haben, nicht lediglich zu Studienzwecken für
seine Gemälde. Er arbeitet mit einer sehr be-
stimmten, dabei aber doch unendlich zarten Um-
rißlinie. Die Helldunkelwirkung, die er mit weiß
gehöhter Federzeichnung auf braunem Papier er-
zielt, führt ihn auf den Tonplattenschnitt, d. h.
auf die Verwendung verschieden eingefärbter Holz-
stöcke.
Damit erklimmt er Höhen, die ihn fast schon
in Rembrandts Nachbarschaft bringen. Schon
darum, weil er zu einem höchst eigenartigen Dich-
ter wird. Er nimmt dem Matthias Claudius den
„Tod und das Mädchen" vorweg. Und Goethen
den Hexenspuk der Walpurgisnacht. An kühnen
Kompositionen und Perspektiven weiß er sich nicht
genug zu tun. Freilich drängen sich diese revo-
lutionären Blätter fast ausnahmslos in das
zweite Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zusammen,
in die Zeit der reformatorischen Erschütterung, an
der er auch mit dem Titelblatt von Ulrich von
Huttens „Gesprächbüchlein" teilnimmt. Er dürfte
sich in den letzten zwanzig Jahren, bis zu seinem
Tode, 1545, allzusehr mit handwerklicher Betäti-
gung verzettelt haben. Nur einmal noch, 1540,
flammt die Schöpferkraft jäh auf: in dem Karton
für den Wandteppich, den Graf Günther von
Schwarzburg in Brüssel anfertigen läßt. Eine
Bekehrung des Saulus, diesmal in ganz „anti-
kischer" Manier, wirkt wie eine barbarisch
wilde Ahnung von Peter Paul Rubens.
Hermann Uieber.

Pro-
vom
in
Berlin hat zu des Mei-
sters 450. Geburtsjahr
eine sehr beachtenswerte
Ge d ä ch t n i s a u s st e l-
lung veranstaltet, und
gerne kommt man aus
diesem Anlaß, auch wenn
man kein Freund von
allzu viel Jubiläen ist,
auf diesen Meister zu-
rück. Seine künstle- Hans Baldung gen. Grien, Graf von Löwenstein
riscye Wertung ist auty
heute noch umstritten.
Zuerst stand er allzulange im Schatten Dürers,
seines Lehrers. Jakob Burckhardts Stimme, die
seinen Freiburger Hochaltar für „das Höchste"
erklärte, „was deutsche Malerei hervorgebracht
hat", blieb zunächst ohne Widerhall. So erfreulich
es an sich ist, das dieses Meisterwerk religiöser
Kunst an seinem ursprünglichen Platz geblieben ist,
so hinderlich ist dieser Aufstellungsort seiner all-
gemeinen Verbreitung gewesen. In der Münchner
Pinakothek odep im Kaiser-Friedrich-Museum hätte
es gewiß mehr von sich reden gemacht, während es
so, in der äußersten Südwestecke des Reiches, wo es
selbst die Freiburger nur an hohen Feiertagen zu
Gesicht bekamen, über eine lokale Bedeutung nicht
hmauskam. Alles, was er sollst gemalt hat, auch
seine prächtigen Fürstenbildnisse in der Karls-
rmher Kunsthalle, bleiben an Originalität weit
dahinter zurück. Wie kann man sich über diese
Nichtachtung wundern, wenn selbst der Jsenheimer
Altar Grünewalds in Kalmar bis ins 20. Jahr-
hundert hinein einen Dornröschenschlaf geschlafen
hat? Auch Burckhardt dürfte, nach seinem Urteil
über den Freiburger Altar, das Unterlinden-
museum iu Kolmar nicht gekannt haben.
Dazu kommt, daß die deutschen Kunsthistorikekr,
die Italien früher entdeckt haben als ihr Vater-
land, die Graphik lieben der Malerei nicht für
voll ansahen. Man braucht nnr daran zu er-
innern, wie lange es gedauert hat, bis sich Dau-
nliers Lithographien durchgesetzt hatten oder die
Goyas! Und doch sind gerade in den Holzschnitten,
Kupferstichen und Zeichnungen die höchsten Werte
der deutschen Künstler der Renaissancezeit be-
schlossen. Und „Grien Hans", wie Dürer seinen
Licblingsschüler zu nennen Pflegte, weil er auf
seinen Gemälden wie in seiner Kleidung diese
Farbe so auffallend bevorzugte, hat von dieser
Regel — eben weil er ein so durch und durch
deutscher Künstler gewesen ist — keine Ausnahme
gemacht. Um 1910 herum folgte dann, als man

stellten ihn über Dürer. Bis sich dann auch diese
Richtung wieder beruhigte und man zu einer ge-
rechteren Würdigung Baldungs gelangte.
Es geht nicht an, ihn in eine Reihe mit den
drei Großmeistern Dürer, Grünewald und Hol-
bein zu stellen. Dazu fehlte ihm die ungeheure,
fanatische Zielstrebigkeit, deren jene bedurften.
Der deutsche Künstler war ja so viel schlechter
daran als der südländische. Wir wissen es aus
Dürers Briefen, aus der verzweifelten Flucht des
jüngeren Holbein aus seinem Vaterlande. Ihr
Drang nach monumentaler Betätigung blieb un-
verstanden; die kleinbürgerliche Gesinnung ihrer
Zeitgenossen, auch der vermöglichsten, zwängte sie
immer wieder in den handwerklichen Leisten hin-
ein. Die Zeit der Altar-
bilder war vorüber; wenn
es hoch kam, siel ein Por-
trätauftrag ab. Im
übrigen bestellte man
Buchillustrationen bei
ihnen, kunstgewerbliche
Entwürfe, „Visierungen",
Kartons für Glasscheiben.
Meister Albrecht hat sich
immer wieder dagegen
aufgebäumt — und sich
dahei vorzeitig verzehrt.
Der Schüler, dem man
nach dem Abscheiden des
Meisters eine Haarlocke
als Andenken übersandte,
die auf dem Umweg über
seine Nachkommen schließ-
lich in die Wiener Aka-
demie der Künste gelangt
ist, verrät in seinen klei-
nen Altarbildern, etwa
dem Dreikönigsaltar für
die Stadtkirche in Halle,
wenig Eigenart: der
Paumgärtneraltar ist
allzu getreu kopiert. Auch
auf einer Kreuzigung
und einer Beweinung,
ebenso wie auf seinen
Porträts, von denen der
Graf von Löwenstein
nach Berlin gekommen
ist, stört eine allzu harte
Buntheit. Das beispiel-
lose Farbengefühl seines
zweiten Vorbildes Grüne-
wald, dessen Jsenheimer
Altar er gekannt haben
muß (er war schon 1511
vollendet), ist nicht auf
ihn übergegangen. Wohl
aber der phantastische
Zug, die ausgesprochen
romantische Stimmung,
wie sie sich in den Licht-
wirkungen der Geburt

Diebstahl in der Kestner-Gesellschaft
Aus der Nolde-Ausstellung der Kestner-Gesell-
schaft, Hannover, Königstr. 8, wurden am 19. No-
vember zwei farbige Steinzeichnuugen von Emil
Nolde (Blattgröße 66 : 85, Bildgröße 60 : 80 em)
samt den zugehörigen Wechselrahmen mit schwar-
zer: Eichenholzleisten (Größe etwa 70:90 und
85 :100 em) gestohlen. Die eine Steinzeichnung
iu Grün und Rotbraun gedruckt, stellt eine „Mühle
am Wasser" dar, die andere irr Rot gedruckt, eine
„Herbstlandschaft (Überschwemmung)". Beide
Steinzeichnungen sind handschriftlich mit den ge-
nannten Titeln, sowie dem Namen des Künstlers
„Emil Nolde" und dem Vermerk „In dieser

Deutsche Bildhauer
der Gegenwart
In jedem Jahrzehnt ist seit 1900 ein Buch über
Plastik herausgekommen, dessen Erscheinen jedes-
mal von allen Freunden dieser Kunst freudig be-
grüßt wurde. So auch da« uor wenigen Wochen
im Rembrandt-Verlag, Berlin, erschienene Buch
von Alfred Hentzen „Deutsche Bildhauer der
Gegenwart". Mit bewundernswerter Disziplin
hat der Verfasser das Buch zusammengestellt und
die Künstler ausgewählt, die durch ihre schöpfe-
rische Kraft mitgearbeitet haben, das Gesicht der
Plastik unserer Zeit neu zu formen. Gewiß, dies
ist heute kein einheitliches Bild. Hentzen teilt ge-
schickt die Betrachtungen über die Kämpfer um
den neuen Weg in drei Bezirke ein und stellt an
die Spitze die beiden großen Formsucher Barlach
und Lehmbruck und den großen Lyriker Kolbe. Er
hebt die Verehrung für den großen Plastiker
August Gaul hervor und arbeitet mit erstaunlicher
Sicherheit die Entwicklung und Haltung der ein-
zelnen Künstler mit wenigen Worten klar heraus.
Das vorzügliche Buch schließt sein letztes Kapitel

Fassung Eindruck" bezeichnet. Vor Ankauf der
beiden Bilder wird gewarnt.

Christi und im Land-
schaftlichen der Flucht

Hans Baldung gen. Grien, Wandteppich

Berlin, Deutsches Museum
 
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