K u n st der Nation
Rudolf Leptien, Sichendes Kalb
Buben, einen liederlichen Kerl, sagte mir, ich sollte
weitergehen, und ich — litt alles — empfand, daß
nicht allein meine Ehre, sondern mich die Ihrige
dadurch angegriffen wurde; allein, Sie wollten 'es
so haben — ich schwieg. Als ich zu ihm hinein-
kam, so war das erste: „Nun, wann geht Er denn,
Bursch?" Ich: „Ich habe wollen heute nacht
gehen, allein der Platz (in der Postkutsche) war
scholl verstellt." Dann gings in einem Odem fort:
ich seie der liederlichste Bursch, dell er kenne, kein
Mensch bediene ihn so schlecht wie ich, er rate mir,
noch heute Wegzugehen, sonst schreibe er nach Haus,
daß die Besoldung eingezogen wird. Mail konnte
nicht zu Reden kommen, das ging fort wie ein
Feuer. Ich hörte alles gelassen an: er liigte mir
ins Gesicht, ich hätte 500 Gulden Besoldung, hieß
mich einen Lumpen, Lausbub, einen Fexen . . . .
Endlich, da mein Geblüt zu stark in Wallung ge-
bracht wurde, so sagte ich: „Sind also Ew. Hoch-
fürstliche Gnaden nicht zufrieden mit mir?" —
„Was, Er will mir drohen, Er Fex, o, Er Fex!
Dort ist die Tür! Schall Er, ich will mit einem
solchen elenden Buben nichts mehr zu tun haben!"
Endlich sagte ich: „Und ich mit Ihnen auch nichts
mehr!" — „Also geh Er!" ... Ich wußte nicht,
daß ich Kammerdiener wäre, und das brach
mir den Hals. Ich hätte sollen alle
Morgen so ein Paar Stunden in der Antekamera
verschleudern. Mail hat mir freilich öfter
gesagt, ich solle mich sehen lassen; ich konnte
mich aber niemalen erinnern, daß dies mein Dienst
seie und kam nur allezeit richtig, wenn mich der
Erzbischof rufen ließ . . . Freuen Sie sich, daß
Sie keinen Hundsfott zum Sohne haben."
An Buchberg 1790:
„Ich bin, da ich keine wahren Freunde finde,
gezwungen, bei Wucherern Geld aufzunehmen; da
es aber Zeit braucht, um unter dieser unchrist-
lichen Klasse Menschen doch noch die christlichsten
auszusuchen und zu finden, so bin ich dermalen
so entblößt, daß ich Sie, liebster Freund, um alles
in der Welt bitten muß, mir mit Ihrem Entbehr-
lichsten beizustehen . . . Wenn Sie wüßten, was
mir das alles für Kummer und Sorge macht —
es hat mich die ganze Zeit her verhindert, meine
Quartetten zu endigen."
Beethoven all Ferdinand Nies 1819:
„Die Sonst ist in drangvollen Umständen ge-
schrieben, denn es ist hart, um des Brotes willen
zu schreiben. Soweit habe ich es nun gebracht!"
An Peters 1822:
„Wäre mein Gehalt nicht gänzlich ohne Ge-
halt, ich schriebe nichts als große Symphonien,
Kirchenmusik, höchstens Quartetten."
Franz Schubert:
„In Zelez (als Hauslehrer auf einem un-
garischen Gut) muß ich mir selbst alles sein:
Compositeur, Redacteur, Auditeur und was weiß
ich noch alles. Für das Wahre der Kunst fühlt
hier keine Seele, höchstens dann und wann (wenn
ich nicht irre) die Gräfin. Obwohl mich dieses
traurig macht, hebt es mich auf der andern Seite
desto mehr empor." (1818)
Aus Schuberts Tagebuch (1824):
„Keiner, der den Schmerz des andern, und
keiner, der die Freude des andern versteht. Mali
glaubt immer, zu einander zu gehen, und man
geht immer nur nebeneinander her. O Qual für
den, der dies erkennt!"
„Beneidenswerter Nero, der du so stark warst,
bei Saitenspiel und Gesang ekles Volk zu ver-
derben!" —
Die Widmung der Lieder „An Schwager
Chronos", „Mignon" „Ganymed" an Goethe mit
einem begeisterten Huldigungsbriefe 1825 ist voll
Goethe überhaupt nicht beantwortet worden. 1812
reiste Weber mit dem Klarinettenvirtuosen Bär-
menn an den Weimarer Hof. Eines Abends, als
beide gerade musizierten, trat Goethe in den Saal.
Kaum die Künstler beachtend, unterhielt er sich
laut und rücksichtslos mit einer Hofdame, be-
grüßte den ihm vorgestellten Weber sehr kurz und
verließ dann die Gesellschaft. Weber fühlte sich
mit Recht durch diese Mißachtung verletzt.
Weber auf der Reise nach London (1826):
„Das ist alles gleich, ob ich reise oder nicht: in
einem Jahre bin ich ein toter Mann. Wenn
ich aber reise, haben meine Kinder zu essen nach
des Vaters Tod, während sie hungern, wenn ich
bleibe."
Lortzing an einen Freund in seinem Todes-
jahr (1850):
„Ich bin durch das viele Übersiedeln, die mehr-
fache Engagementlosigkeit und hauptsächlich durch
den seit drei Jahren gänzlich von mir gewichenen
Opernsegen so verarmt, daß Deutschland darob er-
röten könnte, wenn es anders Scham im Leibe
hätte. Die Herren Intendanten, Direktoren,
Oberregisseure und andere S., wenn sie
nicht gleich Erfolge wie die des „Freischützen",
auch eines „Zar und Zimmermann" wittern,
lassen den deutschen Komponisten im Stiche —
weil es eben ein Deutscher ist. Wie wurde und
wird gleich nach französischen Opern geangelt.
Welche Honorare hat hier Herr Bote und Bock
für die Halevysche Oper „Das Tal von Andorra"
zahlen lassen, und die Oper hat nirgendswo etwas
gemacht. O entstünde doch nur einmal eine Re-
volution beim Theater! Gleich Mördern würde
ich Hand anlegen und die oben genannten Herren
aufknüpfen helfen ..."
(Mitgeteilt von Hermann Hieber)
Edgar Ende
Der Hamburger Maler Edgar Ende, der seiner
Wahlheimat nach nun zu den jüngeren Münchner
Künstlern gehört, ist einer von denen, die, aller
Einordnung durchaus sich entziehend, mit pracht-
voller Festigkeit dorthin gehen, wo ihr künstleri-
sches Schicksal sie hinweist. Vor den groß-
formatigen Bildern dieses Malers, den man schon
fälschlicherweise mit dem nichtssagenden Ausdruck
„Sürrealist" belegt hat, Verhalten sich die Be-
schauer, je nach Empfäng-
lichkeit, ablehnend, das
Wort „Atelierhirnge-
spinste" ans den Lippen,
oder sie werden unmittel-
bar frappiert und gepackt
durch den tiefen Gedan-
kengehalt dieser kühnen
Kompositionen, die zum
Nachdenken und Versenken
zwingen. Einer Zeit, die
durch die Oberflächen-
kultur des Impressionis-
mus verwöhnt, durch die
gehaltliche Gleichgültigkeit
des Naturalismus innerer
Größe entwöhnt ist, wer-
den solche Bilder Rätsel
über Rätsel aufgeben.
Wenn Kunst jedoch dazu
da sein soll, an den
großen Problemen des
Lebens mitzubauen und
auch an den dringlichen
Zeitsragen nicht vorbei-
zngehen, so wird man den
Versuch machen müssen,
diese Rätsel zu lösen.
Was bedeuten die malerischen Kompositionen
Edgar Endes? Es sind, von der obersten Schicht
ihrer Erscheinung her genommen, Gesichte,
Träume — also seelische Bereiche, nicht der Natur
entnommen, sondern der Phantasie entstammend,
nicht Wirklichkeit, sondern innere Schau. Dieser
Künstler hat den Mut zu etwas, was der gesam-
tes mittelalterlichen Malerei eine Selbstverständ-
lichkeit bedeutete: zu sagen, daß die künstlerische
Phantasie mehr Wirklichkeit hat, als die soge-
nannte wirkliche Wirklichkeit, daß der Künstler
kein Plagiator der Natur, sondern ein Gestalter
ist. Freilich können gemalte Träume und Phanta-
sien an sich kein allgemeines Interesse bean-
spruchen, sie gehören einer privaten Sphäre an,
die noch keine Kunst ist. Hier aber entdecken wir
in einer zweiten, tieferen Schicht noch etwas
anderes und Wesentliches. Wenn wir den Im-
pressionismus als die Sprache eines bürgerlichen,
also idyllischen, zeitabgewandten, selbstbeschränk-
ten Zeitalters nehmen, dem ein gutgemalter Kohl-
kopf lieber war als eine Madonna, so ist hier
der Versuch gemacht, wie-
der zu großen Inhalten
in der Malerei zu kom-
men, ein Werk zu formen,
dem nur in der Natur
liegende Dinge nicht mal-
bar sind, sondern das
deren Wesen im allge-
meinverständlichen Sinn-
bildern auszudrücken be-
müht ist. So werden die
Elemente der Bildgestal-
tungen Edgar Endes
wie ihr Eindruck im
Gesamten zum Abbild
eines neuen Mythos; so
wie die Maler des Mittel-
alters die allen ge-
läufige Sprache der Kirche
redeten und etwa dem
Ereignis einer „Verkün-
digung Mariä" rein aus
ihrer Phantasie heraus
sinnfällige Gestalt ver-
liehen, so wollen diese
Kompositionen Beiträge
zur Formung des neuen
Mythos sein, der aus
unserer modernen, veränderten Zeit einmal er-
wachsen wird. Das wird klar, wenn wir etwa
wissen, daß Ende in einem (nicht zur Ausführung
gekommenen) Fresken-Zyklus für die Münchener
Galeriestraße den Versuch gemacht hat, die Tugen-
den und Lasten eines Volkes in einer groß-
angelegten Kompositionsfolge aktueller und ewig-
gültiger Themen darzustellen, deren einzelne Bil-
der Namen führen wie: Chaos und Kosmos,
Lüge und Wahrheit, Feigheit und Mut, Einigkeit
und Uneinigkeit. Wir haben vor dem Werk Endes
Gelegenheit, unsere Begriffe von Symbol und
Allegorie in bezug auf die bildende Kunst zu revi-
dieren und uns bewußt zu werden, was sie uns
heute bedeuten können und ob sie nicht Ausdrucks-
formen sein können des einen, wonach die Kunst
heute wieder, nach all der Auflösung, Spielerei
und Gefälligkeit wieder strebt: des Mythos. Wie-
der zu großen Inhalten gelangen, Bedeutendes
sagen (in des Wortes doppelter „Bedeutung"), den
großen geistigen Mächten unserer Zeit sinn-
fälligen, schaubaren Ausdruck geben, das ist der
Sinn dieser Werke. Die nordische Herkunft des
Künstlers erklärt den gedanklich-grüblerischen
Zug, das Gewicht, das auf Gehalt und Gestalt,
nicht auf Form und Farbe gelegt wird, das
Ästhetische als solches ist ihm fremd und feindlich,
und das unterscheidet ihn von Erscheinungen,
deren Erinnerung sich beim Beschauen vielleicht
aufdrängen mag, etwa Chiricos, Jean Violliers
oder Meyer-Amdens. Unterstützt werden die Kom-
positionen Edgar Endes
durch eine Farbgebung,
die wiederum unsinnlich
ist und an sich keine
Realität wiedergibt, son-
dern in seltsam dämoni-
scher Düsterkeit die Bil-
der vom Dunkel ins Helle
drängen läßt, ins Weite
strebt und notwendig zum
monumentalen Wand-
bild führt und die Enge
des Tafelbildes zersprengt.
Dennoch finden wir in
ihnen nichts Verschwom-
menes oder schlechthin
Unausgesagtes, im Gegen-
teil, es herrscht, und das
macht den eigentlich Reiz
dieser Kunst aus, im
Gegensatz zu den über-
sinnlichen und traumhaf-
ten Inhalten einer Klar-
heit und eine Strenge der
Ordnung, die zeitstilistis che
Bedeutung hat, so daß man
sich vor ihnen versucht
fühlt, in Abwandlungeines Rilkeschen Satzes
zu sagen: „Er ist ein Maler und haßt das Un-
gefähre." Unnns Ueiell
Rudolf Leptien
Der junge Bildhauer Rudolf Leptien wurde
soeben durch ein Stipendium bei der Deutschen
Akademie in Rom ausgezeichnet, nachdem ihm im
vorigen Winter als erste öffentliche Anerkennung
ein Teil des großen Staatspreises zuteil gewor-
den ist. Es ist erfreulich, zu beobachten, wie sich
für ein starkes Talent die Wege zu freier künst-
lerischer Weiterbildung ebnen. Rudolf Leptien,
geboren in Kiel 1907, besuchte hier die Kunst-
gewerbeschule bis zum staatlichen Abschluß und
schloß seine handwerkliche Ausbildung durch Ab-
legung der Meisterprüfung 1928 auf der Kunst-
gewerbeschule in Berlin ab; er bildete sich an der
Berliner Akademie bei Professor Hitzberger
weiter. Im Winter 1932 trat er in Kiel mit
einigen Holzplastiken an die Öffentlichkeit, die,
wenn auch noch etwas ängstlich und befangen,
seine starke gestaltende Begabung deutlich werden
ließen. Seitdem ist in den wenigen Werken, die
der Künstler bei der erfreulichen Verantwortlich-
keit seiner Leistung gegenüber aus der Hand ge-
geben hat, eine glückliche Weiterentwicklung fest-
zustellen. Es sind zumeist Tierplastiken — ein
vorzüglicher weiblicher Bildniskopf mag beiläufig
Erwähnung finden —, in Holz geschnitten und
mit meisterhafter Beherrschung des Handwerks
aufs feinste durchgebildet. Leptien hat sich in
langen Sommertagen in seiner nordischen Heimat
in engster Verbindung mit der Natur einen
reichen Schatz von Vorstellungen erworben, die
nun in Arbeiten wie „Stehendes Kalb" (s. Abb.)
oder „Liegendes Fohlen") sichtbare Gestalt nehmen
konnten. Man spürt die Lebensnähe in diesen
Werken, die in erstaunlicher Einfachheit vor uns
stehen. Wer vermöchte sich dem Eindruck zu ver-
schließen, daß hier ein Künstler schafft, der mit
einer seltenen Feinfühligkeit für das Wesen des
Tieres begabt ist, und der die Fähigkeit hat, das
Erschaute in aller Natürlichkeit, d. h. vielen Men-
schen verständlich, und doch so weit über das An-
schauungsbild hinaus, Gestalt gewinnen zu lassen.
Es gelingt ihm dabei, so ungewöhnliche plastische
Aufgaben zu meistern, wie das liegende Fohlen,
das vor einigen Monaten als Erwerbung der
Provinzialverwaltung von Schleswig-Holstein in
die Sammlung des Schleswig-Holsteinischen
Kunstvereins in der Kunsthalle in Kiel über-
gegangen ist. I-. bl.
Deutsche Akademie in Rom
Die Stipendiaten für 1934/35
Reichsminister Rust hat in seiner Eigenschaft als Preußi-
scher Kultusminister von den aus dem ganzen Reich ein-
gegangenen diesjährigen Bewerbungen um ein Stipendium
bei der Deutschen Akademie in Rom (Villa Massimo) fol-
genden Künstlern einen Aufenthalt in der Akademie in Rom
als Auszeichnung für ihr künstlerisches Schaffen zuerkannt:
Maler Otto Geigenberger, München; Maler Kurt Wein-
holf, Calw; Maler Hans Jürgen Kallmann, Berlin;
Graphikerin Elisabeth Voigt, Leipzig; Bildhauer Thomas
Myrtek, Breslau; Bildhauer Rudolf Leptien, Berlin; Bild-
hauer Toni Stadler, München; Maler Wilhelm Schnarren-
berger, Berlin (Studiengast).
Außerdem wurde gemäß einer alten Vereinbarung mit
der Schweizerischen Kunstverwaltung ein Atelier für einen
Schweizer Künstler zur Verfügung gestellt. Ein weiteres
Atelier wurde dem Eduard-Arnold-Hilfsfonds für den Bild-
hauer Gerhard Marcks freigehalten.
VeltveMrv8srveiken
MlemiS-iwMeiil. XünKler
. inderKunsthalleinKiel
Es ist eine erfreuliche Tatsache, daß die in der jüngsten
Vergangenheit oft beklagte Entfremdung von Künstler und
Volksgenossen, von Schaffendem und Genießendem, durch neu-
artige Aufgaben zu überwinden gesucht wird. Mancherlei
Wege werden beschritten, um der sich vereinsamt fühlenden
Künstlerschaft wieder Verbindung mit dem Gegenwartslebcn
zu geben. Ein solcher Versuch ist in Schleswig-Holstein
durch einen Wettbewerb gemacht, den die Regierung aus-
geschrieben hat. Die geforderte Leistung war nicht leicht:
Der Wettbewerb bezog sich auf Entwürfe für Wandmalerei
und Plastik, die nach ihrem Inhalte auf die Gegenwart Be-
zug haben sollten. Räume in drei bestimmten öffentlichen
Gebäuden waren vorgesehen: in Kiel im Haus der Arbeit
und in der Hochschule für Lehrerbildung und in Flensburg
im Deutschen Haus. Die erstgenannte Aufgabe für das Haus
der Arbeit ließ alle Künstler zu, die beiden anderen waren
einer beschränkten Anzahl Vorbehalten. Eine Ausstellung in
den Räumen des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins in der
Kunsthalle in Kiel, bei deren Eröffnung der Oberpräsident,
Gauleiter Lohse, den aufrichtigen Wunsch der Regierung be-
tonte, der notleidenden Künstlerschaft zu helfen, zeigte die
über 50 eingcgangencn Entwürfe, ein Ergebnis, das das
Interesse der Künstlerschaft beweist, obwohl man — wohl
eine Folge der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit —
noch manchen bekannteren Namen vermißte. Es wäre nicht
richtig, diese Ausstellung nach der einzelnen Leistung zu
werten. Selbstverständlich konnte nicht jeder Beteiligte im-
stande sein, sich ohne weiteres mit einer großen monumen-
talen Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzen, und viele der
Entwürfe im kleinen Format ließen erkennen, daß ihr
Schöpfer der Ausführung im großen — die übrigens bis jetzt
nicht vorgesehen ist — nicht gewachsen sein würde. Daß aber
durch solche Aufgaben das Verständnis für das Maß des
Könnens, das an den wahren Künstler gestellt werden muß,
sowohl beim Künstler selbst als auch bei dem Beschauer ge-
fördert wird, ist sicher, und es ist sehr zu begrüßen, daß
in unserer Zeit, die für große monumentale Gestaltung den
Sinn aufs neue weckt, den Künstlern zu hohen Leistungen
ein Ansporn geboten wird.
Meres-Ungeheuer
Lari Bulcke löst Preisrätsel
in der B.Z. am Mittag
Als Künstler klar, groß, Priester im Heilig-
tum, Tag um Tag besessen von seinem Genius.
Als Deutscher durch sein ganzes Leben nie und
nie beirrt, voll stolzer Zurückhaltung, voll Tapfer-
keit, vergleichbar dem von Tod und Teufel um-
lauerten Reiter auf dem Stich Albrecht Dürers.
Als Mensch gelassen, heiter, jungen Herzens, an-
zusehen wie ein wohlkonservierter Schlachten-
general. Als Freund hochherzig, treu, hilfreich.
Als Persönlichkeit gefeiert und geehrt, wie es
sollst seit Menzel nur Malern der früheren Jahr-
hunderte geschah: Ruhm, den man in Händen
hält, ist für die Hände gefährlich wie Radium.
Der Ruhm hat seine Hände nicht, hat keinen Zug
seines Wesens zu entstellen vermocht. Das ist
Das heutige Deutschland ist reich an Kunst und
Künstlern. Als Vorbild, als Maler von exempla-
rischer Mustergültigkeit, haben wir heute nur ihn,
— — — Das aus ganzem Herzen bekennen
zu diirsen, ihn unter den großen Malern unserer
Zeit den größesten nennen, ist erst im neuen
Deutschland möglich geworden. Wer sich um die
Dinge der Kunst bemüht hat, weiß Bescheid. Wir
wollen stolz sein auf diesen Mann.
Es darf erlaubt sein zu sagen, daß es
zwischen den großen Künstlern und uns
anderen Menschen zum mindesten den einen
Unterschied gibt: Auch wir anderen werden, das
ist Geschenk der ewigen Güte, in fortschreitenden
Jahren klüger, besser, reicher. Aber jene anderen
werden weise und voll hohenpriesterlicher Würde.
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Edgar Ende, Ölgemälde. Mit Gen. d. Graph. Kabinetts, München
Edgar Ende, Die Barke. 1933. Mit Gen. d. Graph. Kabinetts, München
Herausgeber und Schriftleiter: A. WilliamKönig, Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation G. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstraße 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der Nation zu richten. Anzeigen-
annahme beim Verlag. Jnseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht
übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung abgelehnt. Druck H. S. Hermann E. m. b. H. Berlin SW 19.
Rudolf Leptien, Sichendes Kalb
Buben, einen liederlichen Kerl, sagte mir, ich sollte
weitergehen, und ich — litt alles — empfand, daß
nicht allein meine Ehre, sondern mich die Ihrige
dadurch angegriffen wurde; allein, Sie wollten 'es
so haben — ich schwieg. Als ich zu ihm hinein-
kam, so war das erste: „Nun, wann geht Er denn,
Bursch?" Ich: „Ich habe wollen heute nacht
gehen, allein der Platz (in der Postkutsche) war
scholl verstellt." Dann gings in einem Odem fort:
ich seie der liederlichste Bursch, dell er kenne, kein
Mensch bediene ihn so schlecht wie ich, er rate mir,
noch heute Wegzugehen, sonst schreibe er nach Haus,
daß die Besoldung eingezogen wird. Mail konnte
nicht zu Reden kommen, das ging fort wie ein
Feuer. Ich hörte alles gelassen an: er liigte mir
ins Gesicht, ich hätte 500 Gulden Besoldung, hieß
mich einen Lumpen, Lausbub, einen Fexen . . . .
Endlich, da mein Geblüt zu stark in Wallung ge-
bracht wurde, so sagte ich: „Sind also Ew. Hoch-
fürstliche Gnaden nicht zufrieden mit mir?" —
„Was, Er will mir drohen, Er Fex, o, Er Fex!
Dort ist die Tür! Schall Er, ich will mit einem
solchen elenden Buben nichts mehr zu tun haben!"
Endlich sagte ich: „Und ich mit Ihnen auch nichts
mehr!" — „Also geh Er!" ... Ich wußte nicht,
daß ich Kammerdiener wäre, und das brach
mir den Hals. Ich hätte sollen alle
Morgen so ein Paar Stunden in der Antekamera
verschleudern. Mail hat mir freilich öfter
gesagt, ich solle mich sehen lassen; ich konnte
mich aber niemalen erinnern, daß dies mein Dienst
seie und kam nur allezeit richtig, wenn mich der
Erzbischof rufen ließ . . . Freuen Sie sich, daß
Sie keinen Hundsfott zum Sohne haben."
An Buchberg 1790:
„Ich bin, da ich keine wahren Freunde finde,
gezwungen, bei Wucherern Geld aufzunehmen; da
es aber Zeit braucht, um unter dieser unchrist-
lichen Klasse Menschen doch noch die christlichsten
auszusuchen und zu finden, so bin ich dermalen
so entblößt, daß ich Sie, liebster Freund, um alles
in der Welt bitten muß, mir mit Ihrem Entbehr-
lichsten beizustehen . . . Wenn Sie wüßten, was
mir das alles für Kummer und Sorge macht —
es hat mich die ganze Zeit her verhindert, meine
Quartetten zu endigen."
Beethoven all Ferdinand Nies 1819:
„Die Sonst ist in drangvollen Umständen ge-
schrieben, denn es ist hart, um des Brotes willen
zu schreiben. Soweit habe ich es nun gebracht!"
An Peters 1822:
„Wäre mein Gehalt nicht gänzlich ohne Ge-
halt, ich schriebe nichts als große Symphonien,
Kirchenmusik, höchstens Quartetten."
Franz Schubert:
„In Zelez (als Hauslehrer auf einem un-
garischen Gut) muß ich mir selbst alles sein:
Compositeur, Redacteur, Auditeur und was weiß
ich noch alles. Für das Wahre der Kunst fühlt
hier keine Seele, höchstens dann und wann (wenn
ich nicht irre) die Gräfin. Obwohl mich dieses
traurig macht, hebt es mich auf der andern Seite
desto mehr empor." (1818)
Aus Schuberts Tagebuch (1824):
„Keiner, der den Schmerz des andern, und
keiner, der die Freude des andern versteht. Mali
glaubt immer, zu einander zu gehen, und man
geht immer nur nebeneinander her. O Qual für
den, der dies erkennt!"
„Beneidenswerter Nero, der du so stark warst,
bei Saitenspiel und Gesang ekles Volk zu ver-
derben!" —
Die Widmung der Lieder „An Schwager
Chronos", „Mignon" „Ganymed" an Goethe mit
einem begeisterten Huldigungsbriefe 1825 ist voll
Goethe überhaupt nicht beantwortet worden. 1812
reiste Weber mit dem Klarinettenvirtuosen Bär-
menn an den Weimarer Hof. Eines Abends, als
beide gerade musizierten, trat Goethe in den Saal.
Kaum die Künstler beachtend, unterhielt er sich
laut und rücksichtslos mit einer Hofdame, be-
grüßte den ihm vorgestellten Weber sehr kurz und
verließ dann die Gesellschaft. Weber fühlte sich
mit Recht durch diese Mißachtung verletzt.
Weber auf der Reise nach London (1826):
„Das ist alles gleich, ob ich reise oder nicht: in
einem Jahre bin ich ein toter Mann. Wenn
ich aber reise, haben meine Kinder zu essen nach
des Vaters Tod, während sie hungern, wenn ich
bleibe."
Lortzing an einen Freund in seinem Todes-
jahr (1850):
„Ich bin durch das viele Übersiedeln, die mehr-
fache Engagementlosigkeit und hauptsächlich durch
den seit drei Jahren gänzlich von mir gewichenen
Opernsegen so verarmt, daß Deutschland darob er-
röten könnte, wenn es anders Scham im Leibe
hätte. Die Herren Intendanten, Direktoren,
Oberregisseure und andere S., wenn sie
nicht gleich Erfolge wie die des „Freischützen",
auch eines „Zar und Zimmermann" wittern,
lassen den deutschen Komponisten im Stiche —
weil es eben ein Deutscher ist. Wie wurde und
wird gleich nach französischen Opern geangelt.
Welche Honorare hat hier Herr Bote und Bock
für die Halevysche Oper „Das Tal von Andorra"
zahlen lassen, und die Oper hat nirgendswo etwas
gemacht. O entstünde doch nur einmal eine Re-
volution beim Theater! Gleich Mördern würde
ich Hand anlegen und die oben genannten Herren
aufknüpfen helfen ..."
(Mitgeteilt von Hermann Hieber)
Edgar Ende
Der Hamburger Maler Edgar Ende, der seiner
Wahlheimat nach nun zu den jüngeren Münchner
Künstlern gehört, ist einer von denen, die, aller
Einordnung durchaus sich entziehend, mit pracht-
voller Festigkeit dorthin gehen, wo ihr künstleri-
sches Schicksal sie hinweist. Vor den groß-
formatigen Bildern dieses Malers, den man schon
fälschlicherweise mit dem nichtssagenden Ausdruck
„Sürrealist" belegt hat, Verhalten sich die Be-
schauer, je nach Empfäng-
lichkeit, ablehnend, das
Wort „Atelierhirnge-
spinste" ans den Lippen,
oder sie werden unmittel-
bar frappiert und gepackt
durch den tiefen Gedan-
kengehalt dieser kühnen
Kompositionen, die zum
Nachdenken und Versenken
zwingen. Einer Zeit, die
durch die Oberflächen-
kultur des Impressionis-
mus verwöhnt, durch die
gehaltliche Gleichgültigkeit
des Naturalismus innerer
Größe entwöhnt ist, wer-
den solche Bilder Rätsel
über Rätsel aufgeben.
Wenn Kunst jedoch dazu
da sein soll, an den
großen Problemen des
Lebens mitzubauen und
auch an den dringlichen
Zeitsragen nicht vorbei-
zngehen, so wird man den
Versuch machen müssen,
diese Rätsel zu lösen.
Was bedeuten die malerischen Kompositionen
Edgar Endes? Es sind, von der obersten Schicht
ihrer Erscheinung her genommen, Gesichte,
Träume — also seelische Bereiche, nicht der Natur
entnommen, sondern der Phantasie entstammend,
nicht Wirklichkeit, sondern innere Schau. Dieser
Künstler hat den Mut zu etwas, was der gesam-
tes mittelalterlichen Malerei eine Selbstverständ-
lichkeit bedeutete: zu sagen, daß die künstlerische
Phantasie mehr Wirklichkeit hat, als die soge-
nannte wirkliche Wirklichkeit, daß der Künstler
kein Plagiator der Natur, sondern ein Gestalter
ist. Freilich können gemalte Träume und Phanta-
sien an sich kein allgemeines Interesse bean-
spruchen, sie gehören einer privaten Sphäre an,
die noch keine Kunst ist. Hier aber entdecken wir
in einer zweiten, tieferen Schicht noch etwas
anderes und Wesentliches. Wenn wir den Im-
pressionismus als die Sprache eines bürgerlichen,
also idyllischen, zeitabgewandten, selbstbeschränk-
ten Zeitalters nehmen, dem ein gutgemalter Kohl-
kopf lieber war als eine Madonna, so ist hier
der Versuch gemacht, wie-
der zu großen Inhalten
in der Malerei zu kom-
men, ein Werk zu formen,
dem nur in der Natur
liegende Dinge nicht mal-
bar sind, sondern das
deren Wesen im allge-
meinverständlichen Sinn-
bildern auszudrücken be-
müht ist. So werden die
Elemente der Bildgestal-
tungen Edgar Endes
wie ihr Eindruck im
Gesamten zum Abbild
eines neuen Mythos; so
wie die Maler des Mittel-
alters die allen ge-
läufige Sprache der Kirche
redeten und etwa dem
Ereignis einer „Verkün-
digung Mariä" rein aus
ihrer Phantasie heraus
sinnfällige Gestalt ver-
liehen, so wollen diese
Kompositionen Beiträge
zur Formung des neuen
Mythos sein, der aus
unserer modernen, veränderten Zeit einmal er-
wachsen wird. Das wird klar, wenn wir etwa
wissen, daß Ende in einem (nicht zur Ausführung
gekommenen) Fresken-Zyklus für die Münchener
Galeriestraße den Versuch gemacht hat, die Tugen-
den und Lasten eines Volkes in einer groß-
angelegten Kompositionsfolge aktueller und ewig-
gültiger Themen darzustellen, deren einzelne Bil-
der Namen führen wie: Chaos und Kosmos,
Lüge und Wahrheit, Feigheit und Mut, Einigkeit
und Uneinigkeit. Wir haben vor dem Werk Endes
Gelegenheit, unsere Begriffe von Symbol und
Allegorie in bezug auf die bildende Kunst zu revi-
dieren und uns bewußt zu werden, was sie uns
heute bedeuten können und ob sie nicht Ausdrucks-
formen sein können des einen, wonach die Kunst
heute wieder, nach all der Auflösung, Spielerei
und Gefälligkeit wieder strebt: des Mythos. Wie-
der zu großen Inhalten gelangen, Bedeutendes
sagen (in des Wortes doppelter „Bedeutung"), den
großen geistigen Mächten unserer Zeit sinn-
fälligen, schaubaren Ausdruck geben, das ist der
Sinn dieser Werke. Die nordische Herkunft des
Künstlers erklärt den gedanklich-grüblerischen
Zug, das Gewicht, das auf Gehalt und Gestalt,
nicht auf Form und Farbe gelegt wird, das
Ästhetische als solches ist ihm fremd und feindlich,
und das unterscheidet ihn von Erscheinungen,
deren Erinnerung sich beim Beschauen vielleicht
aufdrängen mag, etwa Chiricos, Jean Violliers
oder Meyer-Amdens. Unterstützt werden die Kom-
positionen Edgar Endes
durch eine Farbgebung,
die wiederum unsinnlich
ist und an sich keine
Realität wiedergibt, son-
dern in seltsam dämoni-
scher Düsterkeit die Bil-
der vom Dunkel ins Helle
drängen läßt, ins Weite
strebt und notwendig zum
monumentalen Wand-
bild führt und die Enge
des Tafelbildes zersprengt.
Dennoch finden wir in
ihnen nichts Verschwom-
menes oder schlechthin
Unausgesagtes, im Gegen-
teil, es herrscht, und das
macht den eigentlich Reiz
dieser Kunst aus, im
Gegensatz zu den über-
sinnlichen und traumhaf-
ten Inhalten einer Klar-
heit und eine Strenge der
Ordnung, die zeitstilistis che
Bedeutung hat, so daß man
sich vor ihnen versucht
fühlt, in Abwandlungeines Rilkeschen Satzes
zu sagen: „Er ist ein Maler und haßt das Un-
gefähre." Unnns Ueiell
Rudolf Leptien
Der junge Bildhauer Rudolf Leptien wurde
soeben durch ein Stipendium bei der Deutschen
Akademie in Rom ausgezeichnet, nachdem ihm im
vorigen Winter als erste öffentliche Anerkennung
ein Teil des großen Staatspreises zuteil gewor-
den ist. Es ist erfreulich, zu beobachten, wie sich
für ein starkes Talent die Wege zu freier künst-
lerischer Weiterbildung ebnen. Rudolf Leptien,
geboren in Kiel 1907, besuchte hier die Kunst-
gewerbeschule bis zum staatlichen Abschluß und
schloß seine handwerkliche Ausbildung durch Ab-
legung der Meisterprüfung 1928 auf der Kunst-
gewerbeschule in Berlin ab; er bildete sich an der
Berliner Akademie bei Professor Hitzberger
weiter. Im Winter 1932 trat er in Kiel mit
einigen Holzplastiken an die Öffentlichkeit, die,
wenn auch noch etwas ängstlich und befangen,
seine starke gestaltende Begabung deutlich werden
ließen. Seitdem ist in den wenigen Werken, die
der Künstler bei der erfreulichen Verantwortlich-
keit seiner Leistung gegenüber aus der Hand ge-
geben hat, eine glückliche Weiterentwicklung fest-
zustellen. Es sind zumeist Tierplastiken — ein
vorzüglicher weiblicher Bildniskopf mag beiläufig
Erwähnung finden —, in Holz geschnitten und
mit meisterhafter Beherrschung des Handwerks
aufs feinste durchgebildet. Leptien hat sich in
langen Sommertagen in seiner nordischen Heimat
in engster Verbindung mit der Natur einen
reichen Schatz von Vorstellungen erworben, die
nun in Arbeiten wie „Stehendes Kalb" (s. Abb.)
oder „Liegendes Fohlen") sichtbare Gestalt nehmen
konnten. Man spürt die Lebensnähe in diesen
Werken, die in erstaunlicher Einfachheit vor uns
stehen. Wer vermöchte sich dem Eindruck zu ver-
schließen, daß hier ein Künstler schafft, der mit
einer seltenen Feinfühligkeit für das Wesen des
Tieres begabt ist, und der die Fähigkeit hat, das
Erschaute in aller Natürlichkeit, d. h. vielen Men-
schen verständlich, und doch so weit über das An-
schauungsbild hinaus, Gestalt gewinnen zu lassen.
Es gelingt ihm dabei, so ungewöhnliche plastische
Aufgaben zu meistern, wie das liegende Fohlen,
das vor einigen Monaten als Erwerbung der
Provinzialverwaltung von Schleswig-Holstein in
die Sammlung des Schleswig-Holsteinischen
Kunstvereins in der Kunsthalle in Kiel über-
gegangen ist. I-. bl.
Deutsche Akademie in Rom
Die Stipendiaten für 1934/35
Reichsminister Rust hat in seiner Eigenschaft als Preußi-
scher Kultusminister von den aus dem ganzen Reich ein-
gegangenen diesjährigen Bewerbungen um ein Stipendium
bei der Deutschen Akademie in Rom (Villa Massimo) fol-
genden Künstlern einen Aufenthalt in der Akademie in Rom
als Auszeichnung für ihr künstlerisches Schaffen zuerkannt:
Maler Otto Geigenberger, München; Maler Kurt Wein-
holf, Calw; Maler Hans Jürgen Kallmann, Berlin;
Graphikerin Elisabeth Voigt, Leipzig; Bildhauer Thomas
Myrtek, Breslau; Bildhauer Rudolf Leptien, Berlin; Bild-
hauer Toni Stadler, München; Maler Wilhelm Schnarren-
berger, Berlin (Studiengast).
Außerdem wurde gemäß einer alten Vereinbarung mit
der Schweizerischen Kunstverwaltung ein Atelier für einen
Schweizer Künstler zur Verfügung gestellt. Ein weiteres
Atelier wurde dem Eduard-Arnold-Hilfsfonds für den Bild-
hauer Gerhard Marcks freigehalten.
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Es ist eine erfreuliche Tatsache, daß die in der jüngsten
Vergangenheit oft beklagte Entfremdung von Künstler und
Volksgenossen, von Schaffendem und Genießendem, durch neu-
artige Aufgaben zu überwinden gesucht wird. Mancherlei
Wege werden beschritten, um der sich vereinsamt fühlenden
Künstlerschaft wieder Verbindung mit dem Gegenwartslebcn
zu geben. Ein solcher Versuch ist in Schleswig-Holstein
durch einen Wettbewerb gemacht, den die Regierung aus-
geschrieben hat. Die geforderte Leistung war nicht leicht:
Der Wettbewerb bezog sich auf Entwürfe für Wandmalerei
und Plastik, die nach ihrem Inhalte auf die Gegenwart Be-
zug haben sollten. Räume in drei bestimmten öffentlichen
Gebäuden waren vorgesehen: in Kiel im Haus der Arbeit
und in der Hochschule für Lehrerbildung und in Flensburg
im Deutschen Haus. Die erstgenannte Aufgabe für das Haus
der Arbeit ließ alle Künstler zu, die beiden anderen waren
einer beschränkten Anzahl Vorbehalten. Eine Ausstellung in
den Räumen des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins in der
Kunsthalle in Kiel, bei deren Eröffnung der Oberpräsident,
Gauleiter Lohse, den aufrichtigen Wunsch der Regierung be-
tonte, der notleidenden Künstlerschaft zu helfen, zeigte die
über 50 eingcgangencn Entwürfe, ein Ergebnis, das das
Interesse der Künstlerschaft beweist, obwohl man — wohl
eine Folge der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit —
noch manchen bekannteren Namen vermißte. Es wäre nicht
richtig, diese Ausstellung nach der einzelnen Leistung zu
werten. Selbstverständlich konnte nicht jeder Beteiligte im-
stande sein, sich ohne weiteres mit einer großen monumen-
talen Aufgabe erfolgreich auseinanderzusetzen, und viele der
Entwürfe im kleinen Format ließen erkennen, daß ihr
Schöpfer der Ausführung im großen — die übrigens bis jetzt
nicht vorgesehen ist — nicht gewachsen sein würde. Daß aber
durch solche Aufgaben das Verständnis für das Maß des
Könnens, das an den wahren Künstler gestellt werden muß,
sowohl beim Künstler selbst als auch bei dem Beschauer ge-
fördert wird, ist sicher, und es ist sehr zu begrüßen, daß
in unserer Zeit, die für große monumentale Gestaltung den
Sinn aufs neue weckt, den Künstlern zu hohen Leistungen
ein Ansporn geboten wird.
Meres-Ungeheuer
Lari Bulcke löst Preisrätsel
in der B.Z. am Mittag
Als Künstler klar, groß, Priester im Heilig-
tum, Tag um Tag besessen von seinem Genius.
Als Deutscher durch sein ganzes Leben nie und
nie beirrt, voll stolzer Zurückhaltung, voll Tapfer-
keit, vergleichbar dem von Tod und Teufel um-
lauerten Reiter auf dem Stich Albrecht Dürers.
Als Mensch gelassen, heiter, jungen Herzens, an-
zusehen wie ein wohlkonservierter Schlachten-
general. Als Freund hochherzig, treu, hilfreich.
Als Persönlichkeit gefeiert und geehrt, wie es
sollst seit Menzel nur Malern der früheren Jahr-
hunderte geschah: Ruhm, den man in Händen
hält, ist für die Hände gefährlich wie Radium.
Der Ruhm hat seine Hände nicht, hat keinen Zug
seines Wesens zu entstellen vermocht. Das ist
Das heutige Deutschland ist reich an Kunst und
Künstlern. Als Vorbild, als Maler von exempla-
rischer Mustergültigkeit, haben wir heute nur ihn,
— — — Das aus ganzem Herzen bekennen
zu diirsen, ihn unter den großen Malern unserer
Zeit den größesten nennen, ist erst im neuen
Deutschland möglich geworden. Wer sich um die
Dinge der Kunst bemüht hat, weiß Bescheid. Wir
wollen stolz sein auf diesen Mann.
Es darf erlaubt sein zu sagen, daß es
zwischen den großen Künstlern und uns
anderen Menschen zum mindesten den einen
Unterschied gibt: Auch wir anderen werden, das
ist Geschenk der ewigen Güte, in fortschreitenden
Jahren klüger, besser, reicher. Aber jene anderen
werden weise und voll hohenpriesterlicher Würde.
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Edgar Ende, Ölgemälde. Mit Gen. d. Graph. Kabinetts, München
Edgar Ende, Die Barke. 1933. Mit Gen. d. Graph. Kabinetts, München
Herausgeber und Schriftleiter: A. WilliamKönig, Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation G. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstraße 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der Nation zu richten. Anzeigen-
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