Kunst der Nation
5
kulturellen Schaffens, diese Willkür besiegen. All
das nutzlos Gemalte der jüngeren Vergangenheit
wird uns einstmals als ein nicht erquickliches,
aber bezeichnendes Autodafe gelten und dann end-
gültig in den Privatschatnllen untergehen. Viel-
leicht wird es einmal späteren Geschlechtern als
Anschauungsmaterial dienen, damit sie sehen, wo-
hin ein Volk mit so reichen Fähigkeit geraten
kann.
Ohne Frage wird die Malerei der Zukunft
vom tektonischen Gestaltungsprinzip geleitet wer-
den, wie es die Architektur verlangt. Zunächst
wird der Streit der Meinungen, ob gegenständ-
liche oder abstrakte Kunst, eine Milderung er-
fahren, denn nicht unsere Privatmeinnngen, son-
dern die Öffentlichkeit und die Gesetze des Bau-
körpers werden uns die Erfahrungen bringen, ob
abstrakte Kunst mehr ist als ein abgewogenes
Ornament und wird uns lehren, ob Wand und
Volk sich mit leeren, nngeformten Gegenständlich-
keiten abfinden lassen.
Ich will hier nicht als Prophet sprechen, da
ich keiner bin, aber meine Sehnsucht — und sie
ist nicht vereinzelt — spricht zu mir schon heute
davon, daß das Gegenständliche wieder einmal der
Ausgangspunkt sein wird für neue Offenbarungen
der Kunst. Die hinter uns liegenden Jahre haben
das Gegenständliche vergewaltigt oder verneint.
Auch ich bin der Überzeugung, Färb- und Form-
elemente bauen das Kunstwerk, ebenso sicher
wissen wir, daß Färb- und Formelemente Attri-
bute des Gegenstandes sind, und daß wir von ihm
her immer wieder Farbe und Form neu erobern
müssen. Die Aufgaben der neuen Malerei können
nur von wenigen Berufenen in Angriff genom-
men und vielleicht gelöst werden. Die Berufenen
werden zu finden sein. Denn so leicht es ist, eine
interessante und individuelle Handschrift zu haben,
so schwer ist es, seine subjektiven Bildvorstellun-
gen derart zu objektivieren, daß sie der allge-
meinen Anteilnahme sicher sind. Die Schwierig-
keit der Ausgabe vollzieht hier die notwendige
Auslese. Auch darüber bin ich mir klar, daß
nicht mehr der Akademie alle die Ausgaben zu-
fallen, die ihr in der Vergangenheit übertragen
wurden. Wir wünschen und fordern eine neue
Werkgemeinschaft in den Stammesgebieten
unseres Vaterlandes, deren historische Vorbilder
die Bauhütten des Mittelalters sind. Dort wird
dann in Gemeinschaftsarbeit aller künstlerisch
Fähigen all den großen gezeichneten Ausgaben
gearbeitet werden. Sie sehen Wohl, daß wir eine
Überwindung der Krisis in den bildenden Künsten
nicht von dem fortwährenden Disput über das
Wie und Was, mit einem Wort über die sekun-
dären Angelegenheiten der Malerei erhoffen, son-
dern in der Planmäßigen Erziehung zur Gemein-
schaftsarbeit, die in vollem Umfang gerade die
außergcwöhnlichsten Persönlichkeiten erfordert.
So wird denn auch — und der Zeitpunkt ist
nicht mehr fern, und sehnlicher als wir Maler
kann ihn niemand herbeiwünschen — der Augen-
blick kommen, wo der Künstler nicht mehr jenes
sonderbare von Sensation und Klatsch umwitterte
Dasein führt vor dem Forum einer übersättigten
Bourgeoisie, sondern er wird ats ein freier und
weltoffener Mensch mit dem Volke durch ein neues
.Zeitalter gehen, aufrecht und stark, ein Mit-
gestalter zukünftigen deutschen Lebens.
Bildnisse von Wilhelm Philipp
Der 27jährige Maler Wilhelm Philipp wurde
in dem heute polnischen Posen geboren. Als er
noch ein kleiner Junge war, traf' ihn das Schicksal
Philipp, Alter Mann
des Landes. Man kann an seinen in der ost-
deutschen Heimat verwurzelten Bildern ermessen,
daß das unfreiwillige Vagabundendasein, zu dem
der Knabe nunmehr verurteilt war, die eigent-
lichen Quellen dieses jungen Talents verschüttete.
Allerdings war hier die menschliche Energie stark
geling, durch seelischen Widerstand die Abenteuer-
lichkeit des Lebens für das einzige Ziel des Malers
fruchtbar zu machen: nämlich die Form- und
Farberlebnisse des Kindes in der Weite und Stille
der östlichen Landschaft ein ganzes Leben lang zu
realisieren.
Die bürgerlichen Verhältnisse bestimmten ihn
zu dem Berus des Kalifmannes, aber statt sich der
Bilchführung zu widmen, verfertigte Philipp
hinter dem Ladentisch Karikaturen seines Chefs
und seiner Kunden. In seiner Freizeit waren die
Museen sein liebster Aufenthalt. Bewundernd
stand er vor den Schaufenstern, in denen kitschige
Öldrucke mit Nhmphenreigen und romantischen
Mondscheinballaden aushingen. Alls den Deckeln
von Zigarrenkisten malte er seine ersten Öl-
gemälde, wenn die Ölfarbe nicht reichte, malte er
sie mit schwarzer Tusche zu Ende.
An einem trüben Herbstmorgen faßte er auf
dem Wege zum Kontor einen kühnen Entschluß:
er ging ohne Mantel und Hut, so wie er dastand,
schnurstracks zur Stadt hinaus. Die Folge dieser
Flucht vor dem Bürgertum war ein jahrelanges
unstetes Wanderleben durch alle Länder Europas.
Mit einem Bündel kleiner Skizzen und mit dem
endgültigen Willen,
Maler zu werden, traf
er wieder in Deutsch-
land ein.
Es ist erstaunlich, mit
welcher Schnelligkeit der
Autodidakt Philipp seine
malenden Altersge-
nossen, die seit langen
Jahren ans den Kunst-
akademien Meisterschü-
ler bekannter Maler
waren, überholte. Es
ist aber auch anderer-
seits nicht erstaunlich,
denn Philipp besitzt die
unbeeinflußte Naivität
des Erlebens. Er ge-
staltet aus unmittel-
barer Natnranschauung
und verfügt über einen
aus dieser Auschauung
gewonneneu Farbensinn.
Dies aber sind Quali-
täten, die weder durch
jahrelanges Bemühen Philipp, Kinder
in den Stndienateliers
müssen — und jetzt, wo das Eis gebrochen ist,
werden sich Künder finden, die Hindemiths in
den letzten Jahren entstandene Werke, die eine
ständig steigende Reise ausweisen, breitesten Krei-
sen zu Gehör bringen. Ein gutes Omen:
Dr. Goebbels wohnte diesem aufschlußreichen Kon-
zert bei: er, der — weiß Gott — ost genug sein
sicheres Gefühl für alles Junge, Frische und
Moderne bewiesen hat, dürste die Überzeugung
der Akademien, noch durch Raffinesse und Anstren-
gungen des Intellekts zu gewinnen sind. Seine
Bildnisse sind nicht psychologische
Untersuchungen, sondern Zeug-
nisse für die klare, kraftvolle und
gesunde Anschauungsweise eines
unkomplizierten Malers.
Eine solche bäurische Malerei ist nicht „ge-
wollt", voller Absichten und Tendenzen, sie ist viel-
mehr Berufung und Schicksal. Das beweisen be-
reits die Zeichnungen, die Wilhelm Philipp als
8jähriger Junge anfertigte, die den gleichen
Charakter zeigen wie seine Bildnisse der gegen-
wärtigen Zeit.
Diese Persönliche Geschlossenheit, die keine
Beirrnng kennt, ist bewundernswert und berechtigt
uns, große Hoffnungen auf ihu zu setzen.
Martin 6 a in x> ll a u 8 e n
Festkonzert
anläßlich der ersten Arbeits-
tagung der Reichsmusikkammer
Die erste Arbeitstagung der Reichsmusik-
kammer, die aus Einladung ihres Präsidenten
Tr. Richard Strauß in Berlin stattfand, nahm
einen ungemein aufschlußreichen Verlauf. „Erster
deutscher Kompouistentag": Als erste Gruppe der
Musikkammer trat der Berufsstand der Kompo-
nisten zusammen. Darin dokumentiert sich be-
reits eindeutig, daß von nun ab dem schöpfe-
rischen Künstler vor dem nachschaffenden der Vor-
rang gehört, daß die Überschätzung des Interpreten
der Vergangenheit angehört. Strauß, der auch
ein n a ch schaffender Künstler von größtem
Format ist, gibt uns mit seiner gewaltigen künst-
lerischen Autorität und dem Eifer, mit dem er sich
auf sein neues Arbeitsgebiet gestürzt hat, die
Garantie, daß die Musikerschast in ihm, dem
großen deutschen Meister, den rechten Führer hat.
Möge seiner Führung gelingen, was Staats-
sekretär Funk als ideelle Forderung aufstellte:
„Kunst muß zum Volk, Volk muß zur Kunst
finden!"
Wer am Abend des Festkonzerts, in dessen Ver-
lauf acht Komponisten für ihre eigenen Werke
eintraten, mit dieser Devise im Herzen zuhörte,
mußte sehr nachdenklich werden. Die größere
Mehrzahl der aufgeführten Kompositionen waren
„Sinfonische Dichtungen", gehören also einer über-
lebten Kunstform von gestern an, wo man mit
einem ausführlichen „Programm" in der Hand
dasaß und die Vorgänge in der Musik verfolgte.
Ohne dieses „Programm" bleibt ein Stück wie
Hauseggers „Wieland, der Schmied" auf lange
Strecken unverständlich, während es für Richard
Strauß' Genie zeugt, daß sein Eulenspiegel auch
ohne Programm als absolute Musik so jung und
so lebensfähig ist, wie bei seiner ersten Auffüh-
rung (vor fast 40 Jahren!). Während Strauß im
Verlauf seines Schaffens zu einer abgeklärten
Reise und Heiterkeit gelangt ist, enthalten Pfitz-
ners Werke viel mehr auf unsere jungen Kompo-
nisten Weisendes. Seine in diesen Tagen zur
ersten Aufführung gelangte Sinfonie in ew-moll
ist eine harte Nuß für Ohren, die nur gefälligen
Wohlklang suchen.
Inmitten dieser repräsentativen deutschen
Komponisten, die alle die 60 Jahre überschritten
haben, kam nun Paul Hindemith als ein-
ziger Vertreter der jüngeren Generation mit
seiner Bostoner Orchestermusik für Streicher und
Bläser zu Gehör. Der spontane Beifall (dieses
Forums von Sachverständigen!) bei Hindemiths
Auftreten und die geradezu demonstrativen Bei-
fallsäußerungen nach Aufführung der Sinfonie
(die einige einsame Zischer nicht zu trüben ver-
mochten!) bewiesen zur Evidenz: dieser eminente
Musikant hat die Achtung (mindestens aber die
Duldung) der Alten und die Liebe der Jungen,
ein Kampf um ihn ist weder nötig, noch möglich.
Diese klare, aller unfruchtbaren Grübelei abholde,
von ungeheurer Vitalität erfüllte Musik gehört zu
der Kunst, die zum Volk finden wird. Das auf-
geführte Orchesterstück liegt seiner Entstehungszeit
nach fast vier Jahre zurück. Es enthält alle posi-
tiven Elemente Hindemithschen Musizierens: seine
von glutvollem Leben erfüllte Form, seine vitale,
nie erlahmende Rhythmik, die kühne Phantasie
seiner Gestaltung, sein sicheres Formgesühl. Es
mitgenommen haben, daß die „Reaktion" gegen
den Erzmusikanten Hindemith jedenfalls nicht in
unseren Reihen zu suchen ist. Ein Vergleich
der Pressestimmen wird ihm das bestätigen.
Die Musikkammer hat ihre deutschen Meister
von anerkanntem Rang geehrt. Möge sie bei
nächster Gelegenheit unfern jungen Komponisten
Gehör verschaffen!
'VVilllelln ^.ncker8
Schallplatte und Musikkultur
Uber die Bedeutung der Schallplatte für die
musikalische Kultur einer Nation, für die musi-
kalische Erziehung und für die Musikwissenschaft
ist bereits viel Nützliches geredet und geschrieben
worden. Aber leider ist es gerade in Deutschland
in den letzten Jahren totenstill geworden um die
künstlerische Schallplatte, wenn auch in anderen
Ländern — als Folge wirtschaftlicher Anomalien
— die Unsicherheit gewachsen ist. Auf dem „Ersten
internationalen Musikkongreß" in Florenz, im
Mai vorigen Jahres, hatten vier Referenten,
jeder einer anderen Nation zugehörig, viel Gutes
und Schönes, und vor allem: einheitlich Richtiges
über Musik aus Schallplatten gesagt. Alle waren
sich darüber klar, daß die Schallplatte ungeheure
Wirkungsmöglichkeiten besitzt und daß es sich hier
um alles andere, als um bloße „Konservenmusik"
handelt, daß aber trotzdem manches geändert wer-
den sollte. Nun haben gerade in den Jahren vor-
her die verschiedensten Abhandlungen, die aus-
nahmslos im Ausland erschienen waren, im be-
sonderen auf die Probleme einheitlicher Katalogi-
sierung, des internationalen Austauschs und der
Wiedergabe von Schallplatten hingewiesen,
im wesentlichen aber: in der Frage,
wie die künstlerische Schallplatte
dem Volk dienstbar gemacht wer-
den kann, blieben sie mehr oder weniger
die Antwort schuldig. Die besonders in Paris
gebräuchlichen groß angelegten Schallplatten-
konzerte sind dafür nur sehr oberflächlich geeignet.
Aber, da gerade der Wert der Schallplatte ent-
scheidend abhängig ist von der Qualität der
Wiedergabeapparaturen und die billigen Koffer-
apparate der Verbreitung ernsthafter Musik mehr
geschadet als genutzt haben, so war es zweckmäßig,
ein größeres Publikum von der Qualität der Auf-
nahmen durch vorbildliche Wiedergabe zu über-
zeugen. Die elektrische Tonübertragung wird in-
folge des ausgedehnten Frequenzbereiches gegen-
über den sogenannten akustischen Apparaten diese
doch früher oder später verdrängen.
Jedoch, selbst wenn es sich durchführen ließe,
in Deutschland zu dem Radio-Volksempfänger ein
in Qualität und Preis entsprechendes Zusatzgerät
für die Wiedergabe von Schallplatten zu bauen,
so wäre für die Hebung der Musikkultur doch erst
die allernotwendigste Voraussetzung gegeben. Dem
musikalischen Laien fehlt gleich dem größeren Teil
der Fachmusiker die Übersicht über die Schall-
Platten Produktion. Ihm fehtt außerdem das
entscheidende Urteil bei der Auswahl, denn künst-
lerischer Wert einer Komposition oder eines In-
terpreten und Plattenwert sind nicht immer
identisch.
Wenn wir an dieser Stelle demnächst in einem
ständigen Schallplattenreferat mit einem syste-
matischen Aufbau der künstlerischen Schallplatte
beginnen, so leiten uns dabei folgende Absichten:
den Menschen der Musik näherzubringen, ihn an-
zuregen und ihm Hinweise zu geben zu selb-
ständigem Musizieren, und auf einer anderen
Ebene die Entwicklung und die Höhepunkte der
deutschen Musik zu betrachten. Bei dem letzten
Versuch sollen aber auch alle diejenigen Faktoren,
deren Einfluß auf die Entwicklung der deutschen
Musik von Bedeutung war, und die Wirkungen
der deutschen Musik auf die Musik anderer
Nationen, eine besondere Berücksichtigung er-
fahren.
Dadurch wird es vielleicht auch möglich fein,
den gereizten Spießer, der bei jedem Nonenakkord
um seine „Seele" bangt und der durch jeden
agressiven Rhythmus seine „Kultur" von wilden
Völkerftämmen bedroht sieht, zu beruhigen. Wenn
er erst erkennen würde, daß das, was er vielfach
für deutsche Musik hält, übelster Salonkitsch ist
und daß in dem, was er volksfremd in der Musik
nennt, doch zuweilen viel von deutschem Geist
steckt, dann ließe es sich beruhigt sterben.
Wenn wir künstlerisch wertvolle Schallplatten
besprechen und ihnen damit weite Verbreitung
wünschen, so tun wir das auch in dem Bestreben,
die Schallplattenindustrie, die sich im Gegensatz
zur Filmindustrie ein kulturelles Verantwortungs-
bewußtsein bewahrt hat und mit den Gewinnen
aus der Schlagerproduktion die Defizite der Auf-
nahmen klassischer Werke der Tonkunst auszu-
gleichen versucht, nach Möglichkeit zu unterstützen.
I-eonllarck k'ürsb
„Was ist die Welt?"
Am Nollendorfplatz läuft seit dem
14. Februar der Kulturfilm „Was ist
die Welt".
In fünfjähriger mühevoller und aufopfernder
Arbeit, im festen Glauben an den Wert künst-
lerischer Arbeit und im Glauben an die Idee des
künstlerischen Films ist dieses Werk entstanden. —
Ein neuer Name und eine neue Hoffnung ist auf-
getaucht. Ein neuer Kämpfer für die frei schaf-
fende Filmkunst, die in der Industrie keinen Raum
haben kann: Svend Noldan und seine Ar-
beitsgemeinschaft. — Die Förderung, die man maß-
geblicherseits dem Film angedeihen läßt, ist aber
auch ein Beweis dafür, daß man die Rückerobe-
rung der geistigen Güter unterstützt. Die Begei-
sterung derer, die den Film gesehen haben, ist ein
Beweis dafür, daß der künstlerische Film im Vor-
marsch ist. Für uns alle aber, die wir an den
guten Film glauben und für ihn kämpfen, ist ein
neuer Ansporn gegeben, weiterzuarbeiten.
Der Film bringt eine Stunde der Einkehr.
Obwohl er von den Grundlagen unserer
wissenschaftlichen Forschung ausgeht, vom Mikro-
skop zum Teleskop, von winzigen Welten, an denen
der Mensch vorbeigeht, zur Unendlichkeit der
Sonnensysteme im All, tritt die Sachlichketi der
Wissenschaft zurück. Man fühlt den Mythos ge-
waltigen Naturgeschehens, zeitlos, ein endloser
Kreis von Werden und Vergehen.
Uralt — die Welt der Insekten.
Uralt — lange Jahrtausende vor dem Men-
schen — der Ameisenstaat. Eine Ameisenburg —
Meeres-Ungeheuer
Ruser in der Wüste
„Alles das hat mit der Frage Monarchie oder Nicht-
monarchie an sich nichts zu tun.
Diese Frage ist noch eine offene Tür.
Am 18. Oktober 1933 hat der Kanzler auf die Frage des
Sonderkorrespondenten der „Daily Mail" die klastische Ant-
wort gefunden: „Die Regierung, die heute in Deutschland
tätig ist, arbeitet weder für die Monarchie, noch für die
Republik, sondern ausschließlich für das deutsche Volk. Wo-
hin wir blicken, überall sehen wir nur Not und Elend,
Arbeitslosigkeit, Verfall und Zerstörung. Dies zu beseitigen,
ist die von uns gewählte Mission."
Einstweilen sind wir hier in Deutschland noch bei der
Ordnung der Dinge, beim Hinwegschaffen des Trümmer-
haufens. Auch der treueste Monarchist kann einem kaiser-
lichen Herrn schon deshalb nicht zumuten, sich in Gedanken
zu einem Aufbruch in sein Land zu rüsten, solange es nicht
in jeder Hinsicht würdig bereitet ist, weil die Krone, wenn
sie für ferne Zeiten ruhig und gesichert leuchten soll, nicht
von vornherein mit Not und Elend belastet werden darf.
Auch genügt ein Jahr der Erziehungsarbeit für ein Volk
nicht, das 14 Jahre lang von falschen Führern irregeleitet
worden ist.
Deshalb kann man begreifen, wenn der Führer des neuen
Deutschland im Hinblick auf die Wiederherstellung der
Monarchie sagt, sie sei zur Zeit nicht diskutabel.
Und deshalb müssen wir altenOffi-
ziere und treuen Monarch) st en, gerade
wenn wir das Höch sie Ziel im Auge be-
halten wollen, auch das Vertrauen zu der
heutigen Führung haben, die das Tor in unsere Zukunft nicht
zugeschlagen hat.
Aber wir können eines tun, und
müssen eines tun, nämlich uns als
treue Wächter unserer monarchischen
Tradition an dieses Tor st eilen, in
Dankbarkeit und Anhänglichkeit an den Erwecker Deutsch-
lands, in Anhänglichkeit und in Liebe
zugleich zu dem edlen Manne in Doorn.
Wir können und wir dürfen in Stille
und Treue den Weg bereiten helfen
für die Schritte des Monarchen. Je weiter
wir blicken, desto sorgsamer werden
wir an die Arbeit gehen.
Dafür, daß im neuen Deutschland monarchistische Über-
zeugung und vertrauensvolle Mitarbeit am deutschen Auf-
bau unter der Führung Adolf Hitlers keinen Widerspruch
bedeuten, dafür können wir der göttlichen Vorsehung nicht
dankbar genug sein.
Diese Erkenntnis sei zu seinem 75. Geburtstag dem
Kaiser in Doorn tiefster Trost und uns zugleich Hoffnung
und Gelöbnis. Edgar von Schmidt-Pauli, Rittm. d. R.
(Artikel zum Geburtstag Wilhelms II. in der „Deut-
schen Treue", Mitte Januar 1934.)
Philipp, Kinderbildnis
5
kulturellen Schaffens, diese Willkür besiegen. All
das nutzlos Gemalte der jüngeren Vergangenheit
wird uns einstmals als ein nicht erquickliches,
aber bezeichnendes Autodafe gelten und dann end-
gültig in den Privatschatnllen untergehen. Viel-
leicht wird es einmal späteren Geschlechtern als
Anschauungsmaterial dienen, damit sie sehen, wo-
hin ein Volk mit so reichen Fähigkeit geraten
kann.
Ohne Frage wird die Malerei der Zukunft
vom tektonischen Gestaltungsprinzip geleitet wer-
den, wie es die Architektur verlangt. Zunächst
wird der Streit der Meinungen, ob gegenständ-
liche oder abstrakte Kunst, eine Milderung er-
fahren, denn nicht unsere Privatmeinnngen, son-
dern die Öffentlichkeit und die Gesetze des Bau-
körpers werden uns die Erfahrungen bringen, ob
abstrakte Kunst mehr ist als ein abgewogenes
Ornament und wird uns lehren, ob Wand und
Volk sich mit leeren, nngeformten Gegenständlich-
keiten abfinden lassen.
Ich will hier nicht als Prophet sprechen, da
ich keiner bin, aber meine Sehnsucht — und sie
ist nicht vereinzelt — spricht zu mir schon heute
davon, daß das Gegenständliche wieder einmal der
Ausgangspunkt sein wird für neue Offenbarungen
der Kunst. Die hinter uns liegenden Jahre haben
das Gegenständliche vergewaltigt oder verneint.
Auch ich bin der Überzeugung, Färb- und Form-
elemente bauen das Kunstwerk, ebenso sicher
wissen wir, daß Färb- und Formelemente Attri-
bute des Gegenstandes sind, und daß wir von ihm
her immer wieder Farbe und Form neu erobern
müssen. Die Aufgaben der neuen Malerei können
nur von wenigen Berufenen in Angriff genom-
men und vielleicht gelöst werden. Die Berufenen
werden zu finden sein. Denn so leicht es ist, eine
interessante und individuelle Handschrift zu haben,
so schwer ist es, seine subjektiven Bildvorstellun-
gen derart zu objektivieren, daß sie der allge-
meinen Anteilnahme sicher sind. Die Schwierig-
keit der Ausgabe vollzieht hier die notwendige
Auslese. Auch darüber bin ich mir klar, daß
nicht mehr der Akademie alle die Ausgaben zu-
fallen, die ihr in der Vergangenheit übertragen
wurden. Wir wünschen und fordern eine neue
Werkgemeinschaft in den Stammesgebieten
unseres Vaterlandes, deren historische Vorbilder
die Bauhütten des Mittelalters sind. Dort wird
dann in Gemeinschaftsarbeit aller künstlerisch
Fähigen all den großen gezeichneten Ausgaben
gearbeitet werden. Sie sehen Wohl, daß wir eine
Überwindung der Krisis in den bildenden Künsten
nicht von dem fortwährenden Disput über das
Wie und Was, mit einem Wort über die sekun-
dären Angelegenheiten der Malerei erhoffen, son-
dern in der Planmäßigen Erziehung zur Gemein-
schaftsarbeit, die in vollem Umfang gerade die
außergcwöhnlichsten Persönlichkeiten erfordert.
So wird denn auch — und der Zeitpunkt ist
nicht mehr fern, und sehnlicher als wir Maler
kann ihn niemand herbeiwünschen — der Augen-
blick kommen, wo der Künstler nicht mehr jenes
sonderbare von Sensation und Klatsch umwitterte
Dasein führt vor dem Forum einer übersättigten
Bourgeoisie, sondern er wird ats ein freier und
weltoffener Mensch mit dem Volke durch ein neues
.Zeitalter gehen, aufrecht und stark, ein Mit-
gestalter zukünftigen deutschen Lebens.
Bildnisse von Wilhelm Philipp
Der 27jährige Maler Wilhelm Philipp wurde
in dem heute polnischen Posen geboren. Als er
noch ein kleiner Junge war, traf' ihn das Schicksal
Philipp, Alter Mann
des Landes. Man kann an seinen in der ost-
deutschen Heimat verwurzelten Bildern ermessen,
daß das unfreiwillige Vagabundendasein, zu dem
der Knabe nunmehr verurteilt war, die eigent-
lichen Quellen dieses jungen Talents verschüttete.
Allerdings war hier die menschliche Energie stark
geling, durch seelischen Widerstand die Abenteuer-
lichkeit des Lebens für das einzige Ziel des Malers
fruchtbar zu machen: nämlich die Form- und
Farberlebnisse des Kindes in der Weite und Stille
der östlichen Landschaft ein ganzes Leben lang zu
realisieren.
Die bürgerlichen Verhältnisse bestimmten ihn
zu dem Berus des Kalifmannes, aber statt sich der
Bilchführung zu widmen, verfertigte Philipp
hinter dem Ladentisch Karikaturen seines Chefs
und seiner Kunden. In seiner Freizeit waren die
Museen sein liebster Aufenthalt. Bewundernd
stand er vor den Schaufenstern, in denen kitschige
Öldrucke mit Nhmphenreigen und romantischen
Mondscheinballaden aushingen. Alls den Deckeln
von Zigarrenkisten malte er seine ersten Öl-
gemälde, wenn die Ölfarbe nicht reichte, malte er
sie mit schwarzer Tusche zu Ende.
An einem trüben Herbstmorgen faßte er auf
dem Wege zum Kontor einen kühnen Entschluß:
er ging ohne Mantel und Hut, so wie er dastand,
schnurstracks zur Stadt hinaus. Die Folge dieser
Flucht vor dem Bürgertum war ein jahrelanges
unstetes Wanderleben durch alle Länder Europas.
Mit einem Bündel kleiner Skizzen und mit dem
endgültigen Willen,
Maler zu werden, traf
er wieder in Deutsch-
land ein.
Es ist erstaunlich, mit
welcher Schnelligkeit der
Autodidakt Philipp seine
malenden Altersge-
nossen, die seit langen
Jahren ans den Kunst-
akademien Meisterschü-
ler bekannter Maler
waren, überholte. Es
ist aber auch anderer-
seits nicht erstaunlich,
denn Philipp besitzt die
unbeeinflußte Naivität
des Erlebens. Er ge-
staltet aus unmittel-
barer Natnranschauung
und verfügt über einen
aus dieser Auschauung
gewonneneu Farbensinn.
Dies aber sind Quali-
täten, die weder durch
jahrelanges Bemühen Philipp, Kinder
in den Stndienateliers
müssen — und jetzt, wo das Eis gebrochen ist,
werden sich Künder finden, die Hindemiths in
den letzten Jahren entstandene Werke, die eine
ständig steigende Reise ausweisen, breitesten Krei-
sen zu Gehör bringen. Ein gutes Omen:
Dr. Goebbels wohnte diesem aufschlußreichen Kon-
zert bei: er, der — weiß Gott — ost genug sein
sicheres Gefühl für alles Junge, Frische und
Moderne bewiesen hat, dürste die Überzeugung
der Akademien, noch durch Raffinesse und Anstren-
gungen des Intellekts zu gewinnen sind. Seine
Bildnisse sind nicht psychologische
Untersuchungen, sondern Zeug-
nisse für die klare, kraftvolle und
gesunde Anschauungsweise eines
unkomplizierten Malers.
Eine solche bäurische Malerei ist nicht „ge-
wollt", voller Absichten und Tendenzen, sie ist viel-
mehr Berufung und Schicksal. Das beweisen be-
reits die Zeichnungen, die Wilhelm Philipp als
8jähriger Junge anfertigte, die den gleichen
Charakter zeigen wie seine Bildnisse der gegen-
wärtigen Zeit.
Diese Persönliche Geschlossenheit, die keine
Beirrnng kennt, ist bewundernswert und berechtigt
uns, große Hoffnungen auf ihu zu setzen.
Martin 6 a in x> ll a u 8 e n
Festkonzert
anläßlich der ersten Arbeits-
tagung der Reichsmusikkammer
Die erste Arbeitstagung der Reichsmusik-
kammer, die aus Einladung ihres Präsidenten
Tr. Richard Strauß in Berlin stattfand, nahm
einen ungemein aufschlußreichen Verlauf. „Erster
deutscher Kompouistentag": Als erste Gruppe der
Musikkammer trat der Berufsstand der Kompo-
nisten zusammen. Darin dokumentiert sich be-
reits eindeutig, daß von nun ab dem schöpfe-
rischen Künstler vor dem nachschaffenden der Vor-
rang gehört, daß die Überschätzung des Interpreten
der Vergangenheit angehört. Strauß, der auch
ein n a ch schaffender Künstler von größtem
Format ist, gibt uns mit seiner gewaltigen künst-
lerischen Autorität und dem Eifer, mit dem er sich
auf sein neues Arbeitsgebiet gestürzt hat, die
Garantie, daß die Musikerschast in ihm, dem
großen deutschen Meister, den rechten Führer hat.
Möge seiner Führung gelingen, was Staats-
sekretär Funk als ideelle Forderung aufstellte:
„Kunst muß zum Volk, Volk muß zur Kunst
finden!"
Wer am Abend des Festkonzerts, in dessen Ver-
lauf acht Komponisten für ihre eigenen Werke
eintraten, mit dieser Devise im Herzen zuhörte,
mußte sehr nachdenklich werden. Die größere
Mehrzahl der aufgeführten Kompositionen waren
„Sinfonische Dichtungen", gehören also einer über-
lebten Kunstform von gestern an, wo man mit
einem ausführlichen „Programm" in der Hand
dasaß und die Vorgänge in der Musik verfolgte.
Ohne dieses „Programm" bleibt ein Stück wie
Hauseggers „Wieland, der Schmied" auf lange
Strecken unverständlich, während es für Richard
Strauß' Genie zeugt, daß sein Eulenspiegel auch
ohne Programm als absolute Musik so jung und
so lebensfähig ist, wie bei seiner ersten Auffüh-
rung (vor fast 40 Jahren!). Während Strauß im
Verlauf seines Schaffens zu einer abgeklärten
Reise und Heiterkeit gelangt ist, enthalten Pfitz-
ners Werke viel mehr auf unsere jungen Kompo-
nisten Weisendes. Seine in diesen Tagen zur
ersten Aufführung gelangte Sinfonie in ew-moll
ist eine harte Nuß für Ohren, die nur gefälligen
Wohlklang suchen.
Inmitten dieser repräsentativen deutschen
Komponisten, die alle die 60 Jahre überschritten
haben, kam nun Paul Hindemith als ein-
ziger Vertreter der jüngeren Generation mit
seiner Bostoner Orchestermusik für Streicher und
Bläser zu Gehör. Der spontane Beifall (dieses
Forums von Sachverständigen!) bei Hindemiths
Auftreten und die geradezu demonstrativen Bei-
fallsäußerungen nach Aufführung der Sinfonie
(die einige einsame Zischer nicht zu trüben ver-
mochten!) bewiesen zur Evidenz: dieser eminente
Musikant hat die Achtung (mindestens aber die
Duldung) der Alten und die Liebe der Jungen,
ein Kampf um ihn ist weder nötig, noch möglich.
Diese klare, aller unfruchtbaren Grübelei abholde,
von ungeheurer Vitalität erfüllte Musik gehört zu
der Kunst, die zum Volk finden wird. Das auf-
geführte Orchesterstück liegt seiner Entstehungszeit
nach fast vier Jahre zurück. Es enthält alle posi-
tiven Elemente Hindemithschen Musizierens: seine
von glutvollem Leben erfüllte Form, seine vitale,
nie erlahmende Rhythmik, die kühne Phantasie
seiner Gestaltung, sein sicheres Formgesühl. Es
mitgenommen haben, daß die „Reaktion" gegen
den Erzmusikanten Hindemith jedenfalls nicht in
unseren Reihen zu suchen ist. Ein Vergleich
der Pressestimmen wird ihm das bestätigen.
Die Musikkammer hat ihre deutschen Meister
von anerkanntem Rang geehrt. Möge sie bei
nächster Gelegenheit unfern jungen Komponisten
Gehör verschaffen!
'VVilllelln ^.ncker8
Schallplatte und Musikkultur
Uber die Bedeutung der Schallplatte für die
musikalische Kultur einer Nation, für die musi-
kalische Erziehung und für die Musikwissenschaft
ist bereits viel Nützliches geredet und geschrieben
worden. Aber leider ist es gerade in Deutschland
in den letzten Jahren totenstill geworden um die
künstlerische Schallplatte, wenn auch in anderen
Ländern — als Folge wirtschaftlicher Anomalien
— die Unsicherheit gewachsen ist. Auf dem „Ersten
internationalen Musikkongreß" in Florenz, im
Mai vorigen Jahres, hatten vier Referenten,
jeder einer anderen Nation zugehörig, viel Gutes
und Schönes, und vor allem: einheitlich Richtiges
über Musik aus Schallplatten gesagt. Alle waren
sich darüber klar, daß die Schallplatte ungeheure
Wirkungsmöglichkeiten besitzt und daß es sich hier
um alles andere, als um bloße „Konservenmusik"
handelt, daß aber trotzdem manches geändert wer-
den sollte. Nun haben gerade in den Jahren vor-
her die verschiedensten Abhandlungen, die aus-
nahmslos im Ausland erschienen waren, im be-
sonderen auf die Probleme einheitlicher Katalogi-
sierung, des internationalen Austauschs und der
Wiedergabe von Schallplatten hingewiesen,
im wesentlichen aber: in der Frage,
wie die künstlerische Schallplatte
dem Volk dienstbar gemacht wer-
den kann, blieben sie mehr oder weniger
die Antwort schuldig. Die besonders in Paris
gebräuchlichen groß angelegten Schallplatten-
konzerte sind dafür nur sehr oberflächlich geeignet.
Aber, da gerade der Wert der Schallplatte ent-
scheidend abhängig ist von der Qualität der
Wiedergabeapparaturen und die billigen Koffer-
apparate der Verbreitung ernsthafter Musik mehr
geschadet als genutzt haben, so war es zweckmäßig,
ein größeres Publikum von der Qualität der Auf-
nahmen durch vorbildliche Wiedergabe zu über-
zeugen. Die elektrische Tonübertragung wird in-
folge des ausgedehnten Frequenzbereiches gegen-
über den sogenannten akustischen Apparaten diese
doch früher oder später verdrängen.
Jedoch, selbst wenn es sich durchführen ließe,
in Deutschland zu dem Radio-Volksempfänger ein
in Qualität und Preis entsprechendes Zusatzgerät
für die Wiedergabe von Schallplatten zu bauen,
so wäre für die Hebung der Musikkultur doch erst
die allernotwendigste Voraussetzung gegeben. Dem
musikalischen Laien fehlt gleich dem größeren Teil
der Fachmusiker die Übersicht über die Schall-
Platten Produktion. Ihm fehtt außerdem das
entscheidende Urteil bei der Auswahl, denn künst-
lerischer Wert einer Komposition oder eines In-
terpreten und Plattenwert sind nicht immer
identisch.
Wenn wir an dieser Stelle demnächst in einem
ständigen Schallplattenreferat mit einem syste-
matischen Aufbau der künstlerischen Schallplatte
beginnen, so leiten uns dabei folgende Absichten:
den Menschen der Musik näherzubringen, ihn an-
zuregen und ihm Hinweise zu geben zu selb-
ständigem Musizieren, und auf einer anderen
Ebene die Entwicklung und die Höhepunkte der
deutschen Musik zu betrachten. Bei dem letzten
Versuch sollen aber auch alle diejenigen Faktoren,
deren Einfluß auf die Entwicklung der deutschen
Musik von Bedeutung war, und die Wirkungen
der deutschen Musik auf die Musik anderer
Nationen, eine besondere Berücksichtigung er-
fahren.
Dadurch wird es vielleicht auch möglich fein,
den gereizten Spießer, der bei jedem Nonenakkord
um seine „Seele" bangt und der durch jeden
agressiven Rhythmus seine „Kultur" von wilden
Völkerftämmen bedroht sieht, zu beruhigen. Wenn
er erst erkennen würde, daß das, was er vielfach
für deutsche Musik hält, übelster Salonkitsch ist
und daß in dem, was er volksfremd in der Musik
nennt, doch zuweilen viel von deutschem Geist
steckt, dann ließe es sich beruhigt sterben.
Wenn wir künstlerisch wertvolle Schallplatten
besprechen und ihnen damit weite Verbreitung
wünschen, so tun wir das auch in dem Bestreben,
die Schallplattenindustrie, die sich im Gegensatz
zur Filmindustrie ein kulturelles Verantwortungs-
bewußtsein bewahrt hat und mit den Gewinnen
aus der Schlagerproduktion die Defizite der Auf-
nahmen klassischer Werke der Tonkunst auszu-
gleichen versucht, nach Möglichkeit zu unterstützen.
I-eonllarck k'ürsb
„Was ist die Welt?"
Am Nollendorfplatz läuft seit dem
14. Februar der Kulturfilm „Was ist
die Welt".
In fünfjähriger mühevoller und aufopfernder
Arbeit, im festen Glauben an den Wert künst-
lerischer Arbeit und im Glauben an die Idee des
künstlerischen Films ist dieses Werk entstanden. —
Ein neuer Name und eine neue Hoffnung ist auf-
getaucht. Ein neuer Kämpfer für die frei schaf-
fende Filmkunst, die in der Industrie keinen Raum
haben kann: Svend Noldan und seine Ar-
beitsgemeinschaft. — Die Förderung, die man maß-
geblicherseits dem Film angedeihen läßt, ist aber
auch ein Beweis dafür, daß man die Rückerobe-
rung der geistigen Güter unterstützt. Die Begei-
sterung derer, die den Film gesehen haben, ist ein
Beweis dafür, daß der künstlerische Film im Vor-
marsch ist. Für uns alle aber, die wir an den
guten Film glauben und für ihn kämpfen, ist ein
neuer Ansporn gegeben, weiterzuarbeiten.
Der Film bringt eine Stunde der Einkehr.
Obwohl er von den Grundlagen unserer
wissenschaftlichen Forschung ausgeht, vom Mikro-
skop zum Teleskop, von winzigen Welten, an denen
der Mensch vorbeigeht, zur Unendlichkeit der
Sonnensysteme im All, tritt die Sachlichketi der
Wissenschaft zurück. Man fühlt den Mythos ge-
waltigen Naturgeschehens, zeitlos, ein endloser
Kreis von Werden und Vergehen.
Uralt — die Welt der Insekten.
Uralt — lange Jahrtausende vor dem Men-
schen — der Ameisenstaat. Eine Ameisenburg —
Meeres-Ungeheuer
Ruser in der Wüste
„Alles das hat mit der Frage Monarchie oder Nicht-
monarchie an sich nichts zu tun.
Diese Frage ist noch eine offene Tür.
Am 18. Oktober 1933 hat der Kanzler auf die Frage des
Sonderkorrespondenten der „Daily Mail" die klastische Ant-
wort gefunden: „Die Regierung, die heute in Deutschland
tätig ist, arbeitet weder für die Monarchie, noch für die
Republik, sondern ausschließlich für das deutsche Volk. Wo-
hin wir blicken, überall sehen wir nur Not und Elend,
Arbeitslosigkeit, Verfall und Zerstörung. Dies zu beseitigen,
ist die von uns gewählte Mission."
Einstweilen sind wir hier in Deutschland noch bei der
Ordnung der Dinge, beim Hinwegschaffen des Trümmer-
haufens. Auch der treueste Monarchist kann einem kaiser-
lichen Herrn schon deshalb nicht zumuten, sich in Gedanken
zu einem Aufbruch in sein Land zu rüsten, solange es nicht
in jeder Hinsicht würdig bereitet ist, weil die Krone, wenn
sie für ferne Zeiten ruhig und gesichert leuchten soll, nicht
von vornherein mit Not und Elend belastet werden darf.
Auch genügt ein Jahr der Erziehungsarbeit für ein Volk
nicht, das 14 Jahre lang von falschen Führern irregeleitet
worden ist.
Deshalb kann man begreifen, wenn der Führer des neuen
Deutschland im Hinblick auf die Wiederherstellung der
Monarchie sagt, sie sei zur Zeit nicht diskutabel.
Und deshalb müssen wir altenOffi-
ziere und treuen Monarch) st en, gerade
wenn wir das Höch sie Ziel im Auge be-
halten wollen, auch das Vertrauen zu der
heutigen Führung haben, die das Tor in unsere Zukunft nicht
zugeschlagen hat.
Aber wir können eines tun, und
müssen eines tun, nämlich uns als
treue Wächter unserer monarchischen
Tradition an dieses Tor st eilen, in
Dankbarkeit und Anhänglichkeit an den Erwecker Deutsch-
lands, in Anhänglichkeit und in Liebe
zugleich zu dem edlen Manne in Doorn.
Wir können und wir dürfen in Stille
und Treue den Weg bereiten helfen
für die Schritte des Monarchen. Je weiter
wir blicken, desto sorgsamer werden
wir an die Arbeit gehen.
Dafür, daß im neuen Deutschland monarchistische Über-
zeugung und vertrauensvolle Mitarbeit am deutschen Auf-
bau unter der Führung Adolf Hitlers keinen Widerspruch
bedeuten, dafür können wir der göttlichen Vorsehung nicht
dankbar genug sein.
Diese Erkenntnis sei zu seinem 75. Geburtstag dem
Kaiser in Doorn tiefster Trost und uns zugleich Hoffnung
und Gelöbnis. Edgar von Schmidt-Pauli, Rittm. d. R.
(Artikel zum Geburtstag Wilhelms II. in der „Deut-
schen Treue", Mitte Januar 1934.)
Philipp, Kinderbildnis