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Kunst der Nation — 2.1934

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Gravenkamp, Curt: Der Weg zum Reich der Deutschen: zur Ausstellung "Deutsche Zeichenkunst im 19. Jahrhundert" im Frankfurter Kunstverein
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Hieber, Hermann: Schaffende Arbeit in der Kunst
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Hocke, Gustav René: Wird Frankreich nationalsozialistisch?, [2]
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Kun st der Nation

liegt. Die Aufgaben sind allerdings heute andere
als im 19. Jahrhundert; denn es geht nicht mehr
mn die staatliche Einheit des Reiches, sondern um
die völkische Einheit der Nation. Aus diesem
Grunde vor allem werden die Forderungen an die
Mitwirkung der bildenden Kunst zum Ausbau des
Dritten Reichs in Zukunft Wohl größere, vielleicht
ausschließlich monumentale sein. Auch heute steht

— genau wie vor hundert Jahren — die große
Sehnsucht nach einer großen Zukunft am Eingang
einer neuen Zeit. Aber stärker als damals sind
heute die Kräfte geworden, welche es unternom-
men haben, die Geschicke unseres Volkes zu lenken
und zu gestalten. Um so stärker muß darum auch
die Kunst werden, wenn sie diesem künftigen Reich
als Bannerträgerin des Geistes vorangehen soll.

Schaffende Arbeit in der Kunst
Von
Hermann Hieber

Alan sollte denken, die Darstellung des arbei-
tenden Menschen sei ein uraltes Thema, das sich
von allem Anfang an den Künstlern dargeboten
habe. Aber Altertum und Mittelalter dachten
anders darüber als wir Sozialisten. Um den
Gegenstand selbst kamen sie nicht herum; aber nur
allzu deutlich merkt man es ihren Werken an,
daß sie die Handarbeit nicht als eines freien Man-
nes würdig betrachteten, und selbst in dem jüdisch-
christlichen Dogma von der Erbsünde, das sich von
dem Fluch Jehovas über die ersten Menschen ab-
leitet: „Im Schweiße deines AngesichlS sollst du
dein Brot essen!" — selbst darin erkennt man die
antike, bis tief ins neunzehnte Jahrhundert zu
verfolgende Auffassung, daß die Handarbeit An-
gelegenheit der Sklaven sei.
Und dieses Vorurteil, das sich über die ganze
alte Welt verbreitet hatte, läßt sich leicht aus den
künstlerischen Darstellungen der Arbeit heraus-
lesen. Es geht mit den religiösen Vorstellungen
Hand in Hand. Die Höhlenbewohner der älteren
Steinzeit bilden ihre Jagdtiere ab, um auf geheim-
nisvolle Weise die Jagdbeute anzulocken. Genau
so ist bei den Ägyptern die Kunst Mittel zum
Zweck: die Sklaven, die in den Grabgewölben ihrer
Vornehmen — immer nur in kleinem Format —
Tiere schlachteten, Brot buken, Bier brauten,
Fische fingen und zubereiteten, die Felder bestell-
ten, standen im Dienste des Totenkultes. Diese
Reliefs und Malereien waren Ersatz für die leben-
den Sklaven und Tiere, die man den Toten opferte.
Auf assyrischen Denkmälern sieht man Krieger
und Bauleute — aber auch sie dienen lediglich der
Verherrlichung ihres Feldherrn und Auftrag-
gebers, des Königs. Sie sind nichts für sich allein.

Bei den arischen Kulturvölkern vollzieht sich
der große Umschwung: Könige und Priester hören
auf, Vas öffentliche Leben zu veherrschen. Das In-
dividuum macht zum ersten Male seine Rechte
geltend. Der Stadtbürger tritt aus den Plan.
Durch ihn wird die Kultur verweltlicht. Die Na-
turphilosophie verdrängt das Dogma. Die Götter
werden vermenschlicht. Nun werden ja Wohl auch
die Künstler sich dem Preise der Arbeit zuwenden,
auf der alle Kultur, auch die feinste und geistigste,
sich aufbaut. In den Jünglingsjahren dieser herr-
lichen Kultur, die man noch immer zugunsten der
Vollreife- und Verfallszeit übersieht, schmücken
tatsächlich die Vasenmaler die Gefäße, in denen
Wein und Öl verfrachtet werden, mit ausgezeichnet
beobachteten Arbeitsszenen. Sogar die Darstellung
eines Bergwerks hat sich auf eiuem Tontäfelcheu
dieser Zeit, des 7. vorchristlichen Jahrhunderts,
in dem sich Korinth in der Malerei hervortat, er-
halten. Aber dann erfolgt in der „klassischen" Zeit
(„klassische" Zeiten sind immer mit einem gewissen
Mißtrauen zu betrachten!) der große Umschwung.
Im Athen des 5. Jahrhunderts wird der kleine
Mann uninteressant; die Kunst wird feierlich,
repräsentativ: sie tritt in den Dienst des Reichen,
der seine Arbeiten durch Sklaven ausführen läßt.
Er selbst beschäftigt sich nur noch wissenschaftlich
oder mit Sport, mit schönen Frauen, mit Knaben,
mit Luxus aller Art.
Die italienische Renaissance liefert eine be-
merkenswerte Parallele. Im kleinbürgerlichen
vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, in
denen die städtischen Gewerbe noch mitzureden
hatten und die Medici in Florenz noch auf Du
und Du standen mit Gevatter Schneider und
Handschuh-
macher, schäm-
ten sich die
Künstler durch-
aus nicht, genau
wie im Norden,
in den Nieder-
landen zumal,
den Bauern bei
seiner Feld-
arbeit oder den
zünftigen Hand-
werksmeister,
etwa den Huf-
schmied Eli-
gius, in seiner
Werkstatt dar-
zustellen. Man
machte gelegent-
lich selbst An-
leihen bei flä-
mischen Malern,
deren Wirklich-
keitsbeobachtung
die größte Ehr-
furcht abnötigt:
Ghirlandajo hat
sich auf seinem
Weihnachtsbild
eng an die un-


Munch, Strahenarbeiter. Lithographie Aus: Brandt, Schaffende Arbeit. Verlag Krüner, Leipzig


Stube eines Hauses aus tdstnor, Kirchspiel Mora, Dalarna

heimlich echten Hirten des Hugo van der Goes
aus dessen Portinari-Altar angelehnt. Solche Vor-
gänge haben viel mehr soziale als nationale Be-
deutung: Nordeuropa ist ökonomisch noch nicht so
weit wie der Süden, und das ist ein Segen, denn
Stadt und Land sind noch nicht so schroff von-
einander getrennt wie im Mutterlande des Welt-
handels und der Hochfinanz.
Aber dann wurde man auch hier „klassisch". Der
Bettelmönch Savonarola, den der Papst am Ende
des fünfzehnten Jahrhunderts verbrennen ließ,
hatte mit den kleinen Leuten von Florenz auch
Künstler wie Botticelli hinter sich. In den
Flammen seines Scheiterhaufells verzehrteil sich
die kleinbürgerlichen Ideale. Weder bei Liouardo,
noch bei Michelangelo oder gar bei Raffael finden
wir arbeitende Menschen. Die Personen der heili-
gen Geschichte sind vornehm geworden wie die Auf-
traggeber dieser Künstler, die Päpste und Kar-
dinäle, Fürsten und Bankiers. Mall sieht es schon
am neuen Madonnentyp: die Frau des armen
Zimmermannes von Nazareth ist eine Weltdame
mit gepflegten Händen und einem etwas blasierten
Lächeln, eine Schwester der Mona Lisa. Die Heili-
gen, ehedem Menschen des gemeinen Volkes,
thronen hochmütig über der Menge, am liebstell in
Wolken. Das ist nicht mehr die Welt der Arbeit
und des Werkeltages.
Es verlohnt sich, einen Blick zu werfeu auf die
Haltung der Kirche. Währelid die Kircheilväter
Augustinus ulld Hierouymus im Sinne des jüdi-
schen Dogmas die Arbeit noch als Strafe erklären
und den Mönchen „zur Abtötung des Fleisches"
empfehlen, wirken die christlichen Missionare bei
Völl
Kirche gewonnen haben, als Lehrer und Pioniere
des Ackerbaus und der Obstzucht. In einsamer
Zelle schreiben die frommen Brüder, einzige Be-
sitzer geistiger Bildung, ihre Andachtsbücher. Und
diesen Büchern werden Kalender angehüugt mit
praktischen Anweisungen für den Landmauu. Ur-
sprünglich römischer Herkunft, bekommen sie all-
mählich ein nordisches Gesicht. Diese „Monats-
bilder", bäuerliche Arbeitsdarstelluugen, geheu im
Laufe des hohen Mittelalters in die monumentale
Kunst über, als Fußbodenmosaiken, noch häufiger
als Portalskulpturen all romanischen und früh-
gotischen Kathedralen. Diese Bildnereien sind die
Bücher für die des Lesens Unkundigen. Die
menschlichen Tätigkeiten hören aus, schlechtweg
Folgen eines göttlichen Fluches zu sein; sie werden
in "das Lehrgebäude der mittelalterlichen Kirche
als „die sieben freien Künste" ausgenommen.

Solange die Feudalverfassuug herrscht, also bis
ins zwölfte Jahrhundert, begegnen wir dell Schil-
derungen bäuerlicher Arbeit. Voll da ab ent-
wickeln sich die Städte mit ihrem gewerblichen
Leben und ihrer Handelstätigkeit. Die Aufmerk-
samkeit der nordischen Künstler wendet sich von
selber allmählich vom Landbau ab und den Hand-
werken zu. Mitunter schmücken Bauernbilder den
Sockel, gewerbliche Darstellungen die oberen Par-
tien der Portalgewände. Aber auch ins Innere
der Kirchen dringell die städtischen Zünfte ein: sie
stiften farbige Glasfenster mit deutlichen Hill-
weisen auf die Stifter. Ganz allmählich entziehen
sich diese Handwerksmeister, die ihrem Zunftstolz
so beredten Ausdruck verleihen, der geistlichen Lei-
tung: die Verselbständigung des Laientums in
Renaissance lind Reformation bereitet sich vor.
Die Kunst sucht anderswo ihre Wirkungsstätte als
in der Kirche.
Wieder einmal schien die Bahn frei für eine
reine Diesseitskunst, die keine Vorwände mehr in
Bibel und Heiligenlegende zu suchen brauchte, um
die Größe und Würde der menschlichen Arbeit zu
feiern. Aber auch in dell nordischen Ländern ließen
die sozialen Kämpfe die Kunst nicht zur vollen
Entfaltung kommen — ja hier noch weit weni-
ger als iul Süden, und am allerwenigsten in
unserm unglücklichen zerrissenen Deutschland. Wie
im alten Rom Patrizier gegen Plebejer, rangen in
den Reichsstädten die Handwerkerzünfte gegen die
erdrückende Übermacht der „Geschlechter", der Han-
dels- lllld Finanzleute. In der Dürerschule, bei
dell „Kleinmeistern", gibt es Ansätze zu Arbeits-
darstellungen realistischer Art — aber eben nur
trocken-lehrhafte Bil^ck)en'"l)hlt^'"
echte Liebe. Einblicke in das Leben des arbeitenden
Menschen, aber nur gelegentliche, geben die
genialen Holzschnitte Hans Holbeins: Der Toten-
tanz.
Im Gefolge des großen Jahrhunderts der
Malerei, des siebzehnten, macht sich dann der
Humanismus breit mit mythologischeu uud alle-
gorischen Anspielungen, einer Art Religionsersatz.
Das war natürlich eine neue Verführung, dem
wirklichen Leben den Rücken zu kehren. Deutsch-
land scheidet für lange ans der Reihe der führen-
den Kulturmächte aus im Zeitalter des Dreißig-
jährigen Krieges. Der spanische Hofmaler Diego
de Velasquez ist kühn genug, als „Schmiede des
Vulkan" eine Dorfschmiede seiner Zeit zu malen
uild als Gefährten des Bacchus ein Paar tüchtige
ländliche Zecher zu porträtieren; ja, er geht noch

Mrd Frankreich nationalsozialistisch?
Von
Gustav R. Hocke

(Fortsetzung aus Nr. 9)
Gewöhnt man sich in den geistigen Ausdrucks-
formen der Nation die Vorboten großer
politischer Umwälzungen zu sehen, so wie Dr.
Goebbels und Minister Rust Vorläufer der neuen
deutschen Volksbewegung in Luther, Schiller,
Schleiermacher, Nietzsche, Wagner, George u. a.
sehen, so wird man in Frankreich bei unvorein-
genommenem Zusehen gerade in der Haltung der
französischen Geistigkeit im 19. Jahrhundert viele
„V o r b o t s ch a f t e n" sehen, die gleich-
falls auf eine Politische Um-
wälzung des heutigen Frankreich
schließen lassen, nicht unähnlich
der, die in Deutschland und Italien
schon stattgefunden hat.
Denn die Demokratie liegt im heutigen
Frankreich in einem langsamen greisenhaften Ab-
sterben. Jeder Deutsche fühlt in Paris etwa diese
staubige modrige Luft vou Vergänglichkeit und
Überalterung, die nichts zu tun hat mit den un-
schätzbar schönen Überresten künstlerischer Artung,
sondern die das Alltagsleben der Bürger und
Kleinbürger erstickend umhüllen. Die rückgratlose
und verlogene Pseudolebendigkeit eines internatio-
nalen Betriebes mit amerikanischer Beleuchtung
und negroider Klangberauschung kann nicht dar-
über Hinwegtäuschen, denn keiner verachtet diesen
Rummel mehr als der Franzose selbst. Und es
fehlt auch nicht an jungen Franzosen, die diese
Überalterung mit aller Deutlichkeit spüren.
Zurück zunächst in die Frühzeit des
Liberalismus. Nahezu alle wirklich
fruchtbaren geistigen Schöpfungen

entstehen in Auflehnung gegen
das „offizielle" Frankreich, das
sich immer mehr mit einem Wulst
von verlogenen Ideologien umgibt.
So die Royalisten mit einer Latinität, die
den wahren Humanismus verfälscht, die Sorbonne
mit einem cartesianischen Intellektualismus, so
daß sie sich der Jugend immer mehr entfremdete.
Die Akademie mit ihren meist sterilen Bildungs-
bonzen. Ihnen ist es zu „verdanken", wenn heute
die wahre Bildung so mißkreditiert ist.
Flaubert, der echte, urwüchsige Normanne,
gibt in seiner umfangreichen Korrespondenz ge-
nügend Beispiele für einen echten, tiefen Schmerz
gegenüber der zunehmenden nationalen Ver-
kalkung in der Demokratie einerseits, für die
Empörung gegen die verlogenen Sozialismen
andererseits. Oft lehnt er zynisch verbissen jeden
Vaterlandsbegriff ab und doch spürt man oft die
wehmütige Sehnsucht nach dem wahren und echten
Frankreich der Kathedralen, der verinnerlichten
Mystik, der lebensfreudigen Trunkenheit des
Lachens, so wie sie sich in Rabelais verkörpert.
Was Flaubert in seiner Zeit vermißte, war die
echte Größe, die erdrückende Monotonie der rein
formaljuristisch verwalteten Institutionen, die
Fragwürdigkeit aller Erlösungsversuche, die nicht
eine vollkommene Erneuerung des Menschen in
Betracht zogen. Leitmotivisch zieht sich diese Klage,
einmal aufrührerisch empört, dann beißend
sarkastisch, dann melancholisch und resigniert durch
die ganzen Briefe von der frühesten Zeit seiner
Jugend an. Schließlich fand er Rettung in seinem
Zufluchtsort des reinen kompromißabgeneigten
Kunstschaffens. Auch er mußte sich ein „suava

rnari rnaAno" schaffen, weil die Zeit seinen
Forderungen nicht gewachsen war.
Uild dann kam die Niederlage von 1870. Der
Pessimismus wuchs. Die Geistigkeit souderte sich
völlig ab. Ein dunkle geheimnisreiche Lyrik gab
den Besten — die dem Volk durch die Unnatür-
lichkeit und Kleinmütigkeit der Institutionen, der
jede Größe, jede mythenbildende Kraft fehlte,
entfremdet waren — ein leicht errungenes Jen-
seitsreich. Andere tauchten wie Zola in niedere
Bereiche der Literatur hinab und verloren sich in
einem schalen Materialismus, der nur da verlassen
wurde, wo man eine politische Erlösung unter
freilich höchst fragwürdigen Idealen sah. Denn
die Dreyfnßaffäre war nur von symbolischer Be-
deutung für den Willen des Volkes sich in der
Bestimmung der nationalen Belange mit heran-
gezogen zu sehen. Deutlich wurde iu
dieser Zeit die Volksfremdheit des
Klerus uud des ch a u v i u i st i s ch e u
Militarismus offenbar.
Aus diesen Kämpfen ging dann der junge
Peguy hervor, der eine große Freundesschar ge-
wann. Es ist typisch für ihn, daß er in der Tan-
gerkrise den Weg zn einem nur geahnten natio-
nalen Sozialismus faud. Jeanne d'Arc wird ihm
ein Symbol, die urwüchsigen Kräfte der Rasse
uud der Nation wird für ihn zur neuen Mystik
eines Gemeinschaftswollens. Sein Zeitgenosse und
Mitschüler Bergsons war Sorel, der von gewerk-
schaftlicher Seite die ersten faschistischen Gedanken-
gänge formulierte, die daun in Italien siegten.
Noch vor dem Kriege also findet
man den Versuch an gedeutet na-
tionale Interessen mit sozialen
Notwendigkeiten zu verknüpfen.
Und zwar handelt es sich um einen lebendigen,
organischen Sozialismus, der jede planwirtschaft-
lichen Bestrebungen oder Enteignnngsbestrebnngen
ablehnt.
Eine wachsende Auflehnung gegen den un-
fruchtbaren Zivilisationsbetricb von Paris findet
man gekennzeichnet durch die wie Gide, Claudel,
Rollaud. Man findet die Verkündung und erste
deutliche Formulierung eines freilich noch volks-
fremden Nationalsozialismus, der mehr chauvi-

nistisch als national war durch Barras. Mau
findet freilich auch gerade in diesem letzten, höchst
deutschfeindlichen Nationalismus ein Abbiegen
von den eigentlich sozialen, Volkshaften Selbstbe-
schränkungen und immer mehr die Tendenz, das
innerpolitische Brodeln durch außenpolitischen
Lärm zu übertönen.
Dann kam der Krieg. Vereint mit den Na-
tionen der Welt gelang es Frankreich „Sieger des
Unbesiegten" zu werden. Aber eiue Neugeburt
der Lebenskräfte der Nation hat Versailles Frank-
reich nicht zu bringen vermocht. Denn in der Satt-
heit des Errungenen behauptete sich zunächst das
Alte.
Und dagegen beginnt nun die
französische Jugend bewußter uild
politisch unbefangener gegenüber
allen typisch französischen „mora-
lische n" ImPeralismen sich auf-
z u l e h n e n. Die beginnende Wirtschaftskrise
zersetzt die eigentliche konservative, die Klein-
bürgerschicht. Im Kommunismus radi-
kalisiert sich die R i ch t u n g s l o s i g-
keit. Im L e e r l a u f e n d e u Chauvi-
nismus sucht sich das Minder-
wertigkeitsgefühl der Al tereir ab-
z ureagieren. In der Mitte zwischen
diesen steht die Jugend in neuer
Wachheit.
Die offiziellen Kreise aber der Regierung, der
Kriegs- und Großindustrie versuchen erneut sich
in der alten, bewährten, jedoch hellte leicht durch-
schaubaren Taktik zu retten: im außenpolitischen
Pathos, in der „moralischen" und realpolitischen
„Einkreisung" Deutschlands.
Die Ansätze und Vorzeichen jedoch mehren sich,
daß die Jugend Frankreichs die interessegeborenen
Verführungskünste der sogenannten Regierung
(alle Abgeordnete und Kabinettsmitglieder sind
meist Strohmänner oder Spielbälle anonymer
Kräfte) durchschaut.
Die Rufe aus dem Lager der Jugend nach
einer Annullierung des Vertrages von Versailles
mehren sich von Tag zn Tag.
Ulld es ist ein Beweis für die Richtigkeit des
Glaubens voll Hitler, von Mussolini und von
 
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