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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 1 - No. 10 (1. Januar - 12. Januar)
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4 Premierlieutmauts; Pioniere: 1 Oberst, 3Bataillons-
commandeure, 6 Hauptleute erster Classe, 6 Hauptleute
zweiter Classe, 10 Premierleutenants; Eisenbahntruppen:
2 Rcgimentswmmandeurc, 3 Batallionsconuuandant 5
Hauptleute erster Classe, 4 Hauptleute zweiter Elaste, 8
Premierlieutenants; Cavallerie: 9 Rittmeister erster
Classe, 1 Rittmeister zweiter Classe, 8 Premierlieutenants.
Bei den Aerzten kommen im preußischen Contingent
folgenden neue Stellen in Frage: 8 Oberstabsärzte erster
Classe, 8 Oberstabsärzte zweiter Classe, 7 Stabsärzte, 62
Assistenzärzte erster Classe, 94 Assistenzärzte zweiter Classe.
Berlin, 7. Jan. Vertreter der hiesigen Gewerbe-
Industrie und Handelswelt vereinigten sich zu einem pro-
visorischen Comitee, um im Jahre 1896 eine Berliner
Gewerbe-Ausstellung ins Leben zu r fen. Ein Rund-
schreiben an sämmtliche Handels- und Gewerbekammern
Deutschlands wurde abgesendet. — Der „Reichsanzeiger"
erklärt bezüglich der vom „Vorwärts" veröffentlichten
hundert Quittungen des Welfenfonds, daß die Reichs-
regierung bereits im Frühjahre des Vorjahres mit dieser
Angelegenheit befaßt gewesen sei, aber von Anfang an
die Ueberzeugung gehabt, daß es sich um eine Täuschung
handelte. Daß eine Fälschung vorliege, sei mit Gewiß-
heit schon aus dem Umstande hervorgegangen, daß bezüg-
lich der Verwendung der Welfenfondsgelder zu geheimen
politischen Zwecken die Empfangsbescheinigungen des Reichs-
kanzlers resp. der von ihm dazu bevollmächtigten Beamten
die ausschließlichen kastenmäßigen Beträge bildeten, daß
diese Bescheinigungen jeweils nach ertheilter Dechargc
verbrannt wurden und dafür bestimmte Quittungsformulare
niemals eristirt haben.
Berlin, 7. Jan. Das Staatsministerium trat heute
unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Grafen Eulen-
burg zu einer Sitzung zusammen, welcher auch der Reichs-
kanzler beiwohnte. Dem Vernehmen nach wäre der Aus-
stand der Bergarbeiter im Saarrevier verhandelt worden.
— Großfürst Alexis wird auf der Reise nach Sigmaringen
morgen früh aas Petersburg in Berlin eintrcffen und
bis za seiner Weiterreise in der r ssischen Botschaft
Wohnung nehmen.
Kranlrercy.
Paris, 7. Jan. Die indirekten Staatseinnahmen
im Monat December überstiegen die Budgetschätzung um
17 Millionen; darunter befinden sich dieZölle mit 1^/»
Millionen mehr als veranschlagt war. — Dem „Gaulois"
zufolge sagte Blondin aus, er babe 1886/88 für eine
halbe Million Francs von der Panama-Gesellschaft er-
halten und vollständig an Bayhaut ausgezahlt. Bayhaut
leugnet, Fontane bestätigt Blondins Auslagen. — Ein-
zelne Blätter sprechen sich entschieden dagegen aus, die
beschuldigten Erminister vor den Staatsgerichtsbof zu
bringen. Die „Nepublique" meint, es wäre eine Parodie
auf die Gerechtigkeit, man denke sich Rouoier von Konstanz
und Bayhaut von Hebrard gerichtet. — Der Untersuchungs-
richter vernahm die durch die neuesten Enthüllungen und
die gestrigen Haussuchungen kompromittirten Erminister
Fallisires, Flourens, Grauet und Deves. Die Geheim-
haft wurde für die in Untersuchungshaft befindlichen An-
geklagten in der Panama-Affaire aufgehoben.
Paris, 7. Jan. Andrieur beantwortet die Aufforderung
Magnards, alle Bestochenen zu nennen, damit endlich
der Panamaskandal „canalisirt" werde, mit der Erklärung,
daß nach dieser Panamageschichte sie Militärliefeuingen
nnd die Verträge mit den großen Gesellschaften daran
kommen wurden, alsdann die Umwandlung der tunesischen
Obligationen, der Rückkauf der Eisenbahnen und die
Herstellung des Staatsbahnnetzes. Dann erst, nach
völliger Zerschmetterung des opportunistischen Regimes,
würde die Öffentlichkeit Erleichterung empfinden.

England.
Loudon, 7. Jan. Dem Ausweis des Handelsamtes
zufolge, betrug die Einfuhr im Jahre 1892 424Millionen
Pfund Sterling, 12 Millionen Pfund Sterling weniger
als im Jahre 1891 und die Ausfuhr 227 Millionen,
also 20 Millionen Pfund Sterling weniger als 1891.
Schweden-Norwegen.
Stockholm, 7. Jan. Gestern fanden im ganzen
Lande unter großem Zudrang die Wahlen zu der von
den Liberalen und Sozialisten organistrten und Volks-
reichstag genannten Volksversammlung statt. Die So-
zialisten siegten in Gothenburg, Malmö und voraussicht-
lich in Stockholm, woselbst die Stimmenzählung noch nicht
beendigt ist.
Spanien.
Madrid, 7. Jan. Die Regierung forderte den Grafen
von Paris auf, alle politischen Jntriguen auf spanischem
Boden zu unterlassen, worauf der Graf Madrid verlkeß.
Der spanische Botschafter benachrichtigte die Regierung der
Republik Frankreich in gleichem Sinne.

Aus WuH und Jern.
* Mannheim, 7. Jan. Wie in Erfahrung kommt,
sind nach hiehcr gelangten offiziellen Mittheilungen die
diplomatischen Verhandlungen zwischen der deutschen und
amerikanischen Regierung nunmehr zu Ende geführt und
dahin entschieden, daß Häusler der deutschen Regierung
zur Verfügung gestellt wird. Immerhin dürften noch
etwa 3 Wochen vergehen, bis Häusler in Mannheim ein-
treffen wird.
fff: Handschuhoheim, 8. Jan. Eine seltene Hoch-
zeitsfeier wurde am letzten Samstag hier begangen, und
zwar von Seiten eines alten Kriegskameraden, der in
die zweite Ehe eintrat. Der Neuvermählte ist der zweite
Vorstand des „Vcteranenvercins" und ließ es sich daher
letzterer nicht nehmen, dem Kameraden anläßlich seiner
Feier eine militärische Ehrenbezeugung darzubringen.
12 Mann mit Gewehren marschirten Abends unter
Fackelbeleuchtung nach der Wohnung des Genannten.
Nachdem hier drei Salven abgegeben worden und der
Gesangverein ein schönes Lied gesungen hatte, hielt der
erste Vorstand seine Anprache, in der er zum Ausdruck
brachte, daß diese Kundgebung nur ein Erweis der An-
erkennung sei für die Verdienste, die sich der Geehrte
seit Gründung des Vereins, dessen Mitbegründer er
gewesen, sich um den Verein erworben habe. Nachdem
ein zweites Lied gesungen worden war, nahm auch der
Dirigent des Gesangvereins das Wort, indem er dem
Ehepaare die besten Glück- und Segenswünsche dar-
brachte. Nachdem nochmals drei Salven kommandirt
worden, begaben sich beide Vereine in das Gasthaus
„zur Pfalz", wo noch ein paar schöne Stunden in
heiterer Stimmung verbracht wurden, wobei es an ver-
schiedenen Vorträgen und Declamationen nicht fehlte.
* Neckargemünd, 6. Jan. Das von der Regierung
vorgelegte Projekt einer Wasserleitung wurde in der
gestrigen Sitzung des Bürgerausschusses mit 26 gegen 6
Stimmen genehmigt. Der Kostenvoranschlag beläuft sich
auf 97,000 Mk. Wenn auch die Umlagen durch diese
allerdings bedeutende Aufwendung eine Erhöhung erfahren,
so dürfte auch die Wohlthat einer solchen Einrichtung
damit nicht zu theuer erkauft sein.
* Ludwigshafen, 7. Jan. Die Erhebungen der
hiesigen Armenpflegerschaft ergaben nach dem „Pf. K.",
daß Ludwigshafen in diesem Winter 400 Arbntlose zählt.

* Stockach, 7. Jan Von der dieser Tage verstorbenen
MonikaWerner wurde hiesiger Stadtgemeinde mittelst
testamentarischer Bestimmung 12,000 Mark vermacht.
* Mainz, 7. Jan. Das Schöffengericht erkannte
den Oberbürgermeister Küchler in Worms der Beleidigung
des Kreistechnikers für schuldig und verurtheilte ihn zu
28 Mark.
* Mainz, 7. Jan. Der Präsident und der Kassirer
des hiesigen älteren Krankenvereins Nr. 2, (Freie Hilfs-
kasse) wurde wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung
verhaftet.
* Eisenach, 6. Jan. Ein entsetzliches Verbrechen ist
in der Nacht zum L. d. in dem preußischen Orte Her-
ingen a. d. Werra verübt worden. Im Verlaufe eines
Streites erschlug der eben vom Militär entlassene 24-
jährige Landwirth Habler seine Mutter, indem der Un-
mensch der alten Frau mit einem Spaten den Kopf
spaltete.
* Halle a. S., 7. Jan. Dem berühmten Chirurgen,
Generalarzt, Geheimen Medizinalrath Professor T)r.
Richard von Volkmann (Richard Leander) soll am Orte
seiner langjährigen segensreichen Thätigkeit, auf dem
freien Platze vor der hiesigen chirurgischen Klinik ein
Denkmal gesetzt werden. Dasselbe stellt den Gelehrten
in sitzender Stellung auf hohem Sockel dar und ist jetzt
im Atelier des Bildhauers Arthur Volkmann in Rom,
eines Verwandten des Gelehrten, fertig gestellt.
* Elberfeld, 7. Jan. Die Neuesten Nachrichten
geben eine genaue Aufstellung der an dem großen Brande
betheiligten Versicherungs-Gesellschaften. Danach haben
versichert: an Gebäuden die Vaterländische Feuerver-
versicherungs-Actiengcsellschaft (Elberfeld) 800,000 M.;
an Lagern: Leipziger Feueroersicherungs-Anstalt 750,000
Colonia (Köln) 200i000 M., Nortb British and Mer-
cantile 400,000 M., Essener Feuerversicherungs - Gesell-
schaft 400,000 M-, Achener und Münchener Feuerver-
sicherungs-Gesellschaft 300,000 M-, Deutscher Phönix
(Frankfurt a. M.) 300,000 M., Norddeutsche Feuer-
versicherungs-Gesellschaft 300,000 M., Baseler Feuer-
versicherungs - Gesellschaft 150,000 M., Providentia
(Frankfurt a. M.) 150,000 M., Stettiner Feuerver-
sicherungs-Gesellschaft 100,000 M., Londoner Phönix
50,000 M. Die Gesammt-Versichorungssumme beträgt
demnach 4,300,000 M. Zu bemerken ist hierbei aber,
daß sich diese Versicherungssumme nicht allein auf die
durch Feuer zerstörten Gebäude sämmtlicher bei dem
Brande betheiligten Firmen, sondern auch auf die vom
Feuer verschont gebliebenen Lager der Firma Friedrich
Seyd und Söhne bezieht. Da die letzteren aber durch
Wasser und Rauch stark gelitten haben, dürfte der Ge-
sammtschaden immerhin auf 2^ bis 3 Millionen zu
schätzen sein.
* Berlin, 7. Jan. Amtlich wurden vom 4. bis
6. ds. Mts. Mittags gemeldet im Regierungsbezirk Schles-
wig in Elmshorn zwei Cholera-Erkrankungen- Dieselben
sind eingeschleppt.
* Temesvnr, 6. Jan. Der Lehrer Josef Kaempf in
Nagyfalu schlug mit einem spanischen Rohre derart eine
siebenjährige Schülerin, daß sie die Krämpfe bekam und
darauf verschied. Der Staatsanwalt reiste nach Nagyfalu
um die Untersuchung einzuleiten.
' Paris, 7. Jan. Aus Caen wird dem „Petit
Parisien" folgender Fall von Scheintodt berichtet: Ein
30jähriger junger Mann starb in Gatien-les-Bois am
Typhus. Er wurde im Kirchhofe des Dorfes in einer
provisorischen Gruft beigesetzt, da die zu seiner Aufnahme
bestimmte Gruft nicht rechtszeitig ausgemauert worden
war Am folgenden Tage wurde der Sarg ausgegrabeen,

Eintretende, der auf den ersten Blick nur des entfesselten,
üppigen Haares ansichtig wurde, glauben mußte, eine
ruhig Schlafende vor sich zu haben. (Forts, folgt.)
Altes nnd Neues
aus der Geschichte badischer Ortschaften.
Auf Grund älterer Werke von Friedrich Kley.
Handschuhsheim.
(Fortsetzung.)
Weipprecht von Gemmingen-Hornberg schreibt 1661 über
jenen tragischen Vorfall:
Rotats, Uvstsri! (Merket, ihr Nachkommen!) Gott der
Allmächtige läßt mit sich nicht scherzen. Friedrich von Hirsch-
horn, nltimus tllmitino (der Letzte seines Stammes), hat ohne
Ursach mit Johann von Handschuhsheim, dem ultimo tamiliao, eine
(juorello (Streit) angefangen, welchen kriuoeps bllootor (Kurfürst)
wehrhaft und einen Degen sammt lvehrgehenk verehrt. Diesen
hat der von Hirschhorn kurtzumb sogleich haben wollen, weil
ihm diese Ehre als Lrbtruchseß gebühre, welches der andere
billig abgeschlagen, und zwar mit gebührender Remonstration,
welche aber nicht verfangen wollen, und hat der von Hirsch-
horn seinen Aerger fortgesetzt, und also alsobalden in vuollo
zusammengekommen, da der von Hirschhorn dene von Handschuhs-
heim todt gestoßen. Als es die Frau Mutter erfahren, hatte sie
gewünscht, daß der von Hirschhorn auch, als der Letzte seines
Stammes und Namens sterben möge, und seine Rinder überlebe,
welches denn auch geschehen. Gott hat ihme mit beeden Weibern
viel Rinder gezeigt, aber alle vor der Zeit wieder hinweg-
genommen.
Lin Lremxel, daran man sich gut spiegeln, und darff
man offt nicht fragen, warumb die Geschlechter ausgehen.
8oripsi, den zg. December Mül-
weipprecht von Gemmingen.

Handschuhsheim zu Mainz gehörig.
Im Jahre 127,7 trat für Handschuhsheim in Betreff der
Zugehörigkeit eine Veränderung ein, indem es verpfändet
wurde- Die Verpfändung von Ortschaften und Besitzdistrikten
war in den damaligeimZeitcn gang und gäbe, ebenso wie
Kauf und Verkauf von Schlössern, Burgen u. s. w. So kam
auch Handschuhsheim auf dem^ Pfandweg aus den Händen
der genannten Herren von Schauenburg, die, wie oben
bemerkt, den Ort als Lehen von der Abtei Lorsch innehattcn,
an den Kurfürsten Ludwig H von Mainz, und zwar, wie
eine alte Chronik angibt, um 100 Mark Pfennige. Damit
war indes; der pfälzische Lehensvcrband nicht aufgehoben, viel-
mehr blieb derselbe noch 6:! Jahre, also bis )320 bestehen.
In diesem Jahre ging jedoch Handschuhsheim auf dem Kauf-
weg gänzlich in den Besitz von Mainz über. Es geschah dies
in jener Zeil, als in Deutschland durch eine zwiespältige
Kaiscrwahl zwischen Ludwig dem Baier und Friedrich dem
Schonen von Oesterreich ein Kettiger Krieg ausbrach, in
welchem neben Trier und einigen anderen Städten auch
Mainz auf Ludwigs Seite stand- Durch Ludwig wurde
Handschubsheim nunmehr erst aus dem pfälzischen Verband
völlig gelöst und Handschuhsheim gehörte also jetzt zu Mainz,
bei dem es in der Folge nahezu Isis Jahrhunderte, bis zum
Jahre 1460, verblieb. Während dieser Zeit aber vergrößerte
sich der Ort und erhob sich zu bedeutendem Wohlstand.
Allein auch dies Verhältnis; sollte nicht von Dauer sein-
Zwischen dem Erzbischof Dietrich von Mainz und dem Kur-
fürsten Friedrich l- von der Pfalz kam es zu Zwistigkeiten,
die das Besitzanrecht auf Handschuhsheim betrafen und schließ-
lich Letzteren bewogen, Waffengewalt anzüwenden. Auf diese
Weise wurde Handschuhshcim, das sich, wie es scheint, an die
Mainzer Herrschaft gewöhnt hatte und wohl für einen Wechsel
wenig Sympathie zeigen mochte, von kurfürstlichen Söldnern
angegriffen und geplündert am 3- April 1460. Im Laufe
dieses Jahres kam es jedoch zwis.xen den Streitenden zu
einem friedlichen Vertrag, durch welchen Handschuhsheim
Ivieder an Kurpfalz zurückfiel.

HanÄschuhsheim pfälzisch.
lieber anderthalb Jahrhunderte gingen nun in Ruhe
und Frieden unter der pfälzischen Herrschaft hin, bis —
18 Jahre darauf, nachdem mit jenem Johann das Geschlecht
der Edlen von Handschuksheim zu Grabe gegangen war —
der unheilvolle, länderverwüstende 30jährige Krieg ausbrach,
dessen Schrecken auch an Handschuhsheim nicht vorübergehen
sollten. Schon in der ersten Periode dieses Krieges, die auch
die böhmisch-pfälzische oder Pfälzische heißt, im Jahre 1622
rückte eine wilde Böhmerhorde unter ihrem berüchtigten An-
führer Tilly in den friedlichen Ort ein. Geschlagen von
dem Grafen Ernst von Mansfeld bei Wiesloch, 27. April,
besiegte Tillv am 6. Mai in der denkwürdigen Schlacht bei
Wimpfen, in welcher jene 400 Pforzheimer den Heldentod
starben, den Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach sowie
20. Juni Herzog Christian von Braunschweig bei Höchst und
nahm nun die Pfalz, insbesondere Heidelberg und Mannheim
aufs schrecklichste mit. In Handschuhsheim aber schlug er
sogar sein Hauptquartier auf- Die Gräuel, die die Tilly'sche
Horde an den armen Bewohnern verübten, waren schrecklich.
Ücberhaupt gibt es in der Geschichte von Handschuhsbeim
kein Jahr, das sich durch sein Verhängnis; furchtbarer und
unvergeßlicher gemacht als jenes Jakr 1622, denn nicht genug,
daß feindliche Horden seine Fluren schonungslos zertraten
und die Einwohner auf alle erdenkliche Weise brandschatzten
und aussaugren — auch die entsetzlichsten aher Feinde, kebrtcn
dazu noch ein: der Hunger und die Pest. Man wird unwill-
kürlich erinnert an die Schilderung eines römischen Geschichrö-
schreibees, der schreibt, daß bei der Zerstörung Jerusalems
70 n. Chr. Mütter ihre eigenen Kinder schlachieten und vor
Hunger verzehrten, wenn man liest, daß auch in jenem Jahr
furchtbarster Hungersnoth, 1622, kicr in dem Orte Hand-
fchuhsheim 'Mütter das Fleisch ihrer Kinder aßen, lind dazu
Wütete noch die Pest und raffte hin, was die Hungersnoth
verschonte! Kein Wunder, daß die Wunden, die jenes ver-
hängnisvolle Jahr dem Orte schlug, so tief waren, daß sie
auf lange Zeit hinaus sich noch fühlbar machten und für
lange Jahre der alte Wohlstand geschwunden war-
(Fortsetzung folgt.)
 
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