6
Kunst der Nation
scheinbares Durcheinander — und doch alles plan-
voll geordnet, Arbeit und Kampf ist nötig, den
kleinen Staat zu schützeu uud zu erhalten. —
Riesenhaft dämonisch in der Großaufnahme die
Wächterameise am Burgeingaug — jede kleinste
Bewegung kontrollierend, mit der Sprache der
Wühler jeden, der aus- uud eingeht, zu befragen.
Vom Ameisenftaat zum Menschenstaat. Hoch
über der Straße sieht die Kamera das gleiche
scheinbare Durcheinander.
Näher kommt die Kamera, großer werden die
Kauten, größer der Mensch — sichtbarer sein
Treiben. Arbeit — auch hier. Aber der Mensch
ist der Herr der Erde. Er hat die Tiere gebän-
digt, er züchtet Pflanzen, die Erde dient ihm.
Der Mensch ist das jüngste Geschlecht auf
Erden.
Er steht im Anfang seiner Entwicklung.
Und klein ist „seine Erde" gegenüber der ge-
waltigen Natur.
Unsere 6000jährige Geschichte schrumpft zu
einem winzigen Punkt zusammen am Ende einer
unvorstellbar langen Entwicklung.
Hnnderte von Millionen Jahre kämpfen Lebe-
wesen ans der Erde — Geschlecht ans Geschlecht.
Aus dem Wasser erobern sie das Land. Erd-
teile versinken — Gebirge türmen sich — Meere
brechen ein — Eiszeit wälzt sich vernichtend über
die Ebenen. Geschlechter gehen unter — neue
treteu an ihre Stelle — unaufhörlich.
Und die Erde — nur eiu kleiner Planet in den
unendlichen Systemen und Schwärmen ungezähl-
ter Millionen Sonnen im All.
Die Künstler, die den Film hcrstellten, Svend
Noldan und seine Mitarbeiter, sind Maler, und
sie sicherten dem Film aus ihrer optischen Ein-
stellung heraus die Herrschaft des Bildes. Die
Fähigkeit eines Musikers, Fritz Weuueis, schuf zu
den Bildfolgen eine wundervoll harmonisch an-
gepaßte Musik. Und neben dem Verdienst, einen
optisch wie inhaltlich wertvollen Film geschaffen
zu haben, gebührt den Künstlern Dank, einen
wirklichen Tonfilm geschaffen zu haben. Es ist
mir kein Fall bekannt, wo auch nur annähernd
ähnliches erreicht wurde in der Harmonie von Bild
und Ton. Bis zu den Grenzwirkungen des ge-
sprochenen Wortes (die menschliche Stimme im
Weltall, Sprecher: Eugen Rex) wurde hier eine
einheitliche Wirkung erzielt.
Xnrllnck^vi^ U 6 b r
Der„verleumdete Geist"
Eine Erwiderung
Im Fcbruarheft des „Hochland" beschäftigt sich Richard
Seewald auf eine mehr oder weniger private Weise mit
meinem Artikel „Vom völkischen Eros", der in Heft 2
der „Kunst der Nation" 1933 erschien.
Er glaubt den Geist in Gefahr und versucht ihn zu
verteidigen. Allerdings weih man nicht, gegen was oder
wen er ihn verteidigt, da er überhaupt nicht in Frage ge-
stellt wird. Und so kämpft denn Seewald einen gefühl-
vollen, von übereifrigen Vorurteilen erfiillten Kampf gegen
Windmühlen. Unter Beschwörung Sankt Martins, Sankt
Georgs und Sankt Hubertus' entwirft Seewald die Charakter-
züge des deutschen Wesens. Die von ihm aber gänzlich will-
kürlich angenommene Verleumdung des Geistes möchte er
mit moralthcologischcn Diktionen widerlegen. Damit unter-
schiebt er gleichzeitig dem von mir gegen Materialismus und
Intellektualismus verfochtenen Geist antichristliche Tendenzen
und übersieht, dabei von vornherein die Problemstellung
meiner Ausführungen. Also würde sich eigentlich eine Er-
widerung erübrigen, wenn die Darlegungen Seewalds nicht
geeignet wären, das Prinzip der Totalität, in dem der
Nationalsozialismus sich allein entfalten kann, und das
letzten Endes auf die religiöse Wiedergeburt des deutschen
Menschen gerichtet ist, unter einem falschen Gesichtspunkt zu
sehen.
Mein Aufsatz spricht von dem Zerfall des Lebens und
der Kultur in die Dualitäten von Erde und Himmel, von
Gut und Böse, und schließlich auch von der „irdischen" und
„himmlischen" Liebe, einer Vorstellung, die uns hindert,
in jedem Teil das Ganze zu schauen; erst der „ungebrochene
Mensch wird auch immer ein religiöser Mensch sein, denn
ihm teilt sich die Vollkommenheit Gottes in der Wider-
spruchslosigkcit des Ganzen mit", so schrieb ich wörtlich. Es
sei Scewald anheimgegeben, ob das christlich sein kann oder
nicht.
Die Spaltung des Lebens in Materie und Geist (von
einer Verleumdung des Geistes ist nirgendwo die Rede!)
wird als das größte Unglück angesehen, das je über die
Völker und den Einzelnen gekommen ist. Und man kann
nun der Ansicht sein, daß das Christentum keine Aufgabe
zu erfüllen hätte, wenn es diese Spaltung nicht überwinden
müßte; wie es sie überwindet, das wird niemals durch einen
Dualismus geschehen können, sondern auch im Christentum
durch das Prinzip der totalen Verpflichtung, Gott und dem
Menschen gegenüber, die keine Dualitäten, sondern Prin-
zipien des Lebens sind. Die Stellungnahme Seewalds geht
somit — bewußt oder unbewußt — von Voraussetzungen
aus, dis mein Leitartikel in keiner Weise bietet. Die non
Seewald angeführte Ganzheit der christlich-mittelalterlichen
Kunst ist gegen die Dualität gestaltet, gegen das Dogma,
das ja kein Gestaltung-;-, sondern ein Erkenntnisgrundsatz ist,
wider den Zerfall des menschlichen Bewußtseins, denn
religio — das heißt Rückverbindung mit den göttlichen Ge-
halten — als Dogma ist noch niemals in der Kunst
schöpferisch geworden. Immer war es der Mensch mit
seinen rassischen Fähigkeiten und natürlich auch Mängeln, der
die Kunst schuf.
Seewald verwechselt den Geist mit dem Intellekt, den
Geist, den ich auch nicht im Sinne Ludwig Klages' als den
„Widersacher der Seele" bezeichne, den ich aber in dem
Augenblick, wo er sich vom mütterlichen Grund der Materie
löst, als Intellekt verstehe, dessen Dcstruktivismus wir alle
-'riebt haben. Meine Darstellungen, die sich mit der höchsten
Existenzform des Menschscins befassen, mit dem Eros als
gelebte Einheit von Materie u n d Geist, stelle» diesen Eros
Kunstverein Hannover e.V.
102. AO
WjshrsMjlelliW im
Malerei Plastik Graphik
11.März bis29.April1934,tägl.11-17Nhr
in das Völkische und wollen den Weg andeutcn, der den
Zerfall des Jchs und der Gemeinschaft durch die Hingabe an
die Blut- und Schicksalsbestimmung des Volkes zu über-
brücken vermag. — — Das, vor dem ich gerade warnte,
nämlich die Rasse zu vergotten, indem man sie unter Aus-
schaltung des Geistes materialistisch verabsolutiert, hätte
Seewald nicht das Recht geben dürfen, mir Verleumdung
des Geistes vorzuwcrfcn.
Seine Angriffe richten sich weiterhin gegen folgenden
van mir geschriebenen Satz: „Die Anonymität der Werk-
Ausdruck des künstlerischen Schaffens überhaupt; sie hat
nichts mit dem Kollektivismus gemein, den Seewald wohl
hier vermutet, wenn er es auch nicht ausspricht.
Er schließt seine Betrachtungen mit folgendem Satz:
„Der Geist Griechenlands und des Alten und Neuen Testa-
mentes haben geformt das Abendland, zu dem wir uns be-
kennen und von dem Deutschland ein unveräußerliches Teil
ist, das wir nicht an den Osten verlieren wollen." — Nun,
das Abendland ist ein Begriff, der sich, wenn wir einmal
auf die Perspektiven der christlichen Geschichte verzichten,
Alfred Kubin, Zeichnung
gemcinschaft ist verlorengegangcn und hat dem Persönlich-
kcitskult Platz gemacht". Ich bin mir nicht klar, ob der
Angriff nur um des Angreifens willen getan wurde oder
um eine — wie man sehen wird — überflüssige Richtig-
stellung. Seewald schreibt: „Nun, ganz sicher wird man von
den romanischen und frühgotischen Portalen, von den Holz-
schnittinkunabeln und Vuchillustrationen sagen können, daß
sie aus der .Anonymität der Werkgemeinschaft' entstanden
seien", — derartig unterstreicht er meine Äußerung, dann
aber fährt er fort: „wobei wir uns bewußt sind, daß diese
Anonymität ein Schwindel ist" (!!). Hier scheint die
Logik wildgeworden. Doch soll auch die Fortsetzung der
Scewaldschen Gedankcngängc nicht unterschlagen werden:
„Denn Kunst, große Kunst, ist immer von einzelnen gemacht
der Geist, ja Geist, der diese Kunst hcrvorgerufcn hat,
ist der Geist des Christentums . . ."
Dazu wäre zu sagen, daß der Wille des Christentums
a priori nicht auf künstlerische Wcrkgestaltung gerichtet ist,
sondern auf die Erziehung des Menschen, und daß der
Künstler, vor allem im Mittelalter mit seiner geschlossenen
christlichen Hierarchie und Wertbcstimmung, die christlichen
Inhalte in erster Linie nur übernimmt, um sich in seiner
Gemeinschaft durch die allen bekannten Geschehnisse ver-
ständlich zu machen; das Christentum gibt zwar die Dar-
stellungsmaterie, die aber geformt wird von Menschen, die
die Kraft und Art der Formgebung aus den Potenzen des
Völkischen nehmen. Wäre das Christentum nicht gegen-
wärtig gewesen, dann hätten andere Inhalte als Mittel
zum Zweck die Werke bestimmt. Das besagt doch wohl nicht
Die Anonymität der Werkgemeinschaft bezieht sich in
ihrer letzten Bedeutung auf das Volk, welches weiß, daß
in der Kunst sein Schicksal zum Bild und Symbol wird.
Insofern ist dann auch der einzelne Künstler, selbst wenn
wir seinen Namen kennen, anonym, da er nur das Sprach-
rohr, die persona ist, der Mensch also, durch den das
namenlose Leid oder die namenlose Freude eines Volkes
hindurchtönt (personare — hindurchtönen). So verstanden
ist Anonymität der Werkgemeinschaft wohl der g c i st i g st e.
durchaus nicht als eine Einheit erwiesen hat. Es ist die
gewaltige Aufgabe des Christentums, zu untersuchen, inwie-
weit cs sich in die Renaissance des Nordens, in der wir
heute in Deutschland stehen, einzuleben vermag. Und daß
das Christentum aus dem Osten gekommen ist, das wird
selbst Richard Seewald nicht verneinen können. Wenn er
behauptet, mit dem Sah: „Unbedingte Geschichte ist nichts
anderes als heutiges Werden, stetige Wiedergeburt aus der
blinden Wirrnis in die Ordnung des völkischen Eros, der
die Notwendigkeit der Entbegrifflichung verlangt, um zuni
Wert und zur Wahrheit des Lebensmysteriums zu gelangen",
wenn er also behauptet, damit nichts anfangen zu können,
so erfährt trotzdem das deutsche Volk heute den Sinn dieser
ewigen Wiedergeburt des nordischen — Geistes!
O. N. 'I? b o u n i 8 8 o n
^68 611161' I^rO86l)ÜI-6 V0I1 4870
„Wie wird man Kunstkenner"
Vom Gönner, Kenner nnd Künstler
Ein Kunstfreund oder „Gönner" ist
Noch lang' nicht, was ein „Kenner" ist;
Der „Gönner" hält dell „Künstler" frei,
Der „Kenner" wär' gern mit dabei.
Doch „Kenner", die ihr Fach versteh'»,
Dem „Künstler" ans dem Wege geh'n.
Vom Urteil
Hängt wo ein Bild „im guten Licht",
Das ist gewiß was Schlechtes nicht;
Auch aus dem Preis mail schließen kann,
Ob an dem Kunstwerk „etwas dran".
Was Schlechtes ist es anch wohl nie,
Gehört's der „Nationalgal'rie". —
Von denk, was aller Welt gefällt,
der wahre „Kenner" wenig hält.
Pieter Vrueghel d. I„ Bcthlchemitischcr Kindcrmord
„Empfinden" mag das liebe Vieh —
Der „Kenner" doch empfindet nie.
Vom Urteil „auf Lager"
„Hart, unschön" ist Cornelius,
Genelli hat den „Linien-Fluß",
Meist „maniriert und weich" ist Schwind,
Und Overbeck ein „frommes Kind".
Der alte Carstens ist „gigantisch"
Und Schnorr „deutschkräftig und romantisch".
Rahl ist „zu keck" und Veit „zu strenge",
Und Kaulbach malt nnr — „für die Menge".
Von der Technik
Am liebsten spricht „der Kenner" nur
Von „den Reflexen", „der Lasur",
Viel von „Natur", von „Massen" und
Vom „Vordergrund" und „Hintergrund",
Der „Eindruck" ist ihm „imposant",
Und meist die „Ähnlichkeit" „frappant";
„Effektvoll" ist ihm die „Manier",
Das meiste aber — „elnirs obseur",
Der „Pinsel" ist ihm häufig „kühn",
Anch „fett" zuweilen trifft er ihn.
Der gute „Künstler" wird „geschätzt",
Und „Lichter" werden „aufgesetzt".
Volk „Linienperspektive" spricht
Im einzelnen der „Kenner" nicht;
So voll er sonst den Mund anch nimmt.
Darüber spricht er — unbestimmt.
Von der Antike
Wär' auch von der „Antike" nur
Noch übrig eine Nabelspur,
So bleibt „des Torsos" Nabelloch
Für ewig „unerreichbar!" doch.
Von dem, was man „Antike" heißt,
Ist etwas „abgeschlagen" meist;
Doch hat ein Werk nicht Hand noch Fuß,
Es drum antik nicht seien muß.
Wettbewerb der DAI
Preisrrchtcrkollegium und Termine
Das Preisrichterkollegium für den Wettbewerb des
Kulturamts der Deutschen Arbeitsfront, die einen Gesamt-
wert von 20 000 RM für die besten Einsendungen für ein
„Haus der Arbeit", ein Wandbild, ein Massenschauspiel und
ein Chorwerk ausgeschrieben hat, setzt sich zusammen aus
folgenden Persönlichkeiten:
„Haus der Ar b e i t":
t. Carl Lörcher, Vorsitzender des BDA.,
2. Heinrich Tessenow, Professor an der Technischen
Hochschule, Berlin,
3. Albert Speer, Leiter des Amtes für Schönheit der
Arbeit,
4. Paul Bon atz, Architekt, Berlin,
5. Hans Weidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
6. K u r t Frick, Direktor der Kunstakademie, Königs-
berg (Pr.),
7. Albert Mankoff, Direktor der Folkwangschule,
Essen,
8. Jupp Schupp, Architekt, Berlin.
Wandbild:
k. Erich Hanfstaengl, Direktor der Nationalgalerie»
Berlin,
2. Franz Lenk, Vereinigte Staatsschulen, Berlin,
3. Willi Kelter, Maler, Essen,
4. Hans Weidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
5. Albert Mankofs, Direktor der Folkwangschule,
Essen,
6. Paul Bonatz, Architekt, Berlin,
7. A n t o n Wendtling, Aachen, Kunstgewcrbeschule,
8. P. L. Kowalski, Kunstgewerbeschule, Breslau.
Massenschau spiel:
l. Hanns I o h st, Präsident der Dichterakademie, Berlin,
2. Werner Beumelburg, Schriftsteller, Berlin,
3. Eberhard Wolfgang Möller, Dramaturg,
Königsberg (Pr.),
4. Richard Euringer, Stadtbllcherei, Essen,
5. Alfred Roller, Intendant, Essen,
0. HansWeidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
7. Friedhelm Judefrey, Kulturamt, Berlin,
8. Gottfried Müller, Kulturamt, Berlin.
Chorwerk:
1. E e o r g Schumann, Direktor der Singakademie,
Berlin,
2. Paul Eraener, Mitglied des Präsidialrats, Berlin,
3. Hero Folkertz, Komponist, Gelsenkirchen,
4. Georg Nellius, Komponist, Herne (Westfalen),
5. Herrmann Reutter, Komponist, Stuttgart,
6. HansWeidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
7. Hans Renner, Kulturamt, Berlin.
Der Einsendungstermin für die Entwürfe des „Hauses
der Arbeit" und für das Wandbild ist der 1. April 1934; für
das Massenschauspiel und das Chorwerk der 15. März 1934.
Die Wettbewerbbedingungen sind kostenlos beim Kulturamt
der Deutschen Arbeitsfront, Berlin SW 19, Märkisches
Ufer 34, zu beziehen.
68QK.1897 816)61^58^1 686k. 1897
l8lNTK87k^888 8 / 83 K148!bl6^6 133
6!b887
vk 7IOKI
ZEblklkk- 8^7^15 -7U^H.l.O^I U.ä.
88811^1.177(7- 88^0 88E14lL>8 116 bt6
Schristleitung: Otto-Andreas Schreiber; verantwortlich: Otto-Andreas Schreiber. Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation L. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstr. 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der
Nation zu richten. Anzeigenannahme beim Verlag. Inseratentarif aus Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandt«
Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Verössentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. D.-A. I. V. 5000 Druck H. S. Hermann E. m. b. H. Berlin SW 19.
Kunst der Nation
scheinbares Durcheinander — und doch alles plan-
voll geordnet, Arbeit und Kampf ist nötig, den
kleinen Staat zu schützeu uud zu erhalten. —
Riesenhaft dämonisch in der Großaufnahme die
Wächterameise am Burgeingaug — jede kleinste
Bewegung kontrollierend, mit der Sprache der
Wühler jeden, der aus- uud eingeht, zu befragen.
Vom Ameisenftaat zum Menschenstaat. Hoch
über der Straße sieht die Kamera das gleiche
scheinbare Durcheinander.
Näher kommt die Kamera, großer werden die
Kauten, größer der Mensch — sichtbarer sein
Treiben. Arbeit — auch hier. Aber der Mensch
ist der Herr der Erde. Er hat die Tiere gebän-
digt, er züchtet Pflanzen, die Erde dient ihm.
Der Mensch ist das jüngste Geschlecht auf
Erden.
Er steht im Anfang seiner Entwicklung.
Und klein ist „seine Erde" gegenüber der ge-
waltigen Natur.
Unsere 6000jährige Geschichte schrumpft zu
einem winzigen Punkt zusammen am Ende einer
unvorstellbar langen Entwicklung.
Hnnderte von Millionen Jahre kämpfen Lebe-
wesen ans der Erde — Geschlecht ans Geschlecht.
Aus dem Wasser erobern sie das Land. Erd-
teile versinken — Gebirge türmen sich — Meere
brechen ein — Eiszeit wälzt sich vernichtend über
die Ebenen. Geschlechter gehen unter — neue
treteu an ihre Stelle — unaufhörlich.
Und die Erde — nur eiu kleiner Planet in den
unendlichen Systemen und Schwärmen ungezähl-
ter Millionen Sonnen im All.
Die Künstler, die den Film hcrstellten, Svend
Noldan und seine Mitarbeiter, sind Maler, und
sie sicherten dem Film aus ihrer optischen Ein-
stellung heraus die Herrschaft des Bildes. Die
Fähigkeit eines Musikers, Fritz Weuueis, schuf zu
den Bildfolgen eine wundervoll harmonisch an-
gepaßte Musik. Und neben dem Verdienst, einen
optisch wie inhaltlich wertvollen Film geschaffen
zu haben, gebührt den Künstlern Dank, einen
wirklichen Tonfilm geschaffen zu haben. Es ist
mir kein Fall bekannt, wo auch nur annähernd
ähnliches erreicht wurde in der Harmonie von Bild
und Ton. Bis zu den Grenzwirkungen des ge-
sprochenen Wortes (die menschliche Stimme im
Weltall, Sprecher: Eugen Rex) wurde hier eine
einheitliche Wirkung erzielt.
Xnrllnck^vi^ U 6 b r
Der„verleumdete Geist"
Eine Erwiderung
Im Fcbruarheft des „Hochland" beschäftigt sich Richard
Seewald auf eine mehr oder weniger private Weise mit
meinem Artikel „Vom völkischen Eros", der in Heft 2
der „Kunst der Nation" 1933 erschien.
Er glaubt den Geist in Gefahr und versucht ihn zu
verteidigen. Allerdings weih man nicht, gegen was oder
wen er ihn verteidigt, da er überhaupt nicht in Frage ge-
stellt wird. Und so kämpft denn Seewald einen gefühl-
vollen, von übereifrigen Vorurteilen erfiillten Kampf gegen
Windmühlen. Unter Beschwörung Sankt Martins, Sankt
Georgs und Sankt Hubertus' entwirft Seewald die Charakter-
züge des deutschen Wesens. Die von ihm aber gänzlich will-
kürlich angenommene Verleumdung des Geistes möchte er
mit moralthcologischcn Diktionen widerlegen. Damit unter-
schiebt er gleichzeitig dem von mir gegen Materialismus und
Intellektualismus verfochtenen Geist antichristliche Tendenzen
und übersieht, dabei von vornherein die Problemstellung
meiner Ausführungen. Also würde sich eigentlich eine Er-
widerung erübrigen, wenn die Darlegungen Seewalds nicht
geeignet wären, das Prinzip der Totalität, in dem der
Nationalsozialismus sich allein entfalten kann, und das
letzten Endes auf die religiöse Wiedergeburt des deutschen
Menschen gerichtet ist, unter einem falschen Gesichtspunkt zu
sehen.
Mein Aufsatz spricht von dem Zerfall des Lebens und
der Kultur in die Dualitäten von Erde und Himmel, von
Gut und Böse, und schließlich auch von der „irdischen" und
„himmlischen" Liebe, einer Vorstellung, die uns hindert,
in jedem Teil das Ganze zu schauen; erst der „ungebrochene
Mensch wird auch immer ein religiöser Mensch sein, denn
ihm teilt sich die Vollkommenheit Gottes in der Wider-
spruchslosigkcit des Ganzen mit", so schrieb ich wörtlich. Es
sei Scewald anheimgegeben, ob das christlich sein kann oder
nicht.
Die Spaltung des Lebens in Materie und Geist (von
einer Verleumdung des Geistes ist nirgendwo die Rede!)
wird als das größte Unglück angesehen, das je über die
Völker und den Einzelnen gekommen ist. Und man kann
nun der Ansicht sein, daß das Christentum keine Aufgabe
zu erfüllen hätte, wenn es diese Spaltung nicht überwinden
müßte; wie es sie überwindet, das wird niemals durch einen
Dualismus geschehen können, sondern auch im Christentum
durch das Prinzip der totalen Verpflichtung, Gott und dem
Menschen gegenüber, die keine Dualitäten, sondern Prin-
zipien des Lebens sind. Die Stellungnahme Seewalds geht
somit — bewußt oder unbewußt — von Voraussetzungen
aus, dis mein Leitartikel in keiner Weise bietet. Die non
Seewald angeführte Ganzheit der christlich-mittelalterlichen
Kunst ist gegen die Dualität gestaltet, gegen das Dogma,
das ja kein Gestaltung-;-, sondern ein Erkenntnisgrundsatz ist,
wider den Zerfall des menschlichen Bewußtseins, denn
religio — das heißt Rückverbindung mit den göttlichen Ge-
halten — als Dogma ist noch niemals in der Kunst
schöpferisch geworden. Immer war es der Mensch mit
seinen rassischen Fähigkeiten und natürlich auch Mängeln, der
die Kunst schuf.
Seewald verwechselt den Geist mit dem Intellekt, den
Geist, den ich auch nicht im Sinne Ludwig Klages' als den
„Widersacher der Seele" bezeichne, den ich aber in dem
Augenblick, wo er sich vom mütterlichen Grund der Materie
löst, als Intellekt verstehe, dessen Dcstruktivismus wir alle
-'riebt haben. Meine Darstellungen, die sich mit der höchsten
Existenzform des Menschscins befassen, mit dem Eros als
gelebte Einheit von Materie u n d Geist, stelle» diesen Eros
Kunstverein Hannover e.V.
102. AO
WjshrsMjlelliW im
Malerei Plastik Graphik
11.März bis29.April1934,tägl.11-17Nhr
in das Völkische und wollen den Weg andeutcn, der den
Zerfall des Jchs und der Gemeinschaft durch die Hingabe an
die Blut- und Schicksalsbestimmung des Volkes zu über-
brücken vermag. — — Das, vor dem ich gerade warnte,
nämlich die Rasse zu vergotten, indem man sie unter Aus-
schaltung des Geistes materialistisch verabsolutiert, hätte
Seewald nicht das Recht geben dürfen, mir Verleumdung
des Geistes vorzuwcrfcn.
Seine Angriffe richten sich weiterhin gegen folgenden
van mir geschriebenen Satz: „Die Anonymität der Werk-
Ausdruck des künstlerischen Schaffens überhaupt; sie hat
nichts mit dem Kollektivismus gemein, den Seewald wohl
hier vermutet, wenn er es auch nicht ausspricht.
Er schließt seine Betrachtungen mit folgendem Satz:
„Der Geist Griechenlands und des Alten und Neuen Testa-
mentes haben geformt das Abendland, zu dem wir uns be-
kennen und von dem Deutschland ein unveräußerliches Teil
ist, das wir nicht an den Osten verlieren wollen." — Nun,
das Abendland ist ein Begriff, der sich, wenn wir einmal
auf die Perspektiven der christlichen Geschichte verzichten,
Alfred Kubin, Zeichnung
gemcinschaft ist verlorengegangcn und hat dem Persönlich-
kcitskult Platz gemacht". Ich bin mir nicht klar, ob der
Angriff nur um des Angreifens willen getan wurde oder
um eine — wie man sehen wird — überflüssige Richtig-
stellung. Seewald schreibt: „Nun, ganz sicher wird man von
den romanischen und frühgotischen Portalen, von den Holz-
schnittinkunabeln und Vuchillustrationen sagen können, daß
sie aus der .Anonymität der Werkgemeinschaft' entstanden
seien", — derartig unterstreicht er meine Äußerung, dann
aber fährt er fort: „wobei wir uns bewußt sind, daß diese
Anonymität ein Schwindel ist" (!!). Hier scheint die
Logik wildgeworden. Doch soll auch die Fortsetzung der
Scewaldschen Gedankcngängc nicht unterschlagen werden:
„Denn Kunst, große Kunst, ist immer von einzelnen gemacht
der Geist, ja Geist, der diese Kunst hcrvorgerufcn hat,
ist der Geist des Christentums . . ."
Dazu wäre zu sagen, daß der Wille des Christentums
a priori nicht auf künstlerische Wcrkgestaltung gerichtet ist,
sondern auf die Erziehung des Menschen, und daß der
Künstler, vor allem im Mittelalter mit seiner geschlossenen
christlichen Hierarchie und Wertbcstimmung, die christlichen
Inhalte in erster Linie nur übernimmt, um sich in seiner
Gemeinschaft durch die allen bekannten Geschehnisse ver-
ständlich zu machen; das Christentum gibt zwar die Dar-
stellungsmaterie, die aber geformt wird von Menschen, die
die Kraft und Art der Formgebung aus den Potenzen des
Völkischen nehmen. Wäre das Christentum nicht gegen-
wärtig gewesen, dann hätten andere Inhalte als Mittel
zum Zweck die Werke bestimmt. Das besagt doch wohl nicht
Die Anonymität der Werkgemeinschaft bezieht sich in
ihrer letzten Bedeutung auf das Volk, welches weiß, daß
in der Kunst sein Schicksal zum Bild und Symbol wird.
Insofern ist dann auch der einzelne Künstler, selbst wenn
wir seinen Namen kennen, anonym, da er nur das Sprach-
rohr, die persona ist, der Mensch also, durch den das
namenlose Leid oder die namenlose Freude eines Volkes
hindurchtönt (personare — hindurchtönen). So verstanden
ist Anonymität der Werkgemeinschaft wohl der g c i st i g st e.
durchaus nicht als eine Einheit erwiesen hat. Es ist die
gewaltige Aufgabe des Christentums, zu untersuchen, inwie-
weit cs sich in die Renaissance des Nordens, in der wir
heute in Deutschland stehen, einzuleben vermag. Und daß
das Christentum aus dem Osten gekommen ist, das wird
selbst Richard Seewald nicht verneinen können. Wenn er
behauptet, mit dem Sah: „Unbedingte Geschichte ist nichts
anderes als heutiges Werden, stetige Wiedergeburt aus der
blinden Wirrnis in die Ordnung des völkischen Eros, der
die Notwendigkeit der Entbegrifflichung verlangt, um zuni
Wert und zur Wahrheit des Lebensmysteriums zu gelangen",
wenn er also behauptet, damit nichts anfangen zu können,
so erfährt trotzdem das deutsche Volk heute den Sinn dieser
ewigen Wiedergeburt des nordischen — Geistes!
O. N. 'I? b o u n i 8 8 o n
^68 611161' I^rO86l)ÜI-6 V0I1 4870
„Wie wird man Kunstkenner"
Vom Gönner, Kenner nnd Künstler
Ein Kunstfreund oder „Gönner" ist
Noch lang' nicht, was ein „Kenner" ist;
Der „Gönner" hält dell „Künstler" frei,
Der „Kenner" wär' gern mit dabei.
Doch „Kenner", die ihr Fach versteh'»,
Dem „Künstler" ans dem Wege geh'n.
Vom Urteil
Hängt wo ein Bild „im guten Licht",
Das ist gewiß was Schlechtes nicht;
Auch aus dem Preis mail schließen kann,
Ob an dem Kunstwerk „etwas dran".
Was Schlechtes ist es anch wohl nie,
Gehört's der „Nationalgal'rie". —
Von denk, was aller Welt gefällt,
der wahre „Kenner" wenig hält.
Pieter Vrueghel d. I„ Bcthlchemitischcr Kindcrmord
„Empfinden" mag das liebe Vieh —
Der „Kenner" doch empfindet nie.
Vom Urteil „auf Lager"
„Hart, unschön" ist Cornelius,
Genelli hat den „Linien-Fluß",
Meist „maniriert und weich" ist Schwind,
Und Overbeck ein „frommes Kind".
Der alte Carstens ist „gigantisch"
Und Schnorr „deutschkräftig und romantisch".
Rahl ist „zu keck" und Veit „zu strenge",
Und Kaulbach malt nnr — „für die Menge".
Von der Technik
Am liebsten spricht „der Kenner" nur
Von „den Reflexen", „der Lasur",
Viel von „Natur", von „Massen" und
Vom „Vordergrund" und „Hintergrund",
Der „Eindruck" ist ihm „imposant",
Und meist die „Ähnlichkeit" „frappant";
„Effektvoll" ist ihm die „Manier",
Das meiste aber — „elnirs obseur",
Der „Pinsel" ist ihm häufig „kühn",
Anch „fett" zuweilen trifft er ihn.
Der gute „Künstler" wird „geschätzt",
Und „Lichter" werden „aufgesetzt".
Volk „Linienperspektive" spricht
Im einzelnen der „Kenner" nicht;
So voll er sonst den Mund anch nimmt.
Darüber spricht er — unbestimmt.
Von der Antike
Wär' auch von der „Antike" nur
Noch übrig eine Nabelspur,
So bleibt „des Torsos" Nabelloch
Für ewig „unerreichbar!" doch.
Von dem, was man „Antike" heißt,
Ist etwas „abgeschlagen" meist;
Doch hat ein Werk nicht Hand noch Fuß,
Es drum antik nicht seien muß.
Wettbewerb der DAI
Preisrrchtcrkollegium und Termine
Das Preisrichterkollegium für den Wettbewerb des
Kulturamts der Deutschen Arbeitsfront, die einen Gesamt-
wert von 20 000 RM für die besten Einsendungen für ein
„Haus der Arbeit", ein Wandbild, ein Massenschauspiel und
ein Chorwerk ausgeschrieben hat, setzt sich zusammen aus
folgenden Persönlichkeiten:
„Haus der Ar b e i t":
t. Carl Lörcher, Vorsitzender des BDA.,
2. Heinrich Tessenow, Professor an der Technischen
Hochschule, Berlin,
3. Albert Speer, Leiter des Amtes für Schönheit der
Arbeit,
4. Paul Bon atz, Architekt, Berlin,
5. Hans Weidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
6. K u r t Frick, Direktor der Kunstakademie, Königs-
berg (Pr.),
7. Albert Mankoff, Direktor der Folkwangschule,
Essen,
8. Jupp Schupp, Architekt, Berlin.
Wandbild:
k. Erich Hanfstaengl, Direktor der Nationalgalerie»
Berlin,
2. Franz Lenk, Vereinigte Staatsschulen, Berlin,
3. Willi Kelter, Maler, Essen,
4. Hans Weidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
5. Albert Mankofs, Direktor der Folkwangschule,
Essen,
6. Paul Bonatz, Architekt, Berlin,
7. A n t o n Wendtling, Aachen, Kunstgewcrbeschule,
8. P. L. Kowalski, Kunstgewerbeschule, Breslau.
Massenschau spiel:
l. Hanns I o h st, Präsident der Dichterakademie, Berlin,
2. Werner Beumelburg, Schriftsteller, Berlin,
3. Eberhard Wolfgang Möller, Dramaturg,
Königsberg (Pr.),
4. Richard Euringer, Stadtbllcherei, Essen,
5. Alfred Roller, Intendant, Essen,
0. HansWeidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
7. Friedhelm Judefrey, Kulturamt, Berlin,
8. Gottfried Müller, Kulturamt, Berlin.
Chorwerk:
1. E e o r g Schumann, Direktor der Singakademie,
Berlin,
2. Paul Eraener, Mitglied des Präsidialrats, Berlin,
3. Hero Folkertz, Komponist, Gelsenkirchen,
4. Georg Nellius, Komponist, Herne (Westfalen),
5. Herrmann Reutter, Komponist, Stuttgart,
6. HansWeidemann, Leiter des Kulturamts, Berlin,
7. Hans Renner, Kulturamt, Berlin.
Der Einsendungstermin für die Entwürfe des „Hauses
der Arbeit" und für das Wandbild ist der 1. April 1934; für
das Massenschauspiel und das Chorwerk der 15. März 1934.
Die Wettbewerbbedingungen sind kostenlos beim Kulturamt
der Deutschen Arbeitsfront, Berlin SW 19, Märkisches
Ufer 34, zu beziehen.
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Schristleitung: Otto-Andreas Schreiber; verantwortlich: Otto-Andreas Schreiber. Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation L. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstr. 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der
Nation zu richten. Anzeigenannahme beim Verlag. Inseratentarif aus Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandt«
Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Verössentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. D.-A. I. V. 5000 Druck H. S. Hermann E. m. b. H. Berlin SW 19.